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Das Winckelmann Institut der Humboldt Universitat zu Berlin ist ein nach Johann Joachim Winckelmann benanntes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der Klassischen Archaologie Seit der Neuordnung der Universitat nach der Wende gehort das Institut seit 1992 zur Kultur Sozial und Bildungswissenschaftliche Fakultat und bildet als Lehrbereich fur Klassische Archaologie gemeinsam mit dem Lehrbereich Archaologie und Kulturgeschichte Nordostafrikas das Institut fur Archaologie Seit der Grundung der Berliner Universitat im Jahr 1810 ist die Archaologie ununterbrochen im Lehrbetrieb verankert Insbesondere im 19 Jahrhundert war das Institut einer der zentralen Orte der internationalen Forschungen auf dem Gebiet der Klassischen Archaologie Dabei profitierte das Institut nicht zuletzt von der Nahe zu den weiteren altertumswissenschaftlichen Disziplinen an der Universitat den Berliner Museen insbesondere der Antikensammlung Berlin aber auch zum Deutschen Archaologischen Institut der Koniglich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin der Berliner Bauakademie und der Archaologischen Gesellschaft zu Berlin Mittlerweile war bzw ist das Winckelmann Institut Partner der Exzellenzcluster TOPOI 2007 2017 und Bild Wissen Gestaltung 2011 2018 seit 2011 des Berliner Antike Kollegs sowie seit 2005 des August Boeckh Antikezentrums des interdisziplinaren Zentrums der Humboldt Universitat fur Altertumswissenschaften Das Institut befindet sich seit 1992 wieder in seinen historisch angestammten Raumen im Westflugels des Hauptgebaudes der Universitat Unter den Linden Zu den wichtigsten Hilfsmitteln der Lehre gehort die im Institut aufgestellte Bibliothek Diathek Digithek und Fotolabor sowie die Sammlung des Winckelmann Institutes Inhaltsverzeichnis 1 Institutsgeschichte 1 1 Vor der Institutsgrundung 1 2 Anfange und Fruhzeit Hirt und Toelken 1 3 Entwicklung zum wissenschaftlichen Grossbetrieb Gerhard Panofka und Curtius 2 Literatur 3 Weblinks 4 BelegeInstitutsgeschichte BearbeitenVor der Institutsgrundung Bearbeiten Berlin hatte sich vor der Grundung der Universitat nie zu einem Zentrum der Altertumsforschung entwickelt Es dauerte vergleichsweise lange bis die antike Kunst uberhaupt eine nennenswerte Bedeutung erreichte 1686 erbte der Kurfurst Friedrich III der spatere erste preussische Konig Friedrich I nach dem Aussterben der protestantischen Linie Pfalz Simmern die Sammlung von Karl II von der Pfalz Mit der Sammlung kam Lorenz Beger als Bibliothekar und Antiquar nach Berlin der als erster deutscher Archaologe von Bedeutung anzusehen ist Nach Begers Tod waren fur langere Zeit nur noch dessen Neffe und Nachfolger Johann Carl Schott sowie der Philosoph Johann Georg Wachter mit archaologischen Arbeiten hervorgetreten 1696 wurde die Akademie der bildenden Wissenschaften 1700 die Akademie der Wissenschaften gegrundet die jedoch langere Zeit nur wenig Interesse an der antiken Kunst gezeigt hatten Zudem hatte der Soldatenkonig Friedrich Wilhelm I kein wirkliches Interesse an den Akademien auch sein Sohn Friedrich II ein Bewunderer der franzosischen Kultur hielt die Forderung der einheimischen Kunstakademie fur eine vergebliche Muhe und baute die Akademie der Wissenschaften nach dem Vorbild der franzosischen Academie des inscriptions et belles lettres um Erst wieder der Schweizer Philosoph Johann Georg Sulzer ein bedeutender Vertreter der Asthetik beschaftigte sich am Rande seiner Arbeiten auch mit der Antike Wahrscheinlich er regte 1765 auch die Berufung Johann Joachim Winckelmanns als koniglichen Bibliothekar an die jedoch am Ende an unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen scheiterte Die Hinwendung zur Antike kam durch die Hinwendung zum Klassizismus in der Kunst und dem Historismus in der Wissenschaft Hierbei handelte es sich nicht nur um die Durchsetzung eines an der antiken Kunst und Architektur orientierten Stils sondern war Teil einer daruber hinaus