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Die Grubenhaussiedlung am Petersteich ist eine fruhmittelalterliche Wustung sudlich von Supplingenburg in Niedersachsen die hauptsachlich aus Grubenhausern bestand Der fruhere Name der Siedlung ist nicht bekannt da keine schriftliche Uberlieferung etwa durch mittelalterliche Urkunden vorliegt Links ein rekonstruiertes Grubenhaus dahinter der Baumbestand um den Petersteich rechts eine Ackerflache mit dem fruheren Siedlungsgelande 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Lage und Entdeckung 2 Ausgrabungen und Fundstucke 3 Rekonstruktion 4 Deutung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLage und Entdeckung BearbeitenDie Wustungsstelle befindet sich auf einer heutigen Ackerflache sudlich von Supplingenburg in der Flur Petersteich am Sudosthang einer leichten Anhohe Ostlich an das fruhere Siedlungsgelande angrenzend liegt in einer Bodensenke der Petersteich der heutzutage verlandet und von Baumen umstanden ist Fruher fuhrte westlich der Siedlung der Salzweg als alter Nord Sud Handelsweg vorbei Nahe der Siedlung verlief ein Bach der Wasser lieferte Auf dem Siedlungsgelande bestanden wahrscheinlich Brunnen da ein Exemplar ausgegraben wurde Im Jahr 1992 entdeckte der Luftbildarchaologe Otto Braasch die Wustung bei einem Erkundungsflug Er fotografierte rund 80 dunkle Flecken auf einem Feld und meldete seine Entdeckung dem Niedersachsischen Landesamt fur Denkmalpflege in dessen Auftrag er seinerzeit systematische Flugprospektionen durchfuhrte Die Auswertung seiner Luftbilder ergab dass es sich um etwa 12 bis 20 m grosse rechteckige Bodenverfarbungen handelte Dies liess auf Reste von Grubenhausern schliessen Die Stellen waren auf einer Flache von etwa zwei Hektar sichtbar was zunachst als ursprungliche Grosse der Siedlung angenommen wurde Geomagnetische Untersuchungen im Jahr 2003 ergaben dass die Siedlungsflache mit rund vier Hektar weitaus grosser war Ausgrabungen und Fundstucke Bearbeiten nbsp Vortrag der Helmstedter Kreisarchaologin Monika Bernatzky im Niedersachsischen Landesamt fur Denkmalpflege zu den Ausgrabungen 2016In den Jahren von 2002 bis 2011 fuhrte die Helmstedter Kreisarchaologie in jahrlichen Kampagnen eine Lehrgrabung durch Sie wurde unter Leitung der Archaologin Monika Bernatzky von der 2002 gegrundeten Archaologischen Arbeitsgemeinschaft des Landkreises Helmstedt vorgenommen Auf diese Weise liessen sich mit rund 1200 m etwa 2 der Siedlungsflache archaologisch untersuchen Es konnten 14 Grubenhauser freigelegt werden die jeweils etwa einen Meter in den Boden eingetieft waren Insgesamt wird von bis zu 500 sich zum Teil durch Neuerbauung uberlagernden Grubenhausern ausgegangen Der gleichzeitige Bestand wird auf 20 bis 30 Gebaude geschatzt Einzelne Grubenhauser hatten bis zu funf Bauphasen Im Inneren gab es Herdstellen und Kuppelofen Daruber hinaus wird anhand von festgestellten Pfostenlochern das Vorhandensein von Speichergebauden angenommen Zu den Fundstucken gehoren Webgewichte Gefassscherben Tierknochen eine verzierte Bronzenadel eine Schere aus Eisen eine rechteckige Bronzefibel mit einem Tiermotiv und aus Knochen geschnitzte Objekte wie eine Knochenflote und Knochennadeln als Schmuckgegenstande Ausserdem fanden sich farbige Glasperlen wie eine rote Glasperle die ins 9 Jahrhundert datiert wird Ein im selben Grubenhaus gefundener Spinnwirtel aus Ton wird ebenfalls dieser Zeit zugerechnet Noch alter waren grob gearbeitete Topfscherben die sich in einer Siedlungsgrube fanden und aus dem 7 bis 8 Jahrhundert stammen Durch die Funde von Spinnwirteln Stecknadeln und Scheren konnte nachgewiesen werden dass die Textilherstellung der grosste handwerkliche Bereich der damaligen Siedlung war Stakenspuren wiesen auf Brettchenweben hin Es fanden sich auch Reste einer Schmiede mit Reiterzubehor des Adels wie Reitersporen und eine Pfeilspitze In einem Gebaude lag Bauschutt aus dem 12 Jahrhundert aus Ziegelsteinen Fensterglas und glasierten Dachpfannen aus Ton Es handelt sich um ungewohnliche Bauteile im damaligen landlichen Milieu die vom Abbruch eines nahe gelegenen herrschaftlichen oder kirchlichen Gebaudes stammen durften Bei den in den sandigen Gebaudefussboden gefundenen Knochenreste