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Walter Boll 9 Februar 1900 in Darmstadt 24 November 1985 in Regensburg war ein promovierter deutscher Kunsthistoriker und von 1928 bis in die 1970er Jahre in Regensburg tatig als Kulturdezernent und Museumsdirektor Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Werdegang bis 1933 2 Bolls Wirken im Nationalsozialismus 3 Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg 3 1 Entnazifizierung 3 2 Kulturdezernent und Museumsdirektor 3 3 Einsatz fur Denkmalschutz und Kulturforderung 4 Ehrungen 5 Kontroversen 6 Literatur 7 Schriften Auswahl 8 Weblinks 9 Anmerkungen 10 EinzelnachweiseHerkunft und Werdegang bis 1933 BearbeitenWalter Boll war der Sohn des Rechnungsrats Wilhelm Boll 1866 1929 und dessen Ehefrau Bertha Katharina geb Bany 1868 1946 1 Er studierte Neuere Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule in Darmstadt Archaologie und Literaturgeschichte in Frankfurt am Main Wurzburg und Munchen 1922 legte Boll mit 21 Jahren in Wurzburg seine Promotionsschrift uber Die Schonbornkapelle am Wurzburger Dom vor und wurde mit summa cum laude vermutlich bei Fritz Knapp promoviert Nach kurzer Anstellung als wissenschaftliche Hilfsarbeiter in Munchen wurde er Assistent an den Staatlichen Kunstsammlungen in Stuttgart 2 Im Jahre 1928 ging er mit seiner damaligen Ehefrau Anna geb Feile nach Regensburg Nach der Scheidung von der ersten und dem Tod der zweiten Ehefrau erfolgte 1955 eine Eheschliessung mit Doris Hellmuth 1 3 Aus dieser Ehe ging eine Tochter hervor 1928 wurde Walter Boll vom damaligen Oberburgermeister der Bayerischen Volkspartei Otto Hipp als Konservator der stadtischen Kunstsammlungen nach Regensburg berufen und trat daraufhin in die BVP ein Zusatzlich wurde er 1931 beauftragt die Leitung des stadtischen Archivs zu ubernehmen und ein Stadtmuseum zu grunden Im selben Jahr wurde fur das neue Museum heute Historisches Museum Regensburg der Gebaudekomplex des profanierten ehemaligen Minoritenklosters St Salvator am damaligen Moltkeplatz von der Stadt erworben 1 Nachdem Oberburgermeister Hipp 1933 von den Nationalsozialisten gewaltsam aus seinem Amt entfernt worden war wurden die Planungen fur das neue stadtische Museum 1935 verandert Das Museum sollte nach dem neuen Gau Bayerische Ostmark nun Ostmarkmuseum heissen Zur Eroffnung des Museums unter diesem Namen kam es aber zunachst noch nicht Erst 1949 wurde das Museum als stadtisches Museum eroffnet 4 Bolls Wirken im Nationalsozialismus BearbeitenNach seinem Dienstantritt als Konservator engagierte sich Walter Boll auch im Kunst und Gewerbeverein Regensburg und wurde bald dessen Zweiter Vorsitzender 1932 1945 Boll trat am 1 Oktober 1933 in die SA ein einen Monat spater im November 1933 wurde er zum Fuhrer des gleichgeschalteten Historischen Vereins fur Oberpfalz und Regensburg gewahlt Unter seiner Fuhrung wurde das Fuhrerprinzip und der sogenannte Arierparagraph eingefuhrt und judische Mitglieder ausgeschlossen 5 Boll trat zum 1 Mai 1935 der NSDAP bei Mitgliedsnummer 3 613 244 6 und ubernahm die Funktion eines Kreiskulturwarts der NSDAP In der NS Zeit bekleidete Boll das Referat fur Museums Archiv und Bibliothekswesen und wurde von Oberburgermeister Otto Schottenheim und auch vom Zweiten Burgermeister Hans Herrmann in jeder Hinsicht unterstutzt 