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Der Vicus Orsingen war eine romische Zivilsiedlung vicus auf dem Gebiet des heutigen Dorfes Orsingen im baden wurttembergischen Landkreis Konstanz die wohl der Kreuzung zweier Romerstrassen ihre Entstehung verdankt Werbung fur das Hegaumuseum in Singen mit Terra Sigillata aus Orsingen Inhaltsverzeichnis 1 Ausgrabungen auf dem Gebiet des Vicus 2 Lage 3 Gebaude 4 Sonstige Funde 5 Datierung 6 Literatur 7 EinzelnachweiseAusgrabungen auf dem Gebiet des Vicus Bearbeiten nbsp Amphorenfragment Hegaumuseum Singen Bereits im 19 Jahrhundert wurde vom emeritierten Naturforscher Lorenz Oken der auf der Suche nach der Romerstrasse von Stein am Rhein Eschenz nach Rottweil war in Orsingen im Gewann Kopfacker ein Gebaude das als kleines Badehaus gedeutet wurde entdeckt Die Anlage wurde ein Jahr spater im Jahr 1847 seitens des Altertumsvereins fur das Grossherzogtum Baden ausgegraben 1 und damit Orsingen als romischer Vicus erstmals bekannt Als um 1960 ein neuer Ortsteil entstand der spater Romereck genannt wurde fand man zahlreiche Mauerreste Pflasterungen und Scherben aus romischer Zeit 2 Zudem brachte der Bau eines Mobelhauses am westlichen Ortsausgang 1976 schliesslich romische Fundamente und drei Altarsteine aus Sandstein zutage die der Kreisarchaologe Jorg Aufdermauer in einer Notgrabung sichern konnte Er interpretierte den Befund als gallo romischen Umgangstempel des 1 und 2 Jahrhunderts n Chr mit einer quadratischen Cella und einem sogenannten Umgang also einem uberdachten Raum ausserhalb des zentralen Heiligtums Dieser Typus bei dem Teile der romischen Tempelarchitektur mit keltischen Bauweisen vereint wurden spricht fur die Vermengung romischer und keltischer Einflusse im vicus 3 In den darauffolgenden Jahren wurden beim Verlegen eines Fernmeldekabels sowie einer Wasserleitung immer wieder romische Siedlungsschichten angeschnitten Unter anderem kam Terra Sigillata zutage mit Hilfe derer Dietrich Wollheim erstmals eine Datierung des Vicus versuchte 4 Luftbildarchaologische Untersuchungen liessen sogar drei fur einen vicus typische Streifenhauser erkennen es fand aber keine Ausgrabung statt wobei uberhaupt eine systematische Untersuchung zum romischen Orsingen noch aussteht 5 Eine monographische Vorlegung des aufgefundenen romerzeitlichen Materials mit Bearbeitung der bislang bekannten Funde und Befunde erfolgt derzeit im Rahmen eines Dissertationsprojekts durch Eric Breuer 6 Lage Bearbeiten nbsp Lage des Vicus Orsingen im Schnittpunkt zweier RomerstrassenDer Vicus eine reine Zivilsiedlung erstreckte sich uber eine Lange von 800 m von Nord nach Sud und eine Breite von 300 m von Ost nach West Er wurde wohl von den nahen romischen villae rusticae versorgt wie den beiden nur wenige Kilometer entfernt liegenden Gutshofen bei Eigeltingen bzw Homberg oder dem Gutshof von Wahlwies Die Ausdehnung der Siedlung zeigt ebenso wie die Tatsache dass Thermen und ein Tempel vorhanden waren dass es sich um einen wichtigen Rast und Handelsplatz gehandelt haben durfte der im Schnittpunkt zweier Romerstrassen lag Eine Strasse fuhrte von Neuhausen ob Eck uber Orsingen nach Ludwigshafen Wahrscheinlich gab es direkt von Ludwigshafen einen Anschluss an den Vicus des Kastells in Konstanz wie die in einer Reihe liegenden romischen Siedlungsstellen Bodman Ludwigshafen Allensbach Langenrain und Reichenau belegen Die andere fuhrte vom Kastell Eschenz Tasgetium zum Kastell nach Mengen Ennetach 7 Der genaue Verlauf dieser Romerstrasse die in der Literatur ratische Grenzstrasse genannt wird war von Tasgetium uber Rielasingen Singen Friedingen Steisslingen nach Orsingen und dann weiter uber Schweingruben und das Ablachtal nach Messkirch Krauchenwies nach Mengen Ennetach 8 Gebaude Bearbeiten nbsp Jupiterstatuette aus Orsingen Museum fur Vor und Fruhgeschichte Freiburg Die von Oken beschriebene Thermenanlage mit apodyterium Auskleideraum tepidarium Warmbad frigidarium Kaltbad und caldarium Heissbad findet sich auch in vergleichbaren Vici Der bereits beschriebene ausgegrabene Tempel mit quadratischem Grundriss dessen Kultraum cella farbig bemalt war war offensichtlich Teil eines ganzen heiligen Bezirks worauf andere Fundamente kleinerer Bauwerke hinweisen die als eine Art Kapellen gedeutet werden konnen 9 Sonstige Funde BearbeitenReligiose Funktion hatte auch ein im Jahr 1992 von einer Schulergruppe des Stockacher Nellenburg Gymnasiums im Schutt gefundenes sehr gut erhaltenes Jupiterfigurchen aus Bronze Die nur 8 cm