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Dieser Artikel bezieht sich auf das Buch Gottlob Freges Der Ausdruck Begriffsschrift wird manchmal auch im Sinne von Ideographie gebraucht Die Begriffsschrift ist ein schmales nur etwa achtzig Seiten umfassendes Buch des Jenaer Mathematikers und Philosophen Gottlob Frege zur Logik Es wurde 1879 mit dem Untertitel Eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens veroffentlicht und gilt allgemein als die wichtigste Veroffentlichung im Bereich der Logik seit Aristoteles Organon 1 Das Titelblatt der BegriffsschriftFrege gelang in diesem Buch zum ersten Mal eine Formalisierung der klassischen Pradikatenlogik und damit die erste Formalisierung einer Logik in der sich ein hinreichend grosser Teil der Mathematik aber auch der naturlichen Sprache ausdrucken liess Gemeinsam mit George Booles Mathematical Analysis of Logic von 1847 markiert die Begriffsschrift deshalb den Beginn der modernen formalen Logik Die Bezeichnung Begriffsschrift wird auch fur den von Frege definierten logischen Kalkul sowie fur Freges logische Notation verwendet Frege entwarf die Begriffsschrift zur Unterstutzung seiner Forschung an den Grundlagen der Mathematik Freges Kalkul fuhrte erstmals den Allquantor sowie mehrstellige Pradikate Relationen ein Es handelt sich um einen klassischen pradikatenlogischen Kalkul zweiter Stufe mit Identitat allerdings in einer im Vergleich zu heute ublichen Schreibweisen eigenwilligen zweidimensionalen Notation Inhaltsverzeichnis 1 Stellung der Begriffsschrift im Gesamtwerk Freges 2 Notation 2 1 Syntax 2 2 Wahrheitsfunktionalitat 2 3 Inhaltsstrich und Urteilsstrich 2 4 Junktoren 2 5 Quantoren 3 Das Axiomensystem der Begriffsschrift 4 Rezeption und Wirkung 5 Tabellarische Ubersicht der Schreibweise 6 Ausgaben 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseStellung der Begriffsschrift im Gesamtwerk Freges BearbeitenTrotz ihrer epochalen Bedeutung ist die Begriffsschrift nicht Freges Hauptwerk Ihr folgten 1884 Die Grundlagen der Arithmetik sowie 1893 und 1903 die beiden Bande der Grundgesetze der Arithmetik die auch aufgrund ihres Umfangs als Freges Hauptwerk gelten konnen nbsp Frege um 1880 etwa zur Zeit der Publikation der BegriffsschriftFreges vorrangiges Ziel war es die Mathematik als Teil der Logik auszuweisen also zu zeigen dass alle mathematischen Satze aus wenigen rein logischen Axiomen abgeleitet werden konnen vgl Logizismus Dieses Unternehmen war nur aussichtsreich wenn ein Mittel zur Verfugung stand mit dem sich die Luckenlosigkeit einer Schlusskette zweifelsfrei uberprufen liess Da sich die traditionelle Aristotelische Logik Syllogistik als unbrauchbar fur diesen Zweck herausstellte nahm sich Frege zunachst der Aufgabe an eine neue geeignetere Logik zu schaffen Dies geschah in Form der Begriffsschrift Fur Frege war die Begriffsschrift demnach nur die erste Etappe auf dem Weg zu einer vollstandigen Formalisierung der Mathematik insgesamt die er in den Grundgesetzen der Arithmetik fur die Zahlentheorie teilweise durchfuhrte Freges logizistisches Programm scheiterte zunachst noch vor dem Erscheinen des zweiten Bandes der Grundgesetze an der Russellschen Antinomie es wurde aber von Bertrand Russell Rudolf Carnap und anderen fortgefuhrt Die Begriffsschrift war jedoch keineswegs ausschliesslich fur den Einsatz in der Mathematik vorgesehen Im Gegenteil stellte Frege seine Schrift im Vorwort ausdrucklich in den Kontext der Leibnizschen Idee einer lingua characterica universalis einer Universalsprache die ein geordnetes System aller Begriffe nach mathematischem Vorbild