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Grubenhaus oder Grubenhutte ist die Bezeichnung fur Gebaude die ganz oder teilweise in den Boden eingetieft sind Archaologisch sind Grubenhauser durch Pfostengruben in Verbindung mit grosseren Verfarbungen im Boden nachzuweisen welche die Auffullung des vormals ausgeschachteten Innenraums anzeigen 1 Rohbau eines rekonstruierten mittelalterlichen Grubenhauses auf der Burginsel des Castrum VechtenseRekonstruktion eines mittelalterlichen slawischen Grubenhauses im Geschichtspark Barnau TachovRekonstruiertes Grubenhaus der mittelalterlichen Grubenhaussiedlung am Petersteich an der originalen FundstelleGrubenhauser sind eine Art von Erdhaus und haben Gemeinsamkeiten mit Wohnhohlen Heute werden vergleichbare Bauten als Erdkeller benutzt Eine Grube ist die einfachste Methode den Raum unter einem Dach zu erweitern Wande brauchen nicht errichtet zu werden und die Dachkonstruktion kann sich auf dem Erdboden abstutzen Rechteckige Grubenhauser sind in vielen Teilen der Welt belegt in Europa von der spaten Eisenzeit bis ins Mittelalter Eskimos verbrachten den Winter bis Mitte des 20 Jahrhunderts oft in mit Tierhauten Segeltuch und Moos oder Plaggen abgedeckten Qarmaqs Inhaltsverzeichnis 1 Neolithische Grubenhauser 2 Schlusse auf die Bauform 3 Nutzungen 4 Rekonstruktionen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseNeolithische Grubenhauser BearbeitenFur die Jungsteinzeit Neolithikum wird die Existenz von Grubenhausern von vielen Forschern behauptet So publizierten Buttler und Haberey die These in der linearbandkeramischen Siedlung von Koln Lindenthal hatten Kurvo Komplexbauten als Wohnungen gedient die rechteckigen Pfostenbauten lediglich als Erntescheunen 2 Die These wurde erst durch Oscar Paret widerlegt Volker Wustehube publizierte ein Grubenhaus der altesten Linearbandkeramik mit rechteckigem Grundriss 3 Gruben mit in den Wanden eingebauten Ofen werden manchmal als Kuchengebaude interpretiert 4 In Sudosteuropa werden Grubenhauser oft in der untersten Schicht von Siedlungshugeln postuliert Es handelt sich dabei um runde bis unregelmassige Gruben oder Grubenkomplexe meist mit unebenem Boden 5 Nach Bailey wurden sie am Beginn der Besiedlung angelegt 6 Die Nutzung zu Wohnzwecken ist jedoch sehr umstritten 7 Die Flachsiedlung von Makriyalos bestand ausschliesslich aus eingetieften Befunden 8 Bei einem Teil der Grubenhauser konnte es sich auch um Kellergruben innerhalb grosserer Gebaude handeln 9 Besonders in der Bischeimer Kultur sind rechteckige Grubenhauser typisch zum Beispiel Schernau 10 Auch aus der Trichterbecherkultur besonders der Bernburger Kultur sind sie bekannt 11 Ein sehr flaches rechteckiges Grubenhaus der Bernburger Kultur wurde in Windehausen Kr Nordhausen ausgegraben 12 Schlusse auf die Bauform BearbeitenDie Eintiefung des Innenraums liegt zwischen 30 Zentimeter und mehr als einem Meter Die Grundflache derartiger Bauten war meist gering An vielen Ausgrabungsorten wurden Grubenhauser in grosserer Zahl gefunden 13 Die genaue Konstruktion muss aus den Funden geschlossen werden Viele scheinen einfache Gebaude ohne Seitenwande gewesen zu sein deren Giebeldach bis auf den Erdboden reichte In anderen Fallen deuten runde Grundrisse auf Hutten mit Flechtwanden hin In einzelnen Grubenhausern