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Die Puszta fruher eingedeutscht manchmal Pussta geschrieben ist ein Landschaftsgrossraum in Ungarn der sudwestlichen Slowakei und im heutigen osterreichischen Burgenland Die Landschaft besteht aus baumarmer Steppe mit stark kontinentalem Klima Die Puszta ist der westlichste Auslaufer einer eurasischen Vegetationszone Eurasische Steppe die sich von hier mit kleinen Unterbrechungen z B durch die Karpaten und den Ural bis in die Mongolei erstreckt Glaubte man bis vor kurzem noch dass die Puszta im 16 und 17 Jahrhundert durch massive Rodung geschaffen wurde nach der die Landschaft nur noch als Viehweide genutzt werden konnte 1 hat die ungarische Landschaftsarchaologie dieses Bild in den letzten Jahren und Jahrzehnten eindeutig widerlegt und differenziert Nach jungeren Erkenntnissen entstand die Puszta als Waldsteppe vor uber 35 000 Jahren verwandelte sich vor uber 8000 Jahren allmahlich in eine Grassteppe und breitete sich in den letzten 3000 Jahren durch menschliche Einwirkung als Kultursteppe bzw Sekundarsteppe schrittweise aus wobei die Zeit zwischen dem 14 und dem 18 Jahrhundert Bedeutung hat 2 In der folgenden Zeit besonders im Laufe des 20 Jahrhunderts wurde die Puszta fur intensive Landwirtschaft kultiviert Von der alten Steppenlandschaft der Puszta finden sich nur noch wenige grossflachige Gebiete zum Beispiel der Nationalpark Hortobagy Eine heute fast nur noch touristische Vorstellung von Puszta der Ziehbrunnen in einer weiten GrassteppeAuch die Hirtenreiter gehoren zu den romantisierten Vorstellungen uber die Puszta Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Geographie 3 Geschichte 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenEtymologie Bearbeiten nbsp Eine westungarische Puszta als intensiv genutztes landwirtschaftliches Gebiet in Somogyvamos Komitat SomogyDer Begriff Puszta leitet sich vom altslawischen Wort pust fem a neutr o ab vgl serbokroatisch pust a o slowakisch pusty a e russisch pust oj pust oj was so viel wie ode wust leer verlassen bedeutet 3 In diesem Sinne kann die ins Ungarische entlehnte feminine Ableitung Puszta mit Einode Wuste unfruchtbares brachliegendes verlassenes oder unbebautes Land ubersetzt werden Im 16 Jahrhundert fand eine Projektion des Begriffs Puszta im Sinne von brachliegen und unbebaut auch auf unverheiratete Madchen statt Da sich das Wort im Ungarischen weiter verselbstandigte steht der Begriff auch fur landwirtschaftlich extensiv und intensiv genutzte Gebiete wie Heiden Weidelander Grassteppen Letztendlich konnen auch grosse Landguter und Meierhofe damit bezeichnet sein 4 Eines der touristisch bekanntesten Landguter dieser Art ist Szantodpuszta bei Szantod Komitat Somogy das in unmittelbarer Nahe des Plattensees liegt Ausserdem findet sich das Wort bei bewirtschafteten oder zumindest aufgeforsteten Waldergebieten oder Hainen So beispielsweise im Begriff Ujberekpuszta Neuhainpuszta nahe dem sudungarischen Dorf Vardomb im Komitat Tolna Die fur das traditionelle Agrarland Ungarn typischen bauerlichen Gasthofe csarda wurden und werden im Deutschen vielfach Pusztaschenken oder Heideschenken genannt Insbesondere im Zuge der Wiederbesiedelung nach den Turkenkriegen hat sich der Begriff auch in etlichen ungarischen Ortsnamen manifestiert So im Dorfnamen Bugac Puszta im gleichnamigen Nationalpark sudlich von Kecskemet Komitat Bacs Kiskun nbsp