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Ernst Ludwig von Leutsch 16 August 1808 in Frankfurt am Main 28 Juli 1887 in Gottingen war ein deutscher klassischer Philologe der als Dozent und Professor in Gottingen wirkte Er ist besonders als langjahriger Herausgeber der Zeitschrift Philologus bekannt Ernst von LeutschInhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Leistungen 3 Kritik an Leutsch als akademischem Lehrer und Forscher 4 Literatur 5 WeblinksLeben BearbeitenErnst von Leutsch wurde 1808 in Frankfurt am Main geboren wo sein Vater Friedrich August von Leutsch koniglich sachsischer Gesandter beim Furstprimas Karl Theodor von Dalberg war Noch vor der Abdankung Dalbergs kehrte die Familie Leutsch nach Dresden zuruck wo Ernst von Leutsch das Gymnasium besuchte Der Historiker Karl Christian von Leutsch war ein alterer Bruder Spater zog die Familie uber Leipzig nach Celle wo Vater Leutsch als Oberappellationsgerichtsrat in den hannoverschen Staatsdienst eintrat von 1817 bis zu seinem Tode war er Vizeprasident des Koniglichen Oberappellationsgerichts Nach der Reifeprufung bezog Ernst von Leutsch 1827 die Universitat Gottingen um Klassische Philologie zu studieren Zu seinen akademischen Lehrern zahlten Georg Ludolf Dissen Christoph Wilhelm Mitscherlich und Karl Otfried Muller Mit den Kommilitonen August Geffers Karl Ludwig Grotefend und Friedrich Wilhelm Schneidewin verband ihn bis ans Lebensende tiefe Freundschaft Sie trafen sich in ihrer Studienzeit regelmassig zu philologischen Sitzungen an denen auch Professor Muller gelegentlich teilnahm Der Kreis nahm 1828 mit dem Dazustossen von Adolf Emperius die modernen Methoden der Textkritik aus der Schule Gottfried Hermanns auf Aus Besprechungen in seinem Freundeskreis ging auch Leutschs Dissertation Thebaidis cyclicae reliquiae hervor mit der er 1830 promoviert wurde Anschliessend ging Leutsch fur ein Jahr nach Berlin um bei August Bockh seine Studien zu vertiefen Nach seiner Ruckkehr habilitierte Leutsch sich im Mai 1831 in Gottingen und wurde zum Privatdozenten ernannt Seine Habilitationsthesen die er 1833 verteidigte brachten ihm die Ernennung zum Assessor der Philologischen Fakultat ein Am 2 Mai 1837 nach genau funf Jahren als Privatdozent wurde Leutsch zum ausserordentlichen Professor ernannt und stieg kurz darauf nach dem Tode Dissens zum Vorstandsmitglied des Philologischen Seminars auf 1837 war das Jahr in dem die Gottinger Sieben gegen die Aufhebung der Hannoverschen Verfassung protestierten und aufgrund ihrer Eidesverweigerung ihre Lehrstuhle verloren Leutsch gehorte nicht zu ihnen verfasste aber mit funf anderen Professoren eine offentliche Protestnote gegen die Verfassungsaufhebung und die servile Mehrheit des akademischen Lehrkorpers Neben seinen Kollegen Muller und Schneidewin standen ihm der Philosoph Heinrich Ritter und die Juristen Wilhelm Theodor Kraut und Heinrich Thol zur Seite Dieses Bekenntnis kostete die sechs Dozenten einiges Ansehen bei der Universitatsleitung hatte aber auf ihre jeweiligen Karrieren keine negative Wirkung Nach dem Tode Mullers wurde 1842 der Marburger Professor Karl Friedrich Hermann nach Gottingen berufen Dieser erreichte durch Druck auf die hannoversche Landesregierung dass Leutsch und Schneidewin neben ihm zu ordentlichen Professoren an der Universitat Gottingen ernannt wurden Mit ihrem neuen Etat konnten die neu ernannten Professoren in den Semesterferien 1842 eine Reise in die Normandie unternehmen Hier konnten sie eine Handschrift von Ciceros Schrift De oratore sichten und Kontakte zu franzosischen Philologen wie Letronne und Boissonade knupfen Zu Schneidewin hatte Leutsch eine sehr vertraute Beziehung So war der Tod des Kollegen im Jahr 1856 auch ein schwerer Schlag fur ihn Neben der Leitung des Seminars ubernahm Leutsch auch die Sorge fur die Familie des Verstorbenen In seiner Zeit als Seminarleiter wurde er auch zum Hofrat des Konigreichs Hannover ernannt Im Jahr seines 50 jahrigen Doktorjubilaums 1880 erhielt Leutsch den Titel eines Geheimen Regierungsrats 1883 wurde Leutsch emeritiert zu seinem Nachfolger wurde Ulrich von Wilamowitz Moellendorff aus Greifswald berufen Die letzten Jahre seines Lebens waren von fortschreitender Erblindung getrubt die Leutsch veranlassten seine Briefe und Arbeiten zu diktieren Erst nach einer dritten Augenoperation im Marz 1887 erlangte er sein Augenlicht in solchem Masse wieder dass er Briefe selbst schreiben konnte In dieses Jahr fiel auch sein 50 jahriges Professorjubilaum und die 150 Jahr Feier