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Martino oder Martin da Canale auch Martin da Canal war ein venezianischer Chronist des 13 Jahrhunderts Das einzige uberlieferte Werk das wohl zwischen 1267 und 1275 entstand ist als Les Estoires de Venise bekannt Inhaltsverzeichnis 1 Werk und Uberlieferung 2 Rezeption 3 Editionen 4 Ubersetzung 5 Literatur 6 Weblinks 7 Siehe auch 8 AnmerkungenWerk und Uberlieferung BearbeitenUber Martino oder Martin da Canale ist abgesehen von dem von ihm verfassten Werk Les Histoires de Venise fast nichts bekannt Er lebte im 13 Jahrhundert beherrschte sowohl Venezianisch als auch Franzosisch und Latein Er war moglicherweise Schreiber an der Dogana da mar der Hauptzollstelle fur die Waren die von der Adria her Venedig erreichten Emmanuele Cicogna nimmt im Vorwort der Ausgabe von 1845 an dass Martino kein Venezianer gewesen sei sondern ein langjahrig in der Stadt lebender Auslander da er von Venedig immer in der dritten Person schreibe sich unvenezianisch ausdrucke und der Vorname Martino in der Familie da Canal nicht vorkomme Dort sei der Name Marino gebrauchlich gewesen Ausserdem habe die Selbstbezeichnung als maitre nicht der ublichen Bezeichnung im Adel der Stadt entsprochen Sich selbst bezeichnet da Canale in seinem Werk tatsachlich als maitre doch teilt er nicht mit Meister welchen Gewerbes er war Moglicherweise ist sein Hinweis er habe Dokumente der besagten Zollstelle genutzt ein Hinweis auf eine dortige Tatigkeit doch ist dies nicht gesichert Den Angaben da Canales zufolge entstand sein Werk zwischen 1267 und September 1275 der Kern wohl zwischen 1267 und Mai 1268 1 Dazu ubersetzte er aus den offiziellen Geschichtswerken die wie er selbst schreibt in Latein verfasst waren ins Franzosische Unter diesen Werken war sicherlich das Chronicon Altinate 2 worauf die Ubereinstimmung in verschiedener Hinsicht weist wie etwa die Kargheit der Darstellung vor Ordelafo Falier die trojanische Abstammung der Venezianer oder die angebliche Invasion durch Pippin den Sohn Karls des Grossen oder die Verwechslung der Dogen Pietro Tradonico und Pietro Tribuno Doch bedauerte schon Gina Fasoli dass niemals eine Konkordanz erstellt worden war 3 Fur seine Geschichten von Venedig nutzte er zahlreiche amtliche Quellen aber auch die Gesta Innocentii III vielleicht Robert de Clari Zwei der lateinischen Dokumente aus denen Canal zitierte gibt er vollstandig wieder namlich das Privileg das die Venezianer 1125 in Jerusalem erhielten und die Partitio Romaniae von 1204 allerdings konnte es sich bei letzterem auch um eine spatere Einfugung handeln 4 Da Canale ist der erste bekannte Autor der die Grundung Venedigs auf das Jahr 421 datiert Martino da Canale verfasste sein Geschichtsbuch in franzosischer Sprache Wie er in seiner Einleitung schreibt hat er diese Sprache wegen ihrer asthetischen Qualitat und ihrer internationalen Geltung gewahlt Er hielt Franzosisch fur besonders geeignet die Kenntnisse uber Venedig in allen fur den Handel der Lagunenstadt relevanten Regionen zu verbreiten Martino da Canale war wohl nie fur langere Zeit in Frankreich und sein Franzosisch ist stark venezianisch eingefarbt Man spricht daher auch von Franco Veneto 5 Diese Mischsprache genoss hohes Prestige was mit der Ubernahme ritterlicher Kultur in Italien in Zusammenhang stand denn wahrend man bis etwa 1260 die franzosischen chansons de geste