darstellen sollte 2 3 4 5 6 Freges 1879 vorgelegte Schrift sollte das logische Herzstuck einer solchen Universalsprache bilden Es ist zu vermuten dass die Bezeichnung Begriffsschrift aus einer Abhandlung Friedrich Adolf Trendelenburgs 7 uber Leibniz Entwurf dieser Universalsprache entlehnt ist die Frege im Vorwort zitiert 8 Im Ubrigen war das Wort Begriffsschrift um die Wende zum 20 Jahrhundert als Eindeutschung von Ideographie allgemein gebrauchlich 9 Notation Bearbeiten nbsp Die Einfuhrung der logischen Symbole in der Begriffsschrift Zum Offnen bitte auf die Vorschau klicken Frege verwendete in der Begriffsschrift eine eigens von ihm geschaffene Schreibweise Notation fur Ausdrucke der Aussagen und Pradikatenlogik Die Notation der Begriffsschrift ist eine graphische zweidimensionale Darstellung in der Formeln durch waagerechte und senkrechte Striche miteinander verbunden werden Sie verwendet als aussagenlogische Grundelemente Zeichen fur die Negation und das Konditional als pradikatenlogisches Element den Allquantor Wie erst sehr viel spater die allerdings lineare eindimensionale und daher wesentlich platzsparendere polnische Notation kommt die Begriffsschriftnotation ohne Klammerungen aus Syntax Bearbeiten Die Begriffsschrift kennt nur zwei syntaktische Grundelemente Funktionsausdrucke und Eigennamen wobei beide auch durch Variablen vertreten werden konnen Alle syntaktischen Operationen folgen dem Schema Funktion Argument Wert Durch Anwendung einer Funktion mit n freien Stellen auf n Argumente erhalt man einen bestimmten Wert der Funktion Naheres zum Funktionsbegriff Wenn man beispielsweise in dem komplexen Ausdruck 1 1 beide Vorkommnisse des Zahlzeichens 1 durch die Variablen n bzw m ersetzt so erhalt man den Funktionsausdruck n m Die Variablen machen deutlich dass der Ausdruck ungesattigt ist wie Frege sagt Er bezeichnet in dieser Form keinen Gegenstand sondern bedarf der Vervollstandigung durch zwei Argumente Durch erneute Substitution von Zahlzeichen fur die Variablen erhalt man eine Reihe von arithmetischen Termen z B 1 1 1 2 2 1 usw Die verschiedenen moglichen Einsetzungen fur die Variablen sind Argumentausdrucke Das durch den komplexen Ausdruck Bezeichnete ist der Wert der Funktion Der Wert der Funktion n m fur die Argumente 2 und 3 ist beispielsweise die Zahl 6 Dieses Grundschema ist in seiner Anwendbarkeit keineswegs auf den Bereich der Mathematik beschrankt Ersetzt man beispielsweise in der Eroberer von x die Variable x durch Gallien so nimmt die Funktion den Wert Julius Casar an 10 Auch Pradikate sind nach Frege Funktionen Die durch x eroberte Gallien ausgedruckte Funktion nimmt fur das Argument Julius Casar den Wert Wahr an fur das Argument Hannibal den Wert Falsch Die Ersetzung der Subjekt Pradikat Form durch die Funktion Argument Form des Urteils war bereits ein erheblicher Fortschritt gegenuber der traditionellen Logik weil sie es ermoglicht eine Logik der Relationen zu formulieren Die moderne Logik kennt anders als die Syllogistik auch zwei und mehrstellige Pradikate Relationsausdrucke wie x liebt y x steht zwischen y und z usw Siehe auch Logik Klassische Logik Wahrheitsfunktionalitat Bearbeiten Frege fasste nun alle zusammengesetzten Ausdrucke als Ergebnisse der Anwendung einer Funktion auf Argumente auf insbesondere behandelte er auch diejenigen Ausdrucke als Funktionsausdrucke die heute allgemein als Junktoren bekannt sind Ihre Argumente sind Aussagen als Werte ergeben sich die Wahrheitswerte Wahr und Falsch die bei Frege das Wahre und das Falsche heissen Um die Bedeutung eines Junktors anzugeben genugt es festzulegen