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Friedrich Wilhelm Radloff russisch Wassili Wassiljewitsch Radlow russisch Vasi lij Vasi levich Ra dlov 17 Januar 1837 in Berlin 12 Mai 1918 in Petrograd war ein deutsch russischer Sprachwissenschaftler Turkologe und Ethnograph 1 Radloff gilt als Begrunder der Turkologie bzw des wissenschaftlichen Studiums der Turkvolker 2 und war Direktor des asiatischen Museums in Sankt Petersburg 1 1917 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Schul und Studienzeit 1 2 Vorbereitung in Sankt Petersburg 1 3 Tatigkeit und Forschung in Sibirien 1 4 Wissenschaftliches Werk 2 Veroffentlichungen Auswahl 3 Literatur 4 Einzelbelege 5 Namensvarianten 6 Siehe auch 7 WeblinksLeben BearbeitenWilhelm Radloff wurde am 17 Januar 1837 als einziges Kind des Berliner Polizei Kommissars und preussischen Reserveoffiziers Wilhelm Radloff in Berlin geboren 3 Nach seinem Tod am 12 Mai 1918 in Sankt Petersburg siedelte seine Frau nach Berlin uber wo sie spater in hohem Alter verschied wahrend ihr einziger Sohn Alexander spater in Paris an einer Krankheit starb 4 Schul und Studienzeit Bearbeiten Nach dem Besuch der Schule und des Gymnasiums in Berlin begann Wilhelm Radloff zunachst 1854 mit dem Studium um sich der Religionswissenschaft zu widmen wechselte aber sehr bald auf Philosophie und Philologie wobei er seinen Schwerpunkt nicht auf die damals in Berlin von bedeutenden Kapazitaten wie Franz Bopp oder Hermann Steinthal vertretenen indogermanischen Sprachen legte sondern auf die noch weitgehend unerforschten orientalischen Sprachen insbesondere die altaischen die in Berlin von Wilhelm Schott reprasentiert wurden 5 So beschaftigte sich Radloff im Studium vornehmlich mit Turkisch Mongolisch und Mandschu lernte aber auch Chinesisch Hebraisch Arabisch Persisch und Russisch 6 Als Hauptforschungsgebiet zielte er die mandschu tungusischen Sprachen an doch sollten ihn seine spateren Lebensumstande dazu bringen sich auf die Beschaftigung mit Turkisch sprechenden Stammen zu verlagern 6 Am 20 Mai 1858 promovierte Radloff in Jena und verlobte sich mit Pauline Auguste Fromm der Tochter eines Volksschullehrers 7 Vorbereitung in Sankt Petersburg Bearbeiten Kurz auf seine Promotion reiste Radloff noch 1858 nach Sankt Petersburg wo 1854 die Vostocnyj Fakultet Orientalische Fakultat neugegrundet worden war um dort an der Universitat das Studium fortzusetzen 8 In Sankt Petersburg waren seinerzeit verschiedene fur Radloffs Arbeitsgebiet relevante Gelehrte wie Alexander Kasembek Scheich Muḥammed Ayad Ṭanṭavi Elias Nikolajewitsch Beresin Daniel Chwolson Wassili Pawlowitsch Wassiljewitsch oder Otto Bohtlingk tatig und dort wurden zu jener Zeit auch verschiedene wissenschaftliche Expeditionen organisiert wie jene in das Amur Gebiet von Leopold von Schrenck oder die sibirische von Friedrich Bogdanowitsch Schmidt 8 Statt des Studiums an der Universitat vertiefte er seine Kenntnisse jedoch im Asiatischen Museum 9 Durch Privatunterricht in Deutsch und Latein bestritt er derweil seinen Lebensunterhalt 9 Auf Vorschlag Peter Meyendorffs hin nahm er von seinem Plan Abstand an der immer wieder verschobenen Expedition von F B Schmidt teilzunehmen um stattdessen eine Lehrstelle in Barnaul in West Sibirien zu ubernehmen 9 Er legte die notwendige Prufung als Schullehrer an der Universitat ab worauf am 14 Mai 1859 seine Ernennung zum Lehrer fur Deutsch und Latein