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Der Preussische Staatsrat war von 1817 bis 1848 und erneut ab 1854 im Preussischen Staat ein beratendes Gremium des Konigs Seine Mitglieder trugen nicht den Titel Staatsrat durften sich aber als Mitglied des Staatsrates bezeichnen Ansicht des Berliner Schlosses von der Langen Brucke 1874 Die Staatsratszimmer lagen hinter den Fenstern die unter dem Pferd zu sehen sind Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Vorgeschichte 1 2 Einfuhrung 1817 2 Aufgaben 2 1 Der Pairsschub von 1831 2 2 Marzrevolution und Reaktionsara 2 3 Reaktivierung durch Bismarck 2 4 Die letzte Sitzung 1895 3 Tagungsort 4 Personen 4 1 Mitglieder 4 2 Prasidenten 5 Literatur 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenVorgeschichte Bearbeiten Nach der Niederlage Preussens gegen Napoleon in der Schlacht bei Jena und Auerstedt im Jahr 1806 begannen die Preussischen Reformen In vielen Bereichen orientierte man sich an den Veranderungen in Frankreich Eine viel beachtete Innovation war die Grundung des Conseil d Etat deutsch Staatsrat durch Napoleon 1798 In den Rheinbundstaaten wurden nach diesem Vorbild teilweise Staatsrate als beratende Gremien eingerichtet siehe z B die Constitution des Konigreichs Westphalen Auch im HRR bestanden in vielen Territorien Geheime Rate In Preussen war dies bis 1808 das Geheime Ratskollegium Auch Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein schlug in der Nassauer Denkschrift und seinem Entwurf einer Verordnung vom 24 November 1808 die nie in Kraft trat die Einrichtung eines Staatsrates mit beratender und legislativer Funktion vor In der von Karl August von Hardenberg entworfenen Verordnung vom 27 Oktober 1810 uber die veranderte Verfassung aller obersten Staatsbehorden in der Preussischen Monarchie sind die Einrichtung eines Staatsrates wie auch Vorschriften uber seine Zusammensetzung enthalten 1 eine faktische Einfuhrung des Gremiums erfolgte aber zunachst nicht 2 Die Ankundigung des Konigs in der Allerhochsten Kabinettsordre vom 3 Juni 1814 wegen Ernennung des Ministerii er wolle nach seiner Ruckkehr aus Paris den Staatsrat in Aktivitat setzen bringt aber dessen Anordnung in Zusammenhang mit der Frage der standischen Verfassung und Reprasentation was die Verzogerung der tatsachlichen Einfuhrung bis 1817 erklart Einfuhrung 1817 Bearbeiten Mit der Verordnung wegen Einfuhrung des Staatsrats vom 20 Marz 1817 3 wurde der Staatsrat gebildet Er bestand aus den Prinzen des koniglichen Hauses sobald sie das achtzehnte Lebensjahr erreicht haben Mitgliedern qua Amt namlich dem Staatskanzler und Prasidenten des Staatsrats den Feldmarschallen den die Verwaltung leitenden wirklichen Staatsministern dem Minister Staatssekretair der die Protokolle und Gutachten des Staatsrates fuhrt und das Formelle des Geschaftsganges zu besorgen hat dem Generalpostmeister dem Chef des Obertribunals dem ersten Prasidenten der Oberrechnungskammer dem Geheimen Kabinettsrat dem Offizier der den Vortrag in Militarsachen beim Konig hat den kommandierenden Generalen in den Provinzen jedoch nur dann wenn sie besonders berufen werden den Oberprasidenten in den Provinzen jedoch ebenfalls nur dann wenn sie besonders berufen werden aus Staatsdienern welche durch besonderes Vertrauen des Konigs Sitz