Puszta Ungarn nbsp Hortobagy Puszta nbsp Bugac PusztaLage in UngarnGeographie BearbeitenDie Puszta ist eine Kulturlandschaft welche eine Exklave der eurasischen Steppe darstellt und deren westlichster Auslaufer ist Die bedeutendsten ursprunglichen Gebiete die traditionell von extensiver Landwirtschaft gepragt sind finden sich im Nationalpark Hortobagy ostlich der Theiss in der sudungarischen Bugac Puszta sowie am Neusiedler See einem der grossten Steppenseen Europas Geschichte Bearbeiten nbsp Grasland im heute osterreichischen Seewinkel ostlich des NeusiedlerseesBis vor wenigen Jahrzehnten glaubte man die Puszta sei fast ausschliesslich eine von Menschen geschaffene Sekundarsteppe Das schlussfolgerte man aus der Existenz alter Reliktwalder und aus der Entdeckung der Reste fester Ansiedlungen aus dem Mittelalter in der Puszta Nach dieser Theorie entstand die Steppe im 16 und 17 Jahrhundert durch massive Eingriffe des Menschen in die ursprungliche Naturlandschaft Man schrieb die Steppenbildung dem ab 1526 erfolgten Einfall der Osmanen der turkischen Besatzungsmacht zu die die Walder grossflachig rodete und gleichzeitig Dorfer mit trockengelegtem Ackerland entvolkerte Der dadurch entstandenen Versumpfung des Landes wurde bis ins 20 Jahrhundert mit grossflachiger Trockenlegung begegnet die wiederum zur Versteppung fuhrte Auch die Regulierung der Flusse deren Naturgewalten sich durch die Bodenveranderungen bei Hochwassern zeigten soll zu dieser Entwicklung beigetragen haben Das fur die ursprungliche Okolandschaft endgultige Ende bedeuteten die Salzsteppen die fur Teile der Hortobagy typisch sind Die Region soll nach dieser alteren Theorie noch zur Zeit des Konigs Matthias Corvinus 1458 1490 von Sumpfwaldern gepragt gewesen sein 5 Die Bodenerosion trug dazu bei dass heute unter sehr dunnen Humusdecken zumeist Sandschichten zu finden sind Trotz der Entwasserung blieb der Grundwasserspiegel in einigen Regionen hoch Dies ermoglichte auch die Anlage von Brunnen deren bekannteste Form in der Puszta der Gemeskut Ziehbrunnen ist der aber nicht die einzige verbreitete Form von Brunnen war In extremer Form fuhrten die Eingriffe zu Salzseen und Treibsandflachen Daneben hielten sich als Zwischenphasen zu dieser Entwicklung Moorwiesen und Altauen Die extensiv genutzte Puszta wurde jedoch zum Lebensraum vieler Tier und Pflanzenarten die heute wiederum teilweise unter Artenschutz stehen darunter auch selten gewordene Haustierrassen wie das vor dem Aussterben stehende Ungarische Steppenrind Bis in die 1960er Jahre wurde diese Theorie auch von der ungarischen Landschaftsarchaologie einer interdisziplinaren Verbindung aus Geschichtswissenschaft Archaologie Palaobotanik Geologie und Geophysik weitgehend akzeptiert weil die Reste zahlreicher Entwasserungsgraben und Siedlungen in sandigen versalzenen oder sumpfigen Gebieten gefunden wurden 6 nbsp Die alteste Karte Ungarns die Tabula Hungarie nach NO ausgerichtet oben die Karpaten unten rechts die Adria zeigt schon um 1528 deutlich dunner besiedelte und weniger bewaldete Landschaften in den Tiefebenen Auch die Bezeichnungen Campus lat Feld auch im Sinne von Grasfeld und Pusta nahe der Theiss Donau Mundung bei Krichisch weyssnburgk sind vermerkt Danach nahmen zuerst in der Geschichtswissenschaft und Archaologie Zweifel an diesem Bild zu weil nicht erklarlich wurde dass sich historische Verbande aus den ostlicheren Steppen wie die