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Als Elbgermanen bezeichnet man aufgrund archaologischer Funde germanische Stamme deren Siedlungsgebiet sich von der Elbmundung beiderseits des Flusses bis nach Bohmen und Mahren erstreckte wobei es im Vorfeld der so genannten Volkerwanderung offenbar zu einer Migration vom Nordwesten elbaufwarts kam bis die einzelnen Gruppen dort gegen 200 n Chr an den romischen Donaulimes stiessen Zu den Elbgermanen zahlt man die Semnonen Hermunduren Quaden Markomannen und Langobarden 1 Historisch werden sie unter Vorbehalt am ehesten mit den suebischen Stammen gleichgesetzt Nach fruherer Kategorisierung gehorten sie zu den Westgermanen Das Einzugsgebiet der ElbeIm Unterschied zu den Siedlungsgebieten der Nordsee Oder Weichsel und Rhein Weser Germanen aus denen spater die Franken hervorgingen kam es im elbgermanischen Siedlungsgebiet zu einer relativ einheitlichen Entwicklung im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich Dies zeigt sich vor allem an deutlichen Ubereinstimmungen in der materiellen und geistigen Kultur Keramik Gerate Waffen und Schmuckformen religiose Brauche u A Ursache dafur waren intensive Kontakte sowohl der elbgermanischen Stamme untereinander als auch zu entfernteren germanischen Stammesverbanden Jungere germanische Grossstamme wie die Alamannen Thuringi und die Bajuwaren die sich zum Grossteil aus kleineren elbgermanischen Gruppen gebildet hatten werden aus archaologischen Indizien manchmal ebenfalls zu den Elbgermanen gezahlt Friedrich Maurer begrundete die These dass die Elbgermanen uberdies auch sprachlich fassbar seien da es zwischen Alamannisch und Nordgermanisch kulturelle und sprachliche Gemeinsamkeiten gebe Diese konnen allerdings genauso gut damit erklart werden dass sich solche an der Peripherie der Germania erhalten haben sie mussen nicht zwangslaufig als alter gemeinsamer Besitz in einer ursprunglichen Nachbarschaft gedeutet werden 2 Inhaltsverzeichnis 1 Archaologisches 2 Begriffsgeschichte 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseArchaologisches Bearbeiten nbsp Elbgermanische Funde aus Berlin nbsp Siedlungsgebiet der germanischen Stamme 50 n Chr Lange Zeit galt es in der Forschung als selbstverstandlich dass eine einheitliche materielle Kultur sicheren Ruckschluss auf die Existenz einer entsprechenden Gruppenidentitat zulasse Man nahm an archaologische Funde eindeutig mit bestimmten Volkern in Verbindung bringen zu konnen In jungster Zeit wird dies vermehrt bezweifelt so dass letztlich umstritten ist ob die Elbgermanen aufgrund ihrer gemeinsamen materiellen Kultur als eine geschlossene Gruppe angesprochen werden konnen und ob die Ausbreitung der materiellen Kultur tatsachlich Ruckschlusse auf Wanderungsbewegungen erlaubt 3 Diese materielle Kultur lasst sich archaologisch jedenfalls durch typische Funde identifizieren die sie von jener der benachbarten Gruppen unterscheiden Als ihre Vorgangerkultur bis um die Zeitenwende wird traditionell die Jastorfkultur angesehen auch wenn diese Annahme inzwischen teils ebenfalls bezweifelt wird In der alteren romischen Kaiserzeit ca 1 2 Jahrhundert n Chr sind es besondere Keramikformen die die elbgermanischen Funde auszeichnen vor allem glanzend polierte Gefasse wie Situlen und Terrinen die mit Maandern verziert sind Die Muster wurden dabei mit Rollradchen aufgetragen Um die Zeit um Christi Geburt kam es kurzzeitig zu einer politischen Vereinigung elbgermanischer Stamme unter Marbod die uns aus romischen Quellen bekannt ist In der jungeren Kaiserzeit verschiebt sich das archaologische Bild zu Schalenurnen und einfachen Kumpfen die auch als swebische Topfe bezeichnet werden Zudem gibt es spezielle elbgermanische Formen bei Fibeln und Gurtelschnallen Daneben sind es vor allem die Bestattungsformen