unter welchen Bedingungen eine Aussage mit diesem Junktor wahr bzw falsch wird Heute wird dieser Zusammenhang als Wahrheitsfunktionalitat bezeichnet und man gibt die Wahrheitsbedingungen meist in Form sogenannter Wahrheitstabellen an Die Wahrheitsfunktionalitat ist eine wesentliche Voraussetzung fur die Aufstellung einer extensionalen Semantik wie sie Alfred Tarski in den 1930er Jahren entwickelte Inhaltsstrich und Urteilsstrich Bearbeiten Der waagerechte Inhaltsstrich besagt in der Begriffsschrift dass das was auf ihn folgt ein auf Wahrheit oder Falschheit hin beurtheilbarer Inhalt 11 ist in moderner Terminologie eine Aussage die wahr oder falsch sein kann Durch den Inhaltsstrich wird nicht uber den Wahrheitsgehalt einer Aussage befunden sie wird nicht behauptet sondern nur als potenziell wahr oder falsch gleichsam in den Raum gestellt nbsp Wohlgemerkt ware eine absurd erscheinende Verbindung wie 2 in der Begriffsschrift nicht syntaxwidrig ihr Wert ware das Falsche Das hangt damit zusammen dass Freges Begriffsschrift eine reine Termlogik ist auch Aussagen sind singulare Terme gewissermassen verschiedene Bezeichnungen fur die beiden Wahrheitswerte Der senkrechte Urteilsstrich vor dem Inhaltsstrich besagt dass der Inhalt wahr ist nbsp Frege sagte dazu der Inhalt werde mit behauptender Kraft geaussert Junktoren Bearbeiten nbsp Begriffsschriftnotation AussagenlogikFrege verwendete von den heute ublichen funf Junktoren nicht und oder wenn dann genau dann wenn nur zwei nicht Negation und wenn dann Implikation oder Konditional Die Negation wird durch Anfugen eines kleinen senkrechten Striches an den Inhaltsstrich dargestellt Die Negation nicht A A displaystyle lnot A nbsp wird folgendermassen ausgedruckt nbsp Der Wert dieser Funktion ist genau dann das Wahre wenn der Wahrheitswert von A nicht das Wahre ist andernfalls das Falsche Die Implikation B A displaystyle B rightarrow A nbsp lies wenn B dann A wird in der Begriffsschrift durch nbsp ausgedruckt Zur Bedeutung dieser Zeichenverbindung schrieb Frege Wenn A und B beurtheilbare Inhalte bedeuten so giebt es folgende vier Moglichkeiten A wird bejaht und B wird bejaht A wird bejaht und B wird verneint A wird verneint und B wird bejaht A wird verneint und B wird verneint nbsp bedeutet nun das Urtheil dass die dritte dieser Moglichkeiten nicht stattfinde sondern eine der drei andern 11 Dies sind in heute ungewohnt erscheinender Formulierung die Wahrheitsbedingungen der materialen Implikation Die Implikation ist nur dann falsch wenn das Antezedens wahr und das Sukzedens falsch ist Disjunktion oder und Konjunktion und lassen sich durch Verbindungen dieser beiden Junktoren ausdrucken die Disjunktion wird durch nbsp B A displaystyle neg B rightarrow A nbsp ausgedruckt die Konjunktion durch nbsp B A displaystyle neg B rightarrow neg A nbsp Da Freges Logik eine Termlogik ist in der auch Aussagen singulare Terme sind dient das Zeichen der Inhaltsgleichheit displaystyle equiv nbsp Identitatszeichen zugleich als Ausdruck der materialen Aquivalenz Quantoren Bearbeiten nbsp Begriffsschriftnotation PradikatenlogikAls Allquantor verwendet Frege eine Einbuchtung Hohlung im Inhaltsstrich in die die zu bindende Variable geschrieben wird siehe nebenstehende Grafik Aufgrund der in der klassischen Pradikatenlogik geltenden Aquivalenz x F x x F x displaystyle exists xF x leftrightarrow lnot forall x lnot F x nbsp ist ein eigener Existenzquantor nicht erforderlich sein Inhalt kann durch Allquantor und Negator ausgedruckt werden Das folgende Beispiel zeigt die Aussage zu jedem x mit der Eigenschaft F gibt es ein y