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Der Geigenbau in Klingenthal im Land Sachsen entstand durch die Besiedlung des Ortes durch Exulanten aus den Habsburger Gebieten im 17 Jahrhundert Er fuhrte zum wirtschaftlichen Aufstieg des Ortes und pragt bis heute den Musikwinkel um Klingenthal Einer der beruhmtesten Klingenthaler Geigenbauer war Caspar Hopf Er begrundete eine Dynastie die dem Klingenthaler Geigenbau eine besondere Stilistik verlieh Nach uber 300 Jahren verschwanden die Klingenthaler Meisterwerkstatten 1975 vollstandig Klingenthal 1726 Inhaltsverzeichnis 1 Chronik des Geigenbaus in Klingenthal 1 1 Besiedlung Klingenthals durch bohmische Exulanten 1 2 Grundung und Entwicklung der ersten Innung 1 3 Wirtschaftsaufschwung und Harmonikabau in Klingenthal 1 4 Auflosung der ersten und spatere Grundung der zweiten und letzten Innung 1 5 Gegenwart 2 Statistik der Geigenbauer zwischen 1728 und 1896 3 Werdegang eines Geigenmachers 3 1 Zu fertigende Instrumente zum Erwerb des Meisterbriefes 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenChronik des Geigenbaus in Klingenthal BearbeitenBesiedlung Klingenthals durch bohmische Exulanten Bearbeiten Das Geigenmachergewerbe wurde durch den Zuzug von Exulanten ab 1659 aus Bohmen nach Klingenthal eingefuhrt Dies wurde dadurch begunstigt dass in den Gebieten um Schoneck herum geringere Steuern zu zahlen waren und man nahe an der alten Heimat wohnte Auch die Klingenthaler Lehnsherren Boxberger waren am Zuzug der Exulanten interessiert Vorher gab es in Klingenthal hauptsachlich Hammerschmiede Bergleute und Kohler Die altesten Geigenbauer Caspar Hopf Johann Gottfried Dorfler 1 und Johann Friedrich Dorfler 2 durften noch in Bohmen geboren sein Viele Exulanten stammten aus der Stadt Graslitz heute Kraslice und den umliegenden Orten in denen es schon fruher Geigenmacher gab und 1669 eine Innung gegrundet wurde In fruhester Zeit waren Melchior Lorentz 3 Barthel Lippold 4 Georg Kurtzendorffer 5 und Michael Dorffel 6 als Geigenmacher in Graslitz tatig Diese wahlten neben Klingenthal auch Markneukirchen als ihre neue Heimat und grundete dort 1677 eine neue Geigenmacherinnung in der auch ortsfremde Meister aufgenommen wurden Die Grundungsmitglieder im Jahr 1677 waren Christian Reicholt 7 Caspar Schonfelder 8 Johann Caspar Reicholt 9 Johann Georg Poller 10 Caspar Hopf Johann Schonfelder 11 Johann Gottfried Gotzel 12 Johann Adam Kurtzendorffer 13 Johann Adam Popel Johann Georg Schonfelder 14 David Rudert 15 und Simon Schonfelder 16 Es befanden sich unter den 12 Grundungsmitgliedern der Innung nicht weniger als sieben Geigenmacher die in Klingenthal geboren wurden oder wenigstens zeitweilig lebten Die herausragende Figur des Klingenthaler Geigenbaus war Caspar Hopf der sich in Quittenbach niederliess und dessen Nachfahren uber viele Generationen das Geigenbauerhandwerk betrieben Er starb 1711 in Stolberg Harz auf dem Weg zur Braunschweiger Messe Die Grundung einer eigenen Klingenthaler Innung erlebte er wie auch sein Sohn Johann Michael 17 nicht mehr Johann Michels Witwe fuhrte die Werkstatt weiter ihr wurde die Forderung eines Gesellen erlaubt Weiterhin waren noch Georg Caspar Hopf 18 Georg Friedrich Hopf 19 und Hans Georg Ludwig 20 als Geigenbauer tatig Grundung und Entwicklung der ersten Innung Bearbeiten Die Grundung der Klingenthaler Innung beantragten die vier Geigenmacher Hannss Georg Ludewig George Caspar Hopff Johann George Dorffler und George Friedrich Hopff Das Gesuch wurde daraufhin vom Amtmann an Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen uberstellt der die entsprechende Genehmigung am 20 Januar 1716 erteilte Am 24 Januar schliesslich fand die Grundung der Innung statt zunachst bestand sie aus vier Meistern und einer Meisterwitwe Der erste