und Stimme im Staatsrath erhalten und von diesem ernannt werden Der Staatsrat bildete sieben Ausschusse genannt Abteilungen aus je funf Mitgliedern auswartigen Angelegenheiten Kriegswesen Justiz Finanzen Handel und die Gewerbe Gegenstande der Ministerien des Innern und der Polizei Kultus und die offentliche ErziehungAufgaben BearbeitenDie Aufgabe des Staatsrates war die Beratung von Gesetzesvorhaben wobei diese Gesetze auch Verordnungen Erlasse o a sein konnten Der Staatsrat hatte kein Initiativrecht er behandelte nur Vorlagen die ihm zugewiesen wurden Die Vorlagen wurden dem Sekretariat des Staatsrates vom zustandigen Ministerium ubergeben Dieses hatte das Recht zusatzliche Unterlagen anzufordern Die Vorhaben wurden dann in den Ausschussen des Staatsrates und spater im Plenum beraten Der Staatsrat hatte keine Entscheidungskompetenz gab aber ein Votum fur oder gegen die Vorlage ab und konnte Anderungsvorschlage machen Ublicherweise folgte der Monarch diesem Votum Nahm der Monarch an den Sitzungen des Staatsrates teil verliess er die Sitzung bei der Abstimmung um das Ergebnis nicht zu beeinflussen Zur Wirksamkeit musste das beschlossene Gesetz durch den zustandigen Minister und den Prasidenten des Staatsrates gegengezeichnet werden Dies betraf nur die Gesetze die der Staatsrat behandelt hatte Wurde ein Gesetz im Staatsrat nicht behandelt trat es ohne diese Gegenzeichnung in Kraft Der Anteil der Gesetze die dem Staatsrat vorgelegt wurden nahm rasch ab 1818 wurden von 16 geeigneten Gesetzen alle 16 beraten 1821 noch 10 von 31 1826 waren es noch vier von 30 Gemass einer Aufstellung von Herzog Carl von Mecklenburg wurden bis Marz 1827 einhundert Falle im Staatsrat behandelt und sind ihm 182 geeignete Falle nicht vorgelegt worden In einer Kabinettsorder vom 9 Dezember 1827 bestimmte der Konig dass der Prasident des Staatsrates ihm alle Vorlagen bei denen die Regierung und er unterschiedlicher Meinung bezuglich der Behandlung im Staatsrat waren gesondert vorzutragen hatte Der Pairsschub von 1831 Bearbeiten Nach dem Wiedereintritt von Wilhelm von Humboldt in den Staatsrat 1830 veranderte sich das Klima der Beratungen Insbesondere bei der Beratung der Stadteordnung fur Westfalen bildete sich eine Opposition gegen das Staatsministerium gefuhrt durch Humboldt heraus Humboldt gelang es in einer Reihe von Abstimmungen eine Mehrheit gegen die konservative Politik der Regierung zu organisieren Unter dem Eindruck der Julirevolution von 1830 furchtete der Konig liberale Tendenzen Am 12 Juli 1831 richtete der Konig eine Kabinettsorder an die Regierung die die Minister aufforderte Vorlagen an den Staatsrat besser vorzubereiten Wenig spater verordnete er den Pairsschub von 1831 Der Staatsrat wurde um General Gustav von Rauch Bischof Daniel Amadeus Neander Geheimen Oberregierungsrat Julius August von Bernuth Geheimen Oberfinanzrat von Stulpnagel Geheimen Oberjustizrat Muller und Geheimen Oberrevisionsrat Wilhelm Blanchard 1832 erweitert 4 Marzrevolution und Reaktionsara Bearbeiten Infolge der Marzrevolution wurde Preussen 1848 von einer absoluten zu einer konstitutionellen Monarchie Die Gesetzgebung lag nunmehr ausschliesslich bei Konig und Parlament Die 1850 in Kraft getretene Verfassung fur den Preussischen Staat sah keinen Staatsrat vor Das Sekretariat