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Die Verfassung des Konigreichs Agypten von 1923 war die Verfassung Agyptens von 1923 bis 1930 und 1935 bis 1952 Sie basierte auf einem parlamentarischen Reprasentativsystem und der Gewaltenteilung Es handelte sich um die neunte Verfassung Agyptens unter der Herrschaft der Dynastie des Muhammad Ali Sie besass formal auch im britisch agyptischen Kondominium Sudan Gultigkeit verankerte rechtlich aber nicht die agyptischen Anspruche auf das Gebiet Konig Fu ad I nach dem Erlass der Verfassung auf der Titelseite des Time Magazine 1923Inhaltsverzeichnis 1 Zustandekommen 2 Aufbau 2 1 Der Konig das Staatsoberhaupt 2 2 Die Regierung 2 3 Das Parlament 2 4 Wahlrecht 2 5 Status der Religionen und Minderheiten 3 Probleme der Verfassung 4 Ende der Verfassung von 1923 5 Siehe auch 6 LiteraturZustandekommen BearbeitenNach dem Ende des Ersten Weltkrieges brach 1919 im britischen Protektorat Sultanat Agypten eine Revolution aus Die Erhebung umfasste alle Gesellschaftsgeschichten und manifestierte sich in Forderungen nach Freiheit Unabhangigkeit und Demokratie Trotz ihrer gewaltsamen Niederschlagung musste Grossbritannien Agypten am 28 Februar 1922 mit der Deklaration der Unabhangigkeit Agyptens als unabhangigen Staat anerkennen mit einigen Vorbehalten Am 15 Marz proklamierte sich der bisherige Herrscher Fu ad I zum ersten Konig von Agypten Auf der Grundlage dieses neuen Status wurde im April 1923 von einem 30 kopfigen Gesetzgebungsausschuss welcher Vertreter aus allen Gesellschaftsgeschichten und politischen Parteien umfasste eine neue agyptische Verfassung verkundet Am 19 April 1923 wurde sie durch eine konigliche Verordnung oktroyiert und trat am 30 April in Kraft Sie gehorte damals zu den fortschrittlichsten Verfassungen Afrikas und wurde zum Vorbild fur die Verfassungen der anderen arabischen Staaten welche nach dem Zweiten Weltkrieg unabhangig wurden Zu den Unterzeichnern der Verfassung gehorten alle Mitglieder der Regierung von Muhammad Tawfiq Nasim Pascha und der Konig Aufbau BearbeitenDie Verfassung vom 30 April 1923 definierte Agypten als souveranen freien und unabhangigen Staat dessen Regierungsform die konstitutionelle Erbmonarchie war Die Regierung wurde als reprasentativ bezeichnet Dem Volk wurden aber wichtige Grundrechte gewahrleistet Gleichheit vor dem Gesetz Art 3 individuelle Freiheit Art 4 gesetzmassiges Handeln Art 5 6 Unverletzlichkeit der Wohnung Art 8 und des Eigentums Art 9 Meinungs Art 14 Presse Art 15 und Versammlungsfreiheit Art 20 Der Konig das Staatsoberhaupt Bearbeiten Hauptartikel Konig von Agypten und des Sudan Der Konig wurden in der Verfassung starke Kompetenzen zugesichert Er fuhrte den Oberbefehl uber die Streitkrafte und konnte das Parlament auflosen Er konnte einem Land den Krieg erklaren musste dafur und fur alle Vertrage die er abschloss die Zustimmung des Parlamentes einholen Der Monarch konnte in Krisenzeiten auch die Verfassung suspendieren Seine Besitzungen und Landereien waren fur den Staat unantastbar und sein jahrliches Gehalt betrug 150 000 Agyptische Pfund Art 161 Die Regierung Bearbeiten Der Premierminister wurde vom Konig ernannt Alle seine Minister wurden auf seinen Vorschlag ebenfalls vom Monarchen ernannt Kein Minister durfte dabei Mitglied der koniglichen Familie sein Der Premierminister trug die Verantwortung fur alle Handlungen des Konigs und musste alle Beschlusse von ihm gegenzeichnen Der Monarch konnte den Regierungschef allerdings auch