noch abschrieb wurden solche Epen von etwa 1260 bis 1300 in Franco Italiano verfasst Dies hing mit dem Aufstieg des Burgertums zusammen das sich auch in Venedig an ritterlichen Formen orientierte 6 Andererseits konnte die nur geringe Rezeption des Werkes genau auf diese Sprache zuruckzufuhren sein die Mitte des 14 Jahrhunderts zu Gunsten des Volgare ausser Mode kam Ausserdem wurde sie durch den gewaltigen Erfolg der Chronik des Dogen Andrea Dandolo in den Schatten gestellt so dass sie in Vergessenheit geriet Selbst Marco Foscarini erwahnt sie 1732 nicht der doch ein grosser Kenner der Uberlieferung war Stattdessen erscheinen erste Hinweise erst wieder bei Lorenzo Mehus im Jahr 1759 Girolamo Tiraboschi 1806 und Pierre Louis Ginguene 1821 7 nbsp Cosimo de Medici im Palazzo Medici Riccardi Detail eines Freskos von Benozzo Gozzoli in der Cappella dei MagiWo Martinos Werk in den folgenden Jahrhunderten verblieb ist unklar Erst zwischen 1756 und 1758 tauchte es in der Sammlung des Marchese Riccardi in Florenz auf Dort hatten 1659 Gabriello und Francesco Riccardi den Medici einen Palast abgekauft daher Palazzo Medici Riccardi um einen Platz fur ihre Kunst und Buchersammlung zu besitzen Die Sammler Riccardo Romolo und Francesco Riccardi bauten die Kollektion im 17 Jahrhundert wesentlich aus Ab 1737 machte die Familie die Bestande offentlich zuganglich 1813 kaufte die Stadt die Bibliothek 1815 der Staat Vier Schreiber haben an dem Text gearbeitet wobei drei offenbar aus einer Schreibschule moglicherweise der Kanzlei des Dogen stammten Bis auf den ersten Teil konnten sie Abschriften eines Autographs da Canales sein oder sie sind direkt unter seiner Aufsicht entstanden Gina Fasoli nahm an dass es sich bei dem Manuskript in der Riccardiana um eine Abschrift aus dem 14 Jahrhundert handelte und dass das Original in Venedig verblieben sei Alberto Limentani nahm eine Abfassungszeit um 1300 an Schon Henry Simonsfeld glaubte anhand der vielen Lucken erkennen zu konnen dass es sich nicht um ein Autograph handeln konne wahrend Limentani daraus im Gegenteil schloss dass der Verfasser noch Raum fur Erganzungen lassen wollte Antonio Carile glaubte wie Fasoli dass das Florentiner Exemplar eine Abschrift sei Seine Chronik ist von spateren venezianischen Geschichtsschreibern als Quelle benutzt worden Das Manuskript liegt in der Biblioteca Riccardiana in Florenz Ricc 1919 Die erste Edition erfolgte nach Vorarbeiten ab 1841 im Jahr 1845 durch Filippo Luigi Polidori im Archivio Storico Italiano unter dem Titel La cronaca dei Veneziani del Maestro Martino Martino selbst schreibt gelegentlich von Estoires de Venise Diese Bezeichnung des Werks ubernahm Alberto Limentani als Titel der Edition von 1972 Rezeption BearbeitenDas Werk da Canales bietet Details zu zahllosen Fragestellungen die aus romanistischer und linguistischer vor allem aber aus historischer Perspektive herangetragen wurden Dabei standen zunachst Fragen der politischen Geschichte im Vordergrund insbesondere die den Vierten Kreuzzug und die Kampfe zwischen Venedig und Genua um die Mitte des 13 Jahrhunderts betreffenden Dabei hat da Canales Darstellung der Venezianer als dem Papst gegenuber loyal und ihre Uneigennutzigkeit nicht nur in Venedig dankbare Aufnahme gefunden schon die Chronik des Dogen Andrea Dandolo argumentierte ahnlich sondern sie hat auch stark zum Mythos Venedig beigetragen Entsprechend