auf 5 Jahre an der Bergakademie Barnaul Barnaulskoje gornoje utschilischtsche bestatigt wurde wo er nach einer funfwochigen Reise eintraf und mit einer kurzen Unterbrechung von 1859 bis 1871 blieb 10 Tatigkeit und Forschung in Sibirien Bearbeiten Wahrend seiner Tatigkeit als Gymnasiallehrer an der kaiserlichen Bergschule richtete Radloff sein Interesse auf die einheimischen turksprachigen Volksgruppen aus Sibirien 10 Er bereiste in dieser Zeit von dort aus alljahrlich in den Sommerferien insgesamt zehnmal das sibirische Gebiet mit Ausnahme des Jahres 1864 als er sich zur Verlangerung des funfjahrigen Auftrages nach Sankt Petersburg begab von wo aus er nach erfolgreicher Erledigung nach Berlin und Sudtirol reiste um im Herbst 1864 wieder in Barnaul anzukommen 11 1860 begleitet von seiner mittlerweile aus Berlin eingetroffenen Frau 1861 1862 und 1863 war sein Untersuchungsgebiet der Sprachraum der turkischen Stamme des Altai der Sojoten am Sajan Gebirge der Kazak Kirgizen der Stamme des Ili Tales und des Abakan Gebietes 11 Nach der Unterbrechung im Jahr 1864 fuhrten ihn seine Forschungsreisen in den Jahren 1865 1866 und 1867 wiederum in das Altai Gebiet und nach West Sibirien 11 Die inzwischen fortschreitende Eroberung Turkestans durch Russland ermoglichte es Radloff auch die dortigen Stamme zu besuchen so dass er 1868 das Yedisu Gebiet bereiste bis Samarkand vordrang und 1869 in das Ili Tal gelangte Seine letzte und 10 Reise 1870 lenkte er noch einmal auf den Altai und naherte sich dem chinesischen Grenzgebiet bis zur Stadt Kobdo 11 Mit seinen sibirischen Reisen hatte Radloff somit die Erforschung der Turkstamme der nordlichen Umwallung Zentral Asiens in Angriff genommen Der Altai bildete sein Hauptarbeitsgebiet sudwarts war er bis zum mittleren Serafschan Tal und zur chinesischen Stadt Gulja gekommen ostwarts bis zur chinesischen Stadt Kobdo und zum Sajangebirge Wissenschaftliches Werk Bearbeiten Seine ethnographischen Funde veroffentlichte Radloff in der Monographie Aus Sibirien 1884 Von 1866 bis 1907 ubersetzte und veroffentlichte er eine Anzahl von Monumenten der Folklore der Turkvolker Proben der Volksliteratur der turkischen Stamme Sud Sibiriens 1866 1907 Texte 10 Teile Ubersetzung 8 Teile darunter 1885 den Epos Manas 12 Er veroffentlichte als erster die Orchon Inschriften Vier Bande seines vergleichenden Worterbuchs der Turksprachen und mundarten Versuch eines Worterbuches der Turk Dialecte folgten von 1893 bis 1911 Seit 1885 war Radloff Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften In Preussen wurden seine wissenschaftlichen Verdienste durch seine 1908 erfolgte Aufnahme in den Orden Pour le Merite fur Wissenschaften und Kunste gewurdigt 13 Bereits 1895 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Preussische Akademie der Wissenschaften aufgenommen 14 Als Nachfolger von Leopold von Schrenck war er von 1894 bis 1918 Direktor der Kunstkammer Peter der Grosse Museum fur Anthropologie und Ethnographie in Sankt Petersburg 1937 fiel Radloffs Werk in der UdSSR in Missgunst und wurde tabuisiert als verbreitet wurde er sei ein jahrelanger Mitarbeiter der deutschen Spionageorganisation gewesen Seine Bilder wurden von den Wanden entfernt und der sog Radlowski Krushok Radloff Kranzchen das unter W Bartholds Leitung jeden Monat sich versammelte um turkologische und altaistische Vortrage zu horen wurde aufgelost Nach Bartholds Tode