www.wikidata.de-de.nina.az
Die dem hl Stephanus geweihte ehemalige Kollegiatkirche und heutige Pfarrkirche Saint Etienne in der nordfranzosischen Stadt Beauvais gehort zu den interessantesten und eindrucksvollsten Sakralbauten Frankreichs Bereits im Jahr 1846 ist der Kirchenbau als Monument historique anerkannt worden 1 Kirche Saint EtienneInhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Baugeschichte 3 Architektur 3 1 Romanische Bauteile 3 1 1 Querhausfassade 3 1 2 Langhaus 3 1 3 Westfassade 3 2 Spatgotischer Chor 3 3 Innenraum 4 Ausstattung 5 Orgeln 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLage BearbeitenDie Kirche Saint Etienne liegt etwa 400 Meter sudlich der Kathedrale nahe dem heutigen Zentrum der Stadt Beauvais in der Region Hauts de France und der historischen Kulturlandschaft der Picardie deren Hauptstadt Amiens war Baugeschichte Bearbeiten nbsp GrundrissBereits im 11 Jahrhundert gab es in Beauvais eine Stephanuskirche die im Jahr 1072 von Papst Urban II als Mutter und Haupt aller Kirchen von Beauvais bezeichnet wurde Sie lag zu dieser Zeit ausserhalb der Stadtmauern die jedoch auf Befehl des franzosischen Konigs Philipp August um das Jahr 1200 erweitert wurden Wenige Jahre zuvor 1180 war die Kirche einem Brand zum Opfer gefallen und wurde im ausgehenden 12 und beginnenden 13 Jahrhundert in spatromanischen Stilformen komplett erneuert In dieser Zeit wurde die Kollegiatkirche auch zur Hauptpfarrkirche der Stadt und im Jahr 1390 wurde die Rathausglocke im ehemaligen Vierungsturm der Kirche installiert Im beginnenden 16 Jahrhundert entschloss man sich eine neue gotische Kirche zu bauen der Altar der Kirche wurde in der Vierung aufgestellt diese sowie das gesamte Querhaus wurden sodann auf der Ostseite geschlossen Danach wurde der romanische Chor abgerissen und bis etwa 1520 durch eine dreischiffige spatgotische Choranlage mit Seitenkapellen ersetzt diese war etwas langer als das romanische Langhaus beinahe doppelt so breit und um etwa funf Meter hoher Nach Fertigstellung des Chores stockten die Bauarbeiten bis am 30 April 1573 der Vierungsturm der benachbarten Kathedrale wegen statischer Probleme einsturzte und man sich entschloss auch die Nordwestseite von Saint Etienne zu stabilisieren was gegen Ende des 16 Jahrhunderts durch einen massiven neuen Turm geschah In der Nacht vom 14 zum 15 Februar 1702 tobte ein schweres Unwetter uber der Stadt durch das etliche der wunderbaren und grossflachigen Fenster im oberen Bereich des Chores zerstort wurden Die Kasse der Kirche war leer und die Kanoniker weigerten sich die notwendigen Reparaturarbeiten aus eigener Tasche zu finanzieren all dies fuhrte zur Aufhebung der Kirchenkapitels im Jahr 1742 Von da an spielte Saint Etienne nur noch die Rolle einer Pfarrkirche In den Anfangsjahren der Franzosischen Revolution fielen das Tympanon und Teile der Ausstattung der Wut und dem Vandalismus des Mobs zum Opfer die Kirche wurde in einen Lagerraum umgewandelt und erst 1796 wieder dem Kult geoffnet Im Juni 1940 zerstorten deutsche Fliegerbomben Teile des Chors und auch die Gewolbe des Mittelschiffs sturzten ein die Restaurierungsarbeiten dauerten bis ins Jahr 1959 Architektur BearbeitenRomanische Bauteile Bearbeiten Querhausfassade Bearbeiten Die nordliche Querhausfassade ist in vieler Hinsicht ungewohnlich Das mit einem potentiell unendlichen Rautenmuster sebka uberzogene Giebelfeld gab zu Spekulationen uber eventuelle Einflusse aus der Maurischen Kunst Anlass Der aussere Rand des grossen zwolfspeichigen und reich profilierten spatromanischen Radfensters wird von den Figuren des Glucksrads der Gottin Fortuna gebildet die ganz oben thront und die Geschicke der Menschen Aufstieg rechts und Abstieg links lenkt Uber ihr ist ein kleines aber uberaus reich dekoriertes