wurden dagegen Stutzspuren einer Balkendecke gefunden und darunter die eines Herdfeuers So kann sich hinter der Bezeichnung Grubenhaus eine Reihe von Gebauden unterschiedlicher Nutzung verbergen von einer einfachen Erdhutte bis zum halb unterkellerten Haus Die Wande wurden wie auch bei anderen vor und fruhgeschichtlichen Haustypen in verschiedenen Bauformen aus Holz oder Reisig gefertigt und mit Lehm verkleidet Nutzungen BearbeitenBei eisenzeitlichen Hausern gab es deutliche Unterschiede bei der Nutzung In keltischen und germanischen Siedlungen waren Grubenhauser uberwiegend Nebengebaude ohne Feuerstelle 14 In vielen wurden Spuren handwerklicher Tatigkeit gefunden nicht selten Webgewichte und Spinnwirtel gelegentlich sogar Standspuren eines Webstuhls Es wird daher eine Nutzung als Werkstatten besonders als Webhauser angenommen In dem Zusammenhang wird auf Tacitus Germania verwiesen nach der die Germanen ihr Leinen unter der Erde fertigten Durch die hohere Luftfeuchtigkeit der in den Boden eingetieften Raume sind Flachsfasern geschmeidiger und damit leichter zu verarbeiten 15 Sofern sie hinreichend gegen Sonneneinstrahlung abgeschirmt waren hatten Grubenhauser ein gleichmassig feucht kuhles Innenklima und konnten als Lagerkeller fur warmeempfindliche Nahrungsmittel gedient haben In der angelsachsischen Siedlung West Stow fiel auf dass die lockere Fullung der grossen Grubenverfarbungen nicht zu einer standigen Nutzung passt Der Ausgraber spricht daher nicht von Grubenhausern sondern von Bauten mit eingetieftem Befund Sunken Featured Buildings Auf dem Rand einer der Grubenverfarbungen kam eine halbe Herdstelle in Form einer Lehmpackung mit Holzkohle zutage deren andere Halfte in die Grube gesturzt war Hier wurde gemutmasst dass die Grube ursprunglich mit einer Holzbohlenlage abgedeckt war auf der sich die Herdstelle befand Um die Befunde und die Schlussfolgerung experimentell zu uberprufen entstand das Freilichtmuseum von West Stow In vor und fruhgeschichtlichen slawischen Siedlungen hatten dagegen grossenteils die Wohngebaude einen eingetieften Boden 16 Die in den Karpaten und den osteuropaischen Waldsteppen vorkommenden Grubenhauser werden als burdei oder bordei Rumanisch bordei Ukrainisch burdej bezeichnet Rekonstruktionen BearbeitenRekonstruktionen von Grubenhausern gibt es am Standort der mittelalterlichen Grubenhaussiedlung am Petersteich sowie in mehreren Freilichtmuseen zum Beispiel im Frankischen Freilandmuseum Bad Windsheim im Geschichtspark Barnau Tachov im Archaologischen Zentrum Hitzacker im Keltenmuseum Hochdorf im Museum und Park Kalkriese im Freilichtlabor Lauresham im Archaologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen und beim Museum im Zeughaus Vechta Ausserdem findet man Rekonstruktionen von Grubenhausern im Fruhmittelalterdorf von Unterrabnitz Osterreich In Grossbritannien wurden in West Stow angelsachsische Hauser mit Kellergruben rekonstruiert nbsp Rekonstruierte Grubenhauser im Freilichtmuseum Muzeul Național al Satului Dimitrie Gusti in Bukarest nbsp Innenraum eines rumanischen Grubenhauses mit StampflehmbodenLiteratur BearbeitenVolker Babucke Grubenhaus und Brettchenweber Likias Friedberg bei Augsburg 2005 ISBN 3 9807628 4 X Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Grubenhauser Sammlung von Bildern Keltisches