die die Elbgermanen von ihren Nachbarn unterscheiden Es herrscht die Urnenbestattung vor selten sind daneben auch Leichenbrandhaufchen zu finden Korpergraber gibt es nur vereinzelt Diese Urnengraber sind jedoch reich mit Grabbeigaben versehen neben Trachtenbestandteilen wurden Mannern Waffen mit ins Grab gelegt und Frauen Schmuckstucke Im Gegensatz dazu sind bei rheinwesergermanischen und nordseekustengermanischen Grabern diese Beigaben selten zu finden Bei den ostlichen Nachbargruppen sind jedoch Brandgruben und Brandschuttungsgraber zahlreicher und auch durch andere Formen von Grabbeigaben unterscheidbar Daneben ist bei den Elbgermanen teilweise auch eine getrennte Bestattung von Mannern bzw Kriegern und Frauen bzw Nichtkriegern auf separaten Friedhofen oder Friedhofsteilen erkennbar insbesondere bei den nordlichen Elbgermanen In der jungeren romischen Kaiserzeit werden Grabbeigaben dann seltener vor allem Waffen werden nicht mehr so oft mit ins Grab gelegt Durch Unterschiede in den Funden und durch fundleere Zonen lassen sich die verschiedenen Siedlungsgebiete der Elbgermanen unterscheiden So gibt es eine nordliche Gruppe um die Elbmundung und in Mecklenburg Vorpommern eine mittlere Gruppe in Mitteldeutschland die bis an die Oder reicht und eine sudliche Gruppe in Bohmen ein Gebiet das in der romischen Kaiserzeit durchwegs elbgermanisch ist Ebenfalls elbgermanisch sind Funde in Mahren bis an die slowakisch niederosterreichische Grenze die jedoch auch Elemente der Przeworsk Kultur enthalten Darunter glaubt man die Markomannen und Quaden archaologisch erkennen zu konnen Elbgermanische Funde gibt es in der alteren romischen Kaiserzeit daneben auch verstreut im Sudwesten Deutschlands Man nimmt jedoch an dass die dortigen Gruppen durch die Nahe zum Obergermanisch Raetischen Limes allmahlich romanisiert wurden Andere archaologische Fundgruppen am unteren Main und am Rhein die eventuell mit den Thuringern zu verbinden sein konnten gehen offenbar in der rheinwesergermanischen Kultur auf 4 Vielfach wird vermutet dass die Ankunft elbgermanischer Gruppen im Vorfeld der romischen Grenzen ab der zweiten Halfte des 2 Jahrhunderts zu einer starken Beunruhigung gefuhrt habe da die Neuankommlinge kaum romanisiert waren und versuchten Raubzuge im Romischen Reich zu unternehmen Eine archaologische Zuordnung einzelner Funde zu bestimmten aus romischen Schriftquellen namentlich bekannten germanischen Gruppen ist jedoch bis heute schwierig und methodisch wie erwahnt problematisch Nur dort wo Elbgermanen direkt mit den Romern in Kontakt oder Konflikt getreten sind und dies durch schriftliche Quellen gut uberliefert ist lassen sich solche Gleichsetzungen unter Vorbehalt anstellen Dies gilt etwa ansatzweise fur die Alamannen die im 3 Jahrhundert wiederholt plundernd den Limes uberschritten und nach dem Abzug der Romer die Agri decumates besetzten sowie fur die Markomannen die mit den Romern im spaten 2 Jahrhundert am pannonischen Donaulimes im Konflikt gerieten Andere aus romischen Quellen namentlich bekannte Stamme lassen sich bis dato nicht eindeutig archaologischen Fundgruppen zuordnen Archaologisch erkennbar ist jedoch dass jene Gebiete die ab dem 2 3 Jahrhundert von elbgermanischen Gruppen aufgegeben wurden etwa in Ostmitteldeutschland und in Bohmen ab dem 6 Jahrhundert von Slawen besiedelt werden Elbgermanische Funde lassen sich ab dem spaten 4 Jahrhundert auch bei romischen Kastellen und Legionslagern in Raetia und Noricum nachweisen weshalb vermutet wird dass die Romer dort elbgermanische Krieger als Hilfstruppen bzw foederati anwarben Dadurch standen sich in dieser Zeit auf beiden Seiten des Limes elbgermanische Gruppen gegenuber was der bayerische Archaologe Erwin Keller etwas dramatisch als Bruderkrieg an der Grenze bezeichnete 