7 Anlasslich der Erweiterung der Postdirektion am Domplatz wurde unter dem Denkmalpfleger Boll in Abstimmung mit der nationalsozialistischen Stadtfuhrung z B zwischen 1937 und 1940 der Herzogshof auf dem Domplatz um und zuruckgebaut Der Herzogssaal blieb damals erhalten jedoch wurde die Ostfassade des Ostflugels nach Vorstellungen von Boll durch Ruckbau von unpassenden Fenstern bereinigt und zwei romanische Rundbogenfenster aus dem Fundus des Museums eingebaut Dieses Vorgehen gilt laut einer Denkmalschutz Studie als ein Paradebeispiel fur Bolls Art einer schopferischen Denkmalpflege die auch zum Ziel hatte Regensburg nach dem Vorbild von Nurnberg und Rothenburg zu einem touristischen Anziehungspunkt umzugestalten 2 Fur den Herzogsaal liess Boll 1940 einen eigens angefertigten Wandteppich mit kampfenden Rittern anbringen der Bezuge zwischen dem Uberfall auf Polen von 1939 mit der Regensburger Dollingersage herstellt Der Wandteppich zeigt unterlegene polnische und siegreiche deutsche Ritter mit stilisierten Hakenkreuzen Genannt werden zuruckeroberte deutsche Stadte wie Krakau Posen und Danzing 8 Im Zuge des Teilabbruchs vom Herzogshof liess Boll auch eine Arkade zwischen Domplatz und Kornmarkt errichten die er als Teil seiner Vision von einer autogerechten mittelalterlichen Altstadt verstand 9 Auch anlasslich eines damals aus Grunden besserer innerstadtischer Verkehrsverbindungen in Erwagung gezogenen Abrisses des Heuporthauses agierte Boll ahnlich Er liess die Fassade des Heuporthauses mit einer gotischen Masswerkfensterreihe umgestalten um das Haus dadurch zu einem in Deutschland touristisch einmaligen Kaffeehaus aufzuwerten und damit ein Abriss unmoglich zu machen 8 In seiner Funktion als NS Kreiskulturwart gestaltete Boll eine Reihe von Kunstausstellungen So etwa die Schau die im Mai 1935 als Bestandteil der Braunen Ostmarkmesse vom Reichspropagandaministerium organisiert und in den Raumen des Kunst und Gewerbevereins gezeigt wurde Zu sehen waren damals unter anderem Werke des Regensburger Malers Max Wissner wie etwa das Werk Hitlerjunge 10 Anfang Januar 1936 wurde in den Raumen des Regensburger Kunst und Gewerbevereins unter den Vorstanden Walter Boll und Gustav Bosse die Vorgangerversion der Ausstellung Entartete Kunst gezeigt 11 Anlasslich dieser Ausstellung lobte der damalige Burgermeister Hans Herrmann SS Fordermitglied und NSDAP Mitglied seit 1935 den NS Obmann Boll fur seine Verdienste fur die Wiederaufrichtung einer reinen und echten deutschen Volkskultur Als Gegensatz dazu sprach er von einer angeblichen judisch bolschewistische n Kulturverhohnung und forderte die Ausmerzung und Uberwindung aller artfremden Elemente und undeutschen Erscheinungen in Wissenschaft und Kunst in Funk und Film 12 Im Rahmen der Gauwoche vom Mai 1936 prasentierte der Kunstring der NS Kulturgemeinde die Verkaufs Ausstellung Kunstschaffen in der Bayerischen Ostmark Diese Schau sfand unter dem Protektorat von Gauleiter Fritz Wachtler und die Kunstlerische Leitung hatte Boll inne 10 Die Organisation des stadtischen Festaktes anlasslich des Besuch von Reichskanzler Adolf Hitler in Regensburg im Juni 1937 lag in den Handen von Walter Boll Der Besuch erfolgte im Zuge der Aufstellung der Buste des Komponisten Anton Bruckner in die Walhalla im Juni 1937 Unter Leitung von Boll