www.wikidata.de-de.nina.az
Eine Disulfidbrucke Disulfidbindung oder Disulfidbruckenbindung bezeichnet in der Chemie eine kovalente Bindung zwischen zwei Schwefelatomen deren jeweils einzige freie Valenz mit einem Organylrest abgesattigt ist In der Biochemie ist die Disulfidbindung die kovalente Bindung eine Atombindung zwischen den Schwefel Atomen zweier Cystein Molekule die in der Aminosaureseitenkette eines Proteins vorkommen Disulfidbrucke zwischen zwei organischen Resten R und R Disulfidbindung zweier Cystein haltigen Proteinketten Vier intrachenare 1 Disulfidbrucken innerhalb einer Peptidkette eines Proteins schematische Prasentation Schematische Prasentation von zwei interchenaren Disulfidbrucken zwischen Peptidketten zweier Proteine Zwei mittels Disulfidbindung verknupfte Cystein Reste in Proteinen bezeichnet man dabei auch als Cystin Brucke Inhaltsverzeichnis 1 Funktion 2 Beispiele 2 1 Insulin 2 2 Lipase 2 3 GPCRs 3 Bindungsbildung 3 1 Reaktion 3 2 Zeitpunkt 4 Enzyme 4 1 Proteindisulfidisomerasen 4 2 Thio Disulfid Oxidoreduktasen 5 GSH GSSG System 6 Bedeutung fur die rekombinante Proteinexpression 6 1 Bildung von Einschlusskorpern 6 2 Resolubilisierung mit Reduktionsmitteln 6 3 Reoxidation mit Glutathion 6 4 Expression ins Periplasma 7 Einzelnachweise 8 LiteraturFunktion BearbeitenDisulfidbrucken formen und stabilisieren die dreidimensionale Proteinstruktur Tertiarstruktur durch die Bildung von Schlaufen innerhalb der Aminosaureketten oder verknupfen mehrere Aminosaureketten zu einem funktionstuchtigen Protein Disulfidbrucken sind als kovalente Bindungen dabei deutlich fester als beispielsweise die auch im Molekul vorkommenden Wasserstoffbruckenwechselwirkung die zu den Nebenvalenzbindungen zahlen Die Bildung von Disulfidbrucken kann ein separater Schritt bei der Faltung eines Proteins sein ohne dass nachfolgende Faltungsschritte hinausgezogert werden 2 Beispiele BearbeitenDisulfidbindungen sind typisch fur sekretorische Proteine da sie sich im Cytosol nicht ausbilden konnen Insulin Bearbeiten So besteht das Proteohormon Insulin aus zwei verschiedenen Aminosaureketten die als A und B Kette bezeichnet werden wobei die A Kette intrachenar durch eine und interchenar mit der B Kette durch zwei Disulfid Bindungen verbunden ist Lipase Bearbeiten Eine Lipase ein fettspaltendes Enzym aus der Bauchspeicheldruse Pankreas des Schweins besitzt sieben Disulfidbrucken GPCRs Bearbeiten G Protein gekoppelte Rezeptoren sind membranstandige Proteine die durch eine Disulfidbrucke zwischen der 3 transmembranaren Helix und der zweiten extrazellularen Schleife stabilisiert werden Mutationsstudien belegen dass der Rezeptor nicht mehr exprimiert wird wenn eines der beteiligten Cysteine zu Serin mutiert wird Bindungsbildung BearbeitenReaktion Bearbeiten Die bei der Ausbildung einer Disulfidbruckenbindung beteiligten funktionellen Gruppen nennt man Thiolgruppen Mercaptogruppen Vereinfacht lasst sich die Bildung einer solchen S S Bindung als Oxidation Abgabe von Wasserstoff bzw Elektronen verstehen Oxidation R SH HS R R S S R 2 H 2e Reduktion 2 Fe3 2 e 2 Fe2 R und R bezeichnen dabei in der Biochemie die Cysteine am Peptid Protein Die beiden uberschussigen Wasserstoff Atome werden von einem Wasserstoff Akzeptor gebunden die Schreibweise H verdeutlicht dass sie nicht als Wasserstoffgas freigesetzt werden Sie konnen letztendlich beispielsweise auf Sauerstoff ubertragen werden 4 H O2 