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Das Ubergangsdipolmoment auch Ubergangsmatrixelement M i k displaystyle vec M ik ist ein Mass fur die Fahigkeit eines Atoms Molekuls oder Festkorpers elektromagnetische Strahlung zu absorbieren oder bei fluoreszierenden Stoffen auch zu emittieren Drei Wellenfunktionen als spezielle Losungen der zeitabhangigen Schrodinger Gleichung fur ein Elektron in einem Potential eines Harmonischen Oszillators Links Realteil blau und Imaginarteil rot der Wellenfunktion Rechts Die Wahrscheinlichkeit das Elektron in einer bestimmten Position zu finden Die obere Reihe zeigt einen Eigenzustand mit niedriger Energie die mittlere Reihe zeigt einen Energiezustand mit hoherer Energie und die untere Reihe stellt die quantenmechanische Superposition der beiden oberen Zustande dar Dabei bilden die beiden oberen rechten Abbildungen im Gegensatz zur unteren rechten Abbildung stationare Zustande ab Die untere rechte Abbildung verdeutlicht dass sich das Elektron im superpositionierten Zustand hin und her bewegt Diese oszillierende Bewegung des Elektrons ist aber genau die Ursache eines oszillierenden elektrischen Dipolmoments welches zur Abstrahlung elektromagnetischer Wellen fuhrt Sie ist also direkt proportional zur Ubergangswahrscheinlichkeit zwischen beiden Eigenzustanden Mit der Absorption geht beispielsweise ein Atom vom energetischen Grundzustand oder allgemein von einem niedrigeren Zustand in einen angeregten Zustand uber wobei das Atom uber eine endliche Zeit zwischen beiden Zustanden hin und her oszilliert In dieser Zeit befindet sich das Atom in einer quantenmechanischen Uberlagerung beider Zustande enthalt je nach Dauer Teile des Grund als auch des angeregten Zustands wobei Letzterer mit der Zeit zunimmt Da sich die beiden Zustande durch die ortliche Verteilung der Teilchendichte unterscheiden findet uber die Zeitdauer auch eine ortliche Oszillation mit definierter Frequenz statt was genau einem klassischen Dipol entspricht Fallt nun elektromagnetische Strahlung in Form eines Photons mit genau der Frequenz auf das Atom kann das Photon vom Atom absorbiert werden Das Ubergangsdipolmoment ist eine komplexe vektorielle Grosse Das Quadrat seines Betrages ist proportional zur Wahrscheinlichkeit des Ubergangs die Richtung des Ubergangsdipolmoments gibt an wie das einfallende Licht polarisiert sein muss damit eine Absorption stattfinden kann Inhaltsverzeichnis 1 Physikalischer Hintergrund 2 Semiklassische Betrachtung 3 Zusammenhang mit Auswahlregeln 4 Weblinks 5 Literatur 6 EinzelnachweisePhysikalischer Hintergrund BearbeitenFur ein neutrales Atom oder Molekul das sich in einem homogenen elektrischen Feld E befindet heben sich die Krafte auf die einzelnen verschieden geladenen Teile positiver Kern und negativ geladene Elektronen insgesamt zwar auf dennoch wirken die Krafte auf die Einzelteile an verschiedenen Orten so dass u a ein Drehmoment resultieren kann Ist ϕ displaystyle phi nbsp das elektrostatische Potential so enthalt z B der Energieoperator eines Wasserstoffatoms H H 0 displaystyle mathcal H mathcal H 0 nbsp einen Storungsterm H 1 e ϕ r Kern e ϕ r Elektron displaystyle begin aligned mathcal H 1 amp e phi vec r text Kern e phi vec r text Elektron end aligned nbsp wobei e displaystyle e nbsp die Elementarladung ist Wenn der