wurde damals auch die Minoritenkirche restauriert fur die Adolf Hitler eine Orgel spendiert hatte Die pomposen Feierlichkeiten in der Minoritenkirche wurden mit Geldern des Propagandaministeriums finanziert von den Domspatzen unter der Leitung des Domkapellmeisters Theobald Schrems musikalisch begleitet und deutschlandweit im Rundfunk ubertragen Fur seine ausgezeichnete Ausgestaltung der Minoritenkirche wurde Boll in der Nazipresse uberschwanglich gelobt 5 Boll organisierte ebenfalls den damaligen Umbau des Regensburger Rathauses in dem Adolf Hitler bei seinem Besuch im Juni 1937 fur die Offentlichkeit residieren sollte Fur die Vorbereitung dieser Veranstaltung wurde Boll vom Denkmalpfleger und Oberregierungsrat Rudolf Esterer vorgeschlagen Boll besorgte Dekorationsgegenstande wie Teppiche Sessel Bucher und weitere Gegenstande aus dem Germanischen Nationalmuseum in Nurnberg und der Munchner Residenz damit sich der Fuhrer im Regensburger Rathaus den Burgern in einem simulierten kaiserlichen Ambiente prasentieren konnte 5 Als Direktor des Ostmarkmuseums erwarb oder raubte Boll mehrere Kunst und Wertgegenstande von der Regensburger Freimaurerloge die NS verfolgungsbedingt gezwungen war ihre Besitztumer abzugeben so z B Ritualgegenstande und Bilder von 1934 Boll erwarb oder raubte auch einige gute Bilder aus Judengut die aus der sogenannten Aktion 3 stammten Mit dieser Aktion nahm das hiesige Finanzamt auch Wertgegenstande von deportierten Juden und Judinnen an sich die dann versteigert und verkauft wurden 13 Darunter waren auch judische Kultgegenstande Thorarollen und schilde Becher und Messer aus Silber die in der Reichspogromnacht 1938 aus den Synagogen in Regensburg Weiden und Bayreuth geraubt worden waren Einige Teile nahm Museumsdirektor Boll 1938 ins Ostmarkmuseum auf Nur ein Bruchteil der geraubten Kultgegenstande wurde in den Nachkriegsjahren an die judischen Gemeinden zuruckgegeben 13 Als Denkmalspfleger begutachte Boll auch die Immobilien von Regensburger Juden und Judinnen die Nazideutschland verlassen wollten und ihre Flucht durch den Verkauf ihrer Immobilien finanzieren mussten In diesem Zusammenhang pladierte Boll fur die Arisierung der Gebaude durch Verkauf erteilte aber keine sofortige denkmalpflegerische Zustimmung fur den Notverkauf und verzogerte oder verhinderte dadurch die Emigration von verfolgten Juden die in der Folge deportiert und umgebracht wurden 5 Zur Umsetzung der im Jahre 1940 erlassenen Verordnung Metallspende des deutschen Volkes wurde Walter Boll von Oberburgermeister Otto Schottenheim zum sachkundigen Beauftragten der Stadtverwaltung ernannt Unter seiner Agide sollten in samtlichen Gebauden der Regensburg Stadtverwaltung in Krankenhausern Altersheimen und Museen die in Betracht kommenden Gegenstande festgestellt und abgeliefert werden Falls sich unter den abgelieferten Gegenstanden welche befanden die von historischen und kunstlerischen Wert waren bat Museumsdirektor Boll um Ruckgabe 14 Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg BearbeitenEntnazifizierung Bearbeiten Nach dem Ende des NS Regimes blieb Boll zunachst im Amt bis er am 20 Oktober 1945 von der amerikanischen Militarregierung vom Dienst suspendiert wurde Im Meldebogen des Spruchkammerverfahrens stufte Boll sich im Mai 1946 als Mitlaufer ein der Anklager