2 H2OZeitpunkt Bearbeiten Disulfidbrucken werden noch wahrend der Translation in die Proteine eingefugt wenn sich Teile von diesen im Rahmen ihrer Synthese schon im beim Eukaryoten Endoplasmatischen Retikulum ER befinden oder danach wenn sie sich komplett im ER oder einem anderen membranumhullten Zellorganell aufhalten was dann eine posttranslationale Modifikation darstellt Bei Prokaryoten gilt dies analog fur die Translation ins Periplasma Da die Bildung einer Disulfidbrucke aus zwei Mercaptogruppen eine Oxidation ist kann die Reaktion nur in einem oxidativen Milieu erfolgen Das Cytoplasma ist eine reduzierende Umgebung daher enthalten cytoplasmatische Proteine in der Regel keine Disulfidbrucken Enzyme BearbeitenDie Ausbildung von Disulfidbindungen ist kein spontaner Prozess sie ist eine Redox Reaktion die einen entsprechenden Reaktionspartner zum Elektronenubertrag erfordert Die Ausbildung erfolgt enzymkatalysiert Verfugt ein Protein daruber hinaus uber mehr als nur zwei Cysteine so besteht die Moglichkeit dass sich durch Verknupfung der falschen Cysteine Disulfidbrucken ergeben die nicht dem nativen Zustand des Proteins entsprechen Es muss eine Umknupfung falscher Disulfidbrucken engl reshuffling erfolgen Proteindisulfidisomerasen Bearbeiten Eukaryoten besitzen im Endoplasmatischen Retikulum ER Proteindisulfidisomerasen PDI Die fortschreitende Faltung fuhrt dabei zusammengehorende Cysteine langsam in raumliche Nahe was korrekte Verknupfungen zunehmend wahrscheinlicher macht Thio Disulfid Oxidoreduktasen Bearbeiten Das prokaryotische Gegenstuck zu den Proteindisulfidisomerasen ist das periplasmatische und innere Membran standige Dsb System dsb von di sulfide bond das Disulfid Ausbildung und Isomerisierung kontrolliert GSH GSSG System BearbeitenGlutathion GSH ist ein Isopeptid das im Cytoplasma von sowohl Prokaryoten als auch Eukaryoten vorhanden ist und an der Ausbildung von Disulfidbrucken teilnimmt Es reagiert in einer Disulfidaustauschreaktion R und R sind wiederum die Cysteine im Proteinruckgrat GSSG ist das GSH Dimer mit Disulfidbrucke ausgedruckt durch die nebeneinander geschriebenen Schwefelatome SS R SH GSSG R S S G GSHDas linke der beiden Produkte bezeichnet man als gemischtes Disulfid Es wird weiter umgesetzt R S S G HS R R S S R GSHIm Cytosol wird es enzymatisch in reduzierter Form gehalten GSH Man spricht von reduzierenden Bedingungen Diese Bedingungen konnen durch die relativen Konzentrationsverhaltnisse von GSH und dementsprechend disulfidverbruckten Dimer GSSG veranschaulicht werden Zellkompartiment GSH GSSGCytosol 60 1ER 1 2Die Verhaltnisse im ER entsprechen dem extrazellularen Milieu in Anwesenheit von Sauerstoff das Lumen des ER ist topologisch aquivalent zum Aussenraum GSH spielt ebenfalls eine Rolle beim oxidativen Stress Bedeutung fur die rekombinante Proteinexpression BearbeitenDisulfidbrucken in Proteinen limitieren deren rekombinante Expressionsfahigkeit d h deren biotechnologische Herstellung In Eukaryoten werden Disulfidbrucken im Endoplasmatischen Retikulum ausgebildet Expressionssysteme sind aber haufig Prokaryoten die kein ER besitzen Wird das Protein ins Cytosol translatiert konnen keine Disulfidbrucken entstehen siehe GSH GSSG System Bildung von Einschlusskorpern Bearbeiten Ohne Disulfidbrucken ist die Faltung des Proteins gestort Neben dem proteolytischen Abbau kann es insbesondere bei der aus Grunden der Ausbeute gewunschten