www.wikidata.de-de.nina.az
Die Dollingersage ist eine Regensburger Stadtsage die in mehreren Versionen uberliefert ist Saal im ehemaligen Dollingerhaus Kupferstich 1729 Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Historischer Hintergrund 3 Die Uberlieferung 3 1 Bildplastiken im Dollingersaal 3 2 Das Dollingerlied 3 3 Die Dollingersage in historischen Chroniken 3 4 Neuzeitliche Bearbeitungen 4 Das Dollingerlied 5 Literatur 6 Weblinks 7 Anmerkungen 8 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenDie Handlung der Sage wird von Chronisten des 16 und 17 Jahrhunderts in die 920er Jahre verlegt Ein heidnischer Ritter in manchen Fassungen mit dem Namen Craco benannt fordert die Regensburger Ritterschaft hohnisch zum Kampf heraus Konig Heinrich I gelingt es zunachst nicht einen Ritter dazu zu bewegen die Herausforderung anzunehmen Doch schliesslich findet sich der Regensburger Burger Hans Dollinger der den Prosafassungen der Sage zufolge zu dieser Zeit im Kerker einsitzt im Gegenzug fur seine Freilassung zum Kampf bereit Dollinger betet in der Niedermunsterkirche am Grabe des Hl Erhard und begibt sich zum Haidplatz wo das Turnier stattfinden soll Zweimal gelingt es Craco Dollinger aus dem Sattel zu stossen Doch als Konig Heinrich dem Helden ein Kreuz an die Lippen presst gelingt es Dollinger den Feind im dritten Anlauf zu besiegen Historischer Hintergrund BearbeitenDie Dollingersage gehort nach Ansicht von zwei Autoren 1 deren Ergebnisse allerdings umstritten sind 2 zu den altesten Stadtsagen Deutschlands doch setzt die schriftliche Uberlieferung erst im 16 Jahrhundert ein 3 so dass nicht mehr alle Anderungen im Laufe der Entstehungsgeschichte nachzuvollziehen sind Als historischer Hintergrund bieten sie die Ungarneinfalle des 10 Jahrhunderts und speziell die Schlacht auf dem Lechfeld 955 an da der Angreifer Craco ursprunglich ein Hunne gewesen sei In spateren Uberlieferungen sei er zu einem Turken umgedeutet worden was angesichts der damals aktuellen Bedrohung des Abendlandes durch die Turkenkriege plausibel ist Die Uberlieferung Bearbeiten nbsp Heiliger OswaldBildplastiken im Dollingersaal Bearbeiten Um 1290 entstand die fruheste uberlieferte Fassung der Dollingersage in Form von Bildplastiken Diese Plastiken schmuckten einen Festsaal im dreistockigen Wohnhaus der Patrizierfamilie Dollinger einer Adelsfamilie die aus Dolling bei Ingolstadt stammte und in Regensburg am Rathausplatz gegenuber dem Alten Rathaus ansassig geworden war Der Festsaal des Wohnhauses der zwischen 1280 und 1320 entstand und 1494 in einem Hausinventar des damaligen Besitzers mit den dort vorhandenen Plastiken beschrieben wurde war eine besondere Sehenswurdigkeit in Regensburg Dieser Dollingersaal erstreckte sich uber zwei Stockwerke und war ahnlich wie die Hauskapellen in den Patrizierhausern mit einem Kreuzrippengewolbe geschlossen Zum Rathausplatz hin offnete sich der Dollingersaal als laubenartige Loggia mit freiem Blick auf die Plastiken eine Situation die der Hausbesitzer 1494 im Hausinventar beschreibt als Laube darin die grossen Rosse sind Die drei kurz vor 1300 entstandenen Bildplastiken im Dollingersaal sind kunstgeschichtlich von grosser Bedeutung Die Turnierszene zeigt beide Kampfer zu Pferd in lebhafter Bewegung begriffen Dargestellt ist der Moment in dem der ohne Schild kampfende Dollinger mit seiner Lanze den mit Schild bewehrten Crako am Kopf trifft und aus dem Sattel hebt Die zweite Szene zeigt den ostfrankischen Konig Heinrich I als jugendlich anmutige Gestalt reitend zu Pferde den Betrachter anblickend und mit einem Jagdfalken auf der linken Hand Die dritte uberlebensgrosse Figur stellt den Heiligen Konig Oswald dar der damals sehr verehrt wurde Er fungierte als