der Spruchkammer klagte ihn Ende November als Belastet an Ende 1946 beantragte Boll ein nicht offentliches Spruchkammer Verfahren unter dem Ausschluss der Offentlichkeit und seine Anwalte pladierten nun gestutzt auf vielen Persilscheinen auf Entlastet Anfang Januar 1947 wurde die Klageschrift gegen Boll geandert und er als Entlastet eingestuft Als solcher wurde Boll durch das Spruchkammerurteil vom 4 Februar 1947 entnazifiziert Wegen Bolls falscher Angaben im Meldebogen legte die amerikanische Militarregierung Widerspruch ein und liessen ihn verhaften Von Ende Oktober 1947 bis Ende Mai 1948 sass Boll deshalb in der Strafanstalt Amberg ein Im August 1948 konnte Boll gemass dem Beschluss des Regensburger Stadtrats in sein Amt als Museumsdirektor zuruckkehren 5 Kulturdezernent und Museumsdirektor Bearbeiten Ab September 1948 leitete Boll wieder das stadtische Museum heute Historisches Museum Regensburg das 1949 wieder eroffnet wurde Als Kulturdezernent fungierte Boll wieder ab 1950 1953 wurde ihm vom Stadtrat die 1949 geschaffene Albertus Magnus Medaille verliehen 1955 erschien ein Buch von ihm uber Regensburg im Deutschen Kunstverlag und wurde zu einem Bestseller Als Denkmalpfleger glaubte Boll als Beauftragter des Bayerischen Landesamtes fur Denkmalpflege unabhangig zu sein von der Stadtverwaltung und vom stadtischen Baudezernat mit den dort ablaufenden Planungen Dieser Glaube fuhrte so haufig zu Auseinandersetzungen dass man auf Seiten der Stadtverwaltung versuchte Boll aus allen Planungsprozessen herauszuhalten Das veranlasste Boll sich bei seinem Studienfreund Heinrich Kreisel zu beschweren der bis 1963 Generalkonservator des Bayerischen Landesamtes fur Denkmalpflege war Das Verhalten von Boll polarisierte aber auch innerhalb der Gruppe der Denkmalschutzer die ihm vorwarfen die Altstadt von Regensburg zu einem Museum umbauen zu wollen Obwohl Boll das bestritt galt er als welt und wirklichkeitsfremd und man unterstellte ihm dass er in Regensburg ein Walt Disney Land schaffen wolle eine Art Walt Bolly Land Boll selbst wies diese Vorwurfe meist auswartiger Verkehrsplaner stets zuruck und ausserte sich abwertend uber deren Theorien Er bevorzugte eine lokal ausgerichtete Verkehrsplanung mit Parkplatzen rund um eine den Fussgangern vorbehaltene Altstadt und fugte hinzu dass in der Altstadt alles getrost verschwinden konne was historisch wertlos und abbruchwurdig sei Anm 1 denn die wenigsten Gebaude in der Altstadt stunden unter Denkmalschutz 2 Am Beginn der 1970er Jahre anderten sich die Verhaltnisse nach dem Dienstantantritt des neuen Kulturdezernenten Wolf Peter Schnetz der Boll in diesem Amt abloste Als Heimatpfleger war Boll nicht bereit seine Obliegenheiten und Moglichkeiten als Denkmalpfleger aus der Hand zu geben und Schnetz als neuer Kulturdezernent war der Auffassung dass das Bayerische Landesamt fur Denkmalpflege nicht weisungsbefugt gegenuber der Stadtverwaltung war Deshalb gelang Boll noch uber Jahre hinweg Einfluss zu nehmen bei Denkmalangelegenheiten der Stadt und versuchte sich Mitsprache zusichern obwohl er uber beabsichtigte Massnahmen von der Stadtverwaltung nicht kontinuierlich informiert wurde was seinen Argwohn erregte und es ihm auch ermoglichte Verdachtigungen gegenuber der Stadtverwaltung zu aussern Mitte der 1970er Jahre verscharfte sich