ubermassigen Produktion Uberexpression des Proteins zur Bildung von Einschlusskorpern kommen Proteinaggregation zum sog inclusion body Dabei ist der Einschlusskorper in seinem Inneren vor Reduktion geschutzt und bildet deshalb willkurlich Disulfidbrucken zu anderen Proteinen aus Sowohl Fehlfaltung als auch die Bildung von Einschlusskorpern machen weitere Arbeitsschritte bei der Aufreinigung des Proteins erforderlich und liefern zum Teil nur in begrenztem Umfang funktionelles Protein Resolubilisierung mit Reduktionsmitteln Bearbeiten nbsp Reduktion einer Disulfidbindung durch DTTDTT Dithiothreitol Mercaptoethanol Tris 2 carboxyethyl phosphin und DTE Dithioerythritol sind Reduktionsmittel fur Disulfidbindungen Sie werden in der Biochemie verwendet um in Einschlusskorpern die willkurlich ausgebildeten Disulfidbindungen wieder aufzulosen Dies geschieht durch Reduktion derselben wie im Bild gezeigt Die einzelnen Proteine werden dadurch voneinander getrennt und losen sich wieder Man spricht von der Resolubilisierung engl soluble loslich der Proteine Reoxidation mit Glutathion Bearbeiten Die Proteine aus diesem Prozess enthalten lediglich reduzierte Disulfidbindungen Um funktionelles Protein zu erhalten muss das Protein korrekt gefaltet sein Dazu mussen die Disulfidbindungen wieder ausgebildet werden und dies in einer kontrollierten Weise sodass nur die gewunschten Cystein Paare eine Bindung miteinander eingehen Um das zu erreichen werden die Proteine mit Glutathion GSH versetzt Es erfolgt eine Reoxidation der Disulfidbindungen in den nativen Zustand Zuruck Oxidation zu dem von der Natur vorgesehenen Bindungszustand dieses Proteins Bei diesem Prozess mussen diverse Bedingungen angepasst und eingehalten werden um eine erneute Proteinaggregation siehe Bildung von Einschlusskorpern zu vermeiden Dazu werden die Protein und GSH Konzentrationen pH Wert der Losung Temperatur und Reaktionszeiten variiert und optimiert Daruber hinaus besteht die Moglichkeit Faltungs Additive wie Arginin zuzugeben die die korrekte Disulfidbindungsausbildung ebenfalls unterstutzen Bei der sog Pulsrenaturierung wird nicht gleich zu Beginn der Renaturierung das gesamte Protein in die Renaturierungs Losung gegeben Stattdessen wird nach Zugabe kleiner Portionen kurz gewartet um den bereits in der Losung befindlichen Proteinen Zeit zur Faltung zu geben Gefaltete Proteine aggregieren nicht mehr wodurch das Risiko dass ungefaltete Proteine aufeinandertreffen und miteinander Einschlusskorper bilden vermindert wird Expression ins Periplasma Bearbeiten Im Periplasma von Prokaryoten herrschen anders als im Cytosol oxidierende Bedingungen Ein GSG GSSG System gibt es hier nicht denn die aussere Membran ist fur Proteine die kleiner sind als 500 Da permeabel GSH hat eine molare Masse von nur 307 3 g mol Durch die aussere Membran kann auch Sauerstoff diffundieren Die rekombinante Expression von Proteinen mit Disulfidbindungen wird deshalb auch mit dem Periplasma als Zielort erforscht Einzelnachweise Bearbeiten Hans Dieter Jakubke Hans Jeschkeit Aminosauren Peptide Proteine Verlag Chemie Weinheim S 101 1982 ISBN 3 527 25892 2 Creighton TE Protein folding coupled to disulphide bond formation Biol Chem 1997 Aug 378 8 731 744 Literatur BearbeitenW Thieman M Palladino Biotechnologie Pearson Studium Deutschland 2007 ISBN 978 3 8273 7236 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Disulfidbrucke amp oldid 228849514