Obermeister war Georg Caspar Hopf Die Klingenthaler Meister die vorher zur Innung Markneukirchen gehorten wechselten nach und nach in die Klingenthaler so 1716 Christian Friedrich Dorffler 21 1723 Johann Adam Richter und 1730 Johann Christian Uebel Viermal im Jahr fanden sich die Meister und die Gesellen zu den Konventen zusammen Zweck war die Besprechung allgemeiner Angelegenheiten die die Geigenmacher betrafen die Bezahlung der Abgaben an die Innung sowie Meistersprechungen Mutungen Bitte um Zulassung zur Meisterprufung Aufdingungen Aufnahme von Lehrlingen und Lossprechungen Auf dem Konvent wurde auch die Jahresabrechnung der Innung vorgenommen Der Veranstaltungsort war die Wohnung des Innungsmeisters der dafur das grosste Zimmer bis auf die Sitzgelegenheiten und die Innungslade leerraumte spater wurde jedoch aus Platzgrunden der Gasthof fur die Treffen genutzt Mit Zunahme der Geigenmacher fielen auch die Konvente immer umfangreicher aus so dass die Aufgaben auf zwei Tage verteilt wurden anstatt auf einen wie in den Anfangsjahren Im Jahre 1780 beschwerten sich die Meister dass Lauten und Gamben ausser Gebrauch gekommen seien Der Bau dieser war fur den Erwerb des Meisterbriefes vonnoten Die Klingenthaler Geigenmacher waren bestrebt ihre Instrumente an Markneukirchner Handler zu liefern Daraus resultierte ein 150 Jahre anhaltender Geigenkrieg zwischen den beiden Ortschaften 1695 datiert der erste Result dass kein Geigenmacher eines Ortes im anderen seine Geigen verkaufen durfte Unter Klingenthals Organisten fanden sich auch Geigenbauer so auch David Christian Havemann Er war Geigenbauer und Acciseinnehmer Havemann bekleidete dieses Amt von etwa 1740 bis 1788 Es folgte sein Sohn Friedrich Wilhelm als Organist bis 1774 auch er war Geigenmacher Ihm folgte Johann Georg Stroz Musikinstrumentenhandler 22 Danach wurden Organisten aus anderen Berufen eingesetzt Auf ihre Geigenzettel schrieben die Erwahnten gern ihren Beruf Organist und musikalischer Instrumentenmacher Den Klingenthalern machte die Patrimonialgesetzgebung zu schaffen 1770 erfolgte deren Abschaffung Die Innungsmeister fuhrten langatmige Streitereien um Befreiung ihrer Sohne von landwirtschaftlichen Fronen und vom Militardienst Diesem Anliegen wurde entsprochen Von 1789 bis 1809 dauerte die Auseinandersetzung wegen der Freistellung vom Wehrdienst Das 100 jahrige Jubilaum der Erbauung der Kirche Zum Friedefursten 23 und die Feier der 300 jahrigen Einfuhrung der Reformation 24 sahen die Geigenmacher Innung prasent Als Konig Friedrich August II Klingenthal am 5 August 1846 besuchte war eine Reihe Musikinstrumente ausgestellt Am 23 Juli 1860 weilte Konig Johann in Klingenthal Er liess sich die Situation der Werkstatten ausfuhrlich schildern Dazu hatte die Geigenmacherinnung eine Ausstellung mit eingerichtet Der Absatz von Instrumenten verlief in diesen Jahren auf und ab Vor allem der Amerikanische Burgerkrieg machte den Handwerkern zu schaffen da Amerika der Hauptmarkt fur Instrumente aus dem Vogtland war Die Einweihung der Musikschule fand am 1 November 1843 statt und 60 junge Leute meldete sich Wirtschaftsaufschwung und Harmonikabau in Klingenthal Bearbeiten 1829 kam es in Klingenthal zum grossen Umschwung Die Holzkammfertigung und Mundharmonikaindustrie fanden 25 Eingang in Klingenthal 1852 folgte dann der Akkordeonbau Dadurch fanden grosse Teile der Bevolkerung Arbeit bei sofortiger Bezahlung Auch Geigenbauer wandten sich der neuen Beschaftigung zu denn das Arbeitsfeld erforderte wenig Geschicklichkeit und es entfiel die Gesellenwanderzeit Vorher musste ein Geigenmacher Fordergeld zahlen und konnte bei notiger Gewandtheit in ein paar Jahren damit rechnen als angesehener Geigenmacher zu gelten Er musste Werkzeug und Werkstatteinrichtung stellen Klangholz