gehenden Veranderung in der burgerlichen Gesellschaft In Folge der Franzosischen Revolution und der wirtschaftlichen Entwicklung wurde das Burgertum zur neuen staatlichen Elite In der antiken Kunst und Literatur deren Grosse schon Winckelmann in der demokratischen Organisationsform der Polis fest machte sah es seine freiheitlichen Ideale verwirklicht Beredter Ausdruck dieser Entwicklung war die Grundung der Berliner Bauakademie im Jahr 1799 Von besonderer Bedeutung fur die weitere Entwicklung war das Wirken von Karl Philipp Moritz an dieser Institution wie auch an der Akademie der Kunste wo er fur den theoretischen Unterricht zustandig war und die Betrachtung der antiken Architektur auf eine neue Ebene hob Viele Kunstler und Forscher fanden durch eine Reise nach Italien erst zu ihrem Stil oder Thema darunter in Berlin Johann Gottfried Schadow und Karl Friedrich Schinkel Besonders vielversprechende Talente wurden manchmal gar vom preussischen Staat bei der Studienreise gefordert was 1859 mit dem Reisestipendium des Deutschen Archaologischen Instituts gar verstandigt und bis heute beibehalten wurde Anfange und Fruhzeit Hirt und Toelken Bearbeiten Bei der Grundung der Berliner Universitat 1810 gehorte Aloys Hirt zu den erstberufenen Professoren Sein selbst gewahlter Titel war der eines ordentlichen Professors fur die Theorie und die Geschichte der zeichnenden Kunste Somit war die Archaologie von Beginn an ein fester Bestandteil der Universitat Zentrum von Hirts Forschung war die Baukunst die daruber hinaus gehenden Bereiche der Archaologie waren weniger Hirts Metier Zunachst sollte er auch als Professor fur schone Architektur berufen werden Mit der Konzentration auf die Architektur lag Hirt ganz im Berliner Zeitgeist des Klassizismus und war eine der zentralen Figuren mit betrachtlichen Einfluss im kulturellen und wissenschaftlichen Leben Wie auch Hirt lehrte der im November 1814 von der Universitat Gottingen zunachst als Privatdozent nach Berlin gewechselte Ernst Heinrich Toelken noch nicht innerhalb eines festen Systems von Seminaren oder Instituten sondern eigenstandig Auch uber die Annahme der einzelnen Studenten konnten die Dozenten noch selbst entscheiden Sein Auskommen deckte Toelken wie viele andere Dozenten nach ihm auch zunachst als Gymnasiallehrer an einem der traditionsreichen Berliner Gymnasien wie dem Gymnasium zum Grauen Kloster dem Joachimsthalschen Gymnasium dem Friedrichswerderschen Gymnasium oder dem Kollnischen Gymnasium spater auch dem Askanischen Gymnasium und dem Luisenstadtischen Gymnasium Somit war auch noch bis in die erste Halfte des 20 Jahrhunderts vor allem durch jungere Akademiker am Beginn ihrer Karriere immer wieder Kontakt auch in den Schulbetrieb gegeben Toelken war wie zu Beginn des 19 Jahrhunderts noch ublich Philologe und Archaologe in Personalunion Zudem leistete er als Philosoph und Kunsthistoriker bedeutende Forschungsbeitrage 1816 wurde er zunachst ausserordentlicher Professor ab 1823 ordentlicher Professor Lange Zeit war er zudem Direktorialassistent Konrad Levezows des ersten Direktors des Antiquariums der Kleinkunstsammlung der spater zur Antikensammlung vereinten Berliner Sammlung antiker Kunst und begrundete damit die knapp einhundert Jahre andauernde Verbindung zwischen Universitatsamt und Leitungs oder Kuratorenamt in der Antikensammlung 1836 folgte er schliesslich Levezow als Direktor des Antiquariums Zu Beginn der Universitat stand die Archaologie die ja im Allgemeinen noch als Teilbereich der Philologie galt im Schatten der Philologie Friedrich August Wolf und vor allem August Boeckh hatten nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Geisteswissenschaften in Berlin Die Bedeutung der Philologie spiegelte sich unter anderem darin wider dass das erste Institut der Universitat das 1812 gegrundete Philologische Seminar war 1 Neben dem Theologischen Seminar blieb es lange Zeit das einzige Institut dieser Art an der Universitat Waren in Berlin zunachst Archaologie