waren vor allem Schweine Rinder Schafe und Geflugelknochen vertreten Da die Knochenreste sehr kleinteilig waren wird auf eine minderwertige Qualitat der Fleischversorgung etwa durch Schlachtabfalle geschlossen Rekonstruktion Bearbeiten nbsp Rekonstruiertes Grubenhaus an der originalen Fundstelle 2015 Von 2013 bis 2015 wurde eines der ausgegrabenen Grubenhauser aus der Zeit um das Jahr 1000 an der originalen Stelle rekonstruiert 1 Es entstand ein Grubenhaus mit einer Grundflache von 15 m das einen Meter in den Boden eingetieft und mit Reet gedeckt ist Fruher diente es als Webhaus 2 und war wegen des Kuppelofens Lebensmittelpunkt einer Familie Die Wande bestehen gemass den Grabungsbefunden aus Flechtwerk mit Lehmverkleidung 3 Das Bauholz stellten die Niedersachsischen Landesforsten zur Verfugung 4 Innen wurde die Hausrekonstruktion mit einem Webstuhl und einer Zwischendecke zur Erhohung der Nutzflache ausgestattet Das Haus wird kulturtouristisch durch mittelalterliche Handwerksveranstaltungen Seminare und durch Schulklassen als ausserschulischer Lernort genutzt 5 Deutung BearbeitenAufgrund der Funde und Befunde wird angenommen dass die Grubenhaussiedlung am Petersteich in der Zeit zwischen den Jahren 850 und 1200 bestand wahrend die Keramikfunde fur das 10 Jahrhundert bis um 1230 sprechen 6 Die einzelnen Gebaude wurden intensiv zum Wohnen und fur Handwerksarbeiten genutzt Die Funde weisen auf eine Siedlung mit Landwirtschaft und Handwerk hin Es wird darin ein herrschaftlicher Wirtschaftshof der etwa 1 5 Kilometer entfernten Burg Supplingenburg dem Stammsitz von Kaiser Lothar III vermutet Die Wirtschaftskraft der Ansiedlung vor allem mit der Textilherstellung konnte zur Grundung von Lothars Herrschaft beigetragen haben 7 Bemerkenswert sind die immer wieder erneuerten Grubenhauser und mit mehreren hundert Bauten die hohe Gesamtzahl was in Norddeutschland einmalig ist 6 Literatur BearbeitenMonika Bernatzky Birthe Lehnberg Die mittelalterliche Siedlung am Petersteich bei Supplingenburg Ldkr Helmstedt Vorbericht in Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 78 2009 S 149 174 Monika Bernatzky Das alte Dorf am Petersteich Ein Ausstellungsprojekt der Kreisarchaologie Helmstedt in Archaologie in Niedersachsen 12 2009 S 148 150 Monika Bernatzky Vor 1000 Jahren Weben fur den Adel Herzog und Kaiser Grubenhauser am Petersteich bei Supplingenburg in Fenster in die Archaologie 300000 Jahre Geschichte im Braunschweiger Land rund um den Elm Braunschweig 2013 S 145 170 Monika Bernatzky Nachbau nach 1000 Jahren Wohnen und Arbeiten im Grubenhaus in Archaologie in Niedersachsen 18 2015 S 48 51 Monika Bernatzky Eine Siedlung bei Supplingenburg in Das Graberfeld von Gevensleben Menschen im Braunschweiger Land zwischen 750 bis 1150 n Chr Wegweiser zur Ur und Fruhgeschichte Niedersachsens Bd 31 Isensee Verlag 2018 S 61 70Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Grubenhaussiedlung am Petersteich Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Internetseite zum Grubenhaus am Petersteich Beschreibung der Wustung beim Landkreis Helmstedt Flyer zum Grubenhaus mit Zeichnungen PDF 8 MB Einzelnachweise Bearbeiten Das Leben der Grubenhausbewohner beim Medienportal Der Loewe der Braunschweigischen Stiftung vom 18 August 2015 Eroffnung Das Grubenhaus am Petersteich Memento vom 9 Mai 2016 im Internet Archive Ein letztes Zupacken im Grubenhaus beim Medienportal Der Loewe der Braunschweigischen Stiftung vom 9 Mai 2014 Forstamt Wolfenbuttel unterstutzt Nachbau eines Grubenhauses bei forstpraxis de vom 17 Januar 2013 Grubenhaus am Petersteich bei Supplingenburg eroffnet Neues Kulturtouristisches Highlight im Landkreis Helmstedt Memento vom 9 Mai 2021 im Internet Archive Mitteilung des Landkreises Helmstedt vom 30 September 2015 a b Ein Handwerkerdomizil aus dem Mittelalter beim Medienportal Der Loewe der Braunschweigischen Stiftung vom 6 Dezember 2013 Ausstellung der Kreisarchaologie Helmstedt Das alte Dorf am Petersteich Handwerker und Bauern vor der koniglichen Burg Memento vom 6 Mai 2021 im Internet Archive von 200752 24455 10 9219 Koordinaten 52 14 40 N 10 55 19 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grubenhaussiedlung am Petersteich amp oldid 233844020