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Agobard von Lyon auch Agobardus Agobert Agobald und Agabo um 769 in Spanien 6 Juni 840 in der Saintonge war einer der gelehrtesten Pralaten seiner Zeit und Erzbischof von Lyon von 816 bis 840 Agobard zahlte zu den wichtigsten Kirchenmannern wahrend der Regierungszeit von Ludwig dem Frommen und beteiligte sich an allen wichtigen den Staat und die Kirche betreffenden Fragen seiner Zeit Er war als Autor von theologischen philosophischen und politischen Schriften ein wichtiger Vertreter der karolingischen Renaissance und einer der massgeblichsten Gegner des Judentums im 9 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kirchliche Laufbahn 1 2 Anti judische Haltung 1 3 Politisches Wirken 2 Agobards Nachwirkung und Ehrung 3 Agobards Schriften Auszug 3 1 Schriften gegen Aberglauben und theologischen Inhalts 3 2 Anti judische Schriften 3 3 Politische Schriften 4 Quellen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenObwohl Agobard in den Quellenschriften seiner Zeit haufig genannt wird stammt das Wissen uber sein Leben und Wirken vorrangig aus seinen eigenen Schriften Uber seine Familie und Jugend ist wenig bekannt dem Namen nach konnte Agobard allerdings frankischer oder burgundischer Herkunft gewesen sein 1 Geboren wurde er nach den haufigsten Angaben entweder im Jahr 769 2 oder 779 3 in Septimanien oder Spanien 4 Er kam in jungen Jahren nach Frankreich wo er eine Zeit lang in Narbonne gelebt haben soll bis er um etwa 800 nach Lyon ging Kirchliche Laufbahn Bearbeiten In Lyon wurde er circa 804 zum Priester geweiht und wurde im Jahr 813 Chorbischof Nach dem Tod von Erzbischof Leidrad von Lyon trat er 816 dessen Nachfolge an 2 Als Erzbischof fuhrte Agobard die von seinem Vorganger begonnene kirchliche Reformpolitik im Sinne von Karl dem Grossen und Ludwig dem Frommen weiter und erneuerte das wissenschaftliche Leben in Lyon Ausserdem beteiligte er sich auch ausserhalb seines Bistums aktiv an den politischen und kirchlichen Fragen seiner Zeit So predigte Agobard in seinen Schriften entschieden gegen den Aberglauben an Zauberei und Wetterbeschworung sowie gegen die Gottesurteile durch Feuer und Wasser Ausserdem lehnte er der Synode von Frankfurt entsprechend den Adoptianismus und die Ikonenverehrung daruber hinaus aber auch die Heiligen und Engelverehrung ab 2 Was die Beziehung zwischen Staat und Kirche anbelangte unterstutzte er vehement die Position seines Standes und forderte den Vorrang der geistlichen vor der weltlichen Gewalt entsprechend dem Grundsatz Wer wider die Kirche handelt versundigt sich gegen Gott Dabei galt fur Agobard der Papst allerdings nur insofern als Autoritat in der Kirche als er sich im Einklang mit der frankischen Reichskirche befand und dieser als Organ diente Diese Auffassungen vertrat Agobard sowohl in seinen Schriften als auch in seinen Reden wie z B auf der Synode von Attigny des Jahres 822 bei der Ludwig der Fromme auf Wunsch der Geistlichkeit einen offentlichen Bussakt ausfuhrte 5 Anti judische Haltung Bearbeiten Agobard war einer der massgeblichsten Feinde des Judentums seiner Zeit und verfasste zwischen den Jahren 822 bis 830 6 mehrere antijudische Schriften Darin prangerte er vor allem die am Hofe Ludwigs des Frommen herrschende judenfreundliche Politik an Die Juden erhielten als wichtige Handelsvertreter im Karolingerreich zahlreiche Privilegien darunter das Recht auf inlandischen Sklavenhandel 7 Auch hatten sie einen eigenen Beamten den sogenannten Judenmeister magister Judœorum der sich allein mit den Belangen der Juden beschaftigte An Ludwigs Hof hatte sich ausserdem unter Kaiserin Judith eine