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Tiruchinnam Tamil த ர ச ச ன னம tirucciṉṉam ˈt iɾɯt ʃinːʌm auch tirucinnam tiruchchinnam thiru chinnam ist eine gerade Naturtrompete aus Messing die im sudindischen Bundesstaat Tamil Nadu bei religiosen Ritualen verwendet wird Im Unterschied zu anderen Zeremonialtrompeten die allgemein paarweise von zwei Musikern gespielt werden und zu wohl samtlichen Trompeten spielt ublicherweise ein Musiker zwei tiruchinnam zugleich Tiru bedeutet auf Tamil heilig und chinnam steht fur Blasinstrument Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform und Spielweise 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenInstrumentenkundlich umfasst die grosse Gruppe der Trompeten Blasinstrumente aus unterschiedlichen Materialien und Formen Metallblech Holz Kalebasse Schneckenhorn mit oder ohne Mundstuck deren Ton durch Vibration der Lippen die Luftschwingungen in einer Rohre erzeugen hervorgebracht wird Vielen Trompeteninstrumenten wird bis heute eine seit alter Zeit bestehende magisch religiose Bedeutung zugesprochen Eine solche Assoziation kommt in gleicher Weise auch in den Erzahlungen uber Floten besonders Hirtenfloten vgl die Hirtenflote kaval zum Ausdruck Wahrend die vielfaltigen musikalischen Moglichkeiten der Flote bis zur Vorstellung von einer magischen Flotensprache fur die Kontaktaufnahme mit der jenseitigen Sphare gefuhrt haben blieben die einfachen Trompeten auf die Produktion von wenigen Tonen beschrankt weshalb sie sich fur kaum mehr als die Ubertragung von Signalen bei der Jagd Jagdtrompeten bei religiosen Kulten und bei bewaffneten Auseinandersetzungen Militartrompeten eignen Wegen ihrer Anblastechnik schied bei der Trompete die Entwicklung zur aus mehreren Eintonfloten gebundelten Panflote aus dafur entstanden in Afrika melodiefahige Orchester aus einer Reihe von Trompeten beispielsweise der waza an der Grenze von Sudan und Athiopien mit denen ein Musiker jeweils nur einen Ton erzeugt 1 Die rituelle Erfordernis Melodien zu spielen wie bei Orchestern mit Eintonfloten etwa der zentralafrikanischen hindewhu oder mit den strukturell verwandten Russischen Hornern gerade Metalltrompeten die ein oder zwei Naturtone hervorbringen 2 besteht bei den zeremoniell in Asien eingesetzten Trompeten nicht die fast uberall nur paarweise verwendet werden Eine entsprechende Entwicklung zu Melodieinstrumenten wie in Afrika oder ganz anders in Europa blieb bei den asiatischen Trompeten aus 3 Die einzig in grosserer Zahl in der Tempelmusik von Kerala eingesetzten gebogenen Metalltrompeten kombu dienen auch nicht der Melodiebildung sondern gelten nach ihrer Funktion in den grossen Trommelorchestern als Rhythmusinstrumente Zur Herkunft von in religiosen Ritualen verwendeten Metalltrompeten in Indien seit der vedischen Zeit und zu ihrer Verbreitung mit der arabisch persischen Tradition in der Mogulzeit als Zeremonialinstrument bei festlichen Anlassen siehe Bhankora nbsp Zwei chazozra auf einer Bar Kochba MunzeEine gerade Trompete ist vermutlich erstmals auf einem sumerischen Steinrelief abgebildet das auf etwa 2600 v Chr datiert wird 4 ein endgeblasenes Horn aus Kupfer von dort wird um 2400 v Chr als Ritualinstrument erwahnt Annahernd so alt sind die Originale kleiner Metalltrompeten vom Iranischen Hochland