kaufen Steuern zahlen und fur Absatz seiner Produkte sorgen Hier vergingen Jahre ehe man als Geigenbauer richtig verdiente Nach 30 Jahren war die Blutezeit der Holzkammfertigung vorbei Die Arbeiter wechselten in die Harmonikafabriken uber 1862 besass der Geigenbau 166 Einzelwerkstatten Auflosung der ersten und spatere Grundung der zweiten und letzten Innung Bearbeiten 1887 loste sich die Geigenmacher Innung auf 1868 grundete Julius Berthold seine Firma zur Herstellung von Maschinen fur den Musikinstrumentenbau Zur mechanischen Herstellung von Boden und Decken erfand der Klingenthaler Ingenieur William Thau 1904 eine Kopierfrasmaschine 1888 begann die Orchestrion Herstellung 1895 verkundete die Handels und Gewerbekammer Plauen bei der Firma F O Glass seien die ersten Streichkonzert Orchestrions entwickelt worden Am 28 November 1913 erfolgte die Grundung der Musikinstrumentenbauer Innung Brunndobra und Umg Dies bedeutete ein Aufflammen der alten Geigenmachertradition Zu dieser Zeit waren 55 Geigen Violoncello und Kontrabassmacher Mitglieder der Innung 1933 waren es noch 45 Meister und sechs Gesellen 26 1934 wurde Otto Goram als Obermeister eingesetzt Im Jahre 1945 ubernahm Max Richard Herold als Obermeister die Leitung Mit seinem Tod erlosch am 9 April 1975 die Innung Gegenwart Bearbeiten Im Jahr 1997 entstand in Klingenthal die Fachschule fur Musikinstrumentenbau So wurden erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg in Klingenthal wieder Geigenbauer ausgebildet Dadurch gewann der Ort fur den Geigenbau erneut an Bedeutung denn neben der Klingenthaler Schule gibt es in Deutschland nur noch die Geigenbauschule in Mittenwald Auch zur Geigenbauschule in Luby hatte man regen Kontakt bis diese schloss Statistik der Geigenbauer zwischen 1728 und 1896 Bearbeiten nbsp 1871 war im Klingenthaler Amtsbezirk uber 1 3 samtlicher Arbeitskrafte in der inzwischen vorherrschenden Harmonikaindustrie beschaftigt Werdegang eines Geigenmachers BearbeitenAls Geigenmacherlehrlinge kamen nur eheliche Sohne ehrlicher Eltern in Betracht Die Sohne von Totengrabern Hirten und Schindern waren davon ausgeschlossen Ein 14 tagiger Probedienst sollte uberhaupt erst die Eignung erkennen lassen Erst dann konnte der Vater beim Obmann um Aufdingung seines Sohnes ansuchen Diese wurde vorgenommen wenn er zwei Gulden in die Innungslade und zwei Gulden ins Amt zahlte ausserdem noch 4 gr Fordergeld entrichtete Doch schutzte die Innung auch den Lehrmeister insofern als sie ihm die Aushandigung des Lehrgeldes einschliesslich Kost und Wohnung in Hohe von 16 Gulden sicherstellte Der Vater hatte der Innung fur die Zahlung Kaution oder Burgen zu stellen Nun begann die vierjahrige Lehrzeit Jeder Meister hatte immer nur einen Lehrling zu halten damit keiner vernachlassigt wurde und sich etwa zum Pfuscher entwickeln musste nbsp Eine InnungsladeNach ausgestandener Lehre erfolgte der Freispruch gegen Entrichtung einer Schreibgebuhr von etlichen Groschen wahrend spater eine Abgabe dafur fallig war Wahrscheinlich war diese nur die Ablosung fur den Lehrbraten und der zwei Eimer Bier die nach den Artikeln von 1716 jeder Freigesprochene zu geben hatte Die Meistersohne waren vom Lehrbraten befreit Sie waren zur Entrichtung des Geldes fur einen Eimer Bier verpflichtet Auch sonst genossen ursprunglich die Meistersohne verschiedene Vorteile Man wollte jedenfalls durch die hohen Beitrage verhindern dass allzu viele Fremde in das Gewerbe kamen dass es zu sehr verbreitet wurde und dadurch die Lage des ganzen Standes verschlechtert wurde Die Schwiegersohne der Meister waren den Sohnen gleichgesetzt Der neue Geselle sollte nun zwei Jahre sich ununterbrochen in der Fremde aufhalten Durch vorzeitige Heimkehr abgebrochene Wanderschaft sollte vollkommen ungultig sein