zu dem x in der Beziehung R steht z B jeder Mensch hat eine Mutter Es illustriert die beiden wesentlichen Errungenschaften der Begriffsschrift die sie sowohl gegen die traditionelle Syllogistik als auch gegen die zeitgenossische logische Algebra abgrenzt verschachtelte Quantoren fur alle x gibt es ein y und mehrstellige Pradikate R x y nbsp Aus dieser Aussage folgt mit Axiom 9 siehe unten nbsp Daraus kann in Verbindung mit der Aussage F c mit Hilfe der Regel Modus ponens Das Axiomensystem siehe unten die Aussage es gibt ein y zu dem c in R steht abgeleitet werden nbsp Die Quantorenlogik erlaubt unter der Voraussetzung dass der Subjektterm nicht leer ist samtliche Schlusse der traditionellen Logik Die nachstehende Abbildung zeigt links das logische Quadrat aus der Originalausgabe der Begriffsschrift 12 rechts eines in moderner Schreibweise zum Vergleich nbsp nbsp Dass bei Frege in der unteren Zeile contrar statt subcontrar steht ist offenbar ein Versehen 13 Siehe auch die tabellarische Ubersicht zur Notation am Ende des Artikels Das Axiomensystem der Begriffsschrift BearbeitenNach den Erlauterungen zur Schreibweise im ersten Kapitel geht Frege im zweiten Kapitel mit der Uberschrift Darstellung und Ableitung einiger Urtheile des reinen Denkens dazu uber einige logisch wahre Satze auf der Grundlage weniger Axiome zu beweisen Frege rechtfertigte seine neun Axiome nicht formal indem er begrundete warum sie in ihrer intendierten Interpretation wahr sind In moderne Schreibweise ubersetzt lauten die Axiome 14 A B A displaystyle vdash A to left B to A right nbsp A B C A B A C displaystyle vdash A to B to C to left left A to B right to left A to C right right nbsp D B A B D A displaystyle vdash left D to left B to A right right to left B to left D to A right right nbsp B A A B displaystyle vdash left B to A right to left lnot A to lnot B right nbsp A A displaystyle vdash lnot lnot A to A nbsp A A displaystyle vdash A to lnot lnot A nbsp c d F c F d displaystyle vdash left c equiv d right to left F c equiv F d right nbsp c c displaystyle vdash c equiv c nbsp x F x F c displaystyle vdash left forall xF x right to F c nbsp Dies sind in Freges eigener Nummerierung die Satze 1 2 8 28 31 41 52 54 und 58 15 1 3 betreffen die materiale Implikation 4 6 die Negation 7 und 8 betreffen die Identitat 7 ist das Identitatsprinzip von Leibniz 16 8 fordert die Reflexivitat der Identitat 9 erlaubt den Ubergang von einer allquantifizierten Aussage zu einer beliebigen Instanz Alle ubrigen Satze werden aus diesen Axiomen abgeleitet Die Begriffsschrift hat drei Folgerungsregeln Zwei davon der Modus ponens und die Generalisierungsregel werden explizit genannt Der Modus ponens erlaubt den Ubergang von A B displaystyle vdash A to B nbsp und A displaystyle vdash A nbsp zu B displaystyle vdash B nbsp Die Generalisierungsregel erlaubt den Ubergang von P A x displaystyle vdash P to A x nbsp zu P x A x displaystyle vdash P to forall xA x nbsp wenn die Variable x nicht in P vorkommt 17 Die dritte nicht explizit genannte Regel ist ein Substitutionsprinzip Das einer Pradikatenlogik der ersten Stufe entsprechende Fragment des in der Begriffsschrift angegebenen Kalkuls ist vollstandig und widerspruchsfrei 18 19 20 Erst die Erweiterung des Systems um eine Theorie der Begriffsumfange die Frege spater in den Grundgesetzen der Arithmetik vornahm fuhrte zur Inkonsistenz 21 Das dritte Kapitel tragt die Uberschrift Einiges aus einer allgemeinen Reihenlehre Die wichtigsten Ergebnisse 22 betreffen die Erblichkeit einer Eigenschaft in einer Reihe und das Nachfolgen in einer Reihe Ist eine