Jazygen Hunnen Awaren Magyaren Petschenegen Kumanen und Jassen die Region als Lebensraum suchten in der sie nach archaologischen Forschungen zwar zumeist in festen Siedlungen lebten aber ihre Lebensweise als primare Viehzuchter fortfuhrten was grosse Weideflachen voraussetzt Historisch demographische Untersuchungen zur Besiedlung der ostlichen und sudlichen Grossen Ungarischen Tiefebene zeigten zum 10 bis 17 Jahrhundert dass sich fast alle Stadte Marktflecken und Dorfer auf die Umgebung der grossen Flusse ihr Uberschwemmungsgebiet konzentrierten 7 Dazwischen wurde in mehreren Quellen auch Grasland und Puszta erwahnt vgl nebenstehende Karte Jungere geologische Boden pH Untersuchungen zeigen dass hier Steppenlandschaften bereits seit dem Pleistozan vor 35 40 000 Jahren bis ins Mittelalter existierten die aber starker als heute in der Nahe der Flusslaufe in Waldsteppen und Auwalder ubergingen nur 15 der Tiefebene war anfangs alkalischer Steppenboden 8 Palaobotanische Pollenanalyse und geologische Untersuchungen beweisen dass sich diese Waldsteppen schon seit der Kupfersteinzeit langsam in Grassteppen verwandelten und sich wohl durch menschliche Einflusse seit 3000 Jahren schrittweise als Kultursteppen ausbreiteten 9 Richtig ist aber dass vom 14 bis zum 18 Jahrhundert viele Acker und Waldinseln zerstort wurden was eine zusatzliche sekundare Ausbreitung der Steppen mit Viehzucht durch Hirten besonders in der Kleinen Ungarischen Tiefebene in Transdanubien und teilweise in den Flusstalern und die Versumpfung einiger Flachen nach sich zog 2 Viele Historiker und Archaologen geben daran heute nicht mehr allein der osmanischen Eroberung ab 1526 die Schuld sondern vor allem den haufigen auch von irregularen Truppen Akinci Sipahi und Vojnuken auf osmanischer Seite Hajduken und Husaren auf der christlichen ausgetragenen Grenzkriegen zwischen den drei Teilen Ungarns Osmanisch Ungarn Konigliches Ungarn und Furstentum Siebenburgen 10 Unzweifelhaft bewirkte die osmanische Eroberung Sud und Mittelungarns 1526 33 einen Bevolkerungsruckgang wenn auch nicht so extrem wie fruher angenommen im Langen Turkenkrieg 1593 1606 folgte eine Landflucht aus zerstorten Dorfern ca 20 und einige Walder wurden von den Osmanen gerodet um feindlichen Armeen Freischarlern und Steuerfluchtlingen Ruckzugsmoglichkeiten zu nehmen weitere Verwustungen folgten mit der Ruckeroberung Osmanisch Ungarns im Grossen Turkenkrieg 1683 99 und schliesslich in den Kuruzenaufstanden bis 1711 gegen die neue katholische Zentralherrschaft der Habsburger 11 Zweifellos fuhrten diese Ereignisse zu einer weiteren sekundaren Ausbreitung der schon vorher bestehenden Kultursteppe 12 Neben der Entvolkerung und Versteppung ehemaligen Kulturlandes und der erwahnten Senkung des Grundwasserspiegels durch Regulation der Flusse und Bewasserung gibt es weitere okologische Ursachen fur die Bildung der Sekundarsteppe wie die Etablierung invasiver langer Steppengraser die Jungbaumen den Zugang zum Licht nehmen oder die Uberweidung durch Nutztiere Hausrind Hausschaf Hausziege manchmal auch durch Wildtiere in Wildtiergehegen die Jungbaume abfressen und die Landschaft offen halten 13 Auch die spatere Umwandlung in Ackerland durch Melioration ist kein Argument wie fruher manchmal vermutet dass anfangs keine Steppe existierte weil auch fast alle rumanischen ukrainischen und sudrussischen Steppen zu Ackerland umgewandelt wurden