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Die Villenkolonie Westend oft auch Alt Westend genannt ist eine Ortslage des Berliner Ortsteils Westend im Bezirk Charlottenburg Wilmersdorf Die Villenkolonie entstand seit den 1860er Jahren zwischen der Akazienallee im Norden der Ahornallee im Osten der Platanenallee im Suden und der Kirschenallee im Westen 1 Die Villenkolonie mit dem Branitzer Platz in ihrer Mitte ist die Keimzelle des 2004 durch Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung gebildeten Ortsteils Westend Durch das strenge Rechteckmuster unterscheidet sich die Strassenanordnung von der organisch geschwungenen Strassenfuhrung des im fruhen 20 Jahrhundert angelegten westlich angrenzenden Neu Westend Branitzer Platz Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Verkehr und Siedlungsstruktur 3 Offentliche Einrichtungen 4 Diplomatische Vertretungen 5 Prominente Bewohner 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Ursprunglicher Parzellierungsplan der Villenkolonie Westend gesudet von Martin Gropius 1866 nbsp Alteste Villa Lindenallee 7 von 1867 nbsp Turkisches Generalkonsulat in der Kirschenallee 21aAm 1 Mai 1866 wurde die Kommandit Gesellschaft auf Actien Charlottenburger Baugesellschaft Westend von Albert Werckmeister gemeinsam mit Johannes Quistorp dem Baumeister Martin Gropius dem Bankier Eichhorn und dem Lotterieeinnehmer Tuchen gegrundet Wie der Parzellierungsplan belegt bei dem die meisten Grundstucke nur eine Grosse von rund 800 m haben war die Zielgruppe zunachst der gehobene Mittelstand 2 Ein schones Beispiel ist das alteste erhaltene Haus der Siedlung von 1867 Lindenallee 7 das mit seiner geringen Grosse und seiner schlichten Art in starkem Kontrast zu vielen der spateren Villen steht Die ersten Kaufer zahlten jedoch mehrheitlich zur Oberschicht wohlhabende Kaufleute viele aus dem personlichen Umfeld der Grunder Die Lage westlich der Industriemetropole Berlin erklarte sich daraus dass durch die vorherrschenden Westwinde die Industrieabgase meist in ostliche Richtung getragen werden und deshalb die westlichen Vorstadte eine bessere Luftqualitat haben Zudem lag die Siedlung auf der Anhohe des Teltow etwa 25 Meter oberhalb der nahegelegenen Spree und der aufstrebenden Stadt Charlottenburg Die Strassen erhielten ausnahmslos die Bezeichnung einer Allee in Verbindung mit der in der Strasse angepflanzten Baumart Zentrum der Siedlung ist der Branitzer Platz Der ursprunglich wesentlich grosser konzipierte Platz sollte eine Schule eine Kirche das Pfarrhaus und den Markt beherbergen weshalb er zunachst den Namen Kirchplatz trug Der Zeitpunkt der Grundung fiel durch den Deutsch Osterreichischen Krieg in eine Phase der Unsicherheit So geriet die Gesellschaft bereits nach kurzer Zeit in finanzielle Schwierigkeiten Nur 24 Kaufer hatten sich bis 1868 gefunden bei etwa 400 projektierten Parzellen Nach dem Rucktritt Werckmeisters und der anschliessenden Auflosung der Gesellschaft 1868 gingen die Geschafte auf die Westend Gesellschaft H Quistorp amp Co zu Berlin uber in der Heinrich Quistorp jungerer Bruder von Johannes Quistorp der kurz darauf das Stettiner Westend errichtete und Ferdinand Scheibler personlich haftende Gesellschafter waren 3 Heinrich Quistorp nahm nun die weitere Entwicklung Westends in seine Hande Er war mit