und Philologie getrennt weil die erstberufenen Hochschullehrer aus dem Kunstbereich kamen sollte sich das ab der nachsten Generation andern Hierbei bildet die Berliner Universitat damit eine Ausnahme strebten doch anderswo Archaologie und Philologie immer mehr auseinander wahrend in Berlin zumindest zeitweise erst eine Annaherung erfolgte Entwicklung zum wissenschaftlichen Grossbetrieb Gerhard Panofka und Curtius Bearbeiten Der erste Doktor der noch jungen Universitat war somit wenig uberraschend ein Philologe 1815 wurde Eduard Gerhard Schuler Wolfs und Boeckhs promoviert Auf die Habilitation in Breslau folgten Wanderjahre die ihn schliesslich finanziert durch die Regierung Preussens zwischen 1922 und 1926 zum zweiten Mal nach Rom fuhrten Hier wurde nun aus dem Philologen Gerhard endgultig ein Archaologe Er schloss sich einem Kreis interessierter Altertumsfreunde an den Romischen Hyperboreern der zur Keimzelle des 1829 gegrundeten Istituto di corrispondenza archeologica des heutigen Deutschen Archaologischen Instituts wurde Als Gerhard 1832 wieder nach Berlin ging ging auch die Leitung des Instituts mit ihm nach Berlin weshalb das zunachst international ausgerichtete Institut zunachst unbeabsichtigt immer mehr zu einem preussischen und schliesslich deutschen staatlichen Institut wurde Gerhard war zunachst vor allem an der Akademie sowie seit 1833 zunachst als Kustos Archaologe am Museum tatig Ab 1835 ubernahm er als Lesendes Akademiemitglied 2 auch Lehraufgaben an der Universitat Selten haben sich die drei Teile der altertumswissenschaftlichen Landschaft Berlins so sehr in einer Person widergespiegelt da er in allen drei Institutionen Museum Akademie und Universitat bedeutendes geleistet hat wobei nicht immer die Aufgabenbereiche voneinander abzutrennen waren Schon in Rom war es seinem Kreis klar dass bei der rasanten Zunahme der bekannten Artefakte durch gezielte wie auch zufallige Ausgrabungen nur noch dann ein Uberblick zu behalten war wenn diese moglichst zeitnah und vor allem angemessen publiziert wurden Vor allem die Akademie wurde deshalb unter Gerhards Agide zum wissenschaftlichen Grossbetrieb viele noch heute aktive Korpuswerke wurden angestossen Auch der Bestand der musealen Artefakte wurde zum Teil erstmals in angemessener Weise wissenschaftlich bearbeitet und publiziert 1843 wurde Gerhard ausserordentlicher Professor 1844 schliesslich ordentlicher Professor fur Archaologie und war damit der indirekte Nachfolger des 1837 verstorbenen Hirts In der Lehre an der Universitat war Gerhards Anspruch an den umfassen gebildeten Archaologen ein zentrales Anliegen der Ausbildung Gerne formulierte er seine Sichtweisen in Lehrsatzen als bekanntester gilt Wer ein Kunstwerk gesehen hat hat keines gesehen Wer tausend gesehen hat hat eines gesehen lateinisch Artis monumentum qui unum vidit nullum vidit qui mille vidit unum vidit Die wissenschaftliche Arbeit sollte in drei Schritten geschehen grundliche Autopsie die zu einer moglichst exakten Beschreibung fuhrt kritische Sichtung des Materials Einordnung und Klassifizierung Fundort Stil Technik Inhalt Hermeneutik unter Einbeziehung der Nachbardisziplinen werden alle gewonnenen Erkenntnisse zusammengefuhrt Nur wenig im Schatten seines engen Freundes Gerhard stand Theodor Panofka Beide kannten sich aus Rom und waren gemeinsam treibende Krafte bei der Grundung des Istituto di corrispondenza archeologica gewesen 1827 wurde er Privatdozent an der Berliner Universitat wobei er bis 1835 noch in Paris lebte 1837 lesendes Akademiemitglied und 1848 schliesslich ausserordentlicher Professor fur Archaologie Auch Panofka war Mitglied der Akademie und ab 1836 Direktorialassistent der Skulpturenabteilung des Museums 1851 loste er Christian Friedrich Tieck als Direktor der Sammlung fur Skulpturen und Gipsabdrucke ab und beendete damit die Zeit der Direktoren die aus dem Kunstfach und nicht aus der Wissenschaft kamen Nach Umstrukturierungen musste er sein Direktorenamt 1855 wieder abgeben