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Die Wielbark Kultur Willenberg Kultur oder Braunswalde Willenberg Kultur war eine archaologische Kultur aus dem 1 vorchristlichen bis zum 4 Jahrhundert beiderseits der Weichsel im Gebiet des heutigen Polen Sie wurde benannt nach dem Fundort zwischen Braunswalde und Willenberg heute Wielbark in der Gmina Malbork im fruheren Ostpreussen Vermutlich bildet sie ein fruhes Siedlungsgebiet der Goten und Gepiden Wielbark Kultur Zeitalter EisenzeitAbsolut ca Ende 1 Jh v Chr bis 5 Jh n Chr AusdehnungLegende Romische EisenzeitFruhe Wielbark Kultur rot Ausbreitung der Wielbark Kultur lachsrot Ausbreitung im Gebiet der Przeworsk Kultur orange Ausbreitung im Gebiet der Jastorf Kultur lila Jastorf Kultur blau Ausbreitung der Jastorf Kultur hellblau Przeworsk Kultur gelb und orange spater nur gelb Darstellung nach Beck 1 LeitformenKeramik mit Maandern Steinkreis der Wielbark Kultur hier im pommerschen Wesiory westlich von Danzig Rekonstruktion eines gotischen Langbauernhauses bei Maslomecz am Hrubieszow 2 3 Jh Ausrustung eines gotischen Grabes der Wielbark Kultur in OdryKeramik der Wielbark Kultur ausgestellt im Museum Odry Inhaltsverzeichnis 1 Entdeckung und Namen 2 Charakteristika 2 1 Ausbreitung der Kultur 3 Deutung 4 Literatur 5 Weblinks 6 BelegeEntdeckung und Namen Bearbeiten nbsp Wielbark Willenberg und Gosciszewo Braunswalde gelb im WeichseldeltaIm Jahre 1874 wurde ostlich der Nogat einem Mundungsarm der Weichsel zwischen den preussischen Dorfern Braunswalde bei Stuhm 2 und Willenberg bei Marienburg zwischen den Stadten Marienburg Malbork und Stuhm Sztum ein eisenzeitliches Graberfeld mit 3 000 Grabern entdeckt Im Jahr darauf wurde im Correspondenz Blatt der deutschen Gesellschaft fur Anthropologie Ethnologie und Urgeschichte daruber berichtet Die Willenberg Kultur wurde fruher als gotisch gepidische Kultur eingeordnet In Polen wurde zunachst die Bezeichnung als ostpommersch masowische Kultur bevorzugt Der Archaologe Ryszard Wolagiewicz 1933 1994 der mehrere Fundorte erforschte und beschrieb fuhrte den Begriff kultura wielbarska ein 3 Diese Bezeichnung ubernahmen Herwig Wolfram und andere Wissenschaftler 4 Ihr Vorzug ist dass sie neutral ist insofern sie sich nur auf den Fundort bezieht und ethnische Festlegungen vermeidet Charakteristika BearbeitenDie Wielbark Kultur ersetzte im letzten Jahrhundert vor der Zeitenwende die Oxhoft Kultur an der Weichsel unterhalb von Thorn Torun und weiter westlich bis zur Persante Parseta Sie breitete sich rasch nach Westen in der bis dahin unbesiedelten mittelpommerschen Seenplatte und spater nach Suden und Osten aus nbsp Baumsarg mit Frauengrab aus BagiczFur den Beginn der Kultur ist kennzeichnend dass Friedhofe der Oksywie Kultur weiterbenutzt wurden jedoch unter grundsatzlicher Anderung der Bestattungssitten Neben den fruher vorherrschenden Brandbestattungen erfolgten nunmehr auch Korperbestattungen Es sind auch Sonderbestattungen mit dislozierten oder fehlenden Schadeln und Unterkiefern mit stark angezogenen Beinen in Bauchlage in zu kurzen Grabgruben sowie separat begrabene Schadel oder Kinderunderkiefer bekannt Bei den Sonderbestattungen handelt es sich moglicherweise um von der Dorfgemeinschaft nicht akzeptierte Personen 5 Den Toten wurden im Unterschied zu vorangegangenen und benachbarten Kulturen keine Waffen sondern lediglich Bekleidung und Schmuck sowie vereinzelt Sporen mit ins Grab gegeben In spaterer Phase breitete sich die Kultur westlich der Weichsel aus mit Steinkreisen steinbedeckten Erdhugeln Kurganen Bautasteinen und gepflasterten Arealen die die denen skandinavischer Kulturen dieser Zeit ahnlich waren Typisch fur die Metallverwendung der Wielbark Leute war dass Gebrauchs und Schmuckgegenstande