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Die Evangelische Kirche in Bellersheim einem Stadtteil von Hungen im Landkreis Giessen Hessen wurde von 1810 bis 1813 im Stil des Klassizismus errichtet Die Querkirche mit Mittelrisaliten an den Langseiten und dreigeschossigem Ostturm von 1844 ist ortsbildpragend und hessisches Kulturdenkmal 1 Kirche von Sudosten Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Ausstattung 4 Orgel 5 Glocken 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Innenraum Richtung NordwestenBerstadt war im 11 Jahrhundert Mutterkirche von Bellersheim das vermutlich um 1250 eine Tochterpfarrei bildete Im Jahr 1269 ist ein Pfarrer Ernestus nachgewiesen Im 14 Jahrhundert wurden mehrere Altare gestiftet an denen jeweils ein Geistlicher seinen Dienst verrichtete Kirchlich gehorte Bellersheim im ausgehenden Mittelalter zum Archidiakonat St Maria ad Gradus in der Erzdiozese Mainz im Sendbezirk Berstadt 2 Neben der burgartigen Pfarrkirche die den Titel Unser Lieben Frauen trug und uber zwei Altare verfugte gab es in der 1390 fertiggestellten Mittelburg einer der drei ortlichen Burgen der Familie Bellersheim eine Kapelle mit drei Altaren und einem eigenen Pfarrer Sie wurde in nachreformatorischer Zeit als gottesdienstlicher Versammlungsort aufgegeben Des Weiteren bestand eine Kapelle Zum Heiligen Kreuz mit Glocke am sogenannten Pfingsthain vor dem Dorf die im Jahr 1567 baufallig war und wahrscheinlich Ende des 16 Jahrhunderts ebenfalls aufgegeben wurde 3 Mit Einfuhrung der Reformation im Jahr 1554 wechselte Bellersheim zum lutherischen Bekenntnis Unter Konrad von Solms Braunfels wurde die Kirche im Jahr 1584 evangelisch reformiert 4 Erster evangelischer Pfarrer war in den 1560er Jahren Philipp Landvogt 5 Die alte Pfarrkirche war zu Beginn des 19 Jahrhunderts abgangig und wurde 1810 abgerissen Mit Steinen des aufgelassenen Klosters Arnsburg wurde 1812 nach Planen und unter Bauleitung von Hermann Philipp Spahr ein neues Gotteshaus errichtet Die Grundsteinlegung erfolgte am 1 Mai 1812 etwas hoher und weiter nordostlich des Vorgangerbaus Der Dachstuhl wurde am 16 August 1812 aufgeschlagen der Altar am 3 August 1813 errichtet und die Kanzel am 15 Oktober 1813 aufgestellt Die Einweihung der neuen Kirche fand etwa eine Woche spater statt Die Kosten betrugen 9155 fl 6 Ursprunglich besass das Kirchenschiff ein an beiden Seiten abgewalmtes Dach An den beiden Dachspitzen waren Wetterfahnen mit einem Pfeil und einer Sonne aus Blech angebracht die im Zuge des Turmneubaus entfernt wurden Der alte freistehende Turm an der sudwestlichen Ecke blieb zunachst noch bis zum 2 April 1842 stehen wurde dann aber aufgrund von Baufalligkeit abgetragen und von 1842 bis 1844 fur 8189 fl durch einen neuen Ostturm ersetzt 7 Die Kanzel stand ursprunglich mit dem Altar und der Orgel auf der Mittelachse und wurde im Zuge des Orgelneubaus 1867 dem Empirestil folgend linksseitig angebracht 8 Fur den neuen Aufstellungsort der Orgel im Anbau musste dieser vollig umgebaut werden Im Jahr 1912 erfolgten eine Innen und Aussenrenovierung die eine Wiederherstellung der Verputzung und einen Innenanstrich beinhaltete Zudem wurden neue Ofen eingebaut und die Kirche elektrifiziert Durch einen Bombenangriff am Heiligen Abend 1944 