die Lage und die Stimmung Nachdem Boll Vertreter des Stadtbauamtes als Verbrecher bezeichnet hatte kam in der Stadtverwaltung der Wunsch auf Boll loszuwerden Man begann schriftliche Vorwurfe gegen ihn zusammenzustellen Die Vorwurfe betrafen seine Versaumnisse als Direktor des stadtischen Museums schlechte Erwerbspolitik und als Grunder und weisungsgebundener Vertreter der Stadt bei der 1957 gegrundeten Ostdeutschen Galerie verschwundene Grundungsakten Hinzu kamen 1978 die sich schnell bundesweitverbreitenden Auseinandersetzungen um die von Boll initiierte und von Johann Vielberth finanzierte Anfertigung und Aufstellung einer Kopie der Statue des Don Juan de Austria auf dem Zieroldsplatz ostlich vom Rathaus Das Denkmal wurde von den Gegnern Bolls als Abklatsch eines Originals bezeichnet mit dessen Aufstellung Boll in erster Linie populistische Ziele verfolge Mit dem Denkmal fur einen beruhmten in Regensburg von einem Kaiser gezeugten Sohn der Stadt Regensburg dem es im Laufe seines Lebens als Befehlshaber der spanischen Armada gelungen war nicht christliche Turken zu besiegen wolle Boll bei Touristen nur die Aufmerksamkeit fur Regensburg als dessen Geburtsstadt gewinnen Ein anonymer Briefschreiber aus dem Bauamt der Stadt machte daraufhin OberburgermeisterViehbacher darauf aufmerksam dass es hochste Zeit sei Boll aus dem Verkehr zu ziehen ohne dass aber seine guten Taten fur Regensburg vergessen werden sollten 2 Trotz dieser Auseinandersetzungen bleibt unbestritten dass Boll durchaus zu Kompromissen bereit war So trat er vehement ein fur den Erhalt des Hauses zum Sauseneck Lufthaus und fur den Erhalt der typischen Vorbauten der Hauser in der Keplerstrasse die dort den Ausbau der Keplerstrasse fur den fliessenden Verkehr behinderten Auch stritt er heftig um den Erhalt des westlichen Altstadtkerns zwischen Rathaus und Weissgerbergraben hatte aber auch keine Einwande gegen Abrisse in gewissen Bereichen der Altstadt zu Gunsten grosszugiger Neubauten Auch war Boll ein Freund von beidseitigen Fussgangerarkaden die gar kein Vorbild im ublichen historischen Strassenbild von Regensburg hatten 1949 wurde das Stadtische Museum Regensburg eroffnet Boll wurde zum Museumsdirektor berufen unter der Zustandigkeit des damaligen zweiten Burgermeisters Hans Herrmann der 1952 zum Oberburgermeister gewahlt worden war 15 Boll blieb Leiter des Stadtarchivs und Kulturdezernent bis er 1968 als Beamter in den Ruhestand trat und als Kulturdezernent durch Wolf Peter Schnetz abgelost wurde Sein Nachfolger als Museumsleiter wurde Wolfgang Pfeiffer Einsatz fur Denkmalschutz und Kulturforderung Bearbeiten Nach dem Zweiten Weltkrieg trat Boll fur den Erhalt aller vorhandenen und entdeckten Reste der ehemaligen Mauer des romischen Legionslagers Castra Regina ebenso ein wie auch fur Erhalt und Sanierung der mittelalterlichen Bausubstanz in der Regensburger Altstadt Er versuchte die damals im Rahmen der beabsichtigten Entkernung und Sanierung der Altstadt von der Stadtverwaltung geplanten Abbruche zahlreicher historischer Gebaude einzuschranken Nach 1952 war Walter Boll mit Zuschussen aus dem Etat des Stadtmuseums behilflich bei Massnahmen zur Erhaltung der Schmuckgitter von Grabdenkmalern auf dem Gesandtenfriedhof bei der Dreieinigkeitskirche 16 Mit Unterstutzung von Walter Boll konnte 1950 