www.wikidata.de-de.nina.az
Schlangengifte Schlangentoxine auch Ophiotoxine sind die physiologisch wirksamen Bestandteile des Giftapparates der Giftschlangen Sie dienen hauptsachlich der Beutejagd und der Verdauung daneben auch zur Verteidigung gegen Angreifer Zur Anzahl der weltweit jahrlich durch Giftschlangen verursachten Todesfalle gibt es keine sicheren Angaben eine Schatzung vom Mai 2008 gibt 21 000 bis 94 000 Todesfalle pro Jahr an 1 Das Tiergift des Inlandtaipans ist das starkste Schlangengift der Welt Inhaltsverzeichnis 1 Zusammensetzung 1 1 Giftkomponenten aller Giftschlangen 1 2 Giftkomponenten bei Grubenottern und Vipern 1 3 Giftkomponenten bei Giftnattern 1 3 1 Bungarotoxin 1 4 Giftkomponenten bei Seeschlangen 1 5 Seltene Giftkomponenten 2 Wirkung 3 Giftigkeit und Vorkommen 3 1 Deutschland 3 2 Schweiz 4 Schlangengift in der Medizin 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseZusammensetzung BearbeitenDie systematische Erforschung und Analyse von Schlangengiften wird seit den 1960er Jahren betrieben Von den etwa 3900 bekannten Schlangenarten sind etwa ein Viertel Giftschlangen Dabei umfassen die Boiginae Trugnattern die weitaus grosste Gruppe gefolgt von den Elapidae Giftnattern den Hydrophiinae Seeschlangen den Viperidae Vipern und den Crotalinae Grubenottern Biochemisch gesehen besteht die Trockenmasse von Schlangengiften zu uber 90 aus Proteinen und Polypeptiden darunter grossere Enzyme mit Massen zwischen 13 und 150 kDa die in biologische Funktionen der Bissopfer eingreifen und sie blockieren und meist sehr kleine lt 5 kDa durch Disulfidbrucken stabilisierte toxische Peptide Giftkomponenten aller Giftschlangen Bearbeiten In den meisten Schlangengiften kommen die folgenden Enzyme vor die mit Ausnahme der Aminosaure Oxireduktase die die Oxidation der L Aminosauren katalysiert zur Gruppe der Hydrolasen gehoren Adenosintriphosphatase Desoxyribonuklease II Hyaluronidase NAD Nukleosidase 5 Nukleotidase Peptidase Phosphodiesterase Phospholipase A2 Ribonuklease und Saure Phosphatase Zusatzlich findet man die Metall Ionen Mg2 Ca2 Zn2 seltener Kupfer die in relativ hohen Konzentrationen bis zu 0 5 vorkommen konnen und als Cofaktoren fur die vorliegenden Enzyme wirken Weiterhin liegen besonders in Giften von Vipern und Grubenottern kleine Peptide lt 1 5 kDa mit hohem Prolin und N terminalem Pyroglutamin Anteil vor die als Enzyminhibitoren wirken und schliesslich konnte man auch noch Lipide Nukleoside Kohlenhydrate Amine Serotonin und Acetylcholin in kleineren Mengen nachweisen Giftkomponenten bei Grubenottern und Vipern Bearbeiten nbsp Giftsekret von Agkistrodon contortrixBei Grubenottern und Vipern wurden Argininester Hydrolase Endopeptidasen Factor X Aktivator Kininogenasen Prothrombin Aktivator und Thrombin artige Protease Ancrod die Fibrinogen und Thrombin spaltet und damit einen Einfluss auf die Blutgerinnung hat nachgewiesen Weiterhin sind fur diese Giftschlangen kleine Myotoxine 5 10 kDa charakteristisch Giftkomponenten bei Giftnattern Bearbeiten Bei Giftnattern konnten die Enzyme Acetylcholinesterase Glycerinphosphatase und Phospholipase B nachgewiesen werden Speziell in dieser Spezies findet man an toxischen Peptiden 5 10 kDa a Neurotoxine Cardiotoxine in Kobras und Dendrotoxine in Mambas Bungarotoxin