Schutzpatron dargestellt mit einer Krone mit vier Lebensbaumen in der linken Hand einen Pokal auf dem ehemals ein Rabe sass mit Ring im Schnabel Die rechte Hand hielt ursprunglich ein Zepter Den Plastiken wurden in der Renaissancezeit Schrifteintrage zugefugt die die Szenen erlauterten 4 Das Dollingerhaus wurde 1889 trotz der Einspruche vieler Burger abgerissen 5 Anmerkungen 1 Das Baugesuch zum Abbruch wurde im Oktober 1888 vom Hauseigentumer dem Eisenhandler Ludwig Kempf eingereicht und benannt als Herstellung eines Wohngebaudes anstelle des bisherigen Gebaudes das den Dollingersaal einschloss Der Saal war als ein Wahrzeichen von Regensburg bekannt war in der Fachliteratur erwahnt und war deshalb als erhaltenswert eingestuft Ende November 1888 beschloss der Magistrat die bereits fruher festgelegten Baulinien und deren geradlinigen Verlangerungen der Baulinien zu begutachten und sich wegen der wunschenswerten Erhaltung des bemerkenswerten Dollingersaales mit dem Besitzer ins Benehmen zu setzen Nach weiteren schwierigen Verhandlungen wurde im Benehmen mit dem Historischen Verein festgelegt dass der historisch ehrwurdige Saal zu erhalten sei Diese Forderung wurde im Grundsatz dadurch erfullt dass der Dollingersaal in all seinen einzelnen Teilen herausgenommen werden sollte 6 Die beiden originalen Plastiken die untrennbar mit der Mauer verbundenen Stuckreliefs des Turnierkampfes und des Konigs Heinrich I wurden beim Abriss zerstort jedoch waren Gipsabdrucke gemacht worden Erhalten blieb der Kopf des Konigs und der seines Pferdes sowie die ganze Figur des Heiligen Oswalds Nach dem Abriss des Dollingerhauses wurde ein Nachbau des Dollingersaales mit den Gipsabgussen der Plastiken und den erhaltenen Relief und Architekturteilen im neu errichteten sog Erhardihaus in der Kalmunzergasse erstellt Das Erhardihaus erhielt im Zweiten Weltkrieg Bombentreffer und wurde nach dem Krieg abgerissen Foto im Weblink Der nachgebaute Dollingersaal mit den Gipsabgussen war unbeschadigt geblieben 1964 wurde er als neu erbauter Dollingersaal in einen Anbau des Regensburger Alten Rathauses verlegt Fotos im Weblink 4 Das Dollingerlied Bearbeiten nbsp Alteste Uberlieferung des Regensburger Dollinger Liedes in der Handschrift des Hieronymus Streitel Wien ONB Cod 3301 Bl 193Eine gereimte Fassung der Dollingersage liegt seit dem 16 Jahrhundert schriftlich fixiert vor Sie ist in drei voneinander abweichenden Versionen uberliefert In einer Sammelhandschrift des Regensburger Augustiner Eremiten Hieronymus Streitel zwischen 1510 und 1519 entstanden Osterreichische Nationalbibliothek Wien Cod Vindob 3301 f 193ra 193rb 7 Dieser Textfassung folgt auch der Geschichtsschreiber Wigulaus Hundt in seiner Darstellung der Geschichte des Geschlechts der Dollinger Die bekannteste Fassung findet sich erstmals auf Klapptafeln im Regensburger Dollingersaal heute im Historischen Museum der Stadt Regensburg entstanden ca 1552 Diese bekannteste Textfassung wurde in modernisierter Schreibweise von Achim von Arnim und Clemens Brentano unter dem Titel Der Dollinger in den ersten Band der Sammlung Des Knaben Wunderhorn 1806 aufgenommen 8 und erfuhr dadurch weite Verbreitung Die Quelle fur die Wunderhorn Fassung war die Chronik des Johann Carl Paricius 1753 9 durch eine Quellenverwechslung ist im Wunderhorn allerdings die Jahreszahl 1723 angegeben 10 Auch Johann Gustav Gottlieb Busching druckte den Text 1816 ab 11 Bei dem furstbischoflichen Chronisten Johann Sigismund Brechtel um 1575 nach 1637 findet sich neben der Fassung von 1552 noch eine bemerkenswerte Variante des Dollingerlieds in der Craco nicht mehr als Turke sondern erstmals als Hunne bezeichnet und mit Namen Craco benannt wird 12 Die Dollingersage in historischen