der Maler Xaver Fuhr der von den Nationalsozialisten Mal und Ausstellungsverbot erhalten hatte in Regensburg in einer Mansardenwohnung im Haus Albertstrasse Nr 7a eine Wohnung beziehen und ein eigenes kleines Atelier einrichten wo er bis zu seinem Tod wohnhaft blieb 17 Als sich 1956 Teile des Stadtrates fur den Abbruch des vollig maroden Thon Dittmer Palais zugunsten des Baus eines modernen Kaufhauses aussprachen war Boll dem damaligen Burgermeister Hans Herrmann bei der Beschaffung von benotigten zusatzlichen Finanzmittel behilflich um einen Nachtragshaushalt zur Sanierung des Dachstuhls abzusichern und den Abbruch des Palais zu verhindern 18 Walter Boll leitete die 1966 als Museum in der Rechtsform einer Stiftung gegrundete Ostdeutsche Galerie seit ihrer Eroffnung 1970 als Museumsdirektor bis 1978 Die Grundung der Stiftung geht u a auf Walter Bolls Initiative zuruck 19 3 Bereits in einem Aufruf vom 15 Februar 1949 in der Mittelbayerischen Zeitung zur Eroffnung des damaligen Regensburger Museums heute Historisches Museum Regensburg hatte Boll geschrieben Insbesondere aber bitten wir die Bayerische Staatsregierung und die Vertreter staatlicher Sammlungen aus ihrem uberreichen Bestand durch geeignete Leihgaben dazu beizutragen die von uns angestrebte echte und uberzeugende Darstellung der altbayerischen Kulturleistung und ihres ehemaligen Mittelpunktes Regensburg abrunden und vervollstandigen zu helfen Gemeinsam mit Ernst Schremmer 20 1916 1998 Geschaftsfuhrer der Kunstlergilde e V Esslingen und von 1940 bis 1945 Presse und Kulturreferent des Reichsstatthalters im Sudetenland Konrad Henlein gab er als Museumsdirektor mehrere Publikationen zur Ostdeutschen Galerie heraus die im Literaturverzeichnis der offiziellen Website des Kunstforum Ostdeutsche Galerie jedoch nicht genannt werden Walter Boll leitete nach seiner Pensionierung von 1966 bis zu seinem Tod 1985 als Direktor das Deutsch Amerikanische Institut in Regensburg dessen Unterbringung im mit amerikanischem Geld teilsanierten Thon Dittmer Palais er nach 1953 angeregt und betrieben hatte 21 1982 fuhrte die Wochenzeitung Die Zeit ein Gesprach mit Walter Boll in dem man ihn so beschrieb Er liess sich durch nichts aufhalten auch nicht durch die Nazis deren Uniform er anzog um unsere Dinge irgendwie weiterzumachen Danach glitt er glatt in die neue Zeit hinuber machte einfach weiter wo er aufgehort hatte und wurde spater Kulturdezernent 22 Ehrungen Bearbeiten1953 Albertus Magnus Medaille Stadt Regensburg 1954 Nordgaupreis des Oberpfalzer Kulturbundes 1968 Goldene Burgermedaille der Stadt Regensburg 23 1973 Kulturpreis der Stadt Regensburg 1978 Grosses Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland 24 19XX Bayerischer Verdienstorden 1980 Ehrenburgerschaft der Stadt Regensburg 25 1985 Ehrenbegrabnis der Stadt Regensburg am 25 November 1985 und Beisetzung in einem Ehrengrab auf dem Friedhof Dreifaltigkeitsberg 26 3 Kontroversen BearbeitenDie Stadtratsfraktion der Regensburger ODP beantragte in den Jahren 2008 und 2010 eine Strasse nach Boll zu benennen Dieser Antrag stiess wegen der NSDAP Mitgliedschaft Bolls auf Kritik ein Beschluss wurde vertagt 27 Stand 2022 sind keine Strasse und kein Platz in Regensburg nach Walter Boll benannt Der Regensburger Stadtheimatpfleger Werner Chrobak organisierte Ende