5 Begriffsgeschichte BearbeitenDer Begriff Elbgermanen wurde erstmals 1868 von Paul Gustav Wislicenus 6 in dessen Doktorarbeit verwendet wurde in der Wissenschaft aber erst haufiger benutzt seit ihn der deutsche Prahistoriker Walther Matthes 7 im Jahr 1931 aufgriff 8 Der Terminus beruhte zunachst auf teilweise spekulativen Ableitungen aus antiken romischen Quellen So versuchte man die vor Christus bei Julius Casar erwahnten Sueben sowie die im 1 Jahrhundert nach Christus bei Tacitus Plinius dem Alteren und Pomponius Mela erwahnten Herminonen Irmionen mit den seit dem spaten 2 Jahrhundert und in der Spatantike am Donaulimes des romischen Reiches auftauchenden Germanenstammen in Verbindung zu bringen Spater versuchte die Wissenschaft mit Hilfe von linguistischen Methoden bessere Erkenntnisse zu gewinnen und sie im volkischen Sinne zu vereinnahmen darunter als einer der ersten Sprachwissenschaftler und NSDAP Mitglied Friedrich Maurer im Jahr 1942 Erst in der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts wurde vermehrt auch auf die Archaologie zuruckgegriffen wodurch sich eine dritte Informationsquelle erschloss Dadurch ergaben sich immer wieder neue Erkenntnisse die bis in jungste Zeit zu neuen Interpretationen und abgeanderten Theorien fuhren 9 Im Jahr 1963 griff der tschechische Archaologe Bedrich Svoboda den Begriff auf und postulierte eine elbgermanische Gemeinsamkeit zwischen Funden in Bohmen und Bayern die sich spater bestatigen liess 10 Literatur BearbeitenHeinrich Beck Gerhard Mildenberger Elbgermanen In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 7 Walter de Gruyter Berlin New York 1989 ISBN 3 11 011445 3 S 107 115 Jan Lichardus Korpergraber der fruhen Kaiserzeit im Gebiet der sudlichen Elbgermanen Saarbrucker Beitrage zur Altertumskunde Band 43 Habelt Bonn 1984 ISBN 978 3 7749 2130 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Elbgermanen Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Walter Pohl Die Germanen 1 2 Vorlage Toter Link books google at Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2018 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Oldenbourg Wissenschaftsverlag Munchen 2004 ISBN 9783486567557 Heinrich Beck Elbgermanen 6 Sprachliches In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 7 Walter de Gruyter Berlin New York 1989 ISBN 3 11 011445 3 S 113 f Siehe zur Diskussion etwa Heiko Steuer Theorien zur Herkunft und Entstehung der Alemannen archaologische Forschungsansatze In Dieter Geuenich Hrsg Die Franken und die Alemannen bis zur Schlacht bei Zulpich 496 97 Walter de Gruyter Berlin New York 1998 S 270 324 Johannes Hoops Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Reallexikon der germanischen Altertumskunde Band 7 Walter de Gruyter Berlin New York 1989 ISBN 9783110114454 S 108 110 Max Spindler Andreas Kraus Handbuch der Bayerischen Geschichte Band 2 3 C H Beck Munchen 2001 ISBN 9783406394522 Seite 104 wislicenus info Paul Gustav Wislicenus Walther Matthes Die nordlichen Elbgermanen in spatromischer Zeit Untersuchungen uber ihre Kulturhinterlassenschaft und ihr Siedlungsgebiet unter besonderer Berucksichtigung brandenburgischer Urnenfriedhofe Kabitzsch Verlag Leipzig 1931 Johannes Hoops Heinrich Beck Dieter Geuenich Heiko Steuer Reallexikon der germanischen Altertumskunde Band 7 Walter de Gruyter Berlin New York 1989 ISBN 9783110114454 Max Spindler Andreas Kraus Handbuch der Bayerischen Geschichte Band 2 3 C H Beck Munchen 2001 ISBN 9783406394522 Thomas S Burns Barbarians within the gates of Rome A study of Roman military policy and the barbarians ca 375 425 A D Indiana University Press Bloomington 1994 ISBN 9780253312884 englisch Normdaten Sachbegriff GND 4085554 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Elbgermanen amp oldid 228776852