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Die Bakteriologie oder Bakterienkunde von altgriechisch baktἠrion bakterion deutsch Stabchen 1 und logos logos Kunde logie Lehre ist die Lehre von den Kleinwesen und ihren Wirkungen und somit die Wissenschaft deren Gegenstand der Bau die Lebensweise das System und die Identifizierung sowie die Bekampfung von Bakterien ist Bakterien sind mikroskopisch kleine Lebewesen die eine Zellstruktur besitzen und die zum Leben erforderliche Energie durch einen eigenen Stoffwechsel gewinnen Die Bakteriologie ist ein Teilgebiet der Mikrobiologie Unter vielem anderen befasst sie sich auch mit pathogenen Bakterien und liefert wichtige Ergebnisse fur die Medizin Zahnmedizin und Tiermedizin und damit zur Krankheitsbekampfung insbesondere der Infektionskrankheiten Ein Forscher auf dem Gebiet der Bakteriologie wird als Bakteriologe bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenBereits Athanasius Kircher nutzte um 1658 2 das Mikroskop um vermeintliche kleine krankheitserregende Mikroorganismen darzustellen die jedoch im Gegensatz zu fruheren Annahmen keine Bakterien darstellten Der Niederlander Antoni van Leeuwenhoek beschrieb schon 1677 die von ihm seit 1676 mit einem von ihm selbst konstruierten einlinsigen Mikroskop beobachteten einzelligen Mikroorganismen die er Animalcules wortlich Tierchen nannte Die Grundlagen der heutigen Bakteriologie wurden im 19 Jahrhundert erarbeitet Christian Gottfried Ehrenberg fuhrte 1828 den Begriff Bacterium ein 3 als eine Gattung nicht sporenbildender stabchenformiger Einzeller 4 im Gegensatz zu Bacillus den sporenbildenden stabchenformigen Antagonisten 5 Im Jahr 1849 sah Alois Pollender erstmals Milzbrandstabchen im Blut von an Milzbrand erkrankten Tieren Casimir Davaine fuhrte spater kunstliche Ubertragungen von Milzbrand mit dem Blut milzbrandkranker Tiere durch 6 Entgegen Rudolf Virchows Vorstellungen wollte Edwin Klebs der 1873 bereits Bazillen auf diphtherischen Belagen beschrieben hatte um 1878 Beginn einer kurzen Ara der orthodoxen Bakteriologie gegen die um 1891 Ottomar Rosenbach kampfte den Schwerpunkt der ganzen Pathologie in die Bakteriologie legen 7 Wichtige spatere Entdeckungen der ab der Cholera Pandemie von 1863 bis 1866 in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts aufbluhenden Bakteriologie 8 stammen von Lazzaro Spallanzani Louis Pasteur Ferdinand Cohn Martinus Willem Beijerinck Sergej Winogradsky und Albert J Kluyver Pioniere der medizinischen Bakteriologie waren Joseph Lister Louis Pasteur Paul Ehrlich und Robert Koch sowie Albert Doderlein und Emil von Behring Sie schufen die Grundlage fur eine erfolgreiche Seuchenbekampfung mit Antibiotika Zu Beginn des 20 Jahrhunderts erbrachte Charles Nicolle den Nachweis der Ubertragung des Flecktyphus durch Lause Wichtige Eckpunkte in der Geschichte der Bakteriologie sind die Entdeckung von Impfstoffen gegen Bakterien und Viren sowie des Penicillins durch Alexander Fleming 1928 1929 Ein wichtiger Schritt in der Bakteriologie war die Entdeckung 1917 Felix Hubert d Herelle 9 und Erforschung ab den 1960er Jahren Max Delbruck et al von Bakterienviren Bakteriophagen Wahrend lytische Phagen ihren Bakterienwirt zerstoren siehe Phagentherapie konnen lysogene Phagen Resistenzgen oder Toxingene ubertragen und das Bakterium schwer bekampfbar oder uberhaupt erst zum Krankheitserreger machen beispielsweise beim Scharlach Als temperente Phagen konnen sie schliesslich vom Bakterium auf dessen Nachkommen vererbt werden Ein weiterer bedeutender Fortschritt in der Erforschung der Bakterien war die Entdeckung dass Archaeen neben den Bakterien eine eigene