Januar 2019 eine Veranstaltung in der die Regensburger Autorin Waltraud Bierwirth in einem offentlichen Vortrag ihre Forschungsergebnisse zu Bolls aktiver Mitwirkung bei Arisierungen judischen Eigentums vorstellte Die Pressestelle der Stadt Regensburg gab daraufhin Anfang Marz 2019 bekannt dass das Amt fur Archiv und Denkmalpflege eine umfassende kulturelle und geschichtliche Prufung vornehmen werde 28 Literatur BearbeitenWolfgang Scholler Stadtplanung und Denkmalpflege in Regensburg 1950 1975 Regensburger Studien Band 15 Stadt Regensburg 2010 ISBN 978 3 935052 84 9 ISSN 1438 5414 Alfred Krinner Boll Walter Kunsthistoriker In Karl Bosl Hrsg Bosls bayerische Biographie Erganzungsband 1000 Personlichkeiten aus 15 Jahrhunderten Pustet Regensburg 1988 ISBN 3 7917 1153 9 S 16 Digitalisat Robert Werner Die ganze Stadt ist wie ein Kind von mir Walter Boll In Wolfgang Proske Hrsg Tater Helfer Trittbrettfahrer NS Belastete aus der Oberpfalz Band 14 Kugelberg Gerstetten 2022 ISBN 978 3 945893 23 4 S 87 Schriften Auswahl BearbeitenRegensburg Deutsche Lande Deutsche Kunst Aufnahmen von Werner Neumeister und Wilkin Spitta 4 Auflage Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 1983 ISBN 3 422 00123 9 Erstausgabe 1955 Ostdeutsche Galerie Regensburg Westermann Braunschweig 1978 DNB 780193865 Reichstagsmuseum Mittelbayer Druck und Verlagsgesellschaft 1973 OCLC 891928000 Die Schonbornkapelle am Wurzburger Dom Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des XVIII Jahrhunderts G Muller Munchen 1925 DNB 579229467 Dissertation Universitat Wurzburg Philosophische Fakultat 1922 146 Seiten Weblinks BearbeitenHeike Nasritdinova Boll Dr Walter Eintrag in der Datenbank des Oberpfalzer Kulturbundes derzeit nicht erreichbar Anmerkungen Bearbeiten Boll hatte dabei nicht nur Flachen auf den beiden Donauinseln im Sinn sondern auch Flachen im Gebiet der Altstadt westlich vom Arnulfsplatz und westlich vom Neuen GymnasiumEinzelnachweise Bearbeiten a b c Doris Gerstl Ein Museum fur Regensburg In Museen der Stadt Regensburg Hrsg Unter Spannung Regensburg in den 1920er Jahren Regensburg 2020 ISBN 978 3 943222 63 0 S 25 36 a b c d Wolfgang Scholler Stadtplanung und Denkmalpflege in Regensburg 1950 1975 In Stadtarchiv Regensburg Hrsg Regensburger Studien Band 15 2010 ISBN 978 3 935052 84 9 ISSN 1438 5414 S 238 241 a b c Alfred Krinner Boll Walter Kunsthistoriker In Karl Bosl Hrsg Bosls bayerische Biographie Erganzungsband 1000 Personlichkeiten aus 15 Jahrhunderten Pustet Regensburg 1988 ISBN 3 7917 1153 9 S 16 Digitalisat Mittelbayerische Zeitung Regensburger Museum und die Geschichte seines Werdens Von Museumsdirektor Dr Walter Boll S 4 Nr 18 vom 15 Februar 1949 a b c d e Robert Werner Walter Boll Die ganze Stadt ist wie ein Kind von mir In Wolfgang Proske Hrsg Tater Helfer Trittbrettfahrer NS Belastete aus der Oberpfalz Band 14 Kugelberg Gerstetten 2022 ISBN 978 3 945893 23 4 S 90 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 3761307 Helmut Halter Stadt unterm Hakenkreuz Kommunalpolitik in Regensburg wahrend der NS Zeit hrsg von den Museen und dem Archiv der Stadt Regensburg 1994 S 384 a b Peter Morsbach Regensburg als Denkmal deutschen Geistes im Dritten Reich In Arbeitskreis Regensburger Herbstsymposium Hrsg Zum Teufel mit den Baudenkmalern 200 Jahre Denkmalschutz in