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Als Astrogeoid wird eine Geoidbestimmung mit astro geodatischen Messdaten bezeichnet Sie beruht in ihrer klassischen Version auf einer profilartigen oder flachenhaften Integration von gemessenen Lotabweichungen Als Vorganger der Methodik sind die im 18 19 Jahrhundert durchgefuhrten genauen Gradmessungen zur Bestimmung der theoretischen Erdfigur anzusehen Die Methodik wird auch Astronomisches Nivellement genannt weil sie ein Analogon zum trigonometrischen Nivellement darstellt bei der die astronomisch gemessene Lotrichtung die Rolle des Hohenwinkels ubernimmt Die Theorie wurde bereits vor 130 Jahren vom deutschen Geodaten Friedrich Robert Helmert entwickelt und geht in ihren Grundzugen auf Carl Friedrich Gauss zuruck Ihre erste zufriedenstellende Anwendung im Harz und in Osterreich gelang aber erst zu Beginn des 20 Jahrhunderts mit der Entwicklung praktikabler Messmethoden der Astrogeodasie Bis heute ist sie die genaueste Methode zur Geoidbestimmung auf dem Festland die einige mm bis cm erreichen kann Bei Projekten der Landesvermessung wird sie heute zunehmend mit der Gravimetrie kombiniert wahrend auf den Ozeanen die Verfahren der Satellitengeodasie den Vorrang geniessen Eine dem Astro Geoid verwandte Geoidbestimmung ist die mit Schweregradienten In einigen Landern z B Ungarn laufen Versuche das zu dunne Lotabweichungsnetz mit Drehwaagen Messungen der Erdolexploration oder mit Gradiometrie zu kombinieren siehe Weblinks Inhaltsverzeichnis 1 Lotabweichung und Geoid 2 Integration der Lotabweichung 3 Kombinierte Verfahren 4 Globale und regionale Geoidbestimmung 5 Geschichte der astro geodatischen Geoidbestimmung 6 Siehe auch 7 Literatur 8 WeblinksLotabweichung und Geoid BearbeitenDas Geoid ist jene Niveauflache der Erde die mit dem mittleren Meeresspiegel der Weltmeere zusammenfallt Als idealisierte Form der Erdoberflache stellt sie fur die Geowissenschaften die theoretische Erdfigur dar und dient als Bezugsflache fur fast alle Hohenmessungen Daher ist ihre genaue Bestimmung auch von hochster praktischer Bedeutung nbsp Erdschwerefeld Lotlinie durch P senkrecht darauf das Geoid V Vo und weitere Aquipotenzialflachen Vi Die Lotabweichung ist die Abweichung des wahren Lotes von der Normalen einer mathematischen Referenzflache wofur in der Regel ein regionales oder globales Erdellipsoid herangezogen wird Die Differenz zwischen der ermittelten astronomischen Breite f bzw Lange l und der Ellipsoidnormalen geodatische Breite B und Lange L wird in den zwei Komponenten 3 f B h l L cos fangegeben Diese Nord Sud bzw Ost West Komponenten der Lotabweichung konnen je nach dem Aufwand bei der Messung auf 0 1 bis 0 3 genau bestimmt werden Die Grossen f und l stellen den Richtungsvektor des Zenits wahre Lotrichtung dar der als Durchstosspunkt der ortlichen Vertikalen mit der Himmelskugel beobachtet wird Er ergibt sich aus der genauen Messung von Sterndurchgangen oder von Aufnahmen mit einer Zenitkamera zunachst im System der Sternorter die anschliessend in geografische Koordinaten umgerechnet werden Die Grossen B und L der Messpunkte ergeben sich andererseits aus dem terrestrischen Vermessungsnetz dessen Gauss Kruger Koordinaten in Breiten und Langenwinkel am Referenzellipsoid umgerechnet werden Die Lotabweichung 3 h bezieht sich i a auf dieses Referenzellipsoid und seinen Fundamentalpunkt der meist nahe der Landesmitte liegt Sie wird deshalb auch relative Lotabweichung genannt Wenn die Landesvermessung hingegen nicht regional sondern auf das mittlere Erdellipsoid bezogen ist z B bei einer GPS Vermessung so