judenfreundliche Partei zusammengefunden zu der u a der Judenmeister Eberard und Rabanus Maurus zahlten Agobard ging entschieden gegen sie vor und sprach sich offen fur die Durchsetzung der kanonischen Gesetze aus Nach diesen waren die Juden wie unter der merowingischen Herrschaft in ihren Freiheiten beschrankt worden wodurch sie wieder eine niedrige gesellschaftliche und rechtliche Stellung eingenommen hatten Diese Forderung entsprach der damals gelaufigen Kirchenlehre und der Meinung einer Mehrheit der Geistlichkeit dieser Zeit welche in der bevorzugten Behandlung der Juden eine Gefahr fur das Christentum sahen Im Jahr 827 erreichte die Streitfrage um die Begunstigung der Juden ihren Hohepunkt als Agobard die entflohene Sklavin eines Lyoner Juden taufte und ihre Auslieferung verweigerte Die Juden der Stadt wandten sich daraufhin an den Judenmeister Eberard wahrend Agobard Unterstutzung bei der kirchlichen Partei am Hofe suchte deren prominenteste Vertreter Wala Abt von Corvey und Hilduin Abt von Saint Denis waren Schliesslich wurde der Fall dem Kaiser vorgelegt welcher als Resultat den Juden von Lyon Schutzbriefe Indiculi zugestand wahrend Agobard unter Strafandrohung aufgefordert wurde seine judenfeindlichen Predigten einzustellen Dieser ignorierte diese Anordnung woraufhin Eberard zwei Kommissare nach Lyon entsenden musste Agobard wandte sich daraufhin mit Sendeschreiben an die Bischofe des Reiches in denen er sie aufforderte vor dem Kaiser gegen die Juden aufzutreten Schliesslich veranstaltete er 829 sogar ein Konzil in Lyon als dessen Ergebnis ein Synodalschreiben De judaicis superstitionibus an den Kaiser gesandt wurde um diesen von der Sundhaftigkeit und Gefahrlichkeit der Judenbegunstigung zu uberzeugen Letztlich erwiesen sich alle seine Bemuhungen in dieser Sache allerdings als erfolglos 8 Politisches Wirken Bearbeiten Wie viele der Geistlichen seiner Zeit war auch Agobard ein Vertreter der religios aufgeladenen Reichseinheitsidee der die Vorstellung zugrunde lag es gabe nur einen Gott nur einen Glauben nur eine Kirche also auch nur ein Reich und ein Reichsoberhaupt Er trat dementsprechend fur die ordinatio imperii von 817 ein nach der Ludwigs erstgeborener Sohn Lothar I der alleinige Nachfolger seines Vaters war Als Judith die zweite Frau Ludwigs durchsetzte diese Erbregelung nach altfrankischen Gesetzen zugunsten ihres eigenen Sohnes Karl zu verandern stellte sich Agobard auf die Seite der Reichseinheitspartei und damit aufseiten Lothars und gegen Ludwig den Frommen Ob er schon an dem Aufstand von 830 beteiligt war ist nicht bekannt Es steht allerdings fest dass er wahrend Ludwigs Entmachtung 833 neben Erzbischof Ebo von Reims einen grossen Anteil an der Verbannung Ludwigs ins Kloster Saint Medard in Soissons hatte Als Ludwig 834 wieder an die Macht gelangte musste Agobard zusammen mit Lothar nach Italien fliehen und wurde 835 auf dem Konzil von Thionville offiziell seines Amtes enthoben Dieses hatte dann fur zwei Jahre Amalarius inne bis dieser wegen Ketzerei angeklagt wurde Agobard hatte sich in der Zwischenzeit wieder mit dem Kaiser ausgesohnt und erhielt 837 seinen Bischofsstuhl zuruck Agobard begleitete Ludwig den Frommen wahrscheinlich 839 auf dessen Zug nach Aquitanien und blieb nach dem Aufbruch des Kaisers im Gefolge Karls des Kahlen wo er dann in der Saintonge am 6 Juni 840 verstarb 9 Agobards Nachwirkung und Ehrung Bearbeiten Die Nachwirkung seines Werkes im MA war gering das 19 Jh sah in ihm v a den Vertreter eines religiosen Rationalismus siehe Theologischer Rationalismus machte ihn aber auch zu einem Vorlaufer der Reformatoren des 14 16 Jh siehe Reformation