Fenster in das umgebende Rautenmuster eingefugt unter dem Radfenster befinden sich zwei Rundbogenfenster und ein mit Pflanzenmotiven gestalteter Fries der um die Fensterbogen herum verkropft ist nbsp Nordliche Querhausfassade nbsp Nordliche Querhausfassade Ausschnitt nbsp Radfenster und Glucksrad der Fortuna nbsp Giebelfenster und FortunaLanghaus Bearbeiten An der Nord und Sudseite des Langhauses wird die basilikale Anlage des Kirchenbaus deutlich sichtbar zwei niedrige Seitenschiffe rahmen ein deutlich hoheres Mittelschiff dessen Gewolbeschub uber die Seitenschiffe abgefangen wird die ihrerseits wiederum von Strebepfeilern stabilisiert werden Unterhalb der Dachtraufen verlaufen Rundbogenfriese Auf der Nordseite befindet sich zudem ein imposantes Portal mit drei eingestellten Saulen auf jeder Seite und figurlich gestalteten Archivolten wobei die aus erhohten Becken trinkende doppelkopfige Vogelwesen im ersten und die Fabelwesen im zweiten Bogen besonders hervorzuheben sind Das Tympanonfeld zeigt eine zentrale Figur mit seitlichen Fabelwesen Lindwurmer innerhalb von Rankenwerk Die oberen seitlichen Zwickel sowie die Blendfenster zu beiden Seiten des Mittelfensters daruber sind erneut mit einem fur die Kunst der Romanik eher ungewohnlichen unendlichem Muster dekoriert welches aus quadratischen und rautenformigen Inkrustationen aus roten bzw dunklen Steinen besteht Die zierlichen von Schaftringen unterbrochenen Doppelsaulen oberhalb der Strebepfeiler finden an der Hochschiffwand ihre Fortsetzung in Einzelsaulen So werden die Langswande in rechteckige Felder unterteilt was an anderen romanischen Kirchen wohl ofter mit flachen Lisenen als mit Rundstaben erreicht wird Die Seitenschiffe haben schon Rippengewolbe die aber jeweils in drei Jochen rundbogig sind ebenso wie ihre Arkadenbogen und Fenster Die beiden westlichen Joche nur auf der Sudseite erhalten da auf der Nordseite durch den Turm ersetzt sind schon fruhgotisch gestaltet mit spitzbogigen Arkaden Gewolben und Fenstern Auch die beiden westlichsten Obergadenfenster haben Spitzbogen Teilweise spitzbogig sind die Fenster des Vierungsturms Ansonsten zeigen das Mittelschiff des Langhauses ebenso wie das Querhaus eine typisch spatromanische Kombination rundbogiger romanischer Wandoffnungen mit eigentlich schon gotischen spitzbogigen Rippengewolben nbsp Nordseite des Langhauses nbsp Portal auf der Nordseite nbsp Tympanon des Nordportals nbsp Archivolten des Nordportals nbsp Seitenschiff Ausschnitt Westfassade Bearbeiten Die Nordseite der Westfassade ist durch das Untergeschoss des spatgotischen Turms zerstort worden an der Nordseite des Turms selbst sind noch die hervorstehenden Steine zu erkennen die die Ausmasse des neuen Langhauses andeuten Der romanischen Westfassade vorgebaut ist ein hochgotisches Eingangsportal aus der Mitte des 13 Jahrhunderts dessen Tympanon als zentrales Thema eine Marienkronung mit zwei seitlich knienden Engeln zeigt Die Kopfe der beiden Hauptfiguren aber auch der figurliche Schmuck der Archivolten wurden von den Revolutionaren weitgehend zerstort Auch die eingestellten Saulen des Portalgewandes sind verschwunden nur ihre Basen und Kapitelle sind noch zu erkennen Auf der Sudseite befindet sich noch das reichgestaltete romanische Blendportal mit einem aufwendig gerahmten Rundfenster daruber die achtfach gezackte Fensterrosette wiederholt sich in deutlich einfacherer Form im mittleren Giebelfeld nbsp Westfassade nbsp Westfassade Ausschnitt nbsp Westfassade MittelportalSpatgotischer Chor Bearbeiten Der grosse aber nicht mit einem Umgang versehene spatgotische Chor von Saint Etienne ist dreischiffig und daruber hinaus mit seitlichen Kapellen ausgestattet deren Fenster Flamboyant Masswerk zeigen Die durch die schlanken Strebebogen teilweise