Relation R gegeben so ist eine Eigenschaft F nach Frege erblich in der R Reihe genau dann wenn gilt x y F x x R y F y displaystyle forall x forall y F x land xRy to F y nbsp Anschliessend definiert Frege b folgt in der R Reihe auf a genau dann wenn b jede in der R Reihe erbliche Eigenschaft hat die alle x mit aRx haben Schreibt man R fur diese Relation des Folgens in der R Reihe so lasst sich Freges Definition wie folgt wiedergeben a R b F x a R x F x x y F x x R y F y F b displaystyle aR ast b equiv forall F forall x aRx to F x wedge forall x forall y F x wedge xRy to F y to F b nbsp 23 Kurzer wobei Erbl F R bedeuten soll F ist erblich in der R Reihe a R b F x a R x F x E r b l F R F b displaystyle aR ast b equiv forall F forall x aRx to F x wedge Erbl F R to F b nbsp Uber diese R Relation beweist Frege in der Folge einige Satze die zeigen dass es sich um eine Ordnungsrelation handelt Diese Betrachtungen sind ganz offensichtlich als Vorarbeiten zu den beiden Nachfolgewerken zu den Grundlagen der Zahlentheorie intendiert Wenn man als xRy die Relation y x 1 betrachtet dann ist 0R y oder 1R y die Eigenschaft von y eine naturliche Zahl zu sein Rezeption und Wirkung BearbeitenDie Begriffsschrift fand zunachst eine bemerkenswert kuhle Aufnahme Nicht zuletzt aufgrund ihrer ungewohnten und schwer lesbaren Symbolik scheint die breite Fachoffentlichkeit zunachst wenig Notiz von ihr genommen zu haben Der Tenor der zeitgenossischen Rezensionen war grosstenteils verhalten bis kritisch 8 24 Einhellig wurden Bedenken gegenuber der raumgreifenden schwer handhabbaren Schreibweise geaussert Vor allem aber warfen die Kritiker Frege vor den algebraischen Ansatz in der symbolischen Logik Ernst Schroder Giuseppe Peano George Boole Augustus De Morgan Charles Sanders Peirce zu ignorieren Die Kritik ist berechtigt Es ist auffallig dass Frege die seinerzeit dominante Stromung der formalen Logik vollig ubergeht und seine eigene Arbeit nicht zu der anderer zeitgenossischer Forscher in Beziehung setzt Dieses Versaumnis holte er in einigen unmittelbar auf die Begriffsschrift folgenden Aufsatzen nach 25 Zu den wenigen die schon fruh die Bedeutung der Begriffsschrift erkannten zahlten der britische Philosoph und Mathematiker Bertrand Russell der Phanomenologe Edmund Husserl Freges Schuler Rudolf Carnap sowie der osterreichisch britische Philosoph Ludwig Wittgenstein der im Vorwort zu seinem beruhmten Tractatus logico philosophicus 1921 schrieb Nur das will ich erwahnen dass ich den grossartigen Werken Freges und den Arbeiten meines Freundes Herrn Bertrand Russell einen grossen Teil der Anregung zu meinen Gedanken schulde 26 Das logizistische Programm zu dem die Begriffsschrift nur der Auftakt war wurde insbesondere durch Russell und Alfred North Whitehead in ihren monumentalen Principia Mathematica 1910ff fortgefuhrt die geraume Zeit als das kanonische Standardwerk zur Logik galten Russell und Whitehead verwendeten bereits im Wesentlichen eine der heute ublichen logischen Notationen die an die Schreibweise der Algebra angelehnte sogenannte Peano Russell Notation Aus Freges Symbolik uberlebte wohl durch Vermittlung der Principia Mathematica das Zeichen displaystyle vdash nbsp die Kombination aus seinem Urteils und Inhaltsstrich allerdings meist in einer verallgemeinerten Bedeutung als Ableitungsrelation 27 Ferner kann das heute ubliche Negationszeichen displaystyle neg nbsp das Arend Heyting 1930 28 einfuhrte ursprunglich zur Unterscheidung des intuitionistischen Negators vom klassischen als Inhaltsstrich mit angefugtem Verneinungsstrich betrachtet werden Auch wenn