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Der sog Palmsonntagsputsch am 13 April 1919 in Munchen war ein Versuch der Republikanischen Schutztruppe unter dem Kommando von Alfred Seyffertitz die in der Vorwoche ausgerufene Munchner Raterepublik zu sturzen und die im Zuge der revolutionaren Ereignisse nach Bamberg geflohene vom bayerischen Landtag eingesetzte Regierung des Ministerprasidenten Johannes Hoffmann SPD wiederherzustellen Allerdings ist der weitgehend ublich gewordene Begriff Palmsonntagsputsch gleich mehrfach problematisch So ist er zum einen nicht zeitgenossisch zum anderen handelt es sich eben nicht um einen Staatsstreich gegen eine legitime Regierung was normalerweise unter Putsch verstanden wird sondern um die Niederschlagung eines Aufstandes Das militarische Vorgehen der Regierung scheiterte am Widerstand der im Aufbau befindlichen Munchner Roten Armee unter dem Kommando von Rudolf Egelhofer KPD Der Erfolg der revolutionaren Miliz fuhrte dazu dass die zweite kommunistisch dominierte Phase der Raterepublik eingeleitet wurde Die bis dahin von pazifistischen und anarchistischen Intellektuellen gepragte Munchner Raterepublik wurde in den Regierungsposten durch kommunistische Kader um Eugen Levine und Max Levien ersetzt Rudolf Egelhofer wurde zum Stadtkommandanten Munchens ernannt Vgl Unterabschnitt Kommunistische Raterepublik Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Vorgehen der Republikanischen Schutztruppe 2 1 Von der Republikanischen Schutztruppe festgenommene Vertreter der Raterepublik 3 Nachgeschichte 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelbelegeVorgeschichte BearbeitenIm Zuge der Novemberrevolution gegen Ende des Ersten Weltkriegs war am 7 8 November 1918 von Kurt Eisner dem fuhrenden Reprasentanten der bayerischen USPD die Wittelsbacher Monarchie fur abgesetzt erklart und der Freistaat Bayern als Republik ausgerufen worden Eisner wurde vom Munchner Arbeiter und Soldatenrat zum ersten Ministerprasidenten der neuen bayerischen Republik gewahlt und bildete ein provisorisches Regierungskabinett aus Mitgliedern der SPD bzw zu der Zeit MSPD und der USPD Bei der Landtagswahl im Januar 1919 musste Eisner eine schwere Niederlage fur sich und die USPD hinnehmen Als er am 21 Februar 1919 seinen Rucktritt erklaren wollte wurde er auf dem Weg zum Landtag vom volkisch antisemitischen Attentater Anton Graf von Arco auf Valley ermordet Daraufhin kam es im Landtag zu panikartigen Tumulten mit zwei weiteren Todesopfern sodass die Sitzung vertagt wurde In der Folge verscharften sich Auseinandersetzungen daruber ob die Demokratie in Bayern durch eine pluralistisch parlamentarische Staatsform oder eine Raterepublik umgesetzt werden sollte Die sich gegenuberstehenden Interessengruppen der Landtag einerseits und der Ratekongress andererseits sprachen sich gegenseitig die Legitimation zu einer neuen Regierungsbildung ab was faktisch ein politisches Machtvakuum bedeutete Die provisorische Regierungsgewalt ubernahm vorubergehend der vom Ratekongress eingesetzte Zentralrat der bayerischen Republik unter dem Vorsitz von Ernst Niekisch MSPD spater USPD um die politische Handlungsfahigkeit des zunachst fuhrungslos gewordenen Freistaats zu erhalten Der Zentralrat proklamierte Martin Segitz MSPD zum Ministerprasidenten der dieses Amt jedoch nicht aktiv antrat 1 Es dauerte etwa drei Wochen bis sich am 17 Marz der Landtag gegen diese Interimslosung des Zentralrats stellte und Johannes Hoffmann zum Regierungschef einer von der BVP tolerierten Minderheitsregierung aus MSPD Bayerischem Bauernbund und vorerst noch der USPD wahlte Diesem Vorgehen wiederum widersetzten sich der Zentralrat und der Revolutionare Arbeiterrat Noch einmal drei Wochen spater riefen diese Gremien am 7 April die Bayerische Raterepublik in Munchen aus der sich innerhalb kurzer Zeit auch einige andere bayerische Stadte anschlossen Auch die USPD Mitglieder im Kabinett Hoffmann traten nun aus der Regierung aus und schlossen sich der Raterepublik an Hoffmann geriet ins Hintertreffen wurde fur abgesetzt erklart und musste nach Bamberg ausweichen