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Wilfried Krallert 23 Januar 1912 in Wien 16 Marz 1969 1 in Wien war ein osterreichischer Geograph und Historiker Als uberzeugter Nationalsozialist beteiligte er sich in massgeblicher Funktion an den Planungen und an der Umsetzung ethnischer Sauberungen in Sudost und Osteuropa wahrend des Zweiten Weltkrieges und war auch nach dem Ende des Kriegs als Geheimdienstagent tatig Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Karriere 1 1 Studium 1 2 Politisches Engagement 1 3 Agent fur den SD und das RSHA sowie Mitarbeiter im SS Rasse und Siedlungshauptamt 1 4 Mitglied des Sonderkommandos Kunsberg 1 5 Gruppenleiter des Amtes VI G des RSHA 1 6 Mitarbeiter westlicher Geheimdienste 1 7 Netzwerke der Sudostforschung 2 Veroffentlichungen 3 Literatur 4 EinzelnachweiseLeben und Karriere BearbeitenStudium Bearbeiten Krallert war der Sohn eines Regierungsbeamten Nach dem Abitur 1930 begann er ein Studium der Geschichte Geographie und Kunstgeschichte an der Universitat Wien 1933 wurde er in das Institut fur Osterreichische Geschichtsforschung aufgenommen und promovierte 1935 bei Hans Hirsch Zwischen 1936 und 1938 war er als Mitarbeiter bei den Monumenta Germaniae Historica angestellt fur die er Editionen der Urkunden Konrads IV und Friedrichs II besorgte 1937 wechselte er als Sekretar zur Sudostdeutschen Forschungsgemeinschaft in Wien Spater leitete er deren Publikationsstelle P Stelle Politisches Engagement Bearbeiten Schon als Jugendlicher engagierte sich Krallert im extrem rechten politischen Lager 1928 baute er die Wiener Zelle des Deutschen Mittelschulerbundes DMB auf eine von der SA uberwachte Schulerorganisation Zwischen 1930 und 1932 gehorte er der Deutschen Wehr und dem Tannenbergbund Erich Ludendorffs an und wurde Landesleiter Wien des DMB Im April 1933 trat er der NSDAP bei Mitgliedsnummer 1 529 315 und begann einige Monate spater sich in der neu gegrundeten Mittelstandarte Wien seit April SS Standarte 89 zu engagieren Mitgliedsnummer in der SS 310 323 Eigentlich sollte Krallert 1934 quasi als offizieller NSDAP Historiker am nationalsozialistischen Juliputsch gegen den Standestaat unter Engelbert Dollfuss teilnehmen Auf Grund eines Missverstandnisses kam es aber nicht dazu Krallert wurde zum Hauptscharfuhrer befordert Er organisierte geheimen Briefverkehr mit den im Anhaltelager Wollersdorf internierten Nationalsozialisten Zugleich wurde er in den Sicherheitsdienst des Reichsfuhrers SS SD als hauptamtlicher Mitarbeiter aufgenommen Agent fur den SD und das RSHA sowie Mitarbeiter im SS Rasse und Siedlungshauptamt Bearbeiten Fur den SD und spater fur das Reichssicherheitshauptamt RSHA reiste Krallert getarnt mit Forschungsauftragen zwischen 1934 und 1941 immer wieder nach Sudosteuropa Von 1938 an nannte er sich dabei Fritz Bergmann Er war nach dem Anschluss Osterreichs Mitglied der Blockstelle Wien geworden und im Fruhjahr 1939 des Amts VI des RSHA Das RSHA nutzte Krallerts Kontakte wahrend der Verhandlungen zwischen Ungarn und Rumanien im Vorfeld des Zweiten Wiener Schiedsspruchs von 1940 Ab 1940 war Krallert auch fur das Rasse und Siedlungshauptamt tatig Dort arbeitete er in der Wiener Geschaftsstelle der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaft 2 Mitglied des Sonderkommandos Kunsberg Bearbeiten Wahrend des Balkanfeldzuges beschlagnahmte Krallert als Sonderfuhrer Z mit dem Sonderkommando Kunsberg benannt nach ihrem Befehlshaber Eberhard von Kunsberg des Auswartigen Amtes im April 1941 in Jugoslawien Karten und Dokumente darunter die unveroffentlichten Daten der jugoslawischen Volkszahlungen von 1931 Auf der Grundlage dieser Daten wurden durch Mitarbeiter der P Stelle ethnographische Karten erstellt und der SS und der Wehrmacht zur Verfugung gestellt Die P Stelle Wien beteiligte sich ausserdem an den Planungen ethnischer Sauberungen Unmittelbar nach seinem Einsatz in Belgrad beriet Krallert den Staatssekretar des Reichsministeriums des Innern RMI Wilhelm Stuckart bei den Verhandlungen mit Italien uber die kunftige Grenzziehung und in Fragen der Volkstumspolitik in Jugoslawien Nach dem deutschen Uberfall auf die Sowjetunion wurde Krallert als Sachbearbeiter des Einsatzkommandos Potsdam des Sonderkommandos Kunsberg eingesetzt Wie auf dem Balkan wurden dabei vor allem Akten und Archivalien requiriert die spater durch die P Stelle Wien zu ethnographischen Volkstumskarten verarbeitet werden sollten Krallert organisierte zunachst die Sichtung und Weiterleitung des erbeuteten Materials Anschliessend nahm er als Angehoriger des Einsatzkommandos Nurnberg des spateren Einsatzkommandos Sud A bzw Sud B Wolga an Beutezugen in der Ukraine und im Nordkaukasus teil Formal waren die Mitglieder nicht dem SD sondern dem RMI zugeordnet Eine Verwicklung des Sonderkommandos Kunsberg in die Totungsaktionen der SS ist damit allerdings nicht ausgeschlossen eine unmittelbare Beteiligung Krallerts an Totungen aber bislang auch nicht nachgewiesen Gruppenleiter des Amtes VI G des RSHA Bearbeiten Krallert wurde 1942 fur seine Einsatze auf dem Balkan und in Russland mit dem Kriegsverdienstkreuz 2 Klasse mit Schwertern ausgezeichnet Im Spatsommer 1943 ubernahm Krallert die Funktion eines Gruppenleiters des RSHA VI G Wissenschaftlich Methodischer Forschungsdienst unter Walter Schellenberg sein Stellvertreter im Amt VI G war Jurgen von Hehn Damit leitete er nicht nur die Nachwuchsschulung des Auslandsnachrichtendienstes sondern vor allem die Nachrichtenbeschaffung und die Konfiszierung von Kulturgutern und Bibliotheken fur die Forschungsinstitute des RSHA In diesem Zusammenhang initiierte plante und realisierte Krallert zum Beispiel 1944 die Plunderung judischer Buchhandlungen und Antiquariate in Ungarn zu Gunsten der P Stelle Wien eine Aktion an der er nicht nur personlich sondern auch seine Frau Gertrud und sein Bruder SS Untersturmfuhrer Reinhold Krallert 3 sowie SS Obersturmfuhrer Alfred Karasek teilnahmen Mitarbeiter westlicher Geheimdienste Bearbeiten 1945 organisierte Krallert die Evakuierung der P Stelle von Wien in das Kloster St Lambrecht in der Steiermark Am 30 Mai 1945 wurde er in Graz verhaftet und im Kriegsgefangenenlager 373 in Wolfsberg in Karnten untergebracht Im Gegensatz zu den anderen Gruppenleitern des RSHA wurde Krallert nicht in Nurnberg angeklagt Er wurde erst 1948 entlassen nicht zuletzt weil er ausfuhrlich vom britischen und amerikanischen Geheimdienst verhort wurde Er arbeitete fur den britischen Geheimdienst wurde aber im Februar 1951 