erhalt man die Lotabweichung 3 h dementsprechend in einem Weltsystem beispielsweise dem WGS84 Sie wird dann absolut genannt Die Lotrichtung steht uberall senkrecht auf dem Geoid da dieses die perfekte Horizontale im Niveau des Meeresspiegels darstellt Hatte die Erde keine Erhebungen und ware auch im Erdinnern vollig regelmassig aufgebaut so waren alle Lotabweichungen Null und das Geoid identisch mit dem Erdellipsoid Integration der Lotabweichung BearbeitenJede Lotrichtung gibt einen Hinweis auf die kleinen Unregelmassigkeiten des Schwerefeldes und resultiert aus der storenden Anziehung der Berge und Taler und ihrer etwas veranderlichen Dichte Der Einfluss des Gelandes macht in den Gebirgen Europas bis zu 50 aus jener der Geologie etwa 5 10 Dies ubertrifft die moderne geodatische Messgenauigkeit um mindestens das Zehnfache sodass sie heutzutage bei jeder genauen Vermessung zu berucksichtigen ist Auf Ebenen und im Hugelland variiert die Lotabweichung hingegen nur um etwa 5 Winkelsekunden Zur Geoidbestimmung benotigt man nicht nur die Werte 3 h auf den Messpunkten die je nach Land etwa 10 bis 50 km auseinanderliegen sondern auch ihren Verlauf dazwischen Fruher hat man sie einfach gemittelt und das Geoid bestenfalls mit Dezimetergenauigkeit erhalten Heute werden hingegen Methoden der topografischen Interpolation angewendet bei denen man den Einfluss der Berge zunachst wegrechnet topografische Reduktion Die geglatteten 3 h Werte werden nun in kleinen Schritten entlang der Profile interpoliert und das Gelande rechnerisch wieder aufgesetzt Mit diesem Remove Restore Prozess erhalt man im ganzen kunftigen Geoidnetz die genaherten Lotabweichungen auch dort wo man sie gar nicht gemessen hat Im letzten Schritt werden diese gerechneten Lotabweichungen entlang aller Profile integriert das heisst mit der jeweiligen Wegstrecke multipliziert Durch Summation wie beim Nivellement erhalt man so in einem flachenhaften Raster die Hohenunterschiede des Geoids zum Erdellipsoid womit die Geoidbestimmung abgeschlossen ist Kombinierte Verfahren BearbeitenDurch eine Kombination verschiedener Messdaten steigt im Allgemeinen die Genauigkeit und die Verlasslichkeit aber auch der Aufwand Besonders wirksam sind Kombinationslosungen wo sich methodische Schwachen und Starken paaren So kann die Gravimetrie oder eine Vernetzung mit GPS Messungen eine gute Hohenlage des Geoids liefern wahrend das Astrogeoid seine Neigung am besten erfasst Die entsprechenden Kombinationen heissen astro gravimetrische Geoidbestimmung bzw GPS Nivellement Einige Projekte in Gebirgslandern zielen auch auf die Einbeziehung gemessener Hohenwinkel wofur unter anderem die Namen L Hradilek CZ und E Grafarend D stehen Geoidlosungen durch Kombination von Lotabweichungs und Gelandedaten wurden fruher astro topografisch genannt sind aber heute durch die digitalen Gelandemodelle zum Standard geworden Beispiel ist die oben genannte topografische Reduktion Auch globale Potentialmodelle der Erde lassen sich gut mit gravimetrischen oder Astrogeoiden kombinieren weil sie bei der Reduktion den regionalen Trend der Messdaten korrigieren konnen Solche harmonischen Kugelfunktions Modelle werden seit den Arbeiten von R H Rapp und H G Wenzel aus der Kombination von Satellitengeodasie mit terrestrischer bzw Fluggravimetrie gewonnen Sie sind heute schon bis zu Grad und Ordnung 720 oder 1000 moglich was einer Auflosung von 20 bis 30 km entspricht Fur das ozeanische Geoid ist die Satellitenaltimetrie mit Radar die wichtigste Datenquelle weil die Bahnhohen direkt uber dem Meeresspiegel gemessen werden Wegen der Meeresstromungen