Bronzezeitliche Luren die ab dem Ende des 2 Jahrtausends bis zur Mitte des 1 Jahrtausends v Chr in Nordeuropa meist paarweise gefunden wurden stellen nach ihrer gekrummten Form und ihrer Zahl vermutlich Nachahmungen von zuvor rituell geblasenen Ochsenhornern dar 5 Horner wie das orientalische Widderhorn schofar hatten seit jeher eine spezifisch magisch religiose Bedeutung wahrend die ebenfalls mehrfach im Alten Testament erwahnte gerade Metalltrompete chazozra nicht nur fur religiose Rituale sondern auch als Symbol weltlicher Macht fungierte Die chazozra war etwa 40 Zentimeter lang und wurde aus gehammertem Silberblech hergestellt wie sich aus den biblischen Texten ergibt Ob sie auf das altagyptische Trompetenpaar scheneb aus dem Grab des Tutanchamun 14 Jahrhundert v Chr zuruckgeht oder mit phonizischen Trompeten in Verbindung steht ist nicht geklart 6 Altindische Abbildungen aus dem 1 Jahrhundert v Chr belegen die in vedischen Texten aus dem 1 Jahrtausend v Chr erwahnte Verwendung von Schneckenhornern und Langtrompeten die bis heute zum zeremoniellen Instrumentarium in Indien und angrenzenden Regionen gehoren Gerade Langtrompeten mit einer konischen Rohre sind in Nordindien als karna karnat karana bekannt und stammen nach ihrer Namensverwandtschaft mit Persisch qarna Latein cornu und Keltisch corn aus Westasien Eine konische Rohre mit einem breiten Schallbecher besitzen auch die aus Messing oder Kupfer bestehenden Trompeten im Himalaya und seinen Randgebieten darunter die von tibetischen Monchen gespielte thun chen in Ladakh oder dungchen in Tibet die ponga der Newar in Nepal und die bhankora in Uttarakhand Die lange bhungal in Rajasthan hat eine zweiteilige konische Rohre aus Bronze Die Oraon eine Adivasi Gruppe in Bihar verwenden die knapp 105 Zentimeter lange zylindrische Kupfertrompete bhenr In Tamil Nadu sind neben der tiruchinnamnoch die langere uberwiegend zylindrische Metalltrompete ekkalam und die gowri kalam mit einer dreiteiligen konischen Rohre in Gebrauch 7 Ausser den geraden Metalltrompeten gibt oder gab es in Tamil Nadu noch die seltene Trompete konattararai mit einem konischen leicht gebogenen Rohr die stets paarweise bei hinduistischen Tempelritualen gespielt wurde 8 nbsp Zwei Hornpfeifen pepa mit Einfachrohrblattern in Assam Die Besonderheit der tiruchinnam gegenuber wahrscheinlich allen anderen Trompeten ist das gleichzeitige Spiel von zwei Instrumenten durch einen Musiker Diese Spielweise kommt in Sudasien bei einigen Doppelfloten vor so bei der nordindischen alghoza und in Pakistan bei der doneli Gedoppelte Rohrblattinstrumente mit zwei separaten Spielrohren nach dem Vorbild des antiken griechischen aulos erscheinen auf altindischen Reliefs im nordwestlichen Indien am Stupa von Sanchi 1 Jahrhundert v Chr und in Gandhara 2 3 Jahrhundert n Chr wenn auf die Anwesenheit von fremden Musikern aus dem Westen hingewiesen werden soll Spater verschwanden sie aus der indischen Musik 9 Eine seltene Ausnahme ist die in der regionalen Volksmusik in Assam gespielte Hornpfeife pepa Curt Sachs 1940 stellt nach Form und Grosse eine Beziehung zwischen der tiruchinnam und altagyptischen und assyrischen Trompeten her Diese Beziehung dient ihm neben der sprachlichen Verwandtschaft der altagyptischen mit der altindischen Bogenharfe ban ben oder bain