wo er mit den verbliebenen Kabinettsmitgliedern das Rathaus bezog und Massnahmen die zum Sturz der Raterepublik fuhren sollten einleitete Vorgehen der Republikanischen Schutztruppe BearbeitenAlfred Seyffertitz der Kommandant der in Munchen verbliebenen und der Regierung Hoffmann gegenuber loyalen Republikanischen Schutztruppe beabsichtigte die Rateregierung zu sturzen und ihre Mitglieder festzunehmen Zur Absicherung seiner Plane suchte er Hoffmann am 10 11 April 1919 in Bamberg auf und liess sich sozusagen formell den Auftrag zum Putsch erteilen Bei Tagesanbruch des Palmsonntags am 13 April 1919 drang die Republikanische Schutztruppe in die Raume des Zentralrats der Raterepublik im Wittelsbacher Palais ein und verhaftete 13 Personen darunter acht Mitglieder des Zentralrats mit dabei auch der anarchistische Literat Erich Muhsam bis dahin einer der massgeblichen Wortfuhrer der Raterepublik Er wurde unmittelbar nach seiner Festnahme mit den anderen Verschleppten per Bahn zunachst ins Gefangnis von Eichstatt verbracht und spater im Zuchthaus Ebrach festgesetzt 2 Jedoch konnten sich wichtige Entscheidungstrager einer Festnahme entziehen unter ihnen beispielsweise Ernst Toller Gustav Landauer und fuhrende KPD Politiker Diese riefen die Bevolkerung zu Demonstrationen auf Die Erwartung Seyffertitz dass sich weitere Munchner Truppenverbande seiner Aktion anschliessen wurden erfullte sich nicht In der Hoffnung Verstarkung von aussen zu erhalten besetzte die Republikanische Schutztruppe den Munchner Hauptbahnhof als Ruckzugsort Dort wurden sie von revolutionaren Milizionaren unter dem Kommando des vormaligen Matrosen Rudolf Egelhofer belagert Es kam zu Feuergefechten die schliesslich 21 Todesopfer forderten Gegen 21 Uhr gab Seyffertitz mit seinen verbliebenen Leuten auf und setzte sich in einer Lokomotive nach Eichstatt ab nbsp Offentliche Anordnung zur Waffenabgabe vom 14 April 1919 unterzeichnet vom Stadtkommandanten Rudolf Egelhofer eine der ersten Massnahmen der neuen kommunistischen Fuhrung der Raterepublik nach dem vereitelten PalmsonntagsputschInnerhalb der Rateregierung hatte sich im Verlauf der Kampfe ein offener Konflikt ergeben bei dem die Kommunisten den bis dahin die Raterepublik reprasentierenden Pazifisten und Anarchisten vorwarfen bisher zu inkonsequent gegen mogliche konterrevolutionare Aktivitaten vorgegangen zu sein und zu wenig unternommen zu haben um die Raterepublik abzusichern Bei der Debatte auf einer kurzfristig einberufenen Versammlung der Arbeiter und Soldatenrate beanspruchte Eugen Levine die fuhrenden Positionen innerhalb der Rateregierung fur sich und seine Partei die KPD Nach dem Eintreffen der Nachrichten uber die Kampfe um den Hauptbahnhof konnte er die Mehrheit der Versammlung schliesslich davon uberzeugen die fuhrenden Posten der Rateregierung auf ihn und andere KPD Mitglieder im neu gebildeten Vollzugsrat zu ubertragen Rudolf Egelhofer wurde zum Munchner Stadtkommandanten ernannt und loste den seit 24 November 1918 in dieser Funktion eingesetzten Oskar Durr ab Auch Ernst Toller und zunachst Gustav Landauer erkannten diesen Fuhrungswechsel an und blieben vorerst im engeren Fuhrungskreis der Raterepublik wobei Landauer jedoch bereits nach wenigen Tagen von seinen Posten und Funktionen zurucktrat nachdem einige seiner Entscheidungen von der KPD ruckgangig gemacht worden waren und ihm wichtige Vorschlage unberucksichtigt blieben Toller wurde Egelhofer als Stellvertreter in der Fuhrung der Munchner Roten Armee zur Seite gestellt und ubernahm das Kommando uber die Soldaten im Munchner Westen Von der Republikanischen Schutztruppe festgenommene Vertreter der Raterepublik Bearbeiten Josef Baison 1888 1945 Schlosser der Lokomotiven und Maschinenfabrik J A Maffei gemass eigener Aussage Teilnehmer an einer Sitzung des Zentralrats 3 Rudolf Reimund Ballabene 4 Hans Bastian Beratendes Mitglied des Zentralrats Alfons Braig 5 August Hagemeister Volksbeauftragter fur Volkswohlfahrt 6 Anton Hofmann KPD 7 Georg Kandlbinder MSPD Otto Killer zeitweiliger Volksbeauftragter fur Militar 8 Anton Kurth Vorsitzender der USPD Sendling 