www.wikidata.de-de.nina.az
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Siel Begriffsklarung aufgefuhrt Ein Siel ist ein verschliessbarer Gewasserdurchlass in einem Deich Tideabhangig erfolgt das Schliessen normalerweise durch hoheren Druck bei hoherem Wasserstand auf der Meerseite das Offnen dagegen durch hoheren Druck von der Binnenseite bei niedrigerem Wasserstand auf der Meerseite Ein Siel ist also ein Ventil zur passiven Entwasserung des hinter dem Deich gelegenen Binnenlandes besonders als Teil des Entwasserungssystems von Marschgebieten Der Begriff ist wahrscheinlich eine aus dem Friesischen stammende Wortbildung die auf das Verb seihen zuruckgeht und bezeichnet demnach die Stelle wo Wasser ausfliessen kann 1 Borssumer Siel in Emden Wasserseite mit Blick auf die Ems Inhaltsverzeichnis 1 Bauweisen 1 1 Kumpsiel 1 2 Standersiel 1 3 Gewolbesiel 2 Archaologie 3 Geschichte 4 Ortsnamen 5 Betrieb 6 Rechtliche Regelung 6 1 Deutschland 6 2 Niederlande 7 Trivia 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseBauweisen BearbeitenZur Einbindung des Entwasserungsweges in den Deich gibt es verschiedene Moglichkeiten das Kumpsiel das Standersiel und gedeckte steinerne Siele nbsp Kumpsiel Baumhohle und StandersielKumpsiel Bearbeiten Beim Kumpsiel wird in den uberwiegend aus Sand oder anderem Erdmaterial bestehenden Deich ein Rohr eingelegt Historisch bestand dieses Rohr zumeist aus zwei ausgehohlten Baumstammhalften Der seeseitige Ausgang wird mit einer Klappe geschutzt die von ausstromendem Binnenwasser aufgedruckt und von anflutendem Seewasser zugedruckt wird Mancherorts gab es viele derartige Kumpsiele mit denen einzelne Anrainer ihre direkt hinter dem Deich gelegenen Landereien entwasserten 2 Standersiel Bearbeiten nbsp Standersiel Tore von 1619 in Bensersiel 3 Ein Standersiel hat ein grosses zumeist zweiflugeliges Fluttor dessen Torflugel in Angeln hangen Jene konnen an schweren in den Deich eingebauten Holzpfosten oder an Mauerwerk befestigt sein Standersiele waren schon in fruher Zeit so dimensioniert dass bei Ebbe wenn die Tore offen standen kleine Schiffe in die hinter dem Deich angelegten Kanale einfahren konnten Gewolbesiel Bearbeiten nbsp Gewolbesiel Dreptersiel an der Unterweser 1796 errichtet Steine spater im Deich verfullt 1998 wieder zusammengesetztDa alle holzernen Teile eines Siels der Verrottung und dem Angriff von Schiffsbohrmuscheln ausgesetzt waren ging man bei grossen Sielen dazu uber die festen Teile aus Stein zu bauen Sturmflutbestandiger als steinerne Ausfuhrungen von Standersielen waren Gewolbesiele Hier baute man einen gewolbten Torweg durch den Deich Grosse Gewolbesiele konnen auch von kleineren Schiffen z B Kustenmotorschiffen durchfahren werden Mancherorts sind die zwei bis dreifachen so angeordnet dass das Siel auch als Kammerschleuse verwendet werden kann Ein Beispiel fur beides ist die Schleuse des Hadelner Kanals in Otterndorf nbsp Gewolbesiel als Schleuse Tidenseite der Otterndorfer KanalschleuseArchaologie BearbeitenSpuren eines Kumpsiels aus dem 3 Jahrhundert wurden bei Valkenburg Zuid Holland gefunden Ein grosser Teil eines Kumpsiels aus dem 14 Jahrhundert konnte im Deichrest bei Stollhammer Ahndeich geborgen werden Dieser Sielfund in Butjadingen im Kreis Wesermarsch ist der alteste an der niedersachsischen Nordseekuste Das Siel muss vor der Zweiten Marcellusflut von 1362 Grote Mandranke gebaut worden sein Infolge der Flut wurde es dann unbrauchbar Es war mindestens 14 m lang Der seeseitige Teil bestand aus einem hohlen Eichenstamm von etwa 10 5 m Lange der auf runden Querholzern ruhte Zum Aushohlen hatte man den Stamm langs geteilt Die Halften wurden danach wieder zusammengesetzt Zur Verbindung nagelte man Bretter uber die Naht Die Mundung des Siels besass am seeseitigen Ende eine lichte Weite von etwa 80 cm Die Halterung der Klappe die das Siel bei Flut gegen auflaufendes Wasser schloss war noch in Form einer durchbohrten oberhalb der Mundung angebrachten Leiste erhalten Ein Fund aus Valkenburg bei Leiden belegt dass diese Bauweise bereits im 3 Jahrhundert genutzt wurde In Seriem Landkreis