des Staatsrates wurde aufgelost Staatssekretar Bode war schon zum 1 Oktober 1848 in den Wartestand versetzt worden In der Reaktionsara reaktivierte Konig Friedrich Wilhelm IV 1854 den Staatsrat als ein personliches Gremium zur Begutachtung der wichtigsten Staatsangelegenheiten Bei der Neueinrichtung des Staatsrates anderte sich sein Anteil am Gesetzgebungsprozess Dadurch dass Gesetze nun nur im Landtag final behandelt wurden war die Befassung des Staatsrates der Beratung im Parlament vorgeschaltet Die Entwurfe die den Staatsrat passiert hatten konnten nun im Landtag noch eine Veranderung erfahren Entsprechend entfiel die Gegenzeichnung Es wurden neue Mitglieder ernannt die fruheren Mitglieder blieben Mitglied und der Staatsrat zu Beratungen eingeladen Ein Teil der Mitglieder des Staatsrates bildete die Engere Versammlung Am 4 Juli 1854 trat die Vollversammlung des Staatsrates im Berliner Schloss zusammen und der Konig fuhrte die Mitglieder in ihr Amt ein Ab 1854 berief er ausschliesslich Sitzungen der Engeren Versammlung ein fur die weiteren Mitglieder war die Mitgliedschaft im Staatsrat eine reine Ehrung Der Konig uberwies dem Staatsrat nur wenige Vorgange zur Beratung Im Oktober 1856 liess er die Engere Versammlung das letzte Mal zusammentreten dann schlief das Gremium ein Reaktivierung durch Bismarck Bearbeiten Auf Betreiben Otto von Bismarcks kam es 1884 zu einer erneuten Reaktivierung des Staatsrates Konig Wilhelm I ernannte am 11 Juni 1884 70 neue Mitglieder Unterstaatssekretar Theodor von Moller wurde zum Staatssekretar des Staatsrates ernannt Grundlage der Arbeit des Staatsrates war das Regulativ betreffend die Verhandlungen des Staatsrates 5 Das Regulativ passte die Abteilungen des Staatsrates der Struktur der Ministerien an Vor allem war der Staatsrat dem Staatsministerium nachgeordnet Die feierliche Wiedereroffnung fand am 25 Oktober 1884 im Elisabethsaal des Berliner Schlosses statt Die Ministerien unterstutzten die Arbeit des Staatsrates nur gering und legten ihm erneut nur wenige Vorlagen vor Letztmals tagte der Staatsrat unter Bismarck 1890 Die letzte Sitzung 1895 Bearbeiten Nachdem Hans von Kanitz einen Gesetzentwurf in den Reichstag eingebracht hatte die Getreideeinfuhr zu monopolisieren und Mindestpreise fur Getreide einzufuhren erklarte Kaiser Wilhelm II in der Sitzung des Staatsministeriums am 4 Januar 1895 uberraschend den Staatsrat einzuberufen und ihn uber diesen Entwurf diskutieren zu lassen Dies fuhrte zu intensiven Diskussionen Ein staatsrechtliches Problem war die Teilnahme Otto von Bismarcks Die juristische Frage war ob seine Mitgliedschaft mit dem Ausscheiden aus dem Amt erloschen sei oder er aufgrund der Berufung im Jahre 1854 auf Lebenszeit Mitglied sei Die politische Frage war die Aussohnungsspolitik Kaiser Wilhelms II gegenuber Bismarck Reichskanzler und Ministerprasident Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst besuchte auf Wunsch von Kaiser Wilhelm II Bismarck und erklarte er wurde bei Erscheinen Vizeprasident des Staatsrates werden Wilhelm II selbst wollte die Sitzungen leiten Dennoch entschied sich Bismarck die Sitzung die kurz vor seinem 80 Geburtstag stattfand nicht zu besuchen und Hohenlohe wurde Vizeprasident Die zweite Frage war wie eine Mehrheit fur die Regierungsposition zu sichern