entlassen weil er seine Informationen offenbar auch anderweitig verkaufte und allgemein als inkompetent angesehen wurde Er wurde offiziell Mitarbeiter am Keesing Archives for Current Events in Wien wo er bis 1955 die Redaktion beim Wissenschaftlichen Dienst Sudosteuropa leitete Nach Akten des CIA war Krallert auch Agent des franzosischen Geheimdienstes Spatestens seit 1952 arbeitete er ausserdem fur die Organisation Gehlen und ihre Nachfolgeorganisation den Bundesnachrichtendienst sowie fur das Bundesamt fur Verfassungsschutz Netzwerke der Sudostforschung Bearbeiten Krallert hielt engen Kontakt mit anderen fuhrenden Forschern der Sudostforschung die zumeist ebenfalls wahrend des Nationalsozialismus stark in die Gegnerforschung der SS involviert waren wie etwa Hans Koch inzwischen Leiter des Osteuropa Instituts in Munchen oder Fritz Valjavec inzwischen wieder Leiter des Sudost Instituts in Munchen die er beide mit Material versorgte Die Dokumentation der Vertreibung unterstutzte Krallert durch die Beschaffung statistischen Materials Krallerts Frau Gertrud bearbeitete mit bzw in der Nachfolge Valjavecs die Sudosteuropa Bibliographie und ubernahm 1960 die Leitung der Bibliothek des Sudost Instituts Munchen Krallert selbst wurde Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Ost dem spateren Osterreichischen Ost und Sudosteuropa Institut in Wien Zuletzt war er Hauptredakteur der Dokumentation der Gesetze und Verordnungen Osteuropas in Wien Veroffentlichungen Bearbeiten Hrsg Verwaltungskarte der Sudoststaaten Wien 1931 Hrsg Die Urkundenfalschungen des Klosters Weingarten 1938 Geschichte und Methode der Bevolkerungszahlungen im Sudosten 1 Rumanien mit besonderer Rucksichtnahme auf die Zahlung des Jahres 1930 und ihre Veroffentlichung In Deutsches Archiv fur Landes und Volksforschung 1939 S 489 508 Hrsg 41 47 Kolozsvar Klausenburg Wien 1941 Hrsg 42 45 Ramnicu Valcea 2 Auflage Staats und Universitatsbibliothek Bremen Wien Bremen 1941 Hrsg 42 46 Sibiu Hermannstadt Wien 1941 Hrsg 44 46 Kezdi Vasarhely Wien 1941 Hrsg 48 46 Odessa Staats und Universitatsbibliothek Bremen Wien Bremen 1941 Hrsg Oiswiecim Teilstuck und Neusohl Staats und Universitatsbibliothek Bremen Wien Bremen 1941 Hrsg Preszburg 2 Auflage Staats und Universitatsbibliothek Bremen Wien Bremen 1941 Hrsg Trentschin Staats und Universitatsbibliothek Bremen Wien Bremen 1941 Hrsg Volkstumskarte der Slowakei 9 Blatter im Massstab 1 200 000 Wien 1941 Hrsg Volkstumskarte von Rumanien Auf Grund der Ergebnisse der amtlichen rumanischen Zahlung uber die Volkszugehorigkeit von 1930 Recensamantul general al populaotiei Romaniei 1930 Vol 2 Bukarest 1939 Wien 1941 Hrsg Volkstumskarte von Ungarn und der Slowakei Wien 1941 Hrsg Volkstumskarte von Ungarn und Jugoslawien Wien 1941 Hrsg Volkstumskarte von Ungarn und Rumanien Wien 1941 Die Planmassigkeit auf dem Gebiet sowjetrussischer kartographischer Arbeiten Ein Beitrag zur Kenntnis der sowjetischen Kriegsvorbereitungen auf einem wissenschaftlichen Teilgebiet In Deutsches Archiv fur Landes und Volksforschung 1943 S 12 44 Hrsg Gemeindekarte von Rumanien Wien 1943 Die Geschichte Osteuropas in kartographischer Darstellung Ein Beitrag zur Methodik der historischen Karte In Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas 3 Nr 4 1955 S 443 459 Hrsg Atlas zur Geschichte der deutschen Ostsiedlung Velhagen amp Klasing Bielefeld 1958 Die Geschichte Osteuropas in kartographischer Darstellung Ein Beitrag zur Methodik der historischen Karte In Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas 6 Nr 3 1958 S 334 351 Hrsg Wiener Quellenhefte zur Ostkunde Arbeitsgemeinschaft Ost Stiasny Graz 1958 Zur gegenwartigen Zahl der Deutschen im Sudosten In Wiener Sudost Jahrbuch 1959 S 7 18 Ortsnamenstelle bei der Arbeitsgemeinschaft Ost In Osterreichische Osthefte 2 Nr 1 1960 S 68 Die Verstadterung in Sudosteuropa und ihre sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen In Rudolf Vogel Hrsg Die Donau in ihrer geschichtlichen wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung Munchen 1961 S 278 295 Hrsg Methodische Probleme der Volker und Sprachenkarten dargestellt an Beispielen von Karten uber Ost und Sudosteuropa 1961 Literatur BearbeitenKarlheinz Mack In memoriam Wilfried Krallert In Mitteilungen der Sudosteuropa Gesellschaft 9 Nr 1 2 1969 S 28 29 Richard Georg Plaschka Wilfried Krallert In Osterreichische Osthefte 11 Nr 3 1969 S 179 182 Michael Fahlbusch Im Dienste des Deutschtums in Sudosteuropa Ethnopolitische Berater als Tathelfer fur Verbrechen gegen die Menschlichkeit In Mathias Beer und Gerhard Seewann Hrsg Sudostforschung im Schatten des Dritten Reiches Institutionen Inhalte Personen Oldenbourg Munchen 2004 ISBN 3 486 57564 3 Sudosteuropaische Arbeiten 119 S 175 214 Michael Fahlbusch Wilfried Krallert 1912 1969 Ein Geograf und Historiker im Dienst der SS In Karel Hruza Hrsg Osterreichische Historiker 1900 1945 Lebenslaufe und Karrieren in Osterreich deutschland und der Tschechoslowakei in wissenschaftsgeschichtlichen Portraits Wien 2008 S 793 836 Wilfried Krallert In Michael Fahlbusch Ingo Haar Alexander Pinwinkler Hrsg Handbuch der volkischen Wissenschaften Akteure Netzwerke Forschungsprogramme 2 Aufl de Gruyter Berlin 2017 S 376 379 Petra Svatek Wien als Tor nach dem Sudosten Der Beitrag Wiener Geisteswissenschaftler zur Erforschung Sudosteuropas wahrend des Nationalsozialismus In Mitchell G Ash Ramon Pils Wolfram Niess Hrsg Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus Das Beispiel der Universitat Wien Wien 2010 S 111 139 Matthias Gafke Heydrichs Ostmarker Das osterreichische Fuhrungspersonal der Sicherheitspolizei und des SD 1939 1945 WBG Academic Darmstadt 2015 ISBN 978 3 534 26465 0 S 287f Einzelnachweise Bearbeiten Kartographische Nachrichten Bd 18 1968 S 166 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Frankfurt am Main 2007 S 334 knapper Hinweis zu Reinhold Krallert auch bei Frank Rutger Hausmann Auch im Krieg schweigen die Musen nicht die Deutschen Wissenschaftlichen Institute im Zweiten Weltkrieg Gottingen Vandenhoeck amp Ruprecht 2001 ISBN 3 525 35357 X S 163Normdaten Person GND 1072229803 lobid OGND AKS LCCN n2021031599 VIAF 2908046 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Krallert WilfriedKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Geograph und HistorikerGEBURTSDATUM 23 Januar 1912GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 16 Marz 1969STERBEORT Wien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilfried Krallert amp oldid 231932590