Freges eigenwilliger Schreibweise kein grosser Erfolg beschieden war fusst nahezu jede Arbeit in der modernen Logik wenigstens mittelbar auf den Grundgedanken der Begriffsschrift Da die Logik ferner Hilfs und Grundlagendisziplin u a der Mathematik Linguistik und Informatik ist sind die indirekten Auswirkungen von Freges Werk kaum zu uberschauen In der Philosophie beziehen sich bis in die allerjungste Vergangenheit immer wieder anerkannte Personlichkeiten auf Ideen aus der Begriffsschrift darunter beispielsweise Michael Dummett und Robert Brandom Tabellarische Ubersicht der Schreibweise BearbeitenFreges Notation Moderne Notation Umgangssprachliche Wiedergabe Bezeichnung nbsp keine direkte Entsprechung eine Ahnlichkeit bei A displaystyle emptyset vdash A nbsp A displaystyle vdash A nbsp bei Frege und Russell A ist eine Tatsachemodern A ist beweisbar Ahnlichkeit bei moderner Notation Ableitung nbsp A displaystyle lnot A nbsp A ist nicht der Fallnon A Negation nbsp B A displaystyle B to A nbsp Wenn B dann A Implikation Konditional Subjunktion nbsp A B displaystyle A land B nbsp B A displaystyle neg B to neg A nbsp A und B Konjunktion nbsp A B displaystyle A lor B nbsp B A displaystyle neg B to A nbsp A oder B Disjunktion Adjunktion nbsp A B displaystyle A leftrightarrow B nbsp A B displaystyle A B nbsp A genau dann wenn B A gleich B Aquivalenz Bisubjunktion Identitat nbsp x F x displaystyle forall xF x nbsp Alles ist F Allquantifikation Universalquantifikation nbsp x F x displaystyle lnot exists xF x nbsp x F x displaystyle forall x lnot F x nbsp Nichts ist FEs gibt kein F nbsp x F x displaystyle exists xF x nbsp x F x displaystyle lnot forall x lnot F x nbsp Es gibt ein F Mindestens ein x ist F Existenzquantifikation Partikularquantifikation nbsp x G x F x displaystyle forall x G x to F x nbsp Alle G sind F nbsp x G x F x displaystyle exists x G x land F x nbsp x G x F x displaystyle lnot forall x G x to lnot F x nbsp Einige G sind FMindestens ein G ist F nbsp x G x F x displaystyle lnot exists x G x land F x nbsp x G x F x displaystyle forall x G x to lnot F x nbsp Kein G ist FAlle G sind nicht F nbsp x G x F x displaystyle exists x G x land lnot F x nbsp x G x F x displaystyle lnot forall x G x to F x nbsp Einige G sind nicht FNicht alle G sind FAusgaben BearbeitenBegriffsschrift Eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens Halle 1879 Originalausgabe Begriffsschrift und andere Aufsatze herausgegeben von Ignacio Angelelli Hildesheim 1964 u o ISBN 978 3 487 00623 9 Diese Reprintausgabe hat einige kleine aber zum Teil sinnstorende Druckfehler insbesondere fehlt gleich auf S 1 der Urteilsstrich Siehe dazu die Notiz von Angelelli Bynum in der Literaturliste Literatur BearbeitenIgnacio Angelelli Terrell Ward Bynum Note on Frege s Begriffsschrift In Notre Dame Journal of Formal Logic Band 7 Nr 4 1966 ISSN 0029 4527 S 369 370 doi 10 1305 ndjfl 1093958759 projecteuclid org Im Wesentlichen eine Korrigendaliste zur Reprintausgabe der Begriffsschrift von Angelelli Franz Bolck Hrsg Begriffsschrift Jenaer Frege Konferenz 7 11 Mai 1979 Jena 1979 George Boolos Reading the Begriffsschrift In Mind XCIV Nr 375 1985 ISSN 0026 4423 S 331 344 doi 10 1093 mind XCIV 375 331 Wiederabdruck in ders Logic Logic and Logic Cambridge Mass 1998 202 219 ISBN 978 0 674 53767 5 John P Burgess On a Consistent Subsystem of Frege s Grundgesetze In Notre Dame Journal of Formal Logic Band 39 Nr 2 1998 S 274 278 doi 10 1305 ndjfl 1039293068 Gottlob Frege Anwendungen der Begriffsschrift Vortrag gehalten in der Sitzung vom 24 Januar 1879 der Jenaischen Gesellschaft