sei Die Regierung erwog einen Pairsschub und legte Kaiser Wilhelm II hierzu Namenslisten vor Stattdessen wurde eine engere Versammlung des Staatsrates einberufen Die so ausgewahlten 16 Staatsratsmitglieder beraten durch 26 Grossagrarier und Finanzmagnaten tagten vom 12 bis zum 21 Marz unter dem Vorsitz des Kaisers Dies war die letzte Sitzung des Staatsrates Er wurde nie wieder einberufen neue Mitglieder wurden nicht mehr ernannt der Staatsrat wurde aber auch nicht aufgehoben Mit der Novemberrevolution endete seine Existenz de jure Zu diesem Zeitpunkt bestand er ausser aus den Mitgliedern qua Amt nur noch aus 8 Mitgliedern Das Gesetz zur vorlaufigen Ordnung der Staatsgewalt in Preussen vom 20 Marz 1919 sah den Staatsrat nicht mehr vor Die Verfassung des Freistaats Preussen vom 30 November 1920 6 sah erneut einen Staatsrat vor Dieser stand jedoch nicht in der Tradition des alten Staatsrates sondern war die Vertretung der preussischen Provinzen und war eher am Reichsrat orientiert Tagungsort BearbeitenDer Staatsrat tagte zwischen 1817 und 1848 in dem von Karl Friedrich Schinkel gestalteten Staatsratssaal des Berliner Schlosses Der Raum lag im Erdgeschoss des Sudflugels hinter dem dritten bis sechsten Fenster westlich des Portals II Als Teil der Staatsratszimmer beherbergte der Saal ab 1910 den Prasidenten der Kaiser Wilhelm Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften Im Zweiten Weltkrieg blieben die Raume nahezu unversehrt bis sie 1950 bei der Sprengung des Schlosses untergingen 7 Personen BearbeitenMitglieder Bearbeiten Fur die Mitglieder des Staatsrates siehe Liste der Mitglieder des Preussischen Staatsrats 1817 1918 Prasidenten Bearbeiten Karl August von Hardenberg 1817 1822 Carl von Mecklenburg 1825 1837 Karl von Muffling genannt Weiss 1837 1847 Friedrich Carl von Savigny 1847 1848 Otto Theodor von Manteuffel 1852 1856 Literatur BearbeitenJoachim Lilla Der Preussische Staatsrat 1921 1933 Ein biographisches Handbuch Mit einer Dokumentation der im Dritten Reich berufenen Staatsrate Handbucher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Band 13 Droste Dusseldorf 2005 ISBN 3 7700 5271 4 S 9 Hans Schneider Der preussische Staatsrat 1817 1918 Ein Beitrag zur Verfassungs und Rechtsgeschichte Preussens C H Beck Munchen 1952 Zugleich Berlin Wirtschaftshochschule Habil Schr 1939 1940 Verordnung wegen Einfuhrung des Staatsrats vom 20 Marz 1817Einzelnachweise Bearbeiten Preussische Gesetzsammlung 1810 S 3 Nr 2 Christian Schmitz Die Vorschlage und Entwurfe zur Realisierung des preussischen Verfassungsversprechens 1806 1819 2010 ISBN 9783899717914 S 180 Digitalisat Verordnung wegen Einfuhrung des Staatsrats vom 20 Marz 1817 Gesetz Sammlung fur die Koniglichen Preussischen Staaten 1817 S 67 ff Schneider Der Preussische Staatsrat S 88 Dies ist bis zum Jahre 1848 der einzige politische Pairsschub geblieben Das Regulativ wurde vom Staatsministerium erstellt und vom Konig per Erlass vom 11 Juni 1884 in Kraft gesetzt Eine Veroffentlichung erfolgte nicht GS S 543 Zum Staatsratssaal siehe Goerd Peschken Hans Werner Klunner Das Berliner Schloss Das klassische Berlin Propylaen Berlin 1982 ISBN 3 549 06652 X S 542 544 Abb Tafel 289 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Preussischer Staatsrat 1817 1918 amp oldid 237768042