den Veranderungen der Geschichtswissenschaften und ihrer Fragestellungen bot sich die Chronik aber auch gleichsam als Steinbruch an um etwa kultur oder sozialgeschichtliche Fragestellungen zu bearbeiten die da Canale nur am Rande erwahnt So konnte Antonio Carile zeigen dass mit den Estoires de Venise der Grundungsmythos und die Legenden um die Translation des Heiligen Markus ausformuliert wurden 8 Im Jahr der ersten Edition erschien ein knapper Artikel von Angelo Zon im Archivio Storico Italiano 9 In den 1960er Jahren publizierte Alberto Limentani der da Canales Werk 1972 ediert hatte mehrere Untersuchungen die sich zunachst um den Schreibstil da Canales drehten 10 dann um seine Deutung des Vierten Kreuzzugs 11 um Hinweise auf die Seefahrt 12 und schliesslich 1976 um Annaherungen an seine Biographie 13 2006 befasste sich Maria Luisa Meneghetti mit der venezianischen Kultur des 13 Jahrhunderts 14 Editionen BearbeitenTextedition hgg v Francesca Gambino im Repertorio Informatizzato Antica Letteratura Franco Italiana RIALFrI Alberto Limentani Hrsg Martin da Canal Les estoires de Venise cronaca veneziana in lingua francese dalle origini al 1275 Olschki Florenz 1972 Fondazione Giorgio Cini Civilta veneziana Fonti e testi Serie III 3 Filippo Luigi Polidori Hrsg La cronique des Veniciens Cronaca veneta de maistre Martin da Canal dall origine della citta sino all anno 1275 tratte da un codice della Biblioteca Riccardiana mit italienischer Ubersetzung von Giovanni Galvani in Archivio Storico Italiano 8 1845 229 800 Discorso del Tradutore S 229 251 Osservazioni sulla dal nobile Angelo Zon S 252 256 Estratti dall opera ms in lingua latina del cronista Marco S 257 260 La chronique des Veniciens de Maistre Martin Da Canal S 268 707 Digitalisat S 268 f Annotazioni alla cronica del Canale S 709 766 Appendice S 767 783 Tavola alfabetica delle materie S 785 798 Indice S 799 f Digitalisat Ubersetzung BearbeitenLaura K Morreale Hrsg Martin da Canal Les Estoires de Venise Padua UniPress 2009 englisch Literatur BearbeitenGirolamo Arnaldi Canal Martin da in Lexikon des Mittelalters Bd 2 Munchen Zurich 1983 Sp 1426 f ISBN 3 7608 8902 6 Sandro Baffi Martino da Canale motivations politiques et choix linguistiques in Francois Livi Christian Bec De Marco Polo a Savinio Paris 2003 S 35 46 ISBN 978 2 84050 275 3 Gina Fasoli La Cronique des Veneciens di Martino da Canale in Studi medievali terza serie 2 1961 42 74 Johannes Karayannopulos Gunter Weiss Quellenkunde zur Geschichte von Byzanz 324 1453 Wiesbaden 1982 S 467 Nr 451 ISBN 3 447 02244 2 Alberto Limentani Canal Martino In Alberto M Ghisalberti Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 17 Calvart Canefri Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 1974 S 659 662 Alberto Limentani Martin da Canal e Les estoires de Venise in Gianfranco Folena Hrsg Storia della Cultura Veneta Bd 1 Dalle Origini al Trecento Neri Pozzi Vicenza 1976 S 590 601 Șerban V Marin A Chanson de Geste in the 13th Century Vencice The Chronicle written by Martino da Canal in Medieval and Early Modern Studies for Central and Eastern Europe 2 2010 71 121 academia edu John Melville Jones Hrsg Martin da Canal Les Estoires de Venise englische Ubersetzung von Laura K Morreale Archivio del Littorale Adriatico UniPress Padua 2009 ISBN 978 88 8098 267 8Weblinks BearbeitenVeroffentlichungen uber Martino da Canale im Opac