Bis in die Gegenwart heftig umstritten blieb seine Haltung gegenuber den Juden Egon Boshof 10 In Lyon wird Agobard als Heiliger verehrt Seine Lebensgeschichte wurde von den Bollandisten veroffentlicht siehe Acta Sanctorum obwohl seine Kanonisierung umstritten ist 3 St Agobards Festtag ist der 6 Juni Agobard war der erste Eigentumer des deshalb nach ihm benannten Codex Agobardinus einer Sammlung der Werke von Tertullian aus dem 9 Jahrhundert Agobard schenkte sie der Kathedrale Saint Stephen in Lyon wo sie bis zur Mitte des 16 Jahrhunderts verblieb Agobards Schriften Auszug BearbeitenAgobards Schriften waren verloren geglaubt bis Papirius Masson bei einem Buchhandler in Lyon ein Manuskript seiner Schriften zufallig wiederentdeckte Das Manuskript wurde von ihm im Jahr 1605 veroffentlicht und ging nach seinem Tod in den Besitz der Bibliothek des franzosischen Konigs uber Da Massons Edition einige Fehler beinhaltete gab Etienne Baluze 1666 eine berichtigte Auflage anhand des Originalmanuskriptes heraus zu dem er noch seine eigenen Notizen hinzufugte 11 Die Schriften von Agobard fallen durch ihre ubersichtliche inhaltliche Anordnung ihren klaren und lebendigen Ausdruck und ihr korrektes Latein auf und weisen Agobard damit als einen der besten Stilisten seiner Zeit aus Sie zeugen ausserdem von seinen Uberzeugungen seiner vielseitigen Bildung und seiner Belesenheit in den heiligen Schriften und dem damaligen Kirchenrecht Sein Gesamtwerk welches aus einer Reihe von Gelegenheitsschriften verschiedenen Inhalts besteht steht im Dienst des Christentums und dessen Vereinheitlichung und Verteidigung In diesem Sinne lasst sich sowohl sein antijudisches als auch sein theologisches aufklarerisches und politisches Wirken begreifen 12 Schriften gegen Aberglauben und theologischen Inhalts Bearbeiten De modo regiminis ecclesiastici Hirtenbrief zu Beginn seines Wirkens als Erzbischof von Lyon veroffentlicht 1 De dispensatione rerum ecclesiasticarum de iure et privilegio sacerdotii Schrift zur Verfechtung der Anspruche des Klerus 5 On Hail and Thunder Englische Ubersetzung eines Textes gegen Wetterbeschworung von W J Lewis On the Deception of Certain Signs Englische Ubersetzung eines Textes gegen den Aberglauben an Besessenheit von W J Lewis Anti judische Schriften Bearbeiten Epistola ad proceres Palatii Walam et Hilduin Sendschreiben an den Abt Wala und Hilduin wahrscheinlich nach 826 Consultatio ad Adalhardem Walam et Helisachar Schrift an Adalhard Wala und Helisachar wahrscheinlich nach 826 englische Ubersetzung On the Baptism of Slaves Belonging to Jews von W L North Ad Nibridium Sendschreiben an den Bischof Nibridius von Narbonne wahrscheinlich vor 829 De Insolentia Judœorum Von der Anmassung der Juden an Ludwig den Frommen wahrscheinlich 829 englische Ubersetzung On the Insolence of the Jews von W L North De judaicis superstitionibus Vom Aberglauben der Juden verfasst von Agobard Bischof Bernhard von Brienne und Bischof Eaof von Chalons Synodalschreiben von 829 13 Politische Schriften Bearbeiten Liber adversus legem Gundobadi Schrift zur Aufhebung des burgundischen Volksrechts zugunsten eines einheitlichen Reichsrechtes 5 Epistola flebilis Schrift von 833 an Ludwig den Frommen bzgl der Beibehaltung der ordinatio imperii 5 De comparatione utriusque regiminis Liber apologeticus Pamphlet zur Verteidigung seines Handelns Ludwig dem Frommen gegenuber 14 Quellen BearbeitenLieven Van Acker Hrsg Agobardi Lugdunensis Opera Omnia Corpus Christianorum Continuatio Mediaevalis 52 Brepols Turnhout 1981 Englische Ubersetzung einiger Schriften Agobards In Internet Medieval Sourcebook Literatur BearbeitenTheodor Sickel