fur Medizin und Naturwissenschaft In Jenaische Zeitschrift fur Naturwissenschaft 13 Supplement II 1879 Sitzungsberichte der Jenaischen Gesellschaft fur Medizin und Naturwissenschaft fur das Jahr 1879 29 33 Enthalten in der Reprintausgabe von I Angelelli Gottlob Frege Uber die wissenschaftliche Berechtigung einer Begriffsschrift In Zeitschrift fur Philosophie und philosophische Kritik Band 81 1882 S 48 56 Enthalten in der Reprintausgabe von I Angelelli Gottlob Frege Uber den Zweck der Begriffsschrift In Jenaische Zeitschrift fur Naturwissenschaft 16 1883 Supplement 1 10 Enthalten in der Reprintausgabe von I Angelelli Gottlob Frege Booles logische Formelsprache und meine Begriffsschrift In ders Nachgelassene Schriften 53 59 Gottlob Frege Booles rechnende Logik und die Begriffsschrift In ders Nachgelassene Schriften 9 52 Gottlob Frege Funktion und Begriff Vortrag gehalten in der Sitzung am 9 Januar 1891 der Jenaischen Gesellschaft fur Medizin und Naturwissenschaft Greifbar in ders Funktion Begriff Bedeutung Gottlob Frege Nachgelassene Schriften herausgegeben von Hans Hermes Friedrich Kambartel und Friedrich Kaulbach Hamburg 1969 erweiterte zweite Auflage 1983 ISBN 978 3 7873 0490 5 Gottlob Frege Funktion Begriff Bedeutung Funf logische Studien herausgegeben von G Patzig Gottingen 1994 u o ISBN 978 3 525 33377 8 J J Green Marcus Rossberg Philip A Ebert The Convenience of the Typesetter Notation and Typography in Frege s Grundgesetze der Arithmetik In The Bulletin of Symbolic Logic Band 21 Nr 1 Mai 2015 S 15 30 JSTOR 43229903 Beschreibt die begriffsschriftliche Notation der Grundgesetze Otfried Hoffe Kleine Geschichte der Philosophie Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57385 9 Tapio Korte Frege s Begriffsschrift as a lingua characteristica In Synthese Band 174 Nr 2 2010 S 283 294 doi 10 1007 s11229 008 9422 7 springer com Franz von Kutschera Gottlob Frege Eine Einfuhrung in sein Werk Berlin New York 1989 ISBN 978 3 11 012129 2 Danielle Macbeth Frege s Logic Cambridge Mass 2005 ISBN 978 0 674 01707 8 Richard L Mendelsohn The Philosophy of Gottlob Frege Cambridge 2005 ISBN 978 0 521 83669 2 Terence Parsons On the consistency of the first order portion of Frege s logical system In Notre Dame Journal of Formal Logic Band 28 Nr 1 1987 S 161 168 doi 10 1305 ndjfl 1093636853 projecteuclid org Ernst Schroder Anzeige von Freges Begriffsschrift In Zeitschrift fur Mathematik und Physik Band 25 1881 S 81 94 Hans Sluga Frege against the Booleans In Notre Dame Journal of Formal Logic Band 28 Nr 1 1987 S 80 98 doi 10 1305 ndjfl 1093636848 projecteuclid org John Venn A Review of Frege s Begriffsschrift In Mind Band 5 1880 S 297 Risto Vilkko The Reception of Frege s Begriffsschrift In Historia Mathematica Band 25 Nr 4 November 1998 ISSN 0315 0860 S 412 422 doi 10 1006 hmat 1998 2213 Enthalt einen Uberblick uber die zeitgenossische Rezeption Matthias Wille Gottlob Frege Begriffsschrift eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens Berlin Springer Spektrum 2018 Klassische Texte der Wissenschaft ISBN 978 3 662 45011 6 Michael Wolff Freges Kritik an der kantischen Urteilstafel in seiner Begriffsschrift von 1879 In Michael Wolff Die Vollstandigkeit der kantischen Urteilstafel Mit einem Essay uber Freges Begriffsschrift Klostermann Frankfurt 1995 ISBN 3 465 02811 2 S 243 312 Michael Wolff Frege und das traditionelle Bild der Syllogistik In Rudiger Bubner und Gunnar Hindrichs Hrsg Von der Logik zur Sprache Klett Cotta Stuttgart 2007 ISBN 978 3 608 94448 8 S 272 285 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Begriffsschrift Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Edward