Befreien konnte davon nicht die Innung sondern nur die landesfurstliche Regierung Wanderziele konnten naturlich nur Gebiete sein in denen der Geigenbau heimisch war so Bohmen Oberbayern Tirol Salzburg und vielleicht auch Italien Es sind nirgends Unterlagen vorhanden ob wirklich die Wanderschaft so streng durchgefuhrt wurde Tatsache ist dass sie nach 1840 nicht mehr eingehalten wurde Nach den ursprunglichen Festsetzungen sollte der heimgekehrte Geselle das Recht haben um die Meisterwerdung nachzusuchen Er musste an drei aufeinanderfolgenden Quartalen seinen Wunsch vor offener Lade vorbringen d h er sollte muthen Dabei zahlte er jedes Mal seinen Mutgroschen oder das Fordergeld Nun wurde die Zeit angesetzt zu welcher er seine Meisterstucke anfertigen musste Das sollte unter Aufsicht dazu abgeordneter Meister stattfinden wahrscheinlich damit nicht frembde Hulffe gebrauchet wurde wie es auch in Markneukirchen gehandhabt wurde zwischen fruh und abends 6 Uhr unter Aufsicht des Obmanns und zweier Vormeister am ersten Tag spater nur des einen Vormeisters bei Beginn und Schluss der Tagesarbeit Zu fertigende Instrumente zum Erwerb des Meisterbriefes Bearbeiten Als Meisterstuck wurde folgendes von der Innung verlangt eine Violine oder Discant Geige von schonem Holz und gutem Firniss eine tuchtige und wohlformierte Laute eine tuchtige und wohlklingende Viola da gamba eine tuchtige Davids Harfe und zwar alle Stucken ohne Tadel und Flecken Literatur BearbeitenKurt Erich Dorfel Geschichte der Orte des Amtsgerichtsbezirks Klingenthal Verlag Gustav Bergmann Klingenthal 1930 Kurt Kauert Vogtlandisch westbohmischer Geigenbau in funf Jahrhunderten Entstehung Standorte Strukturen Verlag der Kunst Dresden Husum 2006 ISBN 3 86530 079 0 Reihe Weiss Grun 34 Klingenthal Chronik rund um den Aschberg Wir Verlag Walter Weller Aalen 1991 ISBN 3 924492 59 X Arthur Muller Blicke in die Vergangenheit Klingenthals Kommissionsverlag Bruckner amp Niemann Leipzig 1897 Bernhard Zobisch Vogtlandischer Geigenbau Biographien und Erklarungen bis 1850 Geiger Horb am Neckar 2000 ISBN 3 89570 594 2 Bernhard Zobisch Vogtlandischer Geigenbau Biographien und Erklarungen ab 1850 Geiger Horb am Neckar 2002 ISBN 3 89570 797 X Weblinks BearbeitenNiederlandische Seite uber die Hopf Geigenbauer Alphabetische Lister der Klingenthaler Geigenbauer PDF 140 kB Anmerkungen Bearbeiten 1639 spater Dorfel geschrieben 1660 Sohn des Breitenbrunner Bergmannes Andreas Lorentz wanderte 1653 nach Klingenthal aus 1677 in Markneukirchen Sohn eines Kupferschmiedes aus Neudorf bei Mittweida vermutlich um 1620 in Graslitz ging 1651 nach Hof Saale 1666 Hof Saale Sohn eines Backermeisters aus Elbogen heute Loket 1664 in Graslitz auch Derffler aus Graslitz mit 48 Jahren 1677 als Exulant in Schoneck 1631 in Graslitz Sohn des aus Marienberg stammenden Schmelzers und Huttenmeisters Georg R eingewandert zwischen 1670 und 1677 1642 in Graslitz oder Klingenthal Sohn von Johann Schonfelder jungerer Bruder Christian Reicholts auch Boller Sohn des Arztes Hans Poller Auswanderung um 1670 Backer Sohn des Klingenthaler Backers Georg Schonfelder seine Sohne Caspar Schonfelder Johann Georg Schonfelder und Simon Schonfelder 1650 in Graslitz als Sohn des Tuchmachers Jacob G April 1659 in Graslitz Sohn des Backers Georg K aus Elbogen 1653 in Graslitz Sohn von Johann Schonfelder 1652 in Lottengrun bei Theuma Sohn des Schneiders Hans Rudert um 1656 in Markneukirchen Sohn von Johann Schonfelder 1680 1712 1675 1754 1687 1734 vermutl 1660 1718 Dorfel starb im Mai 1804 1837 1839 u a durch Johann Wilhelm Rudolph Glier 23 Geigenmacher waren 54 bis 80 Jahre alt nbsp Dieser Artikel wurde am 23 November 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel 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