Wittmund wurde ein Teil eines Standersiels aus dem spaten 15 Jahrhundert ausgegraben Das 8 80 m lange und 1 60 m breite Bauwerk gehorte zu einem heute nicht mehr erhaltenen Einlagedeich 200 m vor der heutigen Deichlinie und ist damit der einzige sicher datierbare Bestandteil eines Deiches im heutigen Wattenmeer Geschichte BearbeitenSagenhaft sind Nachrichten vom Schlicker Siel mit bronzenen Toren sudlich des heutigen Wilhelmshaven Teil des Goldenen Rings um Friesland des ersten zusammenhangenden Seedeichs zwischen Weser und Ems Mit dem Bruch des Schlicker Siels um 1218 so die ortliche Uberlieferung habe die Entstehung des Jadebusens begonnen 4 1374 einigten sich acht zwischen Bremen bzw dessen Altstadt und der Lesum gelegene Dorfer an der Lesum einen neuen Deich zu bauen und mit einem Siel zu versehen Das Siel sollte eine Weite von zehn Fuss bekommen etwa 3 Meter Es wurde also ein Standersiel breit genug fur die Durchfahrt eines kleinen Kahns 5 Ortsnamen BearbeitenViele Ortsnamen entlang der deutschen Nordseekuste haben bezugnehmend auf dortige Anlagen die Endung siel Es gibt heute auch im Binnenland gelegene Sielorte da sich durch Eindeichungen in fruheren Jahrhunderten die Kustenlinie verschoben hat Entsprechende Orte sind im Landkreis Friesland etwa Altgarmssiel Crildumersiel Ellensendammersiel Horumersiel Hooksiel Mariensiel Neugarmssiel sowie an der Aussenweser Dreisielen Fedderwardersiel Golzwardersiel Hollersiel Kleinensiel Neuenhuntorfersiel Neuenlandersiel und Overwarfersiel In Ostfriesland Altfunnixsiel Altharlingersiel Bensersiel Carolinensiel Dornumersiel Friederikensiel Greetsiel Harlesiel Hilgenriedersiel Nessmersiel Neufunnixsiel Neuharlingersiel Rustersiel Sophiensiel Wapelersiel und Westeraccumersiel und in Nordfriesland Katingsiel Schluttsiel und Bongsiel sowie Tammensiel und Ostersiel auf der nordfriesischen Insel Pellworm Schulperneuensiel und Schulperaltensiel sind Ortsteile der Gemeinde Schulp im Kreis Dithmarschen Sielhafenorte ohne entsprechende Namen sind Papenburg Drostensiel Neustadtgodens Bremen Vegesack und Neuhaus Oste Auch Emden Faldern oder Rotesiel Gasthaussiel Larrelt Knock Norden Alte en Grosse Siel Cuxhaven Gluckstadt Friedrichstadt und Rudbol hatten im 16 oder 17 Jahrhundert ihre Sielhafen In Oldersum und Tonning sind sie noch vorhanden Die Plane um 1619 einen Sielhafen vor Bredstedt zu bauen sind fehlgeschlagen Keine Orte oder Ortsteile entstanden bei den Sielen von Grossensiel Nordenham Neue Lunesiel Blexer Brake Buttel Cappel Coldeborg Dangast Drepte Eckwarden Friedeburg Hamburg Neuenfelde Vier Sielen Schleuse oder Der Siel Hohenstief oder Sankt Joost Wangerland Hoyer Knock Spieka Neufeld Neues Strohausersiel Ohmstede Petkum Bockhorn Steinhausen Stollhamm Gotteskoog Sudersiel Ueterlande Varel Waddens und Wremen und bei vielen kleineren Sielen 1983 entstanden der Holmer Siel und der Luttmoorsiel im Beltringharder Koog Die niederlandische Endung zijl Westfriesisch syl verweist ebenfalls auf Orte die an einem Siel liegen bzw lagen z B Delfzijl Als technischer Begriff heisst das Siel allerdings auf Niederlandisch spuisluis etwa Auslassschleuse spuien heisst ablassen spugen heisst speien was in deutschen Beschreibungen niederlandischer Kustenschutzbauten leicht eine ungenaue Terminologie bewirkt Betrieb BearbeitenDas in Entwasserungsgraben angesammelte Niederschlagswasser fliesst durch Sielzug und Vorfluter auch Tief zum Sielbauwerk Ein Sielbauwerk besteht in der Regel aus dem von aussen sichtbaren Sielgebaude dem Antriebsraum und der Hubschutzkammer im Inneren des Sielgebaudes der Sielkammer mit dessen Ein und Auslaufbauwerken Verbindungs tunnel zwischen Vorflut und See nbsp Sielbauwerk in Hooksiel Landseite Die Sielkammer ist der eigentliche Durchlass des Wassers vom Binnenland zur See und fuhrt unter dem Deich hindurch Die Tore eines Sieles sind je nach Wasserstand geoffnet oder geschlossen Somit kann Wasser aus dem Binnenland aufgestaut werden bzw frei abfliessen Bei Flut schliessen sich die seeseitig angeordneten Tore Sielklappe eines Sieles automatisch durch den Druck des von See auflaufenden Wassers