Grubenhaus aus der Siedlung Hochdorf Rekonstruktion Memento vom 30 Juni 2004 im Internet Archive Grubenhauser indianischer Kulturen Memento vom 7 Mai 2008 im Internet Archive Mittelalterliche Grubenhauser und Keller PDF 430 kB Reproduktion von drei Grubenhausern im direkten Umfeld des Museums im ZeughausEinzelnachweise Bearbeiten Heidengraben Ausgrabungsstatte eines fruhlatenezeitliches Grubenhauses Memento vom 17 Januar 2007 im Internet Archive Werner Buttler Waldemar Haberey Die bandkeramische Ansiedlung bei Koln Lindenthal Romisch Germanische Forschungen Band 11 Walter de Gruyter Berlin Leipzig 1936 Digitalisat Volker Wustehube Fruhneolithische Grubenhauser Neue Uberlegungen zu einem alten Problem In Germania Band 71 Teil 2 1993 521 531 Lukasz Polczynski Katarzyna Michalak The Role of Sunken Floored Buildings in LBK Farmstead In Open Archaeology 2 2016 368 380 DOI 10 1515 opar 2016 0025 Zum Beispiel Dimitris Kloukinas Regional perspectives into the Neolithic building technology of Northern Greece In Apostolos Sarris et al Hrsg Communities Landscapes and Interaction in Neolithic Greece Ann Arbor 2017 169 fur Makedonien Douglas Bailey Balkan Prehistory London Routledge 2000 263 265 Clemens Lichter Untersuchungen zu den Bauten des sudosteuropaischen Neolithikums und Chalkolithikums Leidorf Erlbach 1993 Maria Pappa Manthos Besios The Neolithic settlement at Makriyalos Norther Greece Preliminary Report on the 1993 1995 excavations In Journal of Field Archaeology 26 1999 177 195 Dimitris Kloukinas Regional perspectives into the Neolithic building technology of Northern Greece In Apostolos Sarris et al Hrsg Communities Landscapes and Interaction in Neolithic Greece Ann Arbor 2017 171 fur Makedonien Jens Luning Eine Siedlung der Mittelneolithischen Gruppe Bischheim in Schernau Ldkr Kitzingen Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte Reihe A Band 44 Bayerisches Landesamt fur Denkmalpflege Kallmunz 1988 Jens Luning Ein Grubenhaus der Bernburger Kultur aus Schwanfeld Lkr Schweinfurt In Fritz Rudolf Herrmann Hrsg Festschrift fur Gunter Smolla Materialien zur Vor und Fruhgeschichte von Hessen Band 8 2 Wiesbaden 1999 S 415 469 Ulrich Dirks Die Bernburger Kultur in Niedersachsen Beitrage zur Archaologie in Niedersachsen Band 1 Leidorf Rahden Westfalen 2000 S 103 106 M Wehmer Ein spatneolithisches Grubenhaus aus Windehausen Lkr Nordhausen In Jonas Beran R Einicke V Schimpff et al Hrsg Lehren Sammeln Publizieren Hans Jurgen Beier gewidmet Leipzig 2016 S 181 197 Bremer Archaologische Blatter Beiheft 2 2000 Siedler Soldner und Piraten Chauken und Sachsen im Bremer Raum ISSN 0068 0907 S 55 Siedlung in Bremen Rekum aus dem 1 5 Jh n Chr mit Wohnstallhausern und Grubenhausern S 83 ff Fruhgeschichtliche Siedlung in Bremen Grambke S 90 91 Grubenhauser Frankenfelde Gruben hauser von uber 4 m Breite als Wohnhauser gedeutet Memento vom 16 September 2007 im Internet Archive Cornelia Weinmann Der Hausbau in Skandinavien vom Neolithikum bis zum Mittelalter Quellen und Forschungen zur Sprach und Kulturgeschichte der germanischen Volker Band 230 Neue Folge Band 106 Berlin New York 1994 S 158 164 Marek Dulinicz Fruhe Slawen 2006 ISBN 3 529 01396 XNormdaten Sachbegriff GND 4599283 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grubenhaus amp oldid 238561072