nun an Gerhard und als Direktorialassistent wieder in die zweite Reihe treten Literatur BearbeitenFriedrich Matz der Jungere Die Archaologie an der Friedrich Wilhelms Universitat von der Reichsgrundung bis 1945 In Hans Leussink Eduard Neumann Georg Kotowski Herausgeber Studium Berolinense Aufsatze und Beitrage zu Problemen der Wissenschaft und zur Geschichte der Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin Gedenkschrift der Freien Universitat Berlin zur 150 Wiederkehr des Grundungsjahres der Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin Band 2 De Gruyter Berlin Boston 1960 S 581 613 Adolf Borbein Berlin und die Antike In Willmuth Arenhovel Christa Schreiber Herausgeber Berlin und die Antike Aufsatze Architektur Kunstgewerbe Malerei Skulptur Theater und Wissenschaft vom 16 Jahrhundert bis heute Deutsches Archaologisches Institut Wasmuth Berlin 1979 S 99 150 Adolf Borbein Ernst Curtius Alexander Conze Reinhard Kekule Probleme und Perspektiven der Klassischen Archaologie zwischen Romantik und Positivismus In Karl Christ Herausgeber L antichita nell Ottocento in Italia e Germania Die Antike im 19 Jahrhundert in Italien und Deutschland Soc Ed il Mulino Duncker und Humblot Berlin Bologna 1988 ISBN 88 15 02077 2 Italien und ISBN 3 428 06524 7 Deutschland S 275 302 Reihe Winckelmann Institut der Humboldt Universitat zu BerlinBand 1 Rolf Hurschmann Die unteritalischen Vasen des Winckelmann Instituts der Humboldt Universitat zu Berlin Arenhovel Berlin 1996 ISBN 3 922912 34 6 Band 2 Henning Wrede Dem Archaologen Eduard Gerhard 1795 1867 zu seinem 200 Geburtstag Arenhovel Berlin 1997 ISBN 3 922912 43 5 Band 3 Henning Wrede und Veit Sturmer Ein Museum im Wartestand Die Abgusssammlung antiker Bildwerke Arenhovel Berlin 1998 ISBN 3 922912 46 X Band 4 Stefanie Oehmke Das Weib im Manne Hermaphroditos in der griechisch romischen Antike Arenhovel Berlin 2004 ISBN 3 922912 59 1 Band 5 Petra Schmitz Pillmann Landschaftselemente in der minoisch mykenischen Wandmalerei Arenhovel Berlin 2006 ISBN 3 922912 63 X Band 6 Alfred Schafer Achill und Chiron Ein mythologisches Paradigma zur Unterweisung der mannlichen Jugend Athens Arenhovel Berlin 2006 ISBN 3 922912 62 1 Band 7 Sebastian Prignitz Der Pergamonaltar und die pergamenische Gelehrtenschule Arenhovel Berlin 2008 ISBN 978 3 922912 68 2 Weblinks BearbeitenGND 2145702 5 Homepage des Winckelmann Instituts Darstellung der Institutsgeschichte Sammlung des Instituts Sammlungsgeschichte Sammlungsprasentation Zur Geschichte der Zweigbibliothek Klassische Archaologie der Humboldt Universitat zu Berlin Rolf Brockschmidt Einmalige Sammlung mit Medusenhaupt 100 Jahre Winckelmann Bibliothek der Humboldt Uni In Der Tagesspiegel vom 4 Februar 2019 Belege Bearbeiten Institute und Seminare sind praktisch dasselbe anders als Seminare benotigen Institute uber eine Bibliothek hinaus meist noch andere Hilfsmittel so etwa Labore im Falle der Archaologie ein Bildarchiv meist ein Fotolabor und die Lehrsammlung was einen nennenswerteren Raum und auch oft Geldbedarf bedeutete Ordentliche Mitglieder der Akademie hatten das Recht Vorlesungen an der Universitat zu haltenInhaber der Lehrstuhle fur Klassische Archaologie an der Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin Erster Lehrstuhl Aloys Hirt 1810 1837 Eduard Gerhard 1843 1867 Ernst Curtius 1868 1896 Zweiter Lehrstuhl Ernst Heinrich Toelken 1785 1864 Carl Robert 1880 1890 Reinhard Kekule von Stradonitz 1890 1911 Georg Loeschcke 1912 1915 Ferdinand Noack 1916 1931 Gerhart Rodenwaldt 1932 1945 Inhaber der Professuren fur Klassische Archaologie an der Humboldt Universitat zu Berlin Lehrstuhl Ludger Alscher 1953 1982 Wolfgang Schindler 1982 1991 Henning Wrede 1994 2007 Stephan G Schmid seit 2008 Zweite Professur Detlef Rossler 1994 2007 Susanne Muth seit 2008 Normdaten Korperschaft GND 2145702 5 lobid OGND AKS LCCN no95051781 VIAF 147393064 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Winckelmann Institut amp oldid 234243696