leitete A Samoilowitsch dieses Kranzchen aber 1937 wurde dieser verhaftet und verschwand Auch durfte man Radloff nicht mehr in den Buchern zitieren 15 Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenObservations sur les Kirghis In Journal asiatique Serie 6 Band 2 1863 S 309 328 Proben der Volkslitteratur der turkischen Stamme Sud Sibiriens Band 1 8 Band 10 Sankt Petersburg 1866 1904 1 und Ubersetzung 8 Teile Worterbuch der Kinai Sprache Memoires de l Academie Imperiale des Sciences de St Petersbourg Serie 7 Band 21 Nr 8 ZDB ID 975259 6 Herausgegeben vom A Schiefner Academie Imperiale des Sciences Sankt Petersburg 1874 Digitalisat Analiz bolgarskih chislitelnyh imen In Zapiski Imperatorskoj Akademii Nauk Band 32 Nr 2 Anhang 1879 ZDB ID 200996 1 S 138 143 Vergleichende Grammatik der nordlichen Turksprachen Teil 1 16 Phonetik der nordlichen Turksprachen Heft 1 2 H 1 Vocale H 2 Consonanten Weigel Leipzig 1882 1883 Digitalisat Die Lautalternation und ihre Bedeutung fur die Sprachenentwickelung belegt durch Beispiele aus den Turksprachen In Verhandlungen des funften internationalen Orientalisten Congresses gehalten zu Berlin im September 1881 Teil 2 Abhandlungen und Vortrage Halfte 2 Abhandlungen und Vortrage der Indogermanischen und der Ostasiatischen Section IV Ostasiatische Section Asher Berlin 1882 S 54 70 Mifologiya i mirosozercanie zhitelej Altaya In Vostochnoe Obozrenie Nr 7 1882 S 11 12 Nr 8 1882 S 10 12 Aus Sibirien Lose Blatter aus dem Tagebuche eines reisenden Linguisten 2 Bande Weigel Leipzig 1884 Digitalisate Bd 1 Bd 2 eine russische Version erschien 1989 Iz Sibiri Stranicy Dnevnika Nauka Moskau 1989 ISBN 5 02 017025 9 Zur Sprache der Komanen In Internationale Zeitschrift fur allgemeine Sprachwissenschaft Band 1 1884 ZDB ID 219855 1 S 377 382 Band 2 1885 S 13 42 Sibirskie drevnosti Imperatorskoj Arheologicheskoj Komissii Materialy po Arheologii Rossii 3 5 15 27 ZDB ID 401000 0 4 Lieferungen Imperatorskoj Akademii Nauk Sankt Petersburg 1888 1902 als Herausgeber Das Kudatku Bilik des Jusuf Chass Hadschib aus Balasagun 2 Bande Kaiserliche Akademie der Wissenschaften Sankt Petersburg 1891 1910 online Atlas der Alterthumer der Mongolei Atlas Drevnostej Mongolii 4 Lieferungen Imperatorskoj Akademii Nauk Sankt Petersburg 1892 1899 Versuch eines Worterbuches der Turk Dialecte Opyt Slovarya Tyurkskih Narѣchij 4 Bande Imperatorskoj Akademii Nauk Sankt Petersburg 1893 1911 online 1 Die altturkischen Inschriften der Mongolei 4 Lieferungen Kaiserliche Akademie der Wissenschaften Sankt Petersburg 1894 1899 online Die jakutische Sprache in ihrem Verhaltnisse zu den Turksprachen Memoires de l Academie Imperiale des Sciences de St Petersbourg Serie 8 Band 8 Nr 7 ZDB ID 768622 5 Academie Imperiale des Sciences Sankt Petersburg 1908 als Herausgeber Suvarṇaprabhasa Sutra zolotogo bleska Bibliotheca buddhica 17 Tekst ujgurskoj Redakcii Izdali V V Radlov i S E Malov 4 Lieferungen Imperatorskoj Akademii Nauk Sankt Petersburg 1913 1917 als Ubersetzer Suvarṇaprabhasa Das Goldglanz Sutra Bibliotheca buddhica 27 Aus dem Uigurischen ins Deutsche ubersetzt Nach dem Tode des Ubersetzers mit Einleitung von S Malov herausgegeben 3 Bande Akademiya nauk SSSR Leningrad 1930 Literatur BearbeitenMaterialy biograf Imp Akad Nauk 2 1917 1 Ahmet Temir 17 Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 ISSN 0078 6527 S 51 93 JSTOR 1579466 Ahmet Temir Turkoloji tarihinde Wilhelm