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Die Muschelkrebse oder Ostrakoden Ostracoda sind kleine Krebstiere ihre Grosse schwankt maximal zwischen 0 2 und 30 mm die meisten sind zwischen 0 5 und 2 mm gross Sie besiedeln alle aquatischen Lebensraume vom Meer uber das Brackwasser die Flusse die Seen die Quellen bis zu kleinen Pfutzen auf der Wiese auch das Grundwasser und mit einigen Arten z B Microdarwinula zimmeri 1 sogar halb aquatische Lebensraume Nur in Gewassern der Hochmoore fehlen sie wegen des fehlenden Kalkes und des niedrigen pH Wertes vollig An neutrales aber kalkarmes Wasser angepasst sind nur wenige Arten z B Cryptocandona reducta 2 nach dem Tod losen sich die Schalen sehr rasch auf MuschelkrebseMuschelkrebse Ostracoda Systematikohne Rang Urmunder Protostomia Uberstamm Hautungstiere Ecdysozoa Stamm Gliederfusser Arthropoda Unterstamm Krebstiere Crustacea Klasse MaxillopodaUnterklasse MuschelkrebseWissenschaftlicher NameOstracodaLatreille 1802Anatomie von Cypridina mediterraneaMuschelkrebsDie Muschelkrebse sind Gliederfusser Arthropoda aus dem Unterstamm der Krebstiere Crustacea Klasse Ostracoda 3 von altgriechisch ostrakon Tonscherbe Den deutschen Namen Muschelkrebse verdanken die Krebse den an Muschelschalen erinnernden Hautduplikaturen die den Weichkorper schutzen Es handelt sich um median symmetrische Ausfaltungen des Kopfes deren durch Calciumcarbonat mineralisierte aussere und seltener innere Chitinlamelle den Carapax aus zwei Schalenhalften bilden wodurch sie wie kleine Muscheln aussehen Gegenwartig gibt auf der Erde schatzungsweise 10 000 bis 15 000 Arten von Ostrakoden die meisten leben in den Meeren und nur etwa 2 000 im Susswasser und Brackwasser Fossil sind sie seit dem Altpalaozoikum bekannt Insgesamt wurden bisher etwa 65 000 rezente und fossile Arten beschrieben von denen aber wegen Synonymie nur ca 33 000 gultig sind 4 Inhaltsverzeichnis 1 Weichkorperbau 2 Lebensweise 3 Fortpflanzung 4 Bedeutung fur den Menschen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseWeichkorperbau BearbeitenDer komplizierte Weichkorperbau ist Grundlage der taxonomischen Gliederung Der seitlich abgeflachte Weichkorper ist nicht segmentiert lediglich durch eine zwischen Kopf Cephalon und Rumpf Thorax vom Rucken und von den Seiten her eingreifende Furche wird eine Trennung angedeutet Bei der Ordnung Podocopida befinden sich von den sieben Gliedmassenpaaren vier am Kopf Antennula A1 und Antenne A2 vor der Mundoffnung sowie Mandibel Md und Maxille Mx1 hinter der Mundoffnung Das Zusammenspiel von A1 und A2 dient der Steuerung der Fortbewegung und das Vorhandensein sowie die Ausbildung von sogenannten Schwimmborsten an der A2 sind entscheidend fur die Schwimmfahigkeit Der Thorax tragt mindestens drei Beinpaare die sogenannten Thorakopoden T1 bis T3 mit einer speziellen Funktionalitat Den Abschluss des Korpers bildet die unpaarige sogenannte Furka Einzelheiten zum Feinbau der Podocopida auch des Feinbaues der nicht bei allen Arten vorkommenden Mannchen ist bei W Klie 5 6 zu finden Lebensweise BearbeitenDie meisten Arten der Muschelkrebse bewegen sich kriechend oder gleitend uber den Boden der Gewasser Einige dieser benthischen Arten konnen sich auch uber kurze Strecken schwimmend fortbewegen Sie ernahren sich von den herabsinkenden abgestorbenen tierischen und pflanzlichen Resten den Schlamm durchwuhlend sorgen sie fur die Mineralisation des Detritus Dadurch spielen sie eine wichtige Rolle im Okosystem der Gewasser Einige der im Susswasser lebenden Ostrakoden haben eine hochspezialisierte