in Agypten bin oder vina in Indien 10 als ein Beleg fur die These zur Herkunft einer hochstehenden dravidischen Kultur aus Mesopotamien oder Agypten ab dem 3 Jahrtausend v Chr bevor die Draviden von den eingewanderten Ariern nach Sudindien abgedrangt wurden 11 Anders als diese von B C Deva 1978 12 und Edward Tarr 1988 13 wiederholte These eines durch Seehandel ermoglichten Kulturtransfers vom Alten Agypten nach Indien ist eine Ausbreitung der indischen Kultur in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten von der ostindischen Kuste nach Sudostasien historisch nachgewiesen So findet sich das am Borobudur 9 Jahrhundert auf Java abgebildete Schneckenhorn Sanskrit shankha modernes Hindi shankh in der altjavanischen Literatur als cangka maracangka und sungu Bei hinduistischen Ritualen auf Bali wird das sangka und sungu genannte Schneckenhorn bis heute verwendet In altjavanischen Texten kommt zwar nicht der Sanskritname karana karna kaha fur eine Metalltrompete vor dafur werden die mutmasslich verwandten Bezeichnungen fur Trompeten kahala kalaha und kala auch im Zusammenhang mit cangka mehrfach erwahnt Auf einem Relief am Candi Jawi Jawi Tempel der im 13 Jahrhundert zur Zeit des indisierten Konigreichs Singhasari auf Java gebaut wurde sind zwei konische Trompeten nach indischen Vorbildern zu sehen Aussergewohnlich ist dass beide Trompeten von einem Musiker geblasen werden der sie in einem Winkel von etwa 45 Grad nach oben richtet Jaap Kunst 1927 halt die dargestellten Blasinstrumente fur identisch mit der heutigen Doppeltrompete tiruchinnam 14 Bauform und Spielweise Bearbeiten nbsp Zwei ekkalam in Tamil Nadu mit einer wie bei der tiruchinnam zylindrischen aber wesentlich langeren Messingrohre Die tiruchinnam besteht aus einer relativ dunnen zylindrischen Messingrohre an die mit einem breiten Wulst an der Verbindungsstelle ein konischer Schallbecher angesetzt ist der in einem flachen Teller endet Die Gesamtlange betragt etwa 75 Zentimeter Ein Mundstuck fehlt wie bei einigen anderen indischen Trompeten in diesem Fall ware es ansonsten nicht moglich dass ein Musiker zwei Instrumente zugleich anblast Hierbei wird jede Trompete mit einer Hand im oberen Drittel der Rohre umfasst und gegen die Lippen gedruckt sodass sie zueinander einen spitzen Winkel bilden Eine einzeln gespielte tiruchinnam wird mit der zweiten Hand zusatzlich am Mund gehalten Ublicherweise sind zwei tiruchinnam in der Mitte durch eine Schnur miteinander verbunden Wahrend die Spieler von Doppelfloten oder gedoppelten Rohrblattinstrumenten mit der zweiten Spielrohre ublicherweise einen Bordunton zur Melodie erganzen sollen mit zwei zugleich geblasenen tiruchinnam von annahernd gleicher Stimmung die wenigen Tone lediglich verstarkt werden Neben ihrer rituellen Funktion beim Tempeldienst wurde die tiruchinnam fruher auch von Bettlern und der niedrigstehenden Kaste der Dasaris auf der Strasse geblasen 15 Fur die indische Tempelmusik werden ausschliesslich Trommeln Idiophone und Blasinstrumente verwendet keine Saiteninstrumente In Tamil Nadu an Tempeln gespielte Blasinstrumente sind shankh Schneckenhorn bhuri gebogenes Messinghorn ekkalam gerade Trompete aus Messing oder Kupfer tiruchinnam und kombu im Halbkreis oder S formig gebogene Metalltrompete Die selten eingesetzte tiruchinnam