haufig aus Bronze seltener aus Silber nur ganz selten aus Gold und Eisen hergestellt wurden Im Jahr 2000 wurde in Czarnowko bei Lebork bis 1945 Scharnhorst Kreis Lauenburg in Ostpommern ein Grab entdeckt das u a einen Westlandkessel aus Bronze enthielt auf dem Manner mit Suebenknoten dargestellt sind 6 Die Fundstatten der ersten Phase befinden sich grosstenteils in der Umgebung zur Ostsee fliessender Flusse also nordlich der pommerschen Wasserscheide Ostsee Netze Mit der Zeit dehnte sich die Kultur in sudwestlicher Richtung bis in die Region Grosspolen aus Steinsetzungen nicht so weit wie die Bestattungsriten Dabei wurde die andernorts fortbestehende Przeworsker Kultur regelrecht verdrangt Entscheidend war aber die Ausdehnung nach Sudosten Ausbreitung der Kultur Bearbeiten Um 200 n Chr erreichte die Wielbark Kultur nach Auseinandersetzungen mit den Wandalen 7 den Westen der heutigen Ukraine wahrend ihre Spuren an der unteren Weichsel im 3 Jahrhundert deutlich nachlassen und im Lauf des vierten Jahrhunderts ganz aussetzen was fur eine vollstandige Abwanderung der entsprechenden Bevolkerung innerhalb von drei Generationen nach Sudosten spricht Gleichzeitig breitete sich nordwestlich des Schwarzen Meeres die Tschernjachow Kultur aus die in ihren Ausdrucksformen grosse Ahnlichkeit mit der Wielbark Kultur aber auch Beziehungen zur Zarubincy Kultur hatte Reste der Wielbark Kultur in Wolhynien hielten sich bis ins 5 Jahrhundert Deutung BearbeitenDer Beginn der Kultur stellt die Aussage des Jordanes infrage die Goten seien insgesamt aus Skandinavien an die Sudkuste der Ostsee eingewandert Gothiscandza Im Detail ziehen Forscher unterschiedliche Schlusse In der neueren Forschung wurde oft angenommen die Kultur habe sich ohne Zuwanderung vor Ort entwickelt und die Einwanderung der Goten aus Skandinavien sei nur ein Mythos 8 Andere Forscher nehmen an eine kleine Gruppe von Skandinaviern die in den Getica erwahnten Amaler wenngleich Amaler vor dem 4 Jahrhundert nicht sicher bezeugt sind sei zugewandert und habe sich mit der einheimischen Bevolkerung vermischt Fur Andrzej Kokowski deutet alles darauf hin dass gotische Zuwanderer aus dem Norden auf bereits ansassige Goten im Suden trafen wie sie als Soldner schon zur Zeit des Sturzes des Markomannenkonigs Marbod 17 18 n Chr genannt werden 9 Da sich die Forschung vor allem auf Nekropolen und kaum auf Siedlungsfunde grundet ist archaologisch jedoch bisher keine Einwanderung aus Skandinavien nachweisbar was neben anderen Punkten gegen die Ursprungsgeschichte Origo gentis des Jordanes spricht 10 Wojciech Nowakowski weist darauf hin dass die waffenlosen Graber der fruhen Wielbark Kultur zwar nicht zur Beschreibung der Goten und ihrer charakteristischen Bewaffnung durch Tacitus passen jedoch seien die weiteren archaologischen Befunde gut mit dem Bild der Gotenwanderung in die Gebiete ostlich der Weichsel kompatibel 11 Auch fur Kalina Skora und Adam Cieslinski passen die Siedlungs und Kulturveranderungen der Wielbarl Bevolkerung gut in das Bild der Goten und Gepiden wanderung wobei sie nicht alle materiellen Relikte den Goten zuschreiben Die Steinkreise bei den pommerschen Nekropolen z B die Steinkreise von Grzybnica bei Koszalin 12 wurden vermutlich als lokale Thingplatze genutzt beigabenlose Bestattungen in deren Nahe konnen wohl als Menschenopfer gedeutet werden 13 Literatur BearbeitenThorsten Andersson Volker Bierbrauer Walter Pohl Piergiuseppe Scardigli Rudiger Schmitt Goten In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 12 Walter de Gruyter Berlin New York 1998 ISBN 3 11 016227 X S 402 443 Teresa Dabrowska Oksywie Kultur In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 22 Walter de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017351 