Ernahrungsweise so weidet Notodromas monacha 7 die Kahmhaut an der Wasseroberflache ab Dauerhaft aktiv schwimmende also dem Nekton angehorige Arten z B Cypridopsis vidua 8 ernahren sich vorwiegend von Mikroalgen Einige leben rauberisch dazu zahlt die Gattung Gigantocypris deren Vertreter sehr kleine Jungfische und Pfeilwurmer fangen Mit einer Grosse bis zu 30 Millimeter sind diese in der Tiefsee lebenden bathypelagischen Ostrakoden die grossten Muschelkrebse Auch Kannibalismus ist offensichtlich weit verbreitet denn abgestorbene Artgenossen werden wie das Aas anderer Tiere verspeist So wurde beobachtet dass frisch getotete Exemplare von Cypris pubera 9 unverzuglich massenhaft Artgenossen anlockten Ostrakoden sollen auch als Kommensalen an anderen Krebsen leben so haften z B Arten der Gattung Entocythere an Kiemen und Gliedmassen der in Amerika vorkommenden Gattung Cambarus Klasse Flusskrebse Auch an Flohkrebsen lassen sich einige Arten der Ostrakoden finden Die Lebensdauer der Muschelkrebse betragt bei einigen Arten nur wenige Wochen Zu den Arten mit der hochsten Lebensdauer gehort Philomedes globosus diese marine Art ist erst ab zwei Jahren geschlechtsreif und wird bis zu vier Jahre alt Die im Meer lebenden Muschelkrebse sind uberwiegend Kosmopoliten und nicht selten auch Ubiquisten Unter den im Susswasser lebenden Ostrakoden sind aber viele hoch spezialisiert in ihren okologischen Anforderungen So entwickeln sich in Mitteleuropa die sogenannten Fruhlingsformen innerhalb weniger Wochen aus den Eiern uber die Larvenstadien bis zum Fruhsommer und sterben nach dem Ablegen der Eier mit dem Austrocknen der Gewasser ab Andere sind an die klimatischen Bedingungen der arktischen Regionen angepasst z B Fabaeformiscandona harmsworthi 10 11 Ihr Nachweis in kaltzeitlichen Sedimenten in Mitteleuropa ist ein wichtiger Indikator zur Rekonstruktion von Klimaveranderungen siehe weiter unten Fortpflanzung BearbeitenDie Muschelkrebse sind stets getrenntgeschlechtlich Von vielen insbesondere im Susswasser lebenden Arten sind aber die Mannchen nicht bekannt sie pflanzen sich durch Parthenogenese fort Diese Art der Fortpflanzung hat den Vorteil dass sich aus einem einzelnen Ei das durch den Vogelzug uber grosse Entfernungen verschleppt werden kann in einem von der Art praferierten Biotop eine neue Population entwickeln kann Nur so ist das Vorkommen der Art Ilyocypris getica 12 in einem anthropogen entstandenen Gewasser zu erklaren 13 Die Eier werden einzeln oder in kleinen Paketen frei im Wasser abgelegt Sie sind ausserordentlich widerstandsfahig durch eine doppelte Hulle geschutzt uberstehen sie bei vielen Arten das vollstandige Austrocknen und auch Ausfrieren des Wohngewassers Einige Arten allerdings zum Beispiel Darwinula stevensoni 14 sind lebendgebarend sie uberleben das Durchfrieren des Gewassers nicht Die Entwicklung beginnt mit einer bereits eine zweiklappige Schale tragenden Nauplius Larve Bei dieser sind bereits kleine Mandibeln vorhanden Es folgen Stadien mit maximal acht Hautungen Erst beim adulten Tier das sich nicht mehr hautet sind alle Merkmale des Weichkorpers und der Schalen voll ausgebildet Bedeutung fur den Menschen Bearbeiten nbsp Fossile Cyamocytheridea sp aus dem Eozan Unteres Lutetium 49 Mya Fundort Nederokkerzeel Belgien nbsp Ostrakode aus dem Perm von Texas Wie bereits weiter oben erwahnt spielen die Ostrakoden rezent eine grosse Rolle bei der Destruktion abgestorbener organischer Substanzen in den Gewassern z B der im Herbst eingetragenen Blatter der Laubbaume Aufgrund der guten Erhaltung der Schalen