und Gezeiten die 1 2 Hohenmeter ausmachen konnen sind hier Datenmodelle der Ozeanografie erforderlich die ihrerseits durch die Geodasie an Crossing Points der Satellitenspuren abgesichert werden Sehr erfolgversprechende Entwicklungen der Satellitentechnik sind die Gradiometrie und das SST mit denen die Spezialsatelliten GRACE und GOCE Anderungen des Geoids auf wenige Zentimeter erfassen sollen Langfristige Anderungen im Erdschwerefeld werden so erfassbar doch betragt die raumliche Auflosung erst etwa 200 Kilometer Hier ist eine Kombination mit detailreicheren Methoden unerlasslich Globale und regionale Geoidbestimmung Bearbeiten Geschichte der astro geodatischen Geoidbestimmung Bearbeiten19 Jahrhundert Gauss J B Listing Helmert Testfeld Harz E Galle Fundamental und Laplacepunkte Bis 1960 St Gotthard Profil J Litschauer und W Wolf Europanetz und ED50 Vening Meinesz Isostasie und Hayford Ellipsoid Mercury Geoid und USCGS Irene Fischer Ab 1970 Europaisches Datum 1979 J Levallois Hohe Tatra Hradilek Testnetze IFE Hannover Institut fur Erdmessung und Wien Kollokation Hans Sunkel Christian Tscherning et al FK5 GPS Levelling Schweizer Geoid Rheingraben und Nordlinger Ries European Gravimetric Geoid EGG Argentinien Turkei Zenitkameras HR und SK Marcel Mojzes Geoidprojekte der Central European Initiative CEI Gravimetrische und Kombinationslosungen Tanni Geoid Bomford SAO Netz Y Kozai Satellitentriangulation H H Schmid Weltnetz der Satellitentriangulation W Torge und H Denker vom IFE Hannover Austrian Geoid 2000 Satellit GFZ 1 und Potsdamer Geoid GeoLIS und geologische Datenbanken Geodesy beyond 2000 Internationale Geoid Kommission GRACE GOCE Siehe auch BearbeitenErdmessung Kosmische Geodasie Astrolabium Zirkumzenital Lotkrummung Astronomisches Nivellement Astronomische Refraktion Seitenrefraktion Azimutmessung Personliche Gleichung Zeitbestimmung Schweregradient Drehwaage Alpengravimetrie Helmut Wolf Karl Ledersteger Karl Rinner Wolfgang TorgeLiteratur BearbeitenGottfried Gerstbach Regionale Geoidbestimmung In Kolloquium der Assistenten der Studienrichtung Vermessungswesen 1974 1976 Geowissenschaftliche Mitteilungen Bd 11 ISSN 1811 8380 Institut fur Photogrammetrie Technische Universitat Wien Wien 1975 Siegfried Heitz Geoidbestimmung durch Interpolation nach kleinsten Quadraten aufgrund gemessener und interpolierter Lotabweichungen Deutsche Geodatische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Veroffentlichungen Reihe C Bd 124 ISSN 0065 5325 Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Munchen 1968 Zugleich Bonn Hab Schrift Karl Ledersteger Astronomische und Physikalische Geodasie Erdmessung Handbuch der Vermessungskunde Band 5 10 vollig neu bearbeitete und neu gegliederte Auflage J B Metzler Stuttgart 1969 Kapitel 4 Lotabw Geoidbestimmung 7 Kugelfunktionen und 12 13 Geoidundulationen Molodenskij Weltsystem Fernando Sanso Michael Sideris Hrsg Geoid Determination Theory and Methods Lecture Notes in Earth Sciences Bd 110 Springer Berlin 2007 ISBN 978 0 387 46386 5 Weblinks BearbeitenDas astro gravimetr Geoid der Schweiz CHGeo2004 Geoid aus Lotabweichungen Astro Physikal Geodasie TU Munchen High precision Geoid determination using Astro amp Gravimetric Data TU Graz Memento vom 21 August 2010 im Internet Archive PDF 1 56 MB Astrogeoid or gravimetric geoid that is the question TU Wien PDF 16 kB Lokale Bestimmung des Geoids aus terrestr Gradiometermessungen TU Freiberg PDF Datei Geoid computations based on Torsion balance measurements TU Budapest PDF 589 kB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Astrogeoid amp oldid 224713909