litten Dach und Fenster schweren Schaden 1948 liess die Gemeinde das Kirchendach erneuern die Sudwestseite des Turms neu eindecken und neue Glocken giessen Nach Abschluss der Dachdeckerarbeiten im Sommer 1949 folgten 1950 die Innenrenovierung und die Erneuerung des Aussenputzes Bei der umfassenden Innenrenovierung in den Jahren 1979 bis 1982 wurden fur 210 000 DM Kanzel Altar Orgelgehause und Stuckdecke freigelegt der Holzboden neu gedielt sowie ein neues Kirchengestuhl angeschafft 6 Der Kirchturm wurde 1988 neu eingeschiefert und erhielt neue Sandsteine und einen neuen Aussenputz 1990 folgte die Aussenrenovierung des Kirchenschiffs Die Holzfenster wurden 2007 erneuert Von Februar bis Mai 2015 gewahrte der Kirchenvorstand einem syrischen Fluchtling Kirchenasyl 9 Architektur Bearbeiten nbsp Kirche von NordenDie geostete Kirche steht erhoht im Ortszentrum auf einem Grundriss von 21 14 Meter Entsprechend niederlandisch reformierter Tradition wurde die Predigtkirche von einem Solmser Baumeister als Querkirche konzipiert und ausgefuhrt Als Vorbild diente die 30 Jahre altere Evangelisch reformierte Kirche Langsdorf 10 Die verputzte Kirche mit Eckquaderung aus Lungstein die teils mittelalterliche Steinmetzzeichen aufweist 11 ist zweigeschossig gestaltet und wird von einem Walmdach abgeschlossen Die sudliche symmetrische Schauseite wird durch einen dreiachsigen Risalit mit flachem Dreiecksgiebel hervorgehoben 12 An der Nordseite ist der ubergiebelte Mittelrisalit schmaler als an der Sudseite Er springt dort um 3 Meter vor an der Sudseite lediglich 0 14 Meter da die Nordseite im Erdgeschoss die Sakristei und im Obergeschoss einen zur Kirche geoffneten Raum fur die Orgel beherbergt 10 Rechteckige Fenster mit Gewanden aus rotem Sandstein belichten den Innenraum entsprechend der Innenempore in zwei Ebenen An der Innenseite haben die Fenster einen flachen Stichbogen Drei Rechteckportale mit roten Sandsteingewanden im Suden und Osten sowie in der Westseite des Turms erschliessen die Kirche das Sudportal ist ubergiebelt die Portale im Suden und Osten mit Architravprofil versehen das Westportal mit glattem Gewande die Dachgesimse aus Holz 11 Der schlanke Ostturm auf quadratischem Grundriss an der Schmalseite der Kirche wird durch Gesimse in drei unterschiedlich hohe Geschosse gegliedert Der achtseitige Spitzhelm hat ein umlaufendes eisernes Brustungsgitter mit Steinkonsolen und wird von einem Turmknopf und einem schlichten Kreuz bekront Das Untergeschoss weist nach Suden und Norden je ein rechteckiges Fenster das Mittelgeschoss Rundfenster und das obere Geschoss nach allen Seiten rundbogige Schalllocher fur die Glocken auf 11 Vor der Kirche erinnert ein Denkmal von 1922 an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs 13 Auf einem Betonquader der die Namen der Verstorbenen tragt kniet eine Frau mit einem kleinen Kind und einem Ehrenkranz Ausstattung Bearbeiten nbsp Axial ausgerichteter Innenraum nbsp KanzelDer Innenraum wird von einer flachen Decke mit Kehle abgeschlossen und ist entsprechend reformierter Tradition schlicht ausgestattet Er wird von olivgrunen grauen und braunroten Farben beherrscht Die Einrichtung stammt fast vollstandig aus der Erbauungszeit 12 Die dreiseitige kassettierte Empore an der West Sud und