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Die Neckarsueben waren ein Teilstamm des germanischen Stammes der Sueben der wahrend der romischen Kaiserzeit am Unterlauf des Neckars im Raum der heutigen Kurpfalz siedelte Handaufgebauter Topf mit Kammstrichverzierung aus einem neckarsuebischen Brandgrab heute im Lobdengau Museum in Ladenburg Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Archaologie 3 Literatur 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenUnter Kaiser Augustus regierte 31 v Chr 14 n Chr versuchten die Romer in den augusteischen Germanenkriegen das rechtsrheinische Germanien die Germania magna zu erobern Nachdem diese Politik letztlich gescheitert war zog sich das romische Militar auf die linke Seite des Rheins zuruck und beschrankte sich auf eine indirekte Kontrolle des gegenuberliegenden Flussufers In diesem Areal das im Laufe der vorangegangenen Jahrzehnte stark entvolkert worden war siedelten die Romer nun germanische Personengruppen an die dieses Gebiet sichern und erschliessen sollten Im Bereich des unteren Neckars ubernahm diese Funktion ein Teilstamm der Sueben dessen Name in spateren lateinischen Inschriften als Suebi Nicrenses also Neckarsueben oder Neckarschwaben erscheint Wie stark diese Zusammenarbeit zwischen Romern und Neckarsueben formal festgeschrieben war und ob es sich um einen formell von Rom abhangigen Klientelstaat handelt ist in der Forschung umstritten 1 Die Ansiedlung der Elbgermanen erfolgte dem archaologischen Fundmaterial nach noch wahrend der Regierungszeit des Kaisers Tiberius 14 37 n Chr 2 nbsp Grabstein des Neckarsueben Respectus aus Heidelberg Bergheim der als Kundschafter in der romischen Armee diente heute im Kurpfalzischen Museum HeidelbergAls die romische Verwaltung in der 2 Halfte des 1 Jahrhunderts n Chr wieder zu einer expansiveren Germanienpolitik uberging wurde das Gebiet der Neckarsueben wohl in den 70er Jahren dem Reich einverleibt Aus dem ehemaligen Stammesgebiet wurde dabei ein romischer Verwaltungsbezirk eine sogenannte Civitas Als deren Hauptort wurde auf dem Areal zweier romischer Militarlager die Stadt Lopodunum das heutige Ladenburg gegrundet Die Civitas erhielt den Namen Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium oder Civitas Ulpia Sueborum Nicretum wobei der Bestandteil Ulpia auf den burgerlichen Namen des Kaisers Trajan regierte 98 117 Marcus Ulpius Traianus zuruckzufuhren ist Das deutet darauf hin dass dieser eine Rolle bei der offiziellen Einrichtung der Civitas beziehungsweise bei der Grundung Lopodunums spielte Mit der Eingliederung in das romische Reich verloren die Neckarsueben ihre unmittelbaren militarischen Aufgaben und wuchsen mit der zugewanderten romischen Bevolkerung zusammen Einige von ihnen dienten jedoch nun in den Auxiliartruppen der romischen Armee So beziehen sich von den elf bekannten Inschriften die die Neckarsueben nennen zehn auf Angehorige des Stammes die im Militar dienten oder gedient hatten 3 In der Tabula Peutingeriana einer spatantiken romischen Strassenkarte ist zwischen Alamannia und den Burcturi Brukterern der Name Suevia eingetragen 4 der sich wahrscheinlich auf das Siedlungsgebiet der Neckarsueben bezieht Archaologie BearbeitenIm 1 Jahrhundert n Chr zeigen sich im archaologischen Fundmaterial des neckarsuebischen Siedlungsgebietes charakteristische Merkmale die die Herkunft der neu zugezogenen Bevolkerung aus den weiter im Osten gelegenen suebischen Siedlungsgebieten widerspiegeln Diese lagen im mitteldeutschen Raum im Bereich der Flusse Elbe und Saale sowie in Bohmen und der Slowakei und werden archaologisch auch als elbgermanisch zusammengefasst Eine klarere Eingrenzung der Herkunftsregion lassen die archaologischen Hinterlassenschaften der Neckarsueben jedoch nicht zu sodass davon auszugehen ist dass sie nicht als geschlossener Stammesverband in das Neckarmundungsgebiet ubergesiedelt hatten sondern sich aus Germanen unterschiedlicher Herkunft neu zusammensetzten 5 Zu den kulturellen Besonderheiten gehorten insbesondere die Formen der handaufgebauten also ohne Topferscheibe hergestellten Keramik Kleidungs und Schmuckteile sowie die Bestattungssitten Bei den neckarsuebischen Grabern stehen jedoch typisch germanische Eigenarten wie die haufige Beigabe von Waffen oder von Trinkhornern neben zahlreichen romischen Bronzegefassen die bereits in dieser Zeit beliebte Importguter bei den Germanen waren Auch sonst kommen bei vielen Fundplatzen beispielsweise in Sudhessen keltische und romische Einflusse neben typisch elbgermanischem