Chroniken Bearbeiten Dollingersage und lied finden sich ab dem spaten 16 Jahrhundert in den meisten Regensburger Chroniken Abgesehen von dem schon erwahnten Johann Sigismund Brechtel der in seiner Chronik die Dollingersage gleich in drei Fassungen zwei gereimte und eine Prosafassung darstellt herrschen in spateren Darstellungen Prosafassungen vor Wichtige Textzeugen stammen u a von den Chronisten Johann Ludwig Gottfried 1642 Johann Carl Paricius 1753 9 und Joseph Rudolph Schuegraf 1846 Neuzeitliche Bearbeitungen Bearbeiten Emanuel Schikaneder Hans Dollinger oder das heimliche Blutgericht 1788 13 anonym Das Dollingerspiel Puppenspiel ca 19 Jahrhundert Sigfrid Farber Dollinger und Krako 1954 14 Joseph Berlinger Dollinger Ein Spiel 1995 15 Julia Schruff Dollinger um Leib und Ehr 2014 16 Das Dollingerlied BearbeitenUberlieferung der Version auf dem rechten Blatt der Klapptafel datiert auf 1552 12 Es rait ein Turck aus Turckhen Lanndt Er rait gen Regenspurg in die stat Da Stechen wardt von Stechen war im wolbekhant Da rait er fuer des Kaysers thuer Ist niemant hin der kumb herfuer Der stechen Well vmb leib vmb Seel vmb guet vmb Ehr vnnd das dem Teuffl die Seel wer Da warn die Stecher all verschwigen kainer wolt dem Turckhen nit obligen dem Laidigen man der so frefflich Stechen khan Da sprach der Kayser zornigklig wie steht mein hoff so lasterlich hab ich khain man Der Stechen khan vmb leib vmb Seel vmb guet vmb ehr vnd das vnserm herrn die seel wer Da sprang der Dollinger herfuer wol vmb wol vmb ich mues hinfuer an den laidigen Man der so frefflich Stechen khan Das erste reuten das sie da theten Sie fuerten gegen einander Zway scharffe Speer Das ain gieng hin das ander gieng her Da stach der Turck den Dollinger ab das er an dem ruckhen lag O Jhesu Christ steh mir ietz bey Steck mir ein Zwey sind Irer drey Bin ich allain vnnd fuer mein Seel in das Ewig himelreiche Da reit der Kayser zum Dollinger so behendt er fuert ein kreutz in seiner henndt Er strichs dem Dollinger uber sein mundt Der Dollinger sprang auff war frisch vnnd gesundt Das ander reiten das sie da theten da stach der Dollinger denn Turckhen ab Das er an dem ruckhenn lag Du verheuter Teuffl nun Stehe im bey sind irer drey bin ich allain Vnnd fuer sein Seel in die bitter helle Beyn Literatur BearbeitenKarl Bauer Regensburg Kunst Kultur und Alltagsgeschichte 6 Auflage MZ BuchVerlag Regensburg 2014 ISBN 978 3 86646 300 4 Dollingersage S 400 Emmi Bock Hrsg Regensburger Stadtsagen Legenden und Mirakel Pustet Regensburg 1982 ISBN 3 7917 0694 2 Josef Dunninger St Erhard und die Dollingersage Zum Problem der geschichtlichen Sage In Bayerisches Jahrbuch fur Volkskunde 1953 Institut fur Volkskunde Munchen 1953 online Graeme Dunphy Der Turke im Regensburger Feindbild Das spatmittelalterliche Dollingerlied In Kleine Regensburger Literaturgeschichte Regensburg 2014 S 115 121 ISBN 978 3 7917 2570 3 Ludwig Erk Franz Magnus Bohme Hrsg Deutscher Liederhort 1 Band Breitkopf und Hartel Leipzig 1893 S 98 99 Digitalisat Karl Heinz Goller Herbert W Wurster Das Regensburger Dollingerlied Mittelbayerische Druck und Verlagsgesellschaft Regensburg 1980 ISBN 3 921114 07 1 online Otto Holzapfel Eine deutsche Volksballade aus Bayern mit einem Turken Thema und ihr Verhaltnis zur Geschichte In Diyalog Interkulturelle Zeitschrift fur Germanistik 2014 1 ISSN 2148 1482 S 19 29 urn nbn de hebis 30 3 375406 Eginhard Konig Martina Forster Hrsg Regensburger Liederbuch Eine Stadtgeschichte in Noten Mittelbayerische Druck und Verlagsgesellschaft Regensburg 1989 ISBN 3 921114 82 9 Juliane Korelski Regensburger Sagen und Legenden Horbuch John Media Schwaig bei Nurnberg 2009 ISBN 978 3 9811250 9 2 Carl Woldemar Neumann Die Dollingersage Reitmayr