Abstand von Kern und Elektron r r Kern r Elektron displaystyle r vec r text Kern vec r text Elektron nbsp viel kleiner ist als die Langenskala uber die ϕ displaystyle phi nbsp sich andert also z B klein verglichen mit der Wellenlange l displaystyle lambda nbsp der verwendeten Strahlung dann kann diese Storung in guter Naherung durch den in r displaystyle r nbsp linearen Term beschrieben werden der durch H dipol 1 e r Kern r Elektron ϕ r Kern m e E r Kern displaystyle begin aligned H text dipol 1 amp e vec r text Kern vec r text Elektron cdot vec nabla phi r text Kern amp vec mu e cdot vec E r text Kern end aligned nbsp gegeben ist Dies ist die Dipolnaherung oder auch Langwellen Naherung der Kopplung ans elektrische Feld und m e e r Elektron r Kern displaystyle vec mu e e vec r text Elektron vec r text Kern nbsp ist der Operator des elektrischen Dipolmoments des Wasserstoffatoms Er stellt das erste Glied einer Taylorentwicklung von H 1 displaystyle H 1 nbsp in r l displaystyle r lambda nbsp um r l 0 displaystyle r lambda 0 nbsp dar 1 Dies bedeutet dass zwischen dem Dipolmoment und dem E Feld eine Wechselwirkung stattfindet Quantenmechanisch kann somit ein Ubergang zwischen zwei Zustanden PS i displaystyle Psi i rangle nbsp und PS k displaystyle Psi k rangle nbsp stattfinden wenn M i k PS i m e PS k 0 displaystyle vec M ik langle Psi i vec mu e Psi k rangle neq 0 nbsp Dieses Nebendiagonalelement oder Ubergangselement des Dipolmomentoperators wird Ubergangsdipolmoment genannt Falls das Ubergangsdipolmoment Null ist heisst der Ubergang dipol verboten und es mussen hohere Multipolmomente betrachtet werden um den Ubergang zu beschreiben Die Ubergangswahrscheinlichkeit zwischen den beiden Zustanden ist dann proportional zu seinem Betragsquadrat w i k A i k M i k E 2 displaystyle w i to k equiv A ik sim vec M ik cdot vec E 2 nbsp bzw fur Emission in beliebige Raumrichtung A i k M i k 2 displaystyle A ik sim vec M ik 2 nbsp Obwohl die Absorptionsspektren klassisch schon so genau erforscht waren dass etliche Auswahlregeln zwischen erlaubten und verbotenen Ubergangen bekannt waren wurden sie erst durch die quantenmechanische Betrachtung erklart Hierzu sind zwei Anmerkungen angebracht Die Ubergangswahrscheinlichkeit kann nicht alleine mit klassischen Grossen wie den Diplomomenten der beiden Zustande ausgedruckt werden Vielmehr oszillieren die Zustande PS i displaystyle Psi i rangle nbsp und PS k displaystyle Psi k rangle nbsp mit Phasen e i w i t displaystyle e i omega i t nbsp bzw e i w k t displaystyle e i omega k t nbsp fur die es kein klassisches Analogon gibt Insbesondere handelt es sich beim Ubergangsdipolmoment nicht um die Differenz der Dipolmomente der beiden Zustande auch wenn der Name so missverstanden werden konnte Es handelt sich vielmehr um ein Nebendiagonalelement des Dipolmoment Operators Semiklassische Betrachtung BearbeitenDie exakte Betrachtung der Wechselwirkung zwischen elektromagnetischer Strahlung und einem Atom oder Molekul erfordert den Formalismus der Quantenfeldtheorie Im Folgenden wird deshalb zur Vereinfachung lediglich der atomare Anteil quantenmechanisch behandelt elektromagnetische Felder werden klassisch betrachtet Diese semiklassische Naherung liefert gute Ergebnisse fur eine hohere Genauigkeit mussen jedoch relativistische und