Agobard In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 1 Duncker amp Humblot Leipzig 1875 S 140 142 Friedrich Wilhelm Bautz Agobard Erzbischof von Lyon In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 1 Bautz Hamm 1975 2 unveranderte Auflage Hamm 1990 ISBN 3 88309 013 1 Sp 56 57 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Egon Boshof Erzbischof Agobard von Lyon Leben und Werk Koln Wien 1969 Adrien Bressolles Saint Agobard eveque de Lyon Doctrine et action politique d Agobard Paris 1949 Johannes Heil Agobard Amulo das Kirchengut und die Juden von Lyon in Francia Forschungen zur westeuropaischen Geschichte Nr 25 1998 S 39 76 Heinrich Graetz Geschichte der Juden von den altesten Zeiten bis auf die Gegenwart Band 5 Leipzig 1909 zeno org Michel Rubellin Eglise et societe chretienne d Agobard a Valdes Lyon 2003 Gustav Strobl Das goldene Zeitalter der Juden Die Briefe des Erzbischofs Agobard in Lyon Erfurt 1937 Agobard In Encyclopaedia Britannica 11 Auflage Band 1 A Androphagi London 1910 S 380 englisch Volltext Wikisource Weblinks BearbeitenAgobardus archiepiscopus Lugdunensis im Repertorium Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters Artikel In Jewish EncyclopediaEinzelnachweise Bearbeiten a b Theodor Sickel Agobard In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 1 Duncker amp Humblot Leipzig 1875 S 140 a b c Friedrich Wilhelm Bautz Agobard Erzbischof von Lyon In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 1 Bautz Hamm 1975 2 unveranderte Auflage Hamm 1990 ISBN 3 88309 013 1 Sp 56 57 Artikel Artikelanfang im Internet Archive a b Agobard In Encyclopaedia Britannica 11 Auflage Band 1 A Androphagi London 1910 S 380 englisch Volltext Wikisource sources chretiennes mom fr a b c d Theodor Sickel Agobard In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 1 Duncker amp Humblot Leipzig 1875 S 141 Jan Dhondt Das fruhe Mittelalter In Fischer Weltgeschichte Band 10 Frankfurt a M Hamburg 1968 S 307 Charles Verlinden Ist mittelalterliche Sklaverei ein bedeutsamer demographischer Faktor gewesen In Vierteljahrschrift fur Sozial und Wirtschaftsgeschichte 66 Heft 2 1979 S 153 173 hier S 161 Heinrich Graetz Geschichte der Juden von den altesten Zeiten bis auf die Gegenwart Band 5 Leipzig 1909 S 231 240 Theodor Sickel Agobard In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 1 Duncker amp Humblot Leipzig 1875 S 141 f Egon Boshof Agobard v Lyon In LEMA Band 1 Artemis Munchen Zurich 1980 S 216 Nach Alexander Chalmers Hrsg The General Biographical Dictionary Band 1 London 1812 S 228 war das erste Erscheinungsdatum 1603 und nicht 1605 wie bei der Encyclopaedia Britannica von 1911 Egon Boshof Agobard v Lyon In LEMA Band 1 Artemis Munchen Zurich 1980 S 216 Theodor Sickel Agobard In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 1 Duncker amp Humblot Leipzig 1875 S 140 Zur chronologische Aufeinanderfolge der antijudischen Schriften siehe Fussnote 21 In Heinrich Graetz Geschichte der Juden von den altesten Zeiten bis auf die Gegenwart Band 5 Leipzig 1909 S 235 Theodor Sickel Agobard In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 1 Duncker amp Humblot Leipzig 1875 S 142 VorgangerAmtNachfolgerLeidradErzbischof von Lyon 816 840AmolonNormdaten Person GND 118647326 lobid OGND AKS LCCN n82103203 VIAF 316423047 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME AgobardALTERNATIVNAMEN Agobardus Agobert Agobald AgaboKURZBESCHREIBUNG Erzbischof von LyonGEBURTSDATUM um 769GEBURTSORT Septimanien oder SpanienSTERBEDATUM 6 Juni 840STERBEORT Saintonge Frankisches Reich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Agobard amp oldid 232170566