von allen Aufgaben entbinden und jederzeit entlassen Die Regierung war dem Parlament wie dem Konig gleichermassen verantwortlich und konnte durch ein Misstrauensvotum gestutzt werden Das Parlament Bearbeiten Die Verfassung verankerte das parlamentarische Reprasentativsystem welches auf dem Prinzip der Kontrolle und des Gleichgewichts der Krafte beruhte Das Parlament bestand aus den beiden Kammern des Senats und der Abgeordnetenkammer Die Mitglieder des Senats wurden fur ihre zehnjahrige Legislaturperiode Art 79 zu zwei Funfteln vom Monarchen ernannt die restlichen auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts gewahlt Dabei stellte eine Provinz mit zwischen 90 000 und 180 000 Einwohnern einen Senator Bei einer Provinz welche neben den 180 000 zusatzlich noch weitere uber 90 000 Einwohner hatte konnte sie einen weiteren Abgeordneten stellen Fur das passive Wahlrecht war ein Alter von 40 Jahren und die Zugehorigkeit zu einer der folgenden Kategorien notig Minister Diplomat Parlamentsprasident Richter Generalstaatsanwalt Vertreter der islamischen Geistlichkeit oder des Klerus pensionierter Offizier vom Brigadegeneral auf Abgeordneter nach zwei Legislaturperioden Haus oder Grundeigentumer der im Jahr mehr als 150 Agyptische Pfund Steuern zahlte oder Personen mit einem Jahreseinkommen von uber 1500 Pfund Art 78 Die Mitglieder der Abgeordnetenkammer wurden gewahlt wobei in einer Provinz mit uber 60 000 Einwohnern ein Abgeordneter kam Hatte eine Provinz weniger als 30 000 Einwohner wurde sie laut Wahlgesetz einem anderen Bezirk zugeteilt Art 82 83 Die Kandidaten fur die funfjahrige Legislaturperiode mussten mindestens uber 30 Jahre alt sein Art 86 85 Die Kammer wahlten ihren Prasidenten und dessen beide Stellvertreter selbst wahrend der Konig den Senatsprasidenten ernannte und nur die beiden Vizeprasidenten gewahlt werden konnten Beide Hauser tagten getrennt konnten aber vom Konig zusammengerufen werden Art 120 123 Die politische Immunitat geniessenden Abgeordneten die kein imperatives Mandat wahrnehmen durften Art 91 hatten das Recht zur Gesetzesinitiative Solche Gesetze erforderten fur deren Annahme allerdings die absolute Mehrheit in beiden Kammern Art 100 Die Zahl der Mitglieder des Parlaments wurde von Zeit zu Zeit erhoht Die Abgeordnetenkammer zum Beispiel hatte von 1924 bis 1930 214 Mitglieder dann stieg die Zahl auf 235 Die Verfassung von 1930 verringert sie von 1931 bis 1934 auf 150 1936 wurde die Zahl noch einmal erhoht auf 233 Mitglieder Dann stieg die Anzahl der Mitglieder 1938 auf 264 Abgeordnete 1950 wurde die Anzahl auf 319 erhoht und blieb als solche bis zur agyptischen Revolution von 1952 bestehen Wahlrecht Bearbeiten 1923 legte ein Wahlgesetz die Wahl fur die Mitglieder der Abgeordnetenkammer und des Senats auf ein zweistufiges Verfahren fest Zwar stand der Bevolkerung ein allgemeines Stimmrecht zu doch war das passive Wahlrecht an dem reaktionaren Wahlrecht des Khedivats Agypten von 1913 orientiert Zwar fuhrte eine liberalisierte Reform 1924 ein direktes Wahlsystem ein das anderte aber nichts an der Tatsache dass die Landbevolkerung Grossteil der Bevolkerung vom parlamentarischen Leben ausgeschlossen blieb Meistens dominierten Grossgrundbesitzer oder Adelige die Politik Status der Religionen und Minderheiten Bearbeiten Der Islam wurde offiziell zur Staatsreligion erklart Art 149 seine Gesetze Scharia allerdings endgultig durch ein modernes weltliches Rechtssystem ersetzt Die Rolle als Staatsreligion war