evolutionare Abstammungslinie haben Carl Woese 1977 10 Diese neue phylogenetische Taxonomie beruhte auf der Sequenzierung der 16S rRNA und teilte die Prokaryoten in zwei evolutionare Domanen ein so dass sich zusammen mit den komplex zellularen Organismen Eukaryoten Protisten Pflanzen Pilze und Tiere inkl dem Menschen das heute weitestgehend akzeptierte Drei Domanen System ergab Ebenfalls in den 1970er Jahren setzte sich die Endosymbiontentheorie durch als eine bedeutende Erkenntnis uber die Rolle der Bakterien in der Evolution der hoheren Lebewesen Eukaryoten 11 12 In die Zelle aufgenommene Alphaproteobakterien wurden einst als Endosymbionten zu Vorlaufern der Mitochondrien und machten als zellulare Kraftwerke garende Vorlaufer wie heute vermutet aus dem Umfeld der Asgard Archaeen zu Sauerstoff atmenden Lebewesen Cyanobakterien fruher als Blaualgen bezeichnet machten etwas spater in einem weiteren Endosymbioseschritt clorophyllfreie Vorlaufer Protozoen zu Grunalgen indem sie zu Vorlaufern der Chloroplasten wurden Fast alle dieser Organellen besitzen noch ihre eigene DNA und Ribosomen die denen der Bakterien ahnlich sind Diese Erkenntnisse haben das fruhere Verstandnis der Bakterien vorwiegend als Krankheitserreger entscheidend verandert Wir tragen in jeder unsrer Korperzellen die Nachfahren dieser Bakterien und konnten ohne diese nicht atmen siehe Zellatmung Wahrend man schatzt dass etwa bei Saugetieren die meisten Spezies bekannt sind 13 und damit nur ein kleiner Teil der Gattungen noch fehlt ist die Lage in der Mikrobiologie vollig anders Nicht nur dass man mit dem blossen Auge fast keine Bakterien oder Archaeen wahrnehmen kann viele entziehen sich durch langsames Wachstum und unbekannten Stoffwechsel Extremophile hartnackig der Kultivierung Es wird geschatzt dass sogar eine grossere Zahl an Bakterienphyla noch fehlt 14 15 Die Erforschung dieser mikrobiellen Dunklen Materie englisch microbial dark matter 16 ist aber erforderlich um die vollstandige Biodiversitat abzuschatzen Fur die rechnergestutzte Modellierung ist die Erforschung des unteren Endes der Nahrungskette unerlasslich Durch die Zunahme der Rechnerleistung werden verschiedene neue Ansatze moglich englisch multi omics approach metagenome metatranscriptome single amplified genome sequencing 17 um dieses Defizit auszugleichen Zu diesen gehort unter anderem die seit einiger Zeit immer mehr in den Vordergrund geruckte Metagenomik 18 19 Auf diese Weise lassen sich heute beispielsweise mikrobielle Gemeinschaften aus Bakterien und Archaeen selbst in extremen Umgebungen wie Axel Heiberg Island Axel Heiberg Island Nunavut Kanada der weltweit kaltesten und salzigsten Quelle Stand Juli 2022 erkunden wo herkommliche Methoden versagen 17 Literatur BearbeitenSilvia Berger Bakterien in Krieg und Frieden Eine Geschichte der medizinischen Bakteriologie in Deutschland 1890 1933 Wallstein Gottingen 2009 ISBN 978 3 8353 0556 4 Carl Gunther Einfuhrung in das Studium der Bakteriologie BiblioBazaar 2009 ISBN 978 1 113 69787 5 Walther Kruse Einfuhrung in die Bakteriologie oder Lehre von den Kleinwesen und ihren Wirkungen Zum Gebrauch bei Vorlesungen und Ubungen sowie zum Selbstunterricht fur Arzte Tierarzte und Naturforscher 2 verbesserte Auflage Berlin 1931 Philipp Sarasin Silvia Berger Marianne Hanseler Myriam Spoerri Hrsg Bakteriologie und Moderne Studien zur Biopolitik des Unsichtbaren 1870 1920 Suhrkamp Frankfurt am Main 2007 ISBN 3 518 29407 5 A Seitz Bakteriologie fur Zahnarzte Einfuhrung in die Mikrobiologie und Infektionskrankheiten 2 stark umgearbeitete Auflage Berlin 1930 Paul Singleton Einfuhrung in die Bakteriologie Quelle amp Meyer