verdeckten oberen Fenster zeigen ein abweichendes Flamboyant Dekor das Stabwerk endet in Rundbogen wie sie in der Renaissance wieder ublich wurden Oberhalb der Dachtraufe verlauft eine durchbrochene aber mit Fischblasenmasswerk gefullte Brustung die von kleinen Fialen unterbrochen bzw eingefasst ist nbsp Chor nbsp Chor Ausschnitt Innenraum Bearbeiten nbsp ChorDer Kirchenraum ist dreischiffig der Wandaufriss im Mittelschiff zeigt ein zwischen der Arkadenzone und dem Lichtgaden befindliches Triforium das jedoch lediglich als schmaler Laufgang ausgebildet ist und nicht die ganze Jochbreite einnimmt Die der Wand vorgelegten Saulen und das Kreuzrippengewolbe scheinen original zu sein und damit der Zeit des beginnenden 13 Jahrhunderts anzugehoren Die einfachen Kreuzrippengewolbe im sudlichen Seitenschiff gehoren einer fruhen Bauphase um 1185 an und stehen somit am Anfang der meisten Rippengewolbe in Nordfrankreich Das Querhaus zeigt ein ahnliches Gewolbe wie das Mittelschiff die scheinbar tragenden Saulen auf der Ostseite sind jedoch beim Bau des spatgotischen Chores bis auf kurze Stumpfe gekappt worden Der Bereich der Vierung ist erhoht und durch hochgelegene Fenster belichtet das Gewolbe gleicht denjenigen im Chorbereich Der ebenfalls dreischiffige aber mit Seitenkapellen ausgestattete Chor zeigt einen in der Spatgotik ublichen zweigeschossigen Wandaufriss bestehend aus Arkadenzone und grossflachigem Lichtgaden im Mittelbereich die Rippengewolbe mit ihren uberaus dekorativen Schlusssteinen sind deutlich spielerischer als im Langhaus und ruhen auf miteinander verschliffenen und kapitelllosen Wandvorlagen nbsp Mittelschiff des Langhauses nbsp Wandaufriss im Mittelschiff nbsp Querhaus SudenAusstattung Bearbeiten nbsp Hl Wilgefortis nbsp Pieta Gruppe nbsp Oberer Teil des Wurzel Jesse Fensters nbsp Unterer Teil des Wurzel Jesse Fensters nbsp Fenster mit der Kreuzigung PetriDie ausserordentlich reiche Ausstattung der Kirche entstammt grosstenteils dem 16 Jahrhundert hierzu gehoren insbesondere mehrere Fenster des Renaissance Glasmalers Engrand Leprince der in den 1520er Jahren auch fur die Kathedrale tatig war sowie mehrere Holz und Steinskulpturen Langhaus Gleich hinter dem Eingang an der Aussenwand des sudlichen Seitenschiffs hangt die skurrile und halb sagenhafte Figur der hl Wilgefortis die bartige Heilige am Kreuz wurde im ausgehenden Mittelalter und spater vom Volk sehr verehrt An einer Saule des Mittelschiffs befindet sich die Figurengruppe einer Pieta mit den Begleitfiguren des Jungers Johannes und des hl Stephanus zu dessen Fussen eine kleine Stifterfigur kniet Chapelle Notre Dame de Lorette Die Loreto Kapelle im nordlichen Chorseitenschiff offnet sich in ganzer Breite zum Chor hin Das Nordfenster zeigt Szenen aus der eher sagenhaften Loreto Legende Im Chorseitenschiff steht die steinerne aber farbig bemalte Figur des gefesselten Christus der mit einem Lendentuch und einem roten Mantelumhang bekleidet ist Chapelle Saint Claude Das Ostfenster der dem hl Claudius von Condat einem lange Zeit in Frankreich sehr popularen Heiligen geweihten Kapelle am Ende des nordlichen Seitenschiffs birgt das farblich und kunsthandwerklich hervorragend gearbeitete Fenster mit der Darstellung der Wurzel Jesse Die Darstellung des Stammbaums Christi zeigt mehrere alttestamentliche Personen darunter Konig David mit der Harfe Auf einer Armbinde des Konigs Roboam des Sohnes von Salomo sind die Buchstaben ENGR zu sehen Der ruhende Jesse wird gerahmt von den zeitgenossischen Herrschern Franz I links und Karl V rechts Der mittlere Zweig des Baumes endet in einer Lilienblute mit der strahlenumkranzten Gottesmutter und dem Jesuskind Das Nordfenster zeigt Legenden aus der Vita des Heiligen Bemerkenswert ist die Darstellung einer von einem grunen Teufel