quantenfeldtheoretische Korrekturen herangezogen werden Das elektrische Dipolmoment einer Ladungsverteilung r r displaystyle rho vec r nbsp ist klassisch definiert als p r r r d 3 r displaystyle vec p int rho vec r vec r d 3 r nbsp In der Quantenmechanik entspricht das p e r e PS r PS displaystyle langle vec p rangle e langle vec r rangle e Psi vec r Psi nbsp Fur einen Uberlagerungszustand PS a i PS i a k PS k displaystyle Psi rangle a i Psi i rangle a k Psi k rangle nbsp heben sich die Phasen in PS i r PS i displaystyle Psi i vec r Psi i nbsp und PS k r PS k displaystyle Psi k vec r Psi k nbsp gerade weg Hingegen oszilliert das Ubergangselement PS i r PS k sin w i k t displaystyle Psi i vec r Psi k sim sin omega ik t nbsp wobei w i k displaystyle omega ik nbsp gegeben ist durch ℏ w i k E i E k D E i k displaystyle hbar omega ik E i E k Delta E ik nbsp mit dem reduzierten Planckschen Wirkungsquantum ℏ displaystyle hbar nbsp Der Uberlagerungszustand schwingt also mit w i k displaystyle omega ik nbsp Da PS i displaystyle Psi i rangle nbsp und PS k displaystyle Psi k rangle nbsp im Allgemeinen unterschiedliche ortliche Funktionsverlaufe und damit Teilchendichten aufweisen oszilliert auch die Teilchendichte des Zustandes PS 2 displaystyle Psi 2 nbsp ortlich hin und her Dieser Zustand stellt also einen Hertzschen Dipol dar der mit w i k displaystyle omega ik nbsp abstrahlt Die durchschnittlich emittierte Strahlungsleistung eines Hertzschen Dipols betragt P 2 3 p 2 w 4 4 p e 0 c 3 displaystyle bar P frac 2 3 frac p 2 omega 4 4 pi varepsilon 0 c 3 nbsp dd wobei e 0 displaystyle varepsilon 0 nbsp die elektrische Feldkonstante c displaystyle c nbsp die Lichtgeschwindigkeit und p q L displaystyle p q L nbsp die Amplitude des Dipolmoments ist Zeitlich gemittelt ist p 2 2 M i k 2 displaystyle p 2 2 M ik 2 nbsp zu setzen Man erhalt fur die beim Ubergang i k displaystyle i rangle rightarrow k rangle nbsp emittierte Strahlungsleistung P i k 4 3 w i k 4 4 p e 0 c 3 M i k 2 displaystyle bar P ik frac 4 3 frac omega ik 4 4 pi varepsilon 0 c 3 M ik 2 nbsp N i displaystyle N i nbsp Atome im Zustand i displaystyle i rangle nbsp emittieren beim Ubergang i k displaystyle i rangle rightarrow k rangle nbsp mit w i k displaystyle omega ik nbsp durchschnittlich die Strahlungsleistung P N i P i k displaystyle bar P N i bar P ik nbsp Die Wahrscheinlichkeit dass in einem Zeitintervall von einer Sekunde in einem Atom im Zustand i displaystyle i rangle nbsp der Ubergang i k displaystyle i rangle rightarrow k rangle nbsp unter Emission eines Photons stattfindet ist gegeben durch den Einsteinkoeffizienten A i k displaystyle A ik nbsp Mit diesem wird die Strahlungsleistung P N i A i k ℏ w i k displaystyle bar P N i A ik hbar omega ik nbsp dd Vergleicht man diese Gleichung mit dem Ausdruck fur P i k displaystyle bar P ik nbsp so folgt A i k 4 3 w i k 3 4 p e 0 ℏ c 3 M i k 2 displaystyle A ik frac 4 3 frac omega ik 3 4 pi varepsilon 0 hbar c 3 M ik 2 nbsp Die letzte Gleichung gibt also einen Zusammenhang zwischen dem Ubergangsdipolmoment M i k displaystyle M ik nbsp und der Wahrscheinlichkeit A i k displaystyle A ik nbsp fur den entsprechenden Ubergang Zusammenhang mit Auswahlregeln BearbeitenDie Auswahlregeln ob ein Ubergang erlaubt oder verboten ist werden im Allgemeinen aus M i k e PS i j Z j r j PS k