gehort zu den mangala vadyam den gluckverheissenden segenstiftenden Musikinstrumenten und wird an Vishnu Tempeln am Beginn einer Zeremonie und wahrend der Prozession gespielt Die tiruchinnam wurde auch manchmal an Shiva geweihten Tempeln eingesetzt etwa mit nur einem Instrument am Tyagaraja Tempel in Tiruvarur Meist gehort die tiruchinnam zur Kultmusik von Dorftempeln wie die weiteren Instrumente kanjira kleine Rahmentrommel mit einer Schelle pambai Doppeltrommel davandai Sanduhrtrommel udukai kurze Version der Sanduhrtrommel idakka thambattam grosse Kesseltrommel aus Ton und silambu Fusskettchen von Tanzerinnen 16 Literatur BearbeitenAlastair Dick Tirucinnam In Grove Music Online 20 Januar 2016 Sibyl Marcuse A Survey of Musical Instruments Harper amp Row New York 1975 Pichu Sambamoorthy Catalogue of Musical Instruments Exhibited in the Government Museum Chennai 1955 The Principal Commissioner of Museums Government Museum Chennai 1976 S 17 und Tafel III 8Weblinks BearbeitenTrichnan Tirucinnam Europeana Collections Abbildung Langstubenpaar tirucinnam Sammlung Franz Fodermayr Universitat Wien Abbildung aus der LP Josef Kuckertz Sudindische Tempelinstrumente Titel B14 Klangdokumente zur Musikwissenschaft Musikethnologische Abteilung des Museums fur Volkerkunde Berlin Mono Aufnahmen von 1969 Einzelnachweise Bearbeiten Klaus P Wachsmann Die primitiven Musikinstrumente In Anthony Baines Hrsg Musikinstrumente Die Geschichte ihrer Entwicklung und ihrer Formen Prestel Munchen 1982 S 45f Curt Sachs Handbuch der Musikinstrumentenkunde 1930 Georg Olms Hildesheim 1967 S 258 Sibyl Marcuse 1975 S 816 Subhi Anwar Rashid Mesopotamien Werner Bachmann Hrsg Musikgeschichte in Bildern Band II Musik des Altertums Lieferung 2 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1984 S 60 Sibyl Marcuse 1975 S 745f Joachim Braun Biblical Instruments 3 Old Testament instruments iii Ḥaṣoṣerah In Grove Music Online 2001 Museum of Performing Arts Gallery of Musical Instruments Sangeet Natak Akademi New Delhi o J Langshornerpaar konattararai Sammlung Franz Fodermayr Universitat Wien Abbildung aus der LP Josef Kuckertz Sudindische Tempelinstrumente Titel B15 Klangdokumente zur Musikwissenschaft Musikethnologische Abteilung des Museums fur Volkerkunde Berlin Mono Aufnahmen von 1969 Peter Crossley Holland Sudindische Tempelinstrumente by Josef Kuckertz Besprechung dieser LP In Ethnomusicology Bd 15 Nr 2 Mai 1971 S 308 310 Walter Kaufmann Altindien Musikgeschichte in Bildern Band 2 Musik des Altertums Lieferung 8 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1981 S 34 62 152 158 Francis W Galpin The Music of the Sumerians And Their Immediate Successors the Babylonians amp Assyrians University Press Cambridge 1937 S 28 Curt Sachs The History of Musical Instruments W W Norton amp Company New York 1940 S 153 Bigamudre Chaitanya Deva Musical Instruments of India Their History and Development Firma KLM Private Lilited Kalkutta 1978 S 111 Edward Tarr The Trumpet B T Batsford London 1988 S 30 Jaap Kunst Hindu Javanese Musical Instruments zuerst 1927 auf Niederlandisch Martinus Nijhoff Den Haag 1968 S 31f P Sambamoorthy 1976 S 17 M Lalitha M Nandini Hear the sound of tiruchinnam The Hindu 24 Marz 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tiruchinnam amp oldid 238960576