erwurgten Kindsmorderin mit grunen Gewand Chor Die beiden Figuren von Saint Vaast und eines anderen Bischofs im modern restaurierten bzw rekonstruierten mittleren Westfenster uber der Orgeltribune sind die altesten Glasmalereien der Kirche Das Chorgestuhl stalles ist vor allem wegen der Miserikordien interessant die kleine zumeist unkirchliche Motive wie Fratzen etc zeigen Chapelle Saint Nicolas Das Ostfenster stammt aus der Werkstatt von Engrand Leprince und zeigt eine Darstellung des Jungsten Gerichts in der unteren Ebene links von der Mitte eine Darstellung des Erzengels Michael dahinter die Geretteten unten rechts von der Mitte die von den Teufeln gepackten Verdammten dahinter das Bildnis des Stifters und seiner Frau Die anderen Fenster sind oft restauriert und erganzt worden zuletzt im 20 Jahrhundert Hier steht auch die Schnitzfigur der hl Angadrisma einer Martyrerin des 7 Jahrhunderts und Schutzpatronin der Stadt Beauvais Auf einem Sockel am Eingang zur Kapelle befindet sich eine marmorne Pieta Skulptur von Justin Chrysostome Samson aus dem Jahr 1861 An der Wand sind Teile der holzernen Chorschranke zu sehen die mit perspektivischen Darstellungen von Heiligen und Sibyllen geschmuckt die jeweils von Hermen getrennt sind Chapelle Sainte Marthe Der holzerne Schnitzaltar zeigt eine Ecce Homo Darstellung die von zwei Frauenfiguren Margareta von Antiochia und die hl Martha von Bethanien gerahmt wird die beide unter ihren Fussen einen sich windenden Lindwurm zertreten Chapelle Saint Pierre Das Glasfenster zeigt Szenen aus dem Leben und Sterben des Apostels Petrus der sich der Legende nach mit dem Kopf nach unten kreuzigen liess Orgeln Bearbeiten nbsp Grosse OrgelIn Saint Etienne gibt es zwei Orgeln die Hauptorgel und eine Chororgel Die Hauptorgel geht in Teilen zuruck auf ein Instrument aus dem 17 Jahrhundert Das heutige Instrument wurde 1954 durch den Orgelbauer Jacquot Lavergne Rambervillers erbaut Erhalten ist der historische Prospekt Das Instrument hat 39 Register auf drei Manualwerken und Pedal 2 I Hauptwerk C f3Bourdon 16 Montre 8 Flute harmonique 8 Bourdon 8 Salicional 8 Prestant 4 Quinte 2 2 3 Doublette 2 Plein Jeu VTrompette 8 Clairon 4 II Positif C c4Flute de creuse 8 Cor de nuit 8 Flute douce 4 Nazard 2 2 3 Quarte de Nazard 2 Tierce 1 3 5 Cromorne 8 Voix humaine 8 III Recit expressif C c4Quinton 8 Diapason 8 Flute 8 Gambe 8 Voix celeste 8 Flute 4 Octavin 2 Plein Jeu IVBombarde 16 Trompette 8 Clairon 4 Basson Hautbois 8 Pedal C g1Soubasse 16 Flute 16 Basse 8 Flute 8 Flute 4 Bombarde 16 Trompette 8 Clairon 4 Literatur BearbeitenPhilippe Bonnet Laborderie L eglise Saint Etienne de Beauvais Histoire architecture sculpture mobilier et vitraux Beauvais C D D P 1995 ISBN 2 903729 73 5 Stephen Murray The Choir of Saint Etienne at Beauvais in Journal of the Society of Architectural Historians 1977 S 111ff Dominique Vermand La voute d ogives dans l Oise les premieres experiences 1100 1150 in Kolloquium Groupe d etude des monuments et œuvres d art de l Oise et du Beauvaisis L Art roman dans l Oise et ses environs Beauvais 1997 S 123 168 ISSN 0224 0475 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Etienne Beauvais Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Saint Etienne Beauvais Fotos und Infos franzosisch Saint Etienne Beauvais Fotos und Infos franzosisch Saint Etienne Beauvais Zeichnungen Schnitt und Infos englisch Saint Etienne Beauvais Wurzel Jesse Fenster Fotos und Infos englisch Einzelnachweise Bearbeiten Eglise Saint Etienne Beauvais in der Base Merimee des franzosischen Kulturministeriums franzosisch Orgues de Picardie Oise ASSECARM S 31 Informationen zur Orgel49 4285 2 0807 Koordinaten 49 25 42 6 N 2 4 50 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Etienne Beauvais amp oldid 232214427