grosse Statuette stand vermutlich auf einem Hausaltar und stammt aus dem 2 3 Jahrhundert n Chr Ebenfalls als ein Zufallsfund kam bei Kanalarbeiten eine medizinische Loffelsonde ans Tageslicht 10 Datierung BearbeitenDie immer wieder im Aushub aufgetauchte Terra Sigillata belegt fur Orsingen eine Siedlungskontinuitat von ca 80 n Chr bis zum Limesfall um das Jahr 260 n Chr was grosstenteils durch im Bereich der Badeanlage des Tempelbezirks und im Gewann Kopfacker gefundene romische Munzen belegt wird die von der Zeit Vespasians bis Marc Aurel reichen Zu diesem Zeitpunkt gehorte der westliche Hegau zur Provinz Germania superior der ostliche Teil zur Provinz Raetia Dass ein grosser Teil der gefundenen Terra Sigillata verkohlt ist konnte auf eine grossere Brandkatastrophe hindeuten die mit germanischen Einfallen um 230 n Chr in Verbindung gebracht wurde Dass sich die Alamannen schliesslich dauerhaft in diesem Gebiet niederliessen darauf weist die Endung ingen im Ortsnamen hin ein Prozess der allerdings erst im 6 7 Jahrhundert stattgefunden haben durfte 11 Literatur BearbeitenJorg Aufdermauer Galloromischer Umgangstempel Orsingen Nenzingen KN In Dieter Planck Hrsg Die Romer in Baden Wurttemberg von Aalen bis Zwiefalten Konrad Theiss Stuttgart 2005 S 242 Jurgen Hald Wolfgang Kramer Hrsg Archaologische Schatze im Kreis Konstanz Greuter Konstanz 2011 Hilde Hiller Eine Jupiter Statuette aus Orsingen im Hegau In Archaologische Nachrichten aus Baden Band 54 1995 ISSN 0178 045X Hans Stather Der romische Hegau Hegau Bibliothek Bd 89 Hartung Gorre Konstanz 1993 S 55 59 Ferdinand Stemmer Orsingen Geschichte eines Hegaudorfes Verein fur die Geschichte des Hegaus Singen 1977 Ernst Wagner Ferdinand Haug Hrsg Fundstatten und Funde aus vorgeschichtlicher romischer und alamannisch frankischer Zeit im Grossherzogtum Baden Band 1 Das Badische Oberland Kreise Konstanz Villingen Waldshut Lorrach Freiburg Offenburg Tubingen J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1908 S 64 65 Digitalisat Dietrich Wollheim Romerzeitliche Keramik aus Orsingen Hegau In Archaologische Nachrichten aus Baden Band 28 1982 S 36 41 ISSN 0178 045X Dietrich Wollheim Auf den Spuren der Romer im Hegau In Fredy Meyer Romer Ritter Regenpfeifer Streifzuge durch die Kulturlandschaft westlicher Bodensee Stadler Konstanz 1995 Einzelnachweise Bearbeiten Ernst Wagner Ferdinand Haug Hrsg Fundstatten und Funde aus vorgeschichtlicher romischer und alamannisch frankischer Zeit im Grossherzogtum Baden Band 1 Das Badische Oberland Kreise Konstanz Villingen Waldshut Lorrach Freiburg Offenburg Tubingen J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1908 S 64 65 Digitalisat Dieter Wollheim Romerzeitliche Keramik aus Orsingen Hegau In Archaologische Nachrichten aus Baden Nr 28 Freiburg i Br 1982 S 36 Jorg Aufdermauer Die wichtigsten archaologischen Unternehmungen des Jahres 1976 In Hegau Zeitschrift fur Geschichte Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rhein Donau und Bodensee Band 34 1977 S 199 201 Dietrich Wollheim Romerzeitliche Keramik aus Orsingen Hegau In Archaologische Nachrichten aus Baden Band 28 1982 S 36 41 ISSN 0178 045X Hans Stather Der romische Hegau Hegau Bibliothek Band 89 Hartung Gorre Konstanz 1993 S 151 V Jauch Vicustopfer Keramikproduktion im romischen Oberwinterthur Vitudurum Band 10 Zurich 2014 S 177 Anm 1087 S 179 Anm 1125 Jurgen Hald Wolfgang Kramer Hrsg Archaologische Schatze im Kreis Konstanz Greuter Konstanz 2011 Hansjorg Schmid Hans Eberhardt Archaologie im Umland der Heuneburg Neue Ausgrabungen und Funde an der oberen Donau zwischen Mengen und Riedlingen Vortrage des 2 Ennetacher Arbeitsgespraches vom 18 Marz 1999 und Begleitheft zur Ausstellung im Heuneburgmuseum 21 Mai 31 Oktober 1999 Gesellschaft fur Vor und Fruhgeschichte in Wurttemberg und Hohenzollern Archaologische Informationen aus Baden Wurttemberg Nr 40 Stuttgart 1999 ISBN 3 927714 38 0 S 101 Jorg Aufdermauer Galloromischer Umgangstempel Orsingen Nenzingen KN In Dieter Planck Hrsg Die Romer in Baden Wurttemberg von Aalen bis Zwiefalten Konrad Theiss Stuttgart 2005 S 242 Marianne Muller Durr Medizinische Instrumente der Romerzeit in Baden Wurttemberg In Fundberichte aus Baden Wurttemberg Band 35 2015 S 327 Dietrich Wollheim Romerzeitliche Keramik aus Orsingen Hegau In Archaologische Nachrichten aus Baden Band 28 1982 S 36 41 hier S 41 ISSN 0178 045X 47 837 8 9253 Koordinaten 47 50 13 2 N 8 55 31 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vicus Orsingen amp oldid 225995390