nur formal die meisten Regierungen trieben eine radikale Sakularisation voran und setzten faktisch das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche durch Die Verfassung hob alle noch diskriminierenden Vorschriften fur religiose Minderheiten auf Sowohl Juden als auch die christlichen Kopten konnten ihren Glauben frei ausuben und Minister werden Probleme der Verfassung BearbeitenDie sehr starke Stellung des Konigs loste einen Machtkampf zwischen diesem und dem Parlament aus Fu ad I gelang es immer wieder die Wafd Partei welche in den meisten Wahlen starkste Kraft wurde von der Regierungsausubung zu verdrangen Die Folge waren meist instabile Minderheitsregierungen Auch war die Demokratie durch mehrere Interventionen der britischen Besatzungstruppen was zur zehnmaligen Auflosung des Parlaments fuhrte eingeschrankt Die danach gesetzte zweimonatige Frist fur Neuwahlen wurde vom Monarchen meist missachtet 1928 suspendierte er die Verfassung sogar und liess 1930 vom damals diktatorisch regierenden Premierminister Ismail Sidqi Pascha eine neue reaktionare Verfassung ausarbeiten welche bis 1935 in Kraft blieb Da die grossen politischen Parteien meist ideologisch zerstritten waren konnte sich keine einheitliche parlamentarische Front gegen den Machtmissbrauch errichten Mit diesen verschlechterten Grundbedingungen konnte die Verfassung nie als stabilisierende Kraft wirken und reflektierte die zeitweilige Instabilitat Agyptens Allein von 1923 bis 1952 hatte das Land uber 40 Regierungen Dauer der Suspendierung der agyptischen Abgeordnetenkammer 1923 1952 Monarch Beginn Ende Dauer in Jahren Dauer in MonatenFu ad I Dezember 1924 Marz 1925 3Fu ad I Juni 1925 Mai 1926 11Fu ad I Juni 1928 Dezember 1929 1 5Fu ad I Faruq Juli 1930 Mai 1936 5 10Faruq Februar 1942 Marz 1942 1Faruq Oktober 1942 Januar 1945 2 3Summe 10 9Ende der Verfassung von 1923 Bearbeiten nbsp Eine Zeitung berichtet uber die Ausserkraftsetzung der Verfassung Dezember 1952Am 23 Juli 1952 ubernahm die Bewegung der Freien Offiziere gefuhrt von Muhammad Nagib und Gamal Abdel Nasser in einem unblutigen Militarputsch die Macht und errichtete eine Militardiktatur Die Revolutionare zwangen Konig Faruq am 26 Juli abzudanken und seinem Sohn Fu ad II den Thron zu uberlassen Unter dessen formalen Herrschaft blieb auch die Verfassung vorlaufig in Kraft Jedoch hohlte sie das neue Regime systematisch aus und verstiess gegen deren wichtigste Grundsatze Am 10 Dezember 1952 wurde die Verfassung von 1923 ausser Kraft gesetzt und es kam mit der Abschaffung des Mehrparteiensystems zum endgultigen Abkehr vom Parlamentarismus Am 16 Januar 1953 wurden alle politischen Parteien die noch bestanden zwangsaufgelost Zur einzigen legalen Partei wurde die neugegrundete Nationale Union mit Nasser als Generalsekretar Am 10 Februar 1953 wurde eine Ubergangsverfassung aufgesetzt und verkundet dass die Demokratie nach einer dreijahrigen Ubergangszeit wieder hergestellt werde Schliesslich wurde am 18 Juni 1953 die Monarchie der Muhammad Ali Dynastie abgeschafft und der Konig ins Exil nach Italien geschickt Siehe auch BearbeitenVerfassung der Republik AgyptenLiteratur BearbeitenDolf Sternberger Bernhard Vogel Dieter Nohlen Klaus Landfried Hrsg Die Wahl der Parlamente und anderer Staatsorgane Band II Afrika Politische Organisation und Reprasentation in Afrika De Gruyter 1978 ISBN 978 3 11 004518 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verfassung des Konigreichs Agypten von 1923 amp oldid 237362972