Bearbeiten Die sogenannten Bungarotoxine alpha beta gamma und kappa 2 finden sich bei den in Sudostasien verbreiteten Kraits aus der Familie der Giftnattern Es sind Neurotoxine Das alpha Bungarotoxin blockiert die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren irreversibel und fuhrt so zur Lahmung der Muskulatur nicht depolarisierendes Muskelrelaxans Dagegen forcieren beta und gamma Bungarotoxin prasynaptisch die Freisetzung von Acetylcholin und wirken so als depolarisiendes Muskelrelaxans Giftkomponenten bei Seeschlangen Bearbeiten Seeschlangengift enthalt eine Vielzahl von sehr stark toxischen a Neurotoxinen Seltene Giftkomponenten Bearbeiten In den Giften einiger Giftschlangen wurden die Enzyme Alanin Aminotransferase Amylasen b Glucosaminidase und Katalase gefunden Wirkung BearbeitenDie Gifte der verschiedenen Schlangen bzw ihre Komponenten lassen sich nach ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrem Ansatzpunkt bzw ihrer Wirkung im Organismus in verschiedene Gruppen einteilen der kursiv geschriebene Text beschreibt direkte Symptome beim Menschen Entzundungserscheinungen Schmerzen Odeme Zytotoxizitat Schadigung von Zellen und Gewebe Hamorrhagie Schadigung der Blutzellen und gefasse innere Blutungen Kreislaufschock Niereninsuffizienz Zytolyse Schadigung von Muskel Haut und Bindegewebe starke Schmerzen Nekrosen Sehstorungen Myotoxizitat Schadigung von Muskelgewebe Muskelschwache Cardiotoxizitat Schadigung der Herzzellen Arrhythmie Herzstillstand Neurotoxizitat Wirkung auf das Nervensystem Lahmung Krampfe Delirien Hamotoxizitat Wirkung auf die Blutgerinnung Thrombocyten Herabsetzung der Blutgerinnung durch Verminderung des Fibrinogens Thrombosen Giftallergie Anaphylaktischer SchockDiese Erscheinungen werden oft aber nicht unbedingt von allgemeinen Symptomen wie Fieber Ubelkeit Kopfschmerzen Erbrechen und Ahnlichem begleitet Die Wirkung des Giftes auf den Organismus wird nicht nur durch eine einzige sondern oft durch viele Komponenten gebildet Dabei ist nicht nur die Zusammensetzung der Anteile sondern auch deren Verhaltnis zueinander entscheidend In vielen Fallen finden sich mehrere Komponenten mit verschiedener Wirkung hamotoxisch neurotoxisch etc kombiniert in einem Gift Giftigkeit und Vorkommen BearbeitenDie Wirkung von Giften wird allgemein anhand der mittleren letalen Dosis LD50 Wert beurteilt Die giftigsten Schlangen der Welt sind uberwiegend in Australien heimisch Als giftigste aller Schlangen gilt allgemein der ebenfalls in Australien vorkommende Inlandtaipan dessen Taipoxin bei Mausen einen LD50 Wert von 2 mg kg Korpergewicht bei subkutaner Gabe hat 3 4 Deutschland Bearbeiten In Deutschland kommen in freier Natur nur zwei Giftschlangen vor Die Aspisviper bis zu 1 m lang und die Kreuzotter ebenfalls bis zu 1 m lang Das Gift der Kreuzotter ist zwar relativ stark jedoch besitzt sie davon nur bis maximal 18 mg Daher ist ein Biss fur einen gesunden Erwachsenen in kaum einem Fall todlich dafur musste er Bisse von mehreren Schlangen auf einmal erleiden was extrem unwahrscheinlich ist bei Kindern die weniger als rund 30 kg schwer sind oder alteren Menschen ist allerdings Vorsicht geboten Nach einem Biss sollte in jedem Fall sofort ein Arzt aufgesucht werden da es haufig auch zu Infektionen