der Georg August Universitat Gottingen Im Sommer am 28 Juli starb Leutsch im Alter von 78 Jahren durch einen Schlaganfall Da er keine eigenen Kinder hatte war die Gottinger Universitat in seinem Testament zur Alleinerbin seiner Hinterlassenschaft bestimmt Die Universitatsleitung entschied sich jedoch einen Grossteil des Erbes an die Blutsverwandten ersten Grades des Verstorbenen zu verteilen und beanspruchte fur sich nur die umfangreiche Privatbibliothek des Gelehrten Leistungen BearbeitenLeutschs grosstes Verdienst fur die Fachwelt war die Redaktion der Zeitschrift Philologus die er 1856 als Nachfolger seines verstorbenen Kollegen Schneidewin ubernommen hatte Er gedachte diese erst zehn Jahrgange alte Zeitschrift zu vergrossern und entfaltete eine weitreichende Korrespondenz mit Fachkollegen aus ganz Europa um Beitrager zu gewinnen Dadurch gewann die Zeitschrift zwar ein breites Spektrum an Beitragen nahm aber in seinem fachlichen Anspruch ab und blieb in der Qualitat hinter Zeitschriften wie dem Rheinischen Museum oder dem Hermes zuruck Ulrich von Wilamowitz Moellendorff schrieb in seinen Erinnerungen 1848 1914 Berlin 1928 S 204 Die Hoffnung dass der Philologus mit ihm sturbe erfullte sich leider nicht Eine Zeitschrift erhalt sich wenn sie inhaltlich herunterkommt durch die Bibliothekare die eine Serie nicht abreissen lassen Das hat allerdings den Vorteil dass sie sich leichter wieder heben als eine neue sich grunden lasst Neben dem Philologus als Organ fur fachwissenschaftliche Arbeiten begrundete er 1868 den Philologischen Anzeiger fur die Berichterstattung uber Entwicklungen und Leistungen sowie als Rezensionsorgan auf dem Gebiet der Klassischen Philologie Dieses Beiblatt des Philologus wuchs rasch im Umfang aber sein Erscheinen wurde nach Leutschs Tode eingestellt Kritik an Leutsch als akademischem Lehrer und Forscher BearbeitenLeutsch sah sich vor allem als akademischer Lehrer und veroffentlichte aus diesem Grund verhaltnismassig wenige Schriften Trotz diesem Selbstverstandnis wurden sein geringes Redetalent und seine Auswahl der gelesenen antiken Schriftsteller haufig kritisiert Er raumte Pindar Aristophanes Thukydides Livius und Tacitus soviel Platz in seinen Vorlesungen ein dass fur die ubrigen Vertreter und Epochen der griechischen und romischen Literatur wenig Zeit blieb und die Veranstaltungen sich oft zum Semesterende hin leerten Auch seine Rivalitat mit dem Kollegen Hermann Sauppe der ein bedeutend besseres Latein als Leutsch schrieb und sprach beeintrachtigte die Atmosphare am Seminar Leutsch neigte zum statarischen Ubersetzen kleiner Abschnitte und lieferte so keine Ausblicke auf grossere Textkomplexe Literatur BearbeitenNachrufeAlbert Muller Ernst Ludwig v Leutsch In Biographisches Jahrbuch fur Alterthumskunde 10 Jahrgang 1887 S 41 48 Max Schneidewin Ernst von Leutsch Ein Nekrolog Gottingen 1888Urteile anderer uber LeutschErnst G Schmidt 150 Jahre Philologus In Philologus 140 1996 S 3 38 Ulrich von Wilamowitz Moellendorff Erinnerungen 1848 1914 Berlin 1928 S 204 Adolf Philippi Selbstbiographie In Biographisches Jahrbuch fur Altertumskunde 18 Jahrgang 1895 S 156 176 zu Leutsch S 163 165 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Ernst von Leutsch Quellen und Volltexte Literatur von und uber Ernst von Leutsch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Ernst von Leutsch in der Deutschen Digitalen BibliothekInhaber der Lehrstuhle fur Klassische Philologie an der Universitat Gottingen Erster Lehrstuhl Johann Matthias Gesner 1734 1761 Christian Gottlob Heyne 1763 1812 Christoph Wilhelm Mitscherlich 1814 1835 Karl Friedrich Hermann 1842 1856 Ernst Curtius 1856 1868 Curt Wachsmuth 1869 1877 Karl Dilthey 1877 1887 Wilhelm Meyer 1887 1889 Friedrich Leo 1889 1914 Richard Reitzenstein 1914 1928 Eduard Fraenkel 1928 1931 Kurt Latte 1931 1935 Hans Drexler 1940 1945 Kurt Latte 1946 1957 Karl Deichgraber 1957 1969 Klaus Nickau 1970 2000 Heinz Gunther Nesselrath seit 2001 Zweiter Lehrstuhl Georg Ludolf Dissen 1813 1837 Ernst von Leutsch 1837 1883 Ulrich von Wilamowitz Moellendorff 1883 1897 Georg Kaibel 1897 1901 Eduard Schwartz 1902 1909 Paul Wendland 1909 1915 Max Pohlenz 1916 1937 Karl Deichgraber 1938 1946 Walter F Otto 1946 1948 Wolf Hartmut Friedrich 1948 1972 Carl Joachim Classen 1973 1993 Siegmar Dopp 1995 2007 Ulrike Egelhaaf Gaiser seit 2008 Dritter Lehrstuhl Ernst Karl Friedrich Wunderlich 1808 1816 Friedrich Gottlieb Welcker 1816 1819 Karl Otfried Muller 1819 1840 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