einer Englanderin verheiratet und hatte mit ihr in Glasgow gelebt im Stadtteil Ibrox der heute vor allem durch das Fussballstadion Ibrox Park beruhmt ist In Erinnerung daran nannte er sein im englischen Stil errichtetes Anwesen Villa Ibrox Heute existiert nur noch ein Nebengebaude mit Turm an der Ulmenallee das die Dimensionen der Villa erahnen lasst Auch hatte er grosse Plane fur Westend Der Unterstutzung des Monarchen Konig Wilhelm I versicherte er sich durch das Aufstellen einer Buste Wilhelms am Konigsplatz dem damaligen ostlichen Ende der Platanenallee an der Ahornallee Waren auf dem ersten Parzellierungsplan zwischen Rusternallee und Platanenallee ein kleines Wasserwerk und ein Gaswerk fur die Versorgung Westends projektiert von denen das Wasserwerk mit einem kleinen Wasserturm auch kurz darauf realisiert wurde so errichtete Quistorp ein wesentlich grosseres Wasserwerk am Teufelssee das heutige Naturschutzzentrum Okowerk Berlin das damals auch die Stadt Charlottenburg noch mit Wasser hatte versorgen konnen Sein grosstes Projekt war der Germaniaturm ein Wasserturm mit riesigen Ausmassen 80 Meter Hohe und 60 Meter Durchmesser am Rande der Siedlung an der Platanenallee Der nie ganz fertiggestellte Turm wurde 1892 abgerissen In der kurzen wirtschaftlichen Blutephase nach dem Deutsch Franzosischen Krieg grundete Quistorp auch zahlreiche Unternehmen unter anderem eine Bank Mit dem Zusammenbruch von Quistorps Bankgesellschaft in der Grunderkrise von 1873 musste die Westend Gesellschaft Konkurs anmelden Die Bautatigkeit kam zum Erliegen und einige Villen standen leer Ab dem Ende der 1870er Jahre entspannte sich die Situation wieder Durch die Bevolkerungsexplosion im Berliner Raum erlebte Westend einen Aufschwung sodass bis zur Jahrhundertwende das ursprunglich parzellierte Gelande im Wesentlichen bebaut war Die Kolonie entwickelte sich schnell zu einer beliebten Wohngegend fur das wohlhabende Burgertum und hoherer Beamter 1878 wurde die Villenkolonie nach Charlottenburg eingemeindet Verkehr und Siedlungsstruktur Bearbeiten nbsp Karte mit den Umrissen des Planungsraums und des Erhaltungsgebiets WestendIm Gegensatz zu den meisten anderen Villenkolonien Berlins wie der alteren Villenkolonie Lichterfelde West und der jungeren Villenkolonie Grunewald liegt die Villenkolonie Westend abseits der Hauptverkehrsachsen Auf dem ersten Parzellierungsplan war sogar ein Grunstreifen als Trennung zum Spandauer Damm geplant Trotzdem hatte Westend schon bei seiner Grundung eine Verkehrsanbindung durch die am nahe gelegenen Pferdebahnhof Charlottenburg am Spandauer Damm Sophie Charlotten Strasse seit 1865 endende erste Pferdebahnlinie Deutschlands Am 1 November 1871 eroffnete die Westend Gesellschaft eine Anschlusslinie zwischen dem Pferdebahnhof und der Kastanienallee Den Betrieb fuhrte die Berliner Pferde Eisenbahn in deren Besitz die Strecke 1878 auch uberging 4 Fur die steil den Spandauer Berg nach Westend herauffuhrende Linie musste man am Pferdebahnhof in einstockige mit zwei Pferden bespannte Wagen umsteigen Die Strecke wurde 1879 zur Gaststatte Spandauer Bock an der heutigen Einmundung der Reichsstrasse in den Spandauer Damm fortgesetzt Am 15 November 1877 konnte mit der Inbetriebnahme der Ringbahn der Bahnhof Westend eroffnet werden Bereits am 29 Marz 1908 wurde das Gebiet