der Regesta Imperii Normeintrag beim Servizio Bibliotecario Nazionale Schriften im Opac des Servizio Bibliotecario Nazionale Website der Biblioteca Riccardiana in FlorenzSiehe auch BearbeitenEstoire d Atile en YtaireAnmerkungen Bearbeiten Șerban V Marin A Chanson de Geste in the 13th Century Venice The Chronicle written by Martino da Canal in Bogdan Petru Maleon Liviu Pilat Hrsg Medieval and Early Modern Studies for Central and Eastern Europe Alexandra Iioan Cuza University Press Iași 2010 S 71 121 hier S 78 Henry Simonsfeld Hrsg Chronicon Venetum quod vulgo dicunt Altinate MGH SS 14 Hannover 1883 S 1 69 Șerban V Marin A Chanson de Geste in the 13th Century Vencice The Chronicle written by Martino da Canal in Bogdan Petru Maleon Liviu Pilat Hrsg Medieval and Early Modern Studies for Central and Eastern Europe Alexandra Iioan Cuza University Press Iași 2010 S 71 121 hier S 105 f Șerban V Marin A Chanson de Geste in the 13th Century Vencice The Chronicle written by Martino da Canal in Bogdan Petru Maleon Liviu Pilat Hrsg Medieval and Early Modern Studies for Central and Eastern Europe Alexandra Iioan Cuza University Press Iași 2010 S 71 121 hier S 114 So etwa Aldo Rosellini Il cosiddetto franco veneto retrospettive e prospettive in Filologia moderna II 1977 S 219 303 aber auch Max Pfister Brunetto Latinis Livre du Tresor in Wolfgang Dahmen Gunter Holtus Johannes Kramer Michael Metzeltin Wolfgang Schweickard Otto Winkelmann Hrsg Schreiben in einer anderen Sprache Zur Internationalitat romanischer Sprachen und Kulturen Tubingen 2000 S 53 63 hier S 55 Diese Auffassung vertrat Henning Krauss Epica feudale e pubblico borghese Per la storia di Carlo Magno in Italia hrsg von Andrea Fasso Padua 1980 S 217f S 115 f Antonio Carile Giorgio Fedalto Le origini di Venezia Bologna 1978 S 63 65 Angelo Zon Osservazioni sulla Cronaca di maestro Martino da Canal con alcuni estratti di altra antica cronaca veneziana scritta in lingua latina in Archivio Storico Italiano 8 1845 S 253 267 Alberto Limentani Note sullo stilo adventureo romanzesco di Martino da Canal in Cultura neolatina 21 1961 S 220 228 ders Tradizione letteraria e funzione pubblicistica nella preghiera a San Marco di Martino da Canal in Cultura neolatina 24 1964 S 142 198 und Cinque note su Martino da Canal in Atti del Istituto Veneto di Scienze Lettere ed Arti 124 1965 66 S 257 281 Alberto Limentani Maistre Martino da Canal interprete cortese delle crociate e dell ambiente veneziano del secolo XIII in Venezia dalla prima crociata alla conquista di costantinopoli del 1204 Florenz Sansoni 1966 S 61 105 Alberto Limentani Elementi di vita marinara veneziana nel lessico di Martino da Canal in Bollettino dell Atlante linguistico mediterraneo 8 9 1966 67 93 111 Alberto Limentani Approssimazioni alla biografia di un cronista duecentsco Martino da Canal e gli Ziani in Studi in ononre di Italo Siciliano Florenz Olschki 1976 Bd 2 S 657 675 Maria Luisa Meneghetti Martin da Canal e la cultura veneziana del XIII secolo in Medioevo romanzo 30 1 2006 111 129 Normdaten Person GND 102423865 lobid OGND AKS LCCN nb2010016862 VIAF 89193486 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Martino da CanaleALTERNATIVNAMEN Martin da CanalKURZBESCHREIBUNG venezianischer ChronistGEBURTSDATUM 13 JahrhundertSTERBEDATUM 13 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martino da Canale amp oldid 234986921