durch im Maul der Schlangen lebende Bakterien kommt Schweiz Bearbeiten Der letzte Todesfall durch einen Giftschlangenbiss datiert in der Schweiz von 1961 Seither gab es dort durch Kreuzotter oder Aspisviper keine todlichen Bissunfalle mehr 5 Schlangengift in der Medizin BearbeitenWie viele andere Gifte kann Schlangengift in geringer Dosierung fur medizinische Zwecke eingesetzt werden Neben der direkten Anwendung als Arzneimittel kann es zur Suche nach neuen Medikamenten beitragen So kann es helfen physiologische Vorgange aufzuklaren und besser zu verstehen sowie neue Wirkstoffe zu finden So dienten Schlangengifte als Vorlage fur einige blutdrucksenkende Arzneimittel aus der Gruppe der ACE Hemmer Captopril Enalapril In folgenden Bereichen der Therapie werden Schlangengifte verwendet bei arterieller Hypertonie Bluthochdruck erblich bedingten und erworbenen Storungen des Gerinnungssystems und zur Herstellung von Antidota Gegengifte in der Homoopathie zur Behandlung von Schmerzzustanden Einige von Hamatologen angewendete Blutgerinnungstests basieren auf Schlangengiften wie ReptilaseSeine Gewinnung erfolgt in Schlangenfarmen durch Melken der Giftdrusen Dafur werden die Zahne durch eine Membran uber einem Behalter gesteckt und die Giftdrusen massiert Das ablaufende Gift wird tiefgefroren gefriergetrocknet und zu Granulat vermahlen Siehe auch BearbeitenAntiveninLiteratur BearbeitenHans Ulrich Siebeneick Die Biochemie der Schlangengifte In Chemie in unserer Zeit 10 Jahrg 1976 Nr 2 S 33 41 doi 10 1002 ciuz 19760100202 Roland Bauchot Hrsg Schlangen Weltbild Verlag 1994 ISBN 3 8289 1501 9 Alan L Harvey Hrsg Snake Toxins In International Encyclopedia of Pharmacology and Therapeutics Sect 134 Pergamon Press New York Oxford Beijing Frankfurt Sao Paulo Sydney Tokyo Toronto 1991 Weblinks BearbeitenSchlangengift in der Naturheilkunde Memento vom 6 Februar 2005 im Internet Archive praxis helms de Mastzellen bauen Schlangengift ab science orf at LD50 Werte fur Schlangen seanthomas net englisch Einzelnachweise Bearbeiten Anuradhani Kasturiratne A Rajitha Wickremasinghe Nilanthi de Silva N Kithsiri Gunawardena Arunasalam Pathmeswaran1 Ranjan Premaratna Lorenzo Savioli David G Lalloo H Janaka de Silva The Global Burden of Snakebite A Literature Analysis and Modelling Based on Regional Estimates of Envenoming and Deaths PLoS Medicine Vol 5 No 11 e218 4 November 2008 doi 10 1371 journal pmed 0050218 Bungarotoxins Medical Subject Headings nlm nih gov abgerufen am 21 Januar 2016 Taipoxin In Lexikon der Neurowissenschaft Wissenschaft Online Lexika abgerufen am 8 Juni 2010 J Fohlman D Eaker E Karlsoon S Thesleff Taipoxin an extremely potent presynaptic neurotoxin from the venom of the australian snake taipan Oxyuranus s scutellatus Isolation characterization quaternary structure and pharmacological properties In Eur J Biochem 1976 Sep 15 68 2 S 457 469 Eidgenossisches Institut fur Schnee und Lawinenforschung Davos Sicherheit Medizin Rettungswesen Giftschlangen in den Schweizer Alpen PDF PDF 1 2 Vorlage Toter Link www slf ch Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis In Die Alpen 8 1999 S 25 29 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4179692 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schlangengift amp oldid 233526097