Regensburg 1862 Digitalisat in der Google Buchsuche Frieder Schanze Regensburger Dollingerlied In Kurt Ruh u a Hrsg Die deutsche Literatur des Mittelalters Verfasserlexikon 2 vollig neubearbeitete Auflage Band 7 Oberdeutscher Servatius Reuchart von Salzburg De Gruyter Berlin New York 1989 ISBN 3 11 011582 4 Sp 1094 1095 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Dollingersage Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Der DollingerausDes Knaben Wunderhorn im Projekt Gutenberg DE Geschichte des Dollingersaals Bilder der Plastiken Foto des Dollingerhauses vor dem Abriss und des Erhardihauses Zugriff 16 Januar 2018Anmerkungen Bearbeiten Wie ein Foto des Hauses vor dem Abriss Foto im Weblink zeigt war die offene Loggia damals nur noch teilweise erhaltenEinzelnachweise Bearbeiten Karl Heinz Goller Herbert W Wurster Das Regensburger Dollingerlied Mittelbayerische Druck und Verlagsgesellschaft Regensburg 1980 ISBN 3 921114 07 1 S 11 Rezension von Frieder Schanze Anzeiger fur deutsches Altertum 95 1984 S 25 29 Karl Heinz Goller Herbert W Wurster Das Regensburger Dollingerlied Mittelbayerische Druck und Verlagsgesellschaft Regensburg 1980 ISBN 3 921114 07 1 S 9 a b Karl Bauer Regensburg Kunst Kultur und Alltagsgeschichte 6 Auflage MZ Buchverlag Regensburg 2014 ISBN 978 3 86646 300 4 S 288 290 Raffael Parzefall Platzfolge Kohlenmarkt Rathausplatz Haidplatz Arnulfsplatz Bismarckplatz In Bernhard Lubbers Staatliche Bibliothek Regensburg Hrsg Jahre des stillen Wandels Regensburg um 1910 Band 3 Universitatsverlag Regensburg Regensburg 2010 ISBN 978 3 86845 069 9 S 103 126 Maximilian Fritsch Abrissbirne und Grabungsantrag Denkmalrecht vor Inkrafttreten des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes an Regensburger Beispielen In Stadt Regensburg Amt fur Archiv und Denkmalpflege Hrsg Denkmalpflege in Regensburg Band 16 Friedrich Pustet Regensburg 2018 ISBN 978 3 7917 3155 1 S 287 ff Abschrift um 1600 in Munchen Staatsbibliothek Clm 167 Digitalisat MDZ Achim von Arnim Clemens Brentano Hrsg Des Knaben Wunderhorn Alte deutsche Lieder Band 1 Mohr und Zimmer Heidelberg 1806 S 36 f Erstausgabe Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv a b Allerneueste und bewaehrte Nachricht Von der des Heil Roem Reichs Freyen Stadt Regensburg sammt allen Merckwuerdigkeiten welche den alten und neuen Zustand derselben in politischen und Kirchen Sachen betreffen herausgegeben und verlegt von Johann Carl Paricio Not et Arithmet daselbst Regensburg 1753 S 226 230 Digitalisat in der Google Buchsuche Heinz Rolleke Hrsg Des Knaben Wunderhorn Lesarten und Erlauterungen Frankfurter Brentano Ausgabe Band 9 1 Kohlhammer Stuttgart 1978 ISBN 3 17 002282 2 S 107 109 Johann Gustav Busching Hrsg Wochentliche Nachrichten fur Freunde der Geschichte Kunst und Gelahrtheit des Mittelalters Band 1 Holaufer Breslau 1816 S 153 159 193 200 Digitalisat in der Google Buchsuche a b Karl Bauer Regensburg Kunst Kultur und Alltagsgeschichte 6 Auflage MZ Buchverlag Regensburg 2014 ISBN 978 3 86646 300 4 S 295 Emanuel Schikaneder Hanns Dollinger oder das heimliche Blutgericht Schauspiel In Sammtliche theatralische Werke Band 1 Doll Wien 1792 Digitalisat in der Google Buchsuche Sigfrid Farber Dollinger und Krako Eine baierische Sage aus Regensburg Festspiel fur Schloss Worth an der Donau Regensburg 1954 OCLC 632815319 Johanna Brade Hrsg Dollinger das Buch zum Spiel Buchverlag der Mittelbayerischen Zeitung Regensburg 1995 ISBN 3 927529 69 9 Ritter Dollinger kampfte im Schloss Mittelbayerische Zeitung 30 Mai 2017 abgerufen am 19 Januar 2018Normdaten Werk GND 4809270 8 lobid OGND AKS LCCN n82126838 VIAF 175392026 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dollingersage amp oldid 235539719