mit der Eroffnung der damaligen Linie A an das U Bahn Netz angeschlossen die Endhaltestelle war der damalige Bahnhof Reichskanzlerplatz Zur Eroffnung des Deutschen Stadions im Jahr 1913 wurde die U Bahn Linie uber den Reichskanzlerplatz hinaus zum neu erbauten Bahnhof Stadion und 1929 bis zum heutigen Endpunkt Ruhleben verlangert Auf dem Spandauer Damm verkehrt heute die Buslinie M45 zwischen Bahnhof Zoo und Johannesstift in Hakenfelde Auf der Reichsstrasse verkehrt die Buslinie 143 zwischen Brixplatz und dem Planetarium Der Planungsraum Branitzer Platz ist in der Berliner Verwaltung das festgelegte Gebiet 04020312 innerhalb der Bezirksregion Westend und umfasst im Wesentlichen die Villenkolonie Westend Die Siedlungsstruktur des Planungsraums ist hauptsachlich gepragt als homogenes Einfamilienhausgebiet und umfasst 2460 Wohneinheiten mit 4615 Einwohnern auf einer Flache von 71 6 Hektar Die Wohnungen verteilen sich mit 80 Prozent auf Einfamilienhausgebiete 15 Prozent Siedlungsbau der 1950er Jahre und funf Prozent Siedlungsbau der 1920er bis 1930er Jahre 5 Bis heute ist das Gebiet eine bevorzugte Wohngegend Seit 1985 gilt fur grosse Teile der Villenkolonie die Erhaltungsverordnung fur das Gebiet Westend zum Erhalt der stadtebaulichen Eigenart als eines der altesten Berliner Villengebiete 6 Die erhaltenswerte Eigenart wird begrundet mit dem charakteristischen Zusammenwirken von offentlichem begrunten Strassenraum mit qualitatsvoll gestalteten Platzen und der villenartigen Einzelhausbebauung auf gartnerisch gestalteten Grundstucken Das Erhaltungsgebiet weist eine hohe Dichte von Kulturdenkmalern auf hier finden sich 47 Baudenkmaler vier Denkmalbereiche und drei Gartendenkmaler 7 Als Besonderheit ist die dortige Gaslaternen Strassenbeleuchtung noch in Betrieb Stand 2018 Offentliche Einrichtungen Bearbeiten nbsp Nervenheilanstalt in der NussbaumalleeIn der Eschenallee 3 befindet sich die Klinik fur Psychiatrie und Psychotherapie der Charite Sie wurde bereits 1887 als Privat Irrenanstalt gegrundet aus denen 1910 die Kuranstalten Westend hervorgingen 1952 wurden die Kuranstalten von der vier Jahre zuvor gegrundeten Freien Universitat ubernommen und zur Psychiatrischen Klinik und Poliklinik umgewidmet Seit dem 1 Juni 2003 nach dem Zusammenschluss der beiden Berliner Universitatskliniken von Freier Universitat dem Benjamin Franklin Klinikum und der Humboldt Universitat der Charite heisst die Klinik offiziell Charite Universitatsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin Klinik und Hochschulambulanz fur Psychiatrie und Psychotherapie 8 Diplomatische Vertretungen Bearbeiten nbsp Residenz des Botschafters von Kasachstan in der Rusternallee 18Zum Diplomaten Viertel Westend gehoren zahlreiche Botschaften B Konsulate K und Residenzen R Armenien Nussbaumallee 4 B K Kamerun Ulmenallee 32 B K Kasachstan Rusternallee 18 R Kirgisistan Eichenallee 43 R Demokratische Republik Kongo B Ulmenallee 42a Tansania Eschenallee 11 B Turkei Heerstrasse 21 K 1 Kirschenallee 21a K 2 R Tunesien Lindenallee 16 B K Vietnam Platanenallee 12a Militarattache Prominente Bewohner BearbeitenConrad Ansorge Nussbaumallee 27 Julius Bab Akazienallee 4 Otto Bartning Nussbaumallee 42 Bruno Cassirer Branitzer Platz 1 Karl Dall Schaumburgallee 9 Rusternallee 18 Marlene Dietrich Akazienallee 48 Karl