Ostwand ruht auf viereckigen rot braun marmorierten Holzpfosten toskanischer Ordnung 11 Die Emporenaufgange befinden sich an der Sudwand Altar und Orgel sind axial ausgerichtet 1 Unter der Orgel verschliesst eine verglaste Holzwand die Sakristei Die polygonale holzerne Kanzel an der westlichen Nordwand hat einen hohen Kanzelaufgang und einen kleinen Schalldeckel Der weisse quaderformige Altar steht auf einem profilierten Sockel und ist an jeder Seite mit einer goldenen Girlande bemalt Die schwarze Marmorplatte war ursprunglich eine Grabplatte aus Kloster Arnsburg die fur den Altar umgearbeitet wurde 14 Das holzerne Gestuhl in olivgruner Bemalung ist wie die Emporen in drei Richtungen auf die nordliche Mittelachse ausgerichtet 11 Orgel Bearbeiten nbsp OrgelHeinrich Leicht aus Giessen baute die erste Orgel in der Kirche im Jahr 1814 Sie war 1860 reparaturbedurftig Die Gemeinde entschloss sich zu einem Orgelneubau und beauftragte im Jahr 1863 Johann Georg Forster damit Da die Orgelempore in der nordlichen grossen Nische erst im Oktober 1867 fertiggestellt wurde baute Forster die Orgel 1868 ein Die 1917 abgelieferten Prospektpfeifen die provisorisch durch Zinkpfeifen ersetzt worden waren wurden 1992 durch Zinnpfeifen rekonstruiert 15 Die Brustungsorgel verfugt uber 15 Register die sich auf zwei Manuale und Pedal verteilen und uber mechanische Kegelladen Der dreiteilige Prospekt ist im Stil anglisierender Neugotik gestaltet 12 Das uberhohte mittlere Pfeifenfeld wird von zwei niedrigeren Rechteckfeldern flankiert die von Zinnen und schlanken Turmen bekront werden Jedes Feld wird von einem gekuppelten Rundbogen abgeschlossen in dem vierpassahnliche Motive gemalt sind Das Instrument ist in unveranderter Form erhalten und weist folgende Disposition auf 16 I Manual C f3Quintaton 16 Principal 8 Hohlflote 8 Bourdon 8 Octave 4 Flauto dolce 4 Octave 2 Acuta IV V 3 II Manual C f3Flauto amabile 8 Dolce 8 Gemshorn 4 Flauto gedackt 4 Pedal C d1Principalbass 16 Subbass 16 Octavbass 8 Koppeln I P II IGlocken BearbeitenDer Turm beherbergt ein Vierergelaut Eine Glocke die Friedrich Otto in Giessen im Jahr 1835 gegossen hatte wurde 1917 an die Rustungsindustrie abgeliefert und 1926 durch zwei neue Glocken der Gebr Rincker ersetzt 11 Im Zweiten Weltkrieg wurden beide sowie eine Glocke von Peter Schweitzer aus Werdorf Inschrift SOLI DEO GLORIA 1718 zwei Salbeiblatter In GOTTES NAMEN FLOS ICH PET SCHWEITZER VON WERDORF GOS MICH abgegeben Die verbleibende Glocke von Johann Philipp Bach aus Hungen Inschrift In GOTTES NAHMEN FLOS ICH IOHANN PHILIPP BACH VON HUNG EN GOS MICH ANNO 1776 HERR BINGELIUS INSPECKTER PFARRER JOHAN GEORG BOPP H S SCHULTHEIS ist nicht mehr vorhanden eine Inzahlungnahme fur das neue Gelaut ist denkbar Im Jahr 1948 wurde bei den Gebr Rincker ein Vierergelaut mit der Tonfolge es1 g1 b1 c2 im Wachet auf Motiv gegossen 17 Literatur BearbeitenGeorg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I Regierungsbezirke Giessen und Kassel Bearbeitet von Folkhard Cremer Tobias Michael Wolf und anderen Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 2008 ISBN 978 3 422 03092 3 S 95 Wilhelm Diehl Baubuch fur die evangelischen Pfarreien der Souveranitatslande und der acquirierten Gebiete Darmstadts Hassia sacra 8 