4 S 45 54 Teresa Dabrowska Magdalena Maczynska Przeworsk Kultur In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 23 Walter de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017535 5 S 540 567 Andrzej Kokowski Die archaologischen Kulturen des Gotenkreises In Germanen Eine archaologische Bestandsaufnahme Darmstadt 2020 S 255 269 Magdalena Maczynska Wielbark Kultur In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 34 Walter de Gruyter Berlin New York 2007 ISBN 978 3 11 018389 4 S 1 20 Walter Pohl Die Germanen Enzyklopadie deutscher Geschichte Bd 57 2 Auflage Oldenbourg Munchen 2004 ISBN 3 486 56755 1 Herwig Wolfram Die Goten und ihre Geschichte Beck sche Reihe Bd 2179 2 durchgesehene Auflage C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 44779 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Wielbark Kultur Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Tadeusz Makiewicz The Goths in Greater Poland Memento vom 31 Dezember 2012 im Internet Archive englisch Tomasz Skorupka Jewellery of the Goths Memento vom 17 Juli 2012 im Internet Archive Muzeum Archeologiczne w PoznaniuBelege Bearbeiten Heinrich Beck Heiko Steuer Dieter Timpe Red Die Germanen Germania germanische Altertumskunde Reallexikon der Germanischen Altertumskunde De Gruyter Berlin 1998 S 145 ISBN 3 11 016383 7 Schraffur des Originals durch Farben ersetzt Braunswalde auf Landkarte 1896 ostlich der Nogat Ryszard Wolagiewicz Pole orne ludnosci kultury wielbarskiej z okresu wczesnorzymskiego w Gronowie na Pomorzu In Wiadomosci Archeologiczne Jg 42 1977 ISSN 0043 5082 S 227 244 Ryszard Wolagiewicz Die Goten im Bereich der Wielbark Kultur In Archaeologia Baltica Jg 7 1986 ZDB ID 350669 1 S 63 98 Ryszard Wolagiewicz Ceramika kultury wielbarskiej mie dzy Baltykiem a Morzem Czarnym Die Tongefasse der Wielbark Kultur im Raum zwischen Ostsee und Schwarzen Meer Muzeum Narodowe Stettin 1993 ISBN 83 86136 00 6 Herwig Wolfram Die Goten Von den Anfangen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts Entwurf einer historischen Ethnographie 2 durchgesehene Auflage C H Beck Munchen 1980 ISBN 3 406 04027 6 Herwig Wolfram Die Goten und ihre Geschichte Beck sche Reihe Bd 2179 C H Beck Munchen 2001 ISBN 3 406 44779 1 Magdalena Tempelmann Maczynska Die Sonderbestattungen der Wielbark Kultur Wydawnictwo Uniwersytetu Lodzkiego Januar 1992 Magdalena Maczynska Dorota Rudnicka Ein Grab mit romischen Importen aus Czarnowko Kr Lebork Pommern In Germania Bd 82 2004 S 397 429 Abstract PDF 110 KB Memento vom 17 Mai 2008 im Internet Archive Kokowski 2020 S 260 Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Artikel uber Goten Oksywie Kultur Przeworsker Kultur und Wielbark Kultur Kokowski 2021 S 258 Zusammenfassend Walter Pohl Die Germanen 2004 S 24 Auch Herwig Wolfram der die gotische Fruhgeschichte nicht immer kritisch sieht muss eingestehen dass archaologisch eine Einwanderung aus Skandinavien nicht nachweisbar ist vgl Herwig Wolfram Die Goten und ihre Geschichte 2005 S 23 24 Wojciech Nowakowski Die Germanen in der polnischen Archaologie In Germanen Eine archaologische Bestandsaufnahme Hrsg Staatliche Museen zu Berlin und LVR LandesMuseum Bonn Theiss Darmstadt 2021 S 465 479 hier S 474 Kamienne Kregi Gotow w Grzybnicy polnisch Kalina Skora Adam Cieslinski Aktuelle Forschungen zur Sozialstruktur der Germanen im ostlichen Mitteleuopa Ein Beispiel aus der Wielbark Kultur In Germanen Eine archaologische Bestandsaufnahme Katalog zur Ausstellung des Museums fur Vor und Fruhgeschichte Berlin und des LVR LandesMuseums Bonn Wiss Buchgesellschaft Darmstadt 2020 S 227 253 hier S 228 f 233 Normdaten Sachbegriff GND 4338102 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wielbark Kultur amp oldid 239339041