Verlag Wiesbaden 1995 ISBN 3 8252 1817 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Bakteriologie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Todar s Online Textbook of BacteriologyEinzelnachweise Bearbeiten GEMOLL Griechisch deutsches Schul und Handworterbuch Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 24 Christian G Ehrenberg Symbolae Physioe Animalia evertebrata Decas prima Berlin 1828 Robert S Breed Harold J Conn The Status of the Generic Term Bacterium Ehrenberg 1828 In Journal of Bacteriology 31 Jahrgang Nr 5 Mai 1936 S 517 18 doi 10 1128 jb 31 5 517 518 1936 PMID 16559906 PMC 543738 freier Volltext Christian G Ehrenberg Dritter Beitrag zur Erkenntniss grosser Organisation in der Richtung des kleinsten Raumes Physikalische Abhandlungen der Koeniglichen Akademie der Wissenschaften Berlin 1835 S 143 336 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 37 und 42 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 42 und 47 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 42 und 45 F d Herelle Sur un microbe invisible antagoniste des bacilles dysenteriques In l Academie des Sciences Nr 165 Gauthier Villars Paris 1917 S 373 375 Carl R Woese G E Fox Phylogenetic structure of the prokaryotic domain the primary kingdoms In Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 74 Jahrgang Nr 11 November 1977 S 5088 5090 doi 10 1073 pnas 74 11 5088 PMID 270744 PMC 432104 freier Volltext bibcode 1977PNAS 74 5088W Lynn Sagan On the origin of mitosing cells In J Theoretical Biology Band 14 Nr 3 1967 S 255 274 doi 10 1016 0022 5193 67 90079 3 PMID 11541392 Bernhard Kegel Die Herrscher der Welt Wie Mikroben unser Leben bestimmen DuMont Koln Dezember 2015 ISBN 978 3 8321 9773 5 Danielle J Parsons Tara A Pelletier Jamin G Wieringa Drew J Duckett Bryan C Carstens Analysis of biodiversity data suggests that mammal species are hidden in predictable places In PNAS Band 119 Nr 14 28 Marz 2022 e2103400119 doi 10 1073 pnas 2103400119 The Taxonomic Outline of Bacteria and Archaea Memento des Originals vom 2 Mai 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www taxonomicoutline org George M Garrity Timothy G Lilburn James R Cole Scott H Harrison Jean Euzeby Brian J Tindall Taxonomic Outline of the Bacteria and Archaea Release 7 7 March 6 2007 Michigan State University Board of Trustees taxonomicoutline org Christian Rinke Patrick Schwientek Alexander Sczyrba Natalia N Ivanova Iain J Anderson Jan Fang Cheng Aaron Darling Stephanie Malfatti Brandon K Swan Esther A Gies Jeremy A Dodsworth Brian P Hedlund George Tsiamis Stefan M Sievert Wen Tso Liu Jonathan A Eisen Steven J Hallam Nikos C Kyrpides Ramunas Stepanauskas Edward M Rubin Philip Hugenholtz Tanja Woyke Insights into the phylogeny and coding potential of microbial dark matter In Nature Band 499 S 431 437 14 Juli 2013 doi 10 1038 nature12352 PMID 23851394 a b Elisse Magnuson Ianina Altshuler Miguel A Fernandez Martinez Ya Jou Chen Catherine Maggiori Jacqueline Goordial Lyle G Whyte Active lithoautotrophic and methane oxidizing microbial community in an anoxic sub zero and hypersaline High Arctic spring In Nature ISME Journal Band 16 8 April 2022 S 1798 1808 doi 10 1038 s41396 022 01233 8 Dazu Scientists Discover Blueprint for Life Forms on Mars Auf SciTechDaily vom 19 Juli 2022 Quelle McGill Universitat Montreal Amber Dance Die Dunkle Materie der Mikroben Auf spektrum de vom 16 Juni 2020 Marion Wittfeld Die Dunkle Materie der Mikroben Wittgenstein Preis 2019 Universitat Wien 17 Juni 2019 Normdaten Sachbegriff GND 4004304 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bakteriologie amp oldid 235928655