Fundgut vor 6 sodass die Neckarsueben des 1 Jahrhunderts n Chr anscheinend kein vollig geschlossenes und kulturell einheitliches Siedlungsareal bewohnten Die Siedlungen der Neckarsueben entsprachen soweit bekannt den typischen germanischen Formen indem sie unregelmassig angelegt und anders als romische Orte nicht durch Strassen und offentliche Infrastrukturbauten erschlossen waren Neben den Wohnhausern wurden Grubenhauser fur handwerkliche Zwecke angelegt davon abgesehen waren die Siedlungen allerdings rein landwirtschaftlich ausgerichtet Nach der romischen Eroberung gingen diese kulturellen Merkmale langsam zuruck die Neckarsueben wurden von einer vergleichsweise schnellen und starken Romanisierung erfasst Die germanischen Dorfer wurden zugunsten romischer Vici und Landguter Villae rusticae aufgegeben Literatur BearbeitenErich Gropengiesser Die Neckarsueben In Gunter Neumann Henning Seemann Hrsg Beitrage zum Verstandnis der Germania des Tacitus Band 2 Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Band 195 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1992 ISBN 3 525 82482 3 S 91 123 Gertrud Lenz Bernhard Die Neckarsueben in der Mannheimer Region In Hansjorg Probst Hrsg Mannheim vor der Stadtgrundung Teil 1 Band 1 Der Naturraum Rhein Neckar Ur und Fruhgeschichte bis zur Spatantike Friedrich Pustet Regensburg 2007 S 192 241 Renate Ludwig Kelten Kastelle Kurfursten Archaologie am Unteren Neckar Theiss Stuttgart 1997 ISBN 3 8062 1241 4 S 36 f knappe Zusammenfassung des historischen und archaologischen Befundes Oliver Schlegel Germanen im Quadrat Die Neckarsweben im Gebiet von Mannheim Ladenburg und Heidelberg wahrend der fruhen romischen Kaiserzeit Internationale Archaologie Band 34 Leidorf Rahden Westf 2000 ISBN 3 89646 306 3 Michael Speidel Barbara Scardigli Neckarschwaben Suebi Nicrenses In Archaologisches Korrespondenzblatt Band 20 Nummer 2 1990 S 201 207 Rainer Wiegels Oliver Schlegel Neckarsweben In Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 21 De Gruyter Berlin 2002 ISBN 3 11 017272 0 S 39 45 Christian Witschel Historische Einfuhrung Die Region am nordlichen Oberrhein und die civitas der Neckarsueben wahrend der romischen Epoche In Johannes Lipps Stefan Ardeleanu Jonas Osnabrugge Christian Witschel Die romischen Steindenkmaler in den Reiss Engelhorn Museen Mannheim Mannheimer Geschichtsblatter Sonderveroffentlichungen Band 14 Publikationen der Reiss Engelhorn Museen Band 91 Verlag Regionalkultur Ubstadt Weiher 2021 ISBN 978 3 95505 216 4 S 28 129 Einzelnachweise Bearbeiten Zu dieser Frage siehe Rainer Wiegels Oliver Schlegel Neckarsweben In Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 21 De Gruyter Berlin 2002 ISBN 3 11 017272 0 S 39 45 hier S 40 f Bernd Steidl Die Augenibeln Almgren 45 46 in Raetien und den Nordwestprovinzen Eine Sachform als Spiegel historischer Vorgange In Gerald Grabherr Barbara Kainrath Thomas Schierl Hrsg Verwandte in der Fremde Fibeln und Bestandteile der Bekleidung als Mittel zur Rekonstruktion von interregionalem Austausch und zur Abgrenzung von Gruppen vom Ausgreifen Roms wahrend des 1 Punischen Krieges bis zum Ende des Westromischen Reiches Innsbrucker Klassisch Archaologische Universitatsschriften Band 8 Innsbruck University Press Innsbruck 2013 ISBN 978 3 902811 99 8 S 154 175 hier S 169 Michael Speidel Barbara Scardigli Neckarschwaben Suebi Nicrenses In Archaologisches Korrespondenzblatt Band 20 Nummer 2 1990 S 201 207 Abbildung des Namens Suevia Website Bibliotheca Augustana abgerufen am 9 Oktober 2016 Oliver Schlegel Germanen im Quadrat Die Neckarsweben in Mannheim und Umgebung In Archaologische Informationen Band 21 Nummer 1 1998 S 185 188 hier S 187 Thomas Becker Wie germanisch bin ich Uerlegungen zu Siedlungs und Grabfunden des 1 Jahrhunderts n Chr im sudmainischen Hessen In Steve Bodecker u a Hrsg Spatlatenezeitliche und fruhkaiserzeitliche Archaologie zwischen Maas und Rhein Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland Band 28 LVR Amt fur Bodendenkmalpflege im Rheinland Bonn 2019 ISBN 978 3 9820399 2 3 S 211 223 Thomas Becker Keltisch romisch germanisch Wer bin ich eigentlich und wo komme ich her Graber des 1 Jh n Chr im Hessischen Ried im Vorfeld des Legionsstandortes Mainz In Lucia Clara Formato Hrsg Graber in Kontaktregionen Aussagepotenzial und Methoden bei der Auswertung romerzeitlicher Nekropolen ArchaeoPlus Band 14 Universitat Salzburg Salzburg 2023 ISBN 978 3 9504667 4 4 S 27 39 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Neckarsueben amp oldid 236923712