Foerster Ahornallee 32 Wilhelm Foerster Ahornallee 32 Stefan George Ebereschenallee 3 und Ahornallee 31 Anneliese und Georg Groscurth Ahornallee 10 Edith Hancke Eichenallee 6 Lilian Harvey Ahornallee 16 17 Johannes Heesters Akazienallee 12 Trude Hesterberg Soorstrasse 6 Reichsstrasse 46 Platanenallee 7 und Rusternallee 45 Robert Koch Ahornallee 39 Gertrud Kolmar Ahornallee 37 Sabine und Reinhold Lepsius Ahornallee 30 31 Otto March Ahornallee 4 Erich Mendelsohn Kastanienallee 32 Pension Muller Brigitte Mira Fredericiastrasse 29 Akazienallee 46 Johanna Moosdorf Kastanienallee 27 Heinz Oestergaard Ebereschenallee 4 6 Harry Piel Ulmenallee 12 Heinrich Quistorp Ahornallee 6 Arnold Schonberg Nussbaumallee 17 Barbara Schone Soorstrasse 28 Platanenallee 8 Angelika Schrobsdorff Ahornallee 24 Ernst Simmel Eichenallee 23 Georg Simmel mit seiner Frau Gertrud Nussbaumallee 14 Konigin Elisabeth Strasse 14 Lindenallee 13 Albert Speer Lindenallee 18 Friederike Wieking und Hildburg Zeitschel Platanenallee 4 6 Ulrich von Wilamowitz Moellendorff Eichenallee 12Siehe auch BearbeitenListe der Strassen und Platze in Berlin Westend Liste der Kulturdenkmale in Berlin Westend Liste der Stolpersteine in Berlin WestendLiteratur BearbeitenStephan Brandt Berlin Westend Sutton Erfurt 2009 ISBN 978 3 86680 458 6 Harry Balkow Golitzer Bettina Biedermann Rudiger Reitmeier Jorg Riedel Prominente in Berlin Westend be bra Berlin 2007 ISBN 978 3 8148 0158 2 Helmut Borsch Supan Text Michael Haddenhorst Fotos Westend Nicolai Berlin 1997 ISBN 3 87584 664 8 Annemarie Weber Text Nikolas von Safft Fotos Westend Edition der Divan Berlin 1986 ISBN 3 925683 01 1 Willy Bark Chronik von Alt Westend Mittler Berlin 1937 veranderter Nachdruck Edition der Divan Berlin 1986 ISBN 3 925683 00 3 Nicola Brocker Individuelle Landhauser fur die stadtische Peripherie August Endells Landhauser fur Westend In Nicola Brocker Gisela Moeller und Christiane Salge Hrsg August Endell 1871 1925 Architekt und Formkunstler Michael Imhof Verlag Petersberg 2012 S 236 251 ISBN 978 3 86568 654 1 Dorothea Zobl Das Berliner Westend Auf dem Weg zum burgerlichen Arkadien In Heinz Reif Hrsg Berliner Villenleben Gebr Mann Verlag Berlin 2008 S 199 222 ISBN 978 3 7861 2589 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Villenkolonie Westend Sammlung von Bildern Villenkolonie Westend im Charlottenburger BezirkslexikonEinzelnachweise Bearbeiten Villenkolonie Westend Bezirksamt Charlottenburg Wilmersdorf Zobl 2008 S 201 f Zobl bezieht sich dabei auch auf die von Werckmeister herausgegebene Schrift Das Westend und die Wohnungsfrage in der dargelegt wird dass die Mietpreise in der nahen Stadt Charlottenburg hoher sind als die zu erwartenden Zinsen fur das Wohneigentum in Westend Bark 1937 S 23 ff Autorenkollektiv Strassenbahn Archiv 5 Berlin und Umgebung transpress Berlin 1987 ISBN 3 344 00172 8 S 16 Siedlungsstruktur Wohnen Planungsraume 2010 Erhaltungsverordnung fur das Gebiet Westend bei berlin de Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive PDF 143 kB Zahlung entsprechend der Umrisse des Erhaltungsgebietes und der Denkmalkarte des Landes Berlin Klinik fur Psychiatrie und Psychotherapie52 5161 13 27112 Koordinaten 52 30 58 N 13 16 16 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Villenkolonie Westend amp oldid 238350854