Radloff devri Hayati ilmi kisiligi eserleri Turk Dil Kurumu yayinlari 552 Turk Dil Kurumu Ankara 1991 ISBN 975 16 0300 5 Jens Peter Laut Radloff Friedrich Wilhelm In Neue Deutsche Biographie NDB Band 21 Duncker amp Humblot Berlin 2003 ISBN 3 428 11202 4 S 96 f Digitalisat Jens Peter Laut Radloff Friedrich Wilhelm In Harro Stammerjohann Hrsg Lexicon Grammaticorum A bio bibliographical companion to the history of linguistics Band 2 L Z 2nd edition revised and enlarged Niemeyer Tubingen 2009 ISBN 978 3 484 73068 7 S 1235 1236 Einzelbelege Bearbeiten a b c d e Gert A Zischka Allgemeines Gelehrten Lexikon Biographisches Handworterbuch zur Geschichte der Wissenschaften Kroners Taschenausgabe 306 Kroner Stuttgart 1961 S 523 Quelle fehlt Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 51 Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 64 mit Verweis auf eine Mitteilung von Prof Nikolaus Poppe Universitat Washington Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 51 f a b Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 53 Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 54 f a b Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 53 f a b c Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 55 a b Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 55 f a b c d Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 56 Wolfgang Wildgen Manas Roland Siegfried Drei Helden und deren mediale und politische Inszenierung 2012 Orden Pour le Merite fur Wissenschaften und Kunste Die Mitglieder des Ordens Band 2 1882 1952 Gebruder Mann Berlin 1978 ISBN 3 7861 1125 1 S 220 Mitglieder der Vorgangerakademien Wilhelm Radloff Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften abgerufen am 29 Mai 2015 Ahmet Temir Leben und Schaffen von Friedrich Wilhelm Radloff 1837 1918 Ein Beitrag zur Geschichte der Turkologie In Oriens Band 8 Nr 1 1955 S 51 93 hier S 64 f Mehr nicht erschienen Temir gehorte zum Umfeld des Gerhard von Mende fur den er zu grossdeutscher Zeit 1939 1945 gearbeitet hat Siehe Sebastian Cwiklinski Wolgatataren im Deutschland des Zweiten Weltkriegs Deutsche Ostpolitik und tatarischer Nationalismus Islamkundliche Untersuchungen 243 Klaus Schwarz Berlin 2002 ISBN 3 87997 296 6 S 36 Namensvarianten BearbeitenWilhelm Radloff Friedrich Wilhelm Radloff Wassilij Wassiljewitsch Radloff Vasilij Vasilʹevic Radlov Wassilij Radloff Vasilij Radlov W RadloffSiehe auch BearbeitenKurzbiographien der Museumsdirektoren des Peter der Grosse Museums fur Anthropologie und Ethnologie englisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Wilhelm Radloff Sammlung von Bildern nbsp Wikisource Wilhelm Radloff Quellen und Volltexte Literatur von und uber Wilhelm Radloff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Radlov Vasilij Vasilevich Fridrih Vilgelm Eintrag bei der Russischen Akademie der Wissenschaften russisch Normdaten Person GND 119238535 lobid OGND AKS LCCN n82276286 VIAF 41890397 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Radloff WilhelmALTERNATIVNAMEN Radloff Friedrich Wilhelm vollstandiger Name Radlow Wassili Wassiljewitsch Ra dlov Vasi lij Vasi levich russisch KURZBESCHREIBUNG russischer Turkologe und Ethnograph deutscher HerkunftGEBURTSDATUM 17 Januar 1837GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 12 Mai 1918STERBEORT Petrograd Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Radloff amp oldid 234186073