Siehe auch BearbeitenCsikos Nationalparks in Ungarn Nationalpark HortobagyLiteratur BearbeitenLorand Benko Hrsg Etymologisches Worterbuch des Ungarischen Band 6 Akademiai Kiado Budapest 1995 ISBN 963 05 6846 2 Gyorgy Kapocsy Die ungarische Puszta Corvina Budapest 1987 ISBN 963 13 2500 8 978 9631325003Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Puszta Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Nationalpark Hortobagy Internetangebot der Nationalparkverwaltung abgerufen am 8 Juni 2014Anmerkungen Bearbeiten Welt online Unesco Weltkulturerbe Europa Nationalpark Hortobagy die Puszta Memento vom 21 Dezember 2011 im Internet Archive a b Unesco Beschreibung zum Hortobagy Weltnaturerbe mit historischer Entwicklung der Puszta Landschaft Zaicz Gabor Hrsg ETIMOLoGIAI SZoTAR Magyar szavak es toldalekok eredete Etymologisches Worterbuch Ungarische Worter und Bildungselemente Affixe Eintrag puszta pdf Seite 599 Budapest 2006 ungarisch tankonyvtar hu PDF abgerufen am 11 Dezember 2022 Tibor Kestyus Untersuchungen zu den ungarischen Lehn und Fremdwortern in der deutschen Sprache In Finnisch ugrische Mitteilungen Band 21 22 Buske 1999 S 83 ff hier S 102 Gustav Wendelberger Zur Soziologie der kontinentalen Halophytenvegetation Mitteleuropas unter besonderer Berucksichtigung der Salzpflanzengesellschaften am Neusiedler See In Denkschriften der Akademie der Wissenschaften 108 Wien 1951 S 13 Siehe z B Csilla Zatyko People beyond landscapes Past present and future of Hungarian landscape archeology in Antaeus 33 2015 S 369 388 die sich am Ende aber nur den Einzugsgebieten von Donau und Theiss und Transdanubien widmet Geza David Towns villages depopulated settlements Population movements in Ottoman Hungary in HStud27 2013 2 S 251 261 hier S 257 Zusammenfassung eines geologischen Referates von Pal Sumegy Universitat Szeged in Zusammenarbeit mit den biologischen Verwaltungen der Nationalparks der Region und geologischen geophysikalischen nuklearwissenschaftlichen und archaologischen Instituten Eniko Magyari et al Holocene persistence of wooded steppe in the Great Hungarian Plain in Journal of Biogeography 2010 Z B William McNeill Europe s Steppe Frontier 1500 1800 Chicago 2011 S 18 20 Die osmanischen Streifzuge nach Sudungarn begannen in der 2 Halfte des 14 Jahrhunderts worauf die sudungarische Landbevolkerung nach McNeill mit einem more archaic pastoralist lifestyle reagierte Aber auch sie erklaren die Bildung der Puszta nicht allein denn im ebenfalls betroffenen Siebenburgen reagierten die Bewohner darauf mit der verstarkten Anlage von Kirchenburgen ohne Versteppung der Landschaft Geza David Towns villages depopulated settlements Population movements in Ottoman Hungary in HStud27 2013 2 S 251 261 es kam sogar zu einer leichten demographischen Zunahme uber die osmanische Zeit wenn auch zu fast 40 keine ungarische Vorbevolkerung Ungarisches Ministerium fur nationales Kulturerbe Hrsg Hungarian Archeology at the Turn of the Millenium Budapest 2003 S 405 413 Zs Molnar et al Past Trends Present State and Future Prospects of Hungarian Forest Steppe in Marinus J A Werger Marija A van Staalduinen Hrsg Eurasian Steppes Ecological Problems and Livelihoods in a Changing World Heidelberg u a 2012 S 209 252 Auf S 241 242 werden acht Ursachen fur die Bildung der Kultursteppe der Puszta aufgezahlt Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Puszta amp oldid 235044059