Selbstverlag Darmstadt 1935 S 167 170 Johannes Fritzsche Hrsg 200 Jahre Evangelische Kirche Bellersheim Festschrift zum Kirchenjubilaum Bellersheim 2012 Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Hrsg Karlheinz Lang Red Kulturdenkmaler in Hessen Landkreis Giessen I Hungen Laubach Lich Reiskirchen Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Theiss Stuttgart 2008 ISBN 978 3 8062 2177 0 S 103 f Ulrich Schutte Hrsg Kirchen und Synagogen in den Dorfern der Wetterau Wetterauer Geschichtsblatter 53 Verlag der Bindernagelschen Buchhandlung Friedberg Hessen 2004 ISBN 3 87076 098 2 S 352 f Heinrich Walbe Die Kunstdenkmaler des Kreises Giessen Bd 3 Sudlicher Teil Hessisches Denkmalarchiv Darmstadt 1933 S 5 f Peter Weyrauch Die Kirchen des Altkreises Giessen Mittelhessische Druck und Verlagsgesellschaft Giessen 1979 S 24 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Evangelische Kirche Bellersheim Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage der Kirchengemeinde Internetprasenz auf giessenerland evangelisch de Bellersheim Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 30 September 2013 Einzelnachweise Bearbeiten a b Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Kulturdenkmaler in Hessen 2008 S 104 Gerhard Kleinfeldt Hans Weirich Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch nassauischen Raum Schriften des Instituts fur geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 16 N G Elwert Marburg 1937 ND 1984 S 19 Diehl Baubuch fur die evangelischen Pfarreien 1935 S 167 f Weyrauch Die Kirchen des Altkreises Giessen 1979 S 24 Bellersheim Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 2 Oktober 2013 a b Fritzsche Hrsg 200 Jahre Evangelische Kirche Bellersheim 2012 S 18 Diehl Baubuch fur die evangelischen Pfarreien 1935 S 168 Diehl Baubuch fur die evangelischen Pfarreien 1935 S 169 us Es ist berechtigt und menschlich Nach Kirchenasyl in Bellersheim Junger Syrer kann in Deutschland bleiben Giessener Allgemeine Samstag 30 Mai 2015 Nummer 123 S 37 a b Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Kulturdenkmaler in Hessen 2008 103 a b c d e f Walbe Die Kunstdenkmaler des Kreises Giessen 1933 S 6 a b c Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I 2008 S 95 Fritzsche Hrsg 200 Jahre Evangelische Kirche Bellersheim 2012 S 67 Fritzsche Hrsg 200 Jahre Evangelische Kirche Bellersheim 2012 S 51 Fritzsche Hrsg 200 Jahre Evangelische Kirche Bellersheim 2012 S 22 f Franz Bosken Hermann Fischer Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Beitrage zur Mittelrheinischen Musikgeschichte Band 29 1 Band 3 Ehemalige Provinz Oberhessen Teil 1 A L Schott Mainz 1988 ISBN 3 7957 1330 7 S 106 Fritzsche Hrsg 200 Jahre Evangelische Kirche Bellersheim 2012 S 44 48 Kirchen in Hungen Evangelische Kirche Bellersheim Evangelische Stadtkirche Hungen St Andreas Hungen Evangelische Kirche Langd Evangelisch reformierte Kirche Nonnenroth Evangelische Kirche Obbornhofen Evangelische Kirche Rodheim Hungen Katharinenkapelle Steinheim Hungen Evangelische Kirche Trais Horloff St Thomas Trais Horloff Evangelische Kirche Villingen Hungen 50 453296 8 840131 Koordinaten 50 27 12 N 8 50 24 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Evangelische Kirche Bellersheim amp oldid 230523533