9 Franz Lipp Volksbeauftragter fur Ausseres Erich Muhsam Fritz Soldmann Volksbeauftragter fur Inneres Arnold Wadler USPD Volksbeauftragter fur WohnungswesenNachgeschichte BearbeitenDie Munchner Raterepublik konnte sich noch knapp drei Wochen halten bis sie am 2 Mai 1919 der militarischen Ubermacht von durch die Bamberger Landesregierung mobilisierten antikommunistischen und im Grunde republikfeindlichen Freikorpsverbanden und wenig spater zusatzlich von der Reichsregierung in Berlin zur Verstarkung entsandter Reichswehrtruppen Weisse Truppen unterlag Bei den Kampfen zur Verteidigung der Raterepublik waren zwischen 600 und 700 Menschen zumeist Rotarmisten und Anhanger der Raterepublik gefallen Doch nach dieser Niederschlagung setzten die Freikorps und Reichswehrsoldaten ihre in der Literatur auch als Weisser Terror bezeichneten Vergeltungsaktionen fort Zusatzlich zu den bei den Kampfen gefallenen Menschen wurden in den Tagen und Wochen nach dem 2 Mai mehr als 2000 auch vermeintliche Anhanger der Raterepublik ermordet nach kurzen Standgerichtsurteilen hingerichtet oder bei anderen Gerichtsverfahren zu langen Haftstrafen verurteilt Gustav Landauer wurde nach seiner Festnahme am 2 Mai im Gefangnis Stadelheim von Freikorpssoldaten gedemutigt misshandelt und ermordet Rudolf Egelhofer am 1 Mai in einem Versteck aufgespurt und zwei Tage spater ebenfalls ermordet Eugen Levine wurde Anfang Juni zum Tode verurteilt und hingerichtet Ernst Toller der im Juli des Hochverrats angeklagt wurde entging dem Todesurteil dadurch dass sich renommierte Intellektuelle fur ihn einsetzten So attestierte ihm sein Professor aus Studiumszeiten der auch international angesehene Soziologe Max Weber die absolute Lauterkeit eines Gesinnungsethikers Toller wurde zu funf Jahren Haft verurteilt die er in voller Lange verbusste Der bereits seit dem Palmsonntagsputsch am 13 April inhaftierte anarchistische Schriftsteller Erich Muhsam wurde am 7 Juli als treibendes Element der Raterepublik angeklagt und zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt aus der er nach 5 Jahren und 8 Monaten im Zuge einer Amnestierungswelle zu Weihnachten 1924 entlassen wurde Max Levien war einer der wenigen fuhrenden Reprasentanten der Munchner Raterepublik der nach deren Niederschlagung dem Tod und einer Verurteilung entging Es gelang ihm kurz nach seiner Verhaftung zu fliehen und nach Osterreich zu entkommen Einem Auslieferungsantrag der bayerischen Justiz kam die osterreichische Regierung nicht nach Nicht verantworten mussten sich hingegen Tater aus den Kreisen der Reichswehr und der Freikorps die fur zahlreiche Morde an Vertretern der Raterepublik verantwortlich waren Literatur BearbeitenAllan Mitchell Revolution in Bayern 1918 1919 Die Eisner Regierung und die Raterepublik Beck Munchen 1967 2 Auflage 1982 ISBN 3 406 02003 8 S 277 f Weblinks BearbeitenFlorian Sepp Matthias Bischel Palmsonntagsputsch 13 April 1919 In Historisches Lexikon Bayerns 12 Dezember 2018 abgerufen am 30 August 2014 Rudolf Hartbrunner 13 April 1919 Vom Palmsonntags Putsch zur Kommunistischen Raterepublik In hartbrunner de Archiviert vom Original am 17 Marz 2017 abgerufen am 13 April 2019 relativ detaillierte Darstellung des Putschversuchs an sich Verschleppte des Palmsonntagsputsches In muenchenwiki de 16 September 2016 abgerufen am 13 April 2019 Liste der 13 von der Republikanischen Schutztruppe verhafteten Angehorigen des Zentralrats u a Unterstutzer der Raterepublik Einzelbelege Bearbeiten Kabinett Segitz 1919 Artikel zum proklamierten jedoch nicht aktiv gewordenen bayerischen Revolutionskabinett unter Martin Segitz im Marz 1919 im Historischen Lexikons Bayerns abgerufen am 18 Marz 2017 siehe Kurzbiografie Erich Muhsam im Uberblick Kurzbiografien zur Geschichte der Revolution von 1918 19 in Munchen Memento des Originals vom 1 Dezember 2017 im Internet Archive nbsp Info Der 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Palmsonntagsputsch verhaftet Untersuchungshaftling in Ebrach 24 05 1919 15 06 1919 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Palmsonntagsputsch amp oldid 233926395