und offnen sich wieder bei steigendem Innendruck wenn bei eintretender Ebbe der Wasserstand des Flusses oder Meeres unter den Binnenwasserstand fallt Die Tore werden in der Regel als Anschlagtore ausgefuhrt jedoch existieren auch vereinzelt Stemmtore Die Tore dienen der Deichsicherheit Als weitere Deichsicherheit ist in der Regel ein Hubschutz aus Metall oder Hartholz angeordnet welches uber die Schutzkammer mit dem Schutzraum verbunden ist und bedient wird An vielen Sielen gibt es heute Schopfwerke bei niedrigem Wasserstand des Vorfluters wird passiv entwassert bei hohem Wasserstand wird das Wasser aus den Sielzugen mit Maschinenkraft aussendeichs gepumpt Um allerdings einen moglichst grossen Teil der Entwasserung ohne Energieeinsatz bewaltigen zu konnen gibt es auf der Deichruckseite mancherorts einen Speichersee in dem sich Wasser wahrend der Flut ansammeln kann um wahrend der Ebbe abgelassen zu werden Wichtig ist so ein Speichersee vor allem bei mehrtagigen Sturmfluten Rechtliche Regelung BearbeitenDeutschland Bearbeiten In Deutschland bleiben nach Art 66 Einfuhrungsgesetz zum Burgerlichen Gesetzbuche die landesgesetzlichen Vorschriften welche dem Deich und Sielrecht angehoren vom burgerlichen Recht unberuhrt Rechtsgrundlage des Sielrechts ist also das jeweilige Landesrecht Die Errichtung der Sielbauwerke und die meisten anderen Elemente der ersten Deichlinie wird aus einem Gemeinschaftsfond von Bund und Kustenlandern finanziert Betrieb und Besitz der Siele sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt In Schleswig Holstein gehort die erste Deichlinie dem Land und auch die Siele betreibt der Landesbetrieb fur Kustenschutz Nationalpark und Meeresschutz Nur die Siele der zweiten Deichlinie werden im nordlichsten Bundesland durch die jeweilige Sielacht betrieben In Niedersachsen und Bremen sind Deichverbande und Sielachten auch Besitzer und Betreiber der ersten Deichlinie und ihrer Siele Bei Sturmflutsperrwerken gibt es Unterschiede in Bremen werden auch die vom jeweiligen Deichverband betrieben in Niedersachsen vom NLWKN Niederlande Bearbeiten In den Niederlanden ist fur alle Einrichtungen zum Hochwasserschutz der Rijkswaterstaat zustandig Trivia BearbeitenSiel ist als Hamburgensie der korrekte Fachbegriff fur die Kanalisation in Hamburg Siehe auch BearbeitenDeichschart SperrwerkLiteratur BearbeitenJohannes Ey in Frank Both Redaktion Archaologische Denkmaler zwischen Weser und Ems Isensee Oldenburger Landesverein fur Geschichte Natur und Heimatkunde Staatliches Museum fur Naturkunde und Vorgeschichte Oldenburg 2000 S 177 9 ISBN 3 89598 752 2 Oldenburger Forschungen Band 13 Kai Niederhofer Rungholt gab es auch anderswo Archaologische Spuren der untergegangenen Ortschaft Otzum In Archaologie in Niedersachsen Band 11 Archaologische Kommission fur Niedersachsen Isensee 2008 ISBN 978 3 89995 522 4 S 80 83 Kai Niederhofer Archaologische Fundstellen im ostfriesischen Wattenmeer Siedlungsgeschichte einer untergegangenen Landschaft bis 1570 Rahden Wstf 2016 S 225 227 ISBN 978 3 89646 938 0 Beitrage zur Archaologie in Niedersachsen Band 18 Arnold Schultze Die Sielhafenorte und das Problem des regionalen Typus im Bauplan der Kulturlandschaft Gottingen 1962 Gottinger geographische Abhandlungen Band 27 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Siel Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Sielwerke in Ostfriesland Friesland und die Grenzbereiche Wesermarsch und Niederlande Historische Sielbauten In Sielwerk de Wasserversorgung im nordfriesischen Marschenland In Bosy Online deEinzelnachweise Bearbeiten DWDS Digitales Worterbuch der deutschen Sprache Abgerufen am 11 Dezember 2019 Heinrich Hoops Die Geschichte des Bremer Blocklandes 1927 Verfugbar im Lesesaal des Staatsarchivs Bremen Sehenswertes Sieltor in Bensersiel Oskar Tenge Der Jeversche Deichband 1889 Reprint 1999 ISBN 3 98o6956 0 3 http brema suub uni bremen de content pageview 26159 Bremisches Urkundenbuch III Nr 463 S 422 423 Bestatigung des Ubereinkommens uber die Anlage des Waller Siels Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Siel amp oldid 237846507