displaystyle M ik e langle Psi i sum j Z j vec r j Psi k rangle nbsp hergeleitet wobei die Z j displaystyle Z j nbsp die Kernladungszahlen sind bzw fur Elektronen 1 ist Ein Ubergang ist verboten wenn das Integral verschwindet sonst ist er erlaubt Der genaue Wert des Ubergangsdipolmoments ist dabei fur die Auswahlregeln uninteressant Fur idealisierte Modelle wie den harmonischen Oszillator den starren Rotator sowie das Wasserstoffatom aber auch andere Atome und Dipolmolekule konnen zahlreiche verschwindende Matrixelemente durch einfache Symmetriebetrachtungen gefunden werden Als Beispiel r displaystyle vec r nbsp dreht sein Vorzeichen bei Spiegelungen um hat also negative Paritat Das Ubergangselement verschwindet daher wenn i displaystyle i rangle nbsp und k displaystyle k rangle nbsp dieselbe Paritat haben Dies erklart warum fur das Wasserstoff keine Dipol Ubergange s s displaystyle s rangle rightarrow s rangle nbsp p p displaystyle p rangle rightarrow p rangle nbsp d d displaystyle d rangle rightarrow d rangle nbsp d s displaystyle d rangle rightarrow s rangle nbsp f p displaystyle f rangle rightarrow p rangle nbsp erlaubt sind wohl aber p s displaystyle p rangle rightarrow s rangle nbsp d p displaystyle d rangle rightarrow p rangle nbsp f d displaystyle f rangle rightarrow d rangle nbsp Ist ein Ubergang nach dieser Regel verboten so sind in hoherer Ordnung der Storungstheorie immer noch elektrische Quadrupol oder magnetische Dipolubergange etc moglich So verschwinden fur den Ubergang 2 s 1 s displaystyle 2s rangle rightarrow 1s rangle nbsp des Wasserstoffatoms auch das elektrische Quadrupolmoment allerdings nicht aus Paritatsgrunden da x 2 displaystyle x 2 nbsp gerade Paritat hat und alle hoheren elektrischen Multipolmomente Das magnetische Dipolmoment verschwindet dabei nur im nichtrelativistischen Grenzfall Weblinks BearbeitenMichael Komma Quantenubergang des Mischzustandes von Atomorbitalen Abgerufen am 1 Dezember 2018 Quantenubergang des Mischzustandes von Atomorbitalen Der Quantensprung Giles Henderson John C Wright Jon L Holmes How a Photon Is Created or Absorbed Abgerufen am 2 Dezember 2018 How a Photon is Created or Absorbed is an electronic version of a paper by the same title published in this Journal in 1979 J Chem Educ 1979 56 631 635 Literatur BearbeitenWolfgang Demtroder Atoms Molecules and Photons An Introduction to Atomic Molecular and Quantum Physics Springer Berlin u a 2006 ISBN 3 540 20631 0 J Michael Hollas Modern Spectroscopy 4th Edition John Wiley and Sons Chichester 2004 ISBN 0 470 84416 7 R Stephen Berry Stuart A Rice John Ross Physical Chemistry 2nd Edition Oxford University Press New York NY u a 2000 ISBN 0 19 510589 3 Martin Klessinger Josef Michl Excited States and Photochemistry of Organic Molecules VCH New York NY u a 1995 ISBN 1 56081 588 4 J J Sakurai Advanced Quantum Mechanics Addison Wesley Reading MA u a 1967 ISBN 0 201 06710 2 Kapitel Emission and Absorption of Photons by Atoms Einzelnachweise Bearbeiten Fur eine Herleitung der Dipolkopplung beginnend mit dem Hamiltonoperator der minimalen Kopplung ans quantisierte elektromagnetische Feld siehe z B Rodney Loudon The Quantum Theory of Radiation 3 Auflage Oxford University Press 2000 4 8 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ubergangsdipolmoment amp oldid 236588097