Regensburg Band 25 Dr Peter Morsbach Verlag Regensburg 2011 ISBN 978 3 937527 41 3 S 33 f Eugen Trapp Walter Boll und die Vision vom autogerechten Mittelalter oder die verkehrsplanerische Dimension Schopferischer Denkmalpflege in Regensburg In Arbeitskreis Regensburger Herbstsymposium Hrsg Alte Stadt und moderner Verkehr Konflikte und Konzepte aus drei Jahrhunderten Dr Peter Morsbach Verlag Regensburg 2020 ISBN 978 3 96018 107 1 S 51 f a b Uta Spies Max Wissner ein Regensburger Maler Ausstellung in den Museen der Stadt Regensburg 06 12 98 28 02 99 Hrsg Museen der Stadt Regensburg Regensburg 1998 ISBN 3 925753 72 9 S 27 Christoph Zuschlag Ausstellungsstrategien im Nazi Deutschland Worms 1995 ISBN 3 88462 096 7 S 144f Hans Herrmann Kulturpflege der Gemeinden Rede des Burgermeisters bei der Eroffnung der Kulturwoche in Bayerische Ostwacht vom 17 April 1936 a b Waltraud Bierwirth Zwangsarisierung und Vernichtung In Klaus Himmelstein Hrsg Judische Lebenswelten in Regensburg Eine gebrochene Geschichte Regensburg 2018 ISBN 978 3 7917 2806 3 S 264 Bericht auf regensburg digital vom 7 Juni 2019 Boll und die nationale Revolution abgerufen am 22 Marz 2023 Hans Herrmann ein Burgermeister fur jedes System regensburg digital vom 6 August 2012 abgerufen am 6 Marz 2018 Klaus Peter Ruess Der Gesandtenfriedhof bei der Dreieinigkeitskirche in Regensburg seine Entstehung und seine Baugeschichte Staatliche Bibliothek Regensburg Regensburg 2015 S 132ff Karl Bauer Regensburg Kunst Kultur und Alltagsgeschichte MZ Buchverlag in H Gietl Verlag amp Publikationsservice GmbH Regenstauf 2014 ISBN 978 3 86646 300 4 S 590 f Werner Chrobak Das Thon Dittmer Palais In Stadt Regensburg Kulturreferat Hrsg Kulturfuhrer Band 25 Stadt Regensburg Regensburg 2019 ISBN 978 3 943222 55 5 S 77 P Mai Dr Walter Boll in memoriam Er grundete die Kunsthalle am Stadtpark und die Ostdeutsche Galerie die ihm bis zuletzt besonders am Herzen lag und die er liebevoll sein Museum nannte http www heimatforschung regensburg de 2222 1 1001577 DTL2008 pdf Ernst Schremmer https www literaturportal bayern de nachlaesse task lpbestate default amp id 1102 Werner Chrobak Das Thon Dittmer Palais In Stadt Regensburg Kulturreferat Hrsg Kulturfuhrer Band 25 Stadt Regensburg Regensburg 2019 ISBN 978 3 943222 55 5 S 76 f Aus dem Mittelalter erwacht Regensburg Von Manfred Sack im Gesprach mit Walter Boll 9 Juli 1982 http www zeit de 1982 28 aus dem mittelalter erwacht komplettansicht Stadt Regensburg Ehrenburger und Medaillen Homepage der Stadt Regensburg Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland In Bundesanzeiger Jg 31 Nr 5 9 Januar 1979 Stadt Regensburg Ehrenburger und Medaillen Offizielle Internetprasenz der Stadt Regensburg Boll auch Herz der Stadt In Mittelbayerische Zeitung Walter Boll Strasse muss noch warten Bericht in der Mittelbayerischen Zeitung vom 23 September 2010 Robert Werner Stadtverwaltung uberpruft Ehrenburger Walter Boll Abgerufen am 10 Marz 2019 Normdaten Person GND 124220681 lobid OGND AKS LCCN n84236112 VIAF 37845619 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Boll WalterKURZBESCHREIBUNG deutscher KunsthistorikerGEBURTSDATUM 9 Februar 1900GEBURTSORT DarmstadtSTERBEDATUM 24 November 1985STERBEORT Regensburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Walter Boll amp oldid 237815412