N Zalta Frege s Theorem and Foundations for Arithmetic In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Die Begriffsschrift in digitaler Form zum Herunterladen Eine Darstellung des logischen Systems der Begriffsschrift von Stanley N Burris in englischer Sprache Eine kurze Einfuhrung in Gottlob Freges Begriffsschrift von Sven Ake Wegner Bergische Universitat Wuppertal Ein interaktives Programm zur Umwandlung aussagenlogischer Ausdrucke in die Begriffsschriftnotation und in andere Notationen von Christian GottschallEinzelnachweise Bearbeiten Hoffe Kleine Geschichte der Philosophie S 318 Vgl Sluga Frege against the Booleans Vgl Volker Peckhaus Logik Mathesis universalis und allgemeine Wissenschaft Berlin 1997 ISBN 978 3 05 003111 8 Vgl Tapio Korte Frege s Begriffsschrift as a lingua characteristica Eine uberaus kritische Skizze der Uberlegungen zu einer solchen Universalsprache findet sich im Artikel Universalsprache in Fritz Mauthner Worterbuch der Philosophie zweite vermehrte Auflage Leipzig 1923 online Vgl den Artikel Charakteristica universalis in Friedrich Kirchner Carl Michaelis Worterbuch der Philosophischen Grundbegriffe 5 Aufl Leipzig 1907 116 117 online Adolf Trendelenburg Uber Leibnizens Entwurf einer allgemeinen Charakteristik in Philosophische Abhandlungen der koniglichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1856 Berlin 1857 36 69 Nachdruck in ders Historische Beitrage zur Philosophie Bd 3 Vermischte Abhandlungen Berlin 1867 48 62 a b Vilkko The reception of Frege s Begriffsschrift Siehe z B das Stichwort Ideographie in Brockhaus Kleinem Konversations Lexikon 5 Aufl 1911 online Vgl dazu auch Frege Funktion und Begriff a b Frege Begriffsschrift S 5 Frege Begriffsschrift S 24 Vgl die Fussnote des Herausgebers in der Reprintausgabe S 24 Eine Umschrift auch der anderen Satze in moderne Notation findet sich im Anhang von Richard L Mendelsohn The Philosophy of Gottlob Frege Frege Begriffsschrift S 26 Frege kannte dieses Prinzip aus der 1840 publizierten Leibniz Schrift Non inelegans specimen demonstrandi in abstractis und zitierte es spater in seinen Grundlagen der Arithmetik 1884 in 65 Eadem sunt quorum unam potest substitui alteri salva veritate Frege Begriffsschrift S 21 Vgl Kutschera Gottlob Frege S 33f Kutschera Gottlob Frege S 34 Parsons On the consistency of the first order portion of Frege s logical system Burgess On a Consistent Subsystem of Frege s Grundgesetze Vgl Kutschera Gottlob Frege Kap 6 8 Eine ausfuhrliche Diskussion findet sich in Richard G Heck A Note on the Major Results of Begriffsschrift Frege Begriffsschrift S 61f Satz 76 Sluga Frege against the Booleans S 80 Diese Aufsatze sind erst in den Nachgelassenen Schriften veroffentlicht Ludwig Wittgenstein Tractatus logico philosophicus Vorwort Zitiert nach der kritischen Ausgabe von Brian McGuinness und Joachim Schulte Frankfurt am Main 1989 ISBN 978 3 518 28959 4 Stephen C Kleene Introduction to Metamathematics Amsterdam u a 1952 u o ISBN 978 0 7204 2103 3 Arend Heyting Die formalen Regeln der intuitionistischen Logik in Sitzungsberichte der preussischen Akademie der Wissenschaften phys math Klasse 1930 S 42 65 nbsp Dieser Artikel ist als Audiodatei verfugbar source source Speichern 14 39 min 8 44 MB Text der gesprochenen VersionMehr Informationen zur gesprochenen Wikipedia nbsp Dieser Artikel wurde am 9 September 2007 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Normdaten Sachbegriff GND 4283480 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Begriffsschrift amp oldid 227498303