in kalkhaltigen Sedimenten ihrer Kleinheit und massenhaften Vorkommen sowie der evolutionaren Kurzlebigkeit werden marine Ostrakodenarten als Leitfossilien bereits seit langerem bei der Prospektion von Erdol verwendet Die an das Susswasser gebundenen Ostrakoden eignen sich gut fur die Untersuchung von Fragestellungen in der Quartargeologie 15 sowohl zur Milieu Rekonstruktion bei archaologischen Ausgrabungen als auch zur Untersuchung von Klimaanderungen Palaoklimatologie z B im Holozan 16 Neuere Untersuchungen in Mitteldeutschland haben ergeben dass die Susswasserostrakoden auch fur die stratigraphische Gliederung des Quartars geeignet sind sowohl zur Unterscheidung der Interglaziale als auch der Kaltzeiten 17 18 19 Literatur BearbeitenG W Muller Die Ostracoden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeres Abschnitte Fauna u Flora des Golfes von Neapel Band 21 Berlin 1894 PDF G W Muller Deutschlands Susswasser Ostracoden In Zoologica Heft 30 Stuttgart 1900 S 1 112 21 Tafeln G W Muller Ostracoda In F E Schulze Das Tierreich 31 Lieferung Berlin 1912 PDF W Klie Ostracoda Muschelkrebse In F DAHL Hrsg Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile nach ihren Merkmalen und ihrer Lebensweise Band 34 3 Jena 1938 S 1 320 G Hartmann Ostracoda In H E Gruner Hrsg Dr H G Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs Band 5 Arthropoda Abt 1 Crustacea Buch 2 Tl 4 Lfg 1 Geest amp Portig Leipzig 1966 S 1 216 Abb 1 121 K J Muller Hesslandona unisulcata sp nov with phosphatised appendages from Upper Cambrian Orsten of Sweden In R H E Robinson L M Sheppard Hrsg Fossil and Recent Ostracods Ellis Horwood Chichester 1982 S 276 304 Zum Ober Bathonium Mittlerer Jura im Raum Hildesheim Nordwestdeutschland Mega und Mikropalaontologie Biostratigraphie In Geologisches Jahrbuch Reihe A Heft 121 Hannover 1990 S 73 118 H I Griffiths European Quaternary Freshwater Ostracoda a Biostratigraphic and Palaeobiogeographic Primer In Scopolia Heft 34 Ljubljana 1995 S 1 168 C Meisch Freshwater Ostracoda of Western and Central Europe In Susswasserfauna von Mitteleuropa 8 3 Spektrum Akademischer Verlag 2000 ISBN 3 8274 1001 0 In englischer Sprache Berucksichtigt werden folgende Lander Irland Grossbritannien nordliche Halfte von Frankreich Beneluxlander Deutschland Schweiz Osterreich Ungarn Tschechien und Slowakei L E Park R D Ricketts Evolutionary history of the Ostracoda and the origin of nonmarine faunas In L E Park A J Smith Hrsg Bridging the Gap Trends in the Ostracode Biological and Geological Sciences In The Paleontological Society Papers Band 9 Tulsa Okla 2003 ISSN 1089 3326 R Fuhrmann Atlas quartarer und rezenter Ostrakoden Mitteldeutschlands In Altenburger naturwissenschaftliche Forschungen Heft 15 Altenburg 2012 S 1 320 142 Tafeln 12 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ostracoda Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kempf Database Ostracoda MuschelkrebseEinzelnachweise Bearbeiten Microdarwinula zimmeri 1 Cryptocandona reducta 2 Die Klasse der Ostracoda In Fauna Europeae Database European Commission abgerufen am 24 Februar 2010 englisch D J Horne A Cohen K Martens Taxonomy Morphology and Biology of Quaternary and Living Ostracoda In J A Holmes A R Chivas Hrsg The Ostracoda Applications in Quaternary Research Geophysical Monograph Series 131 American Geophysical Union Washington DC 2002 ISBN 0 87590 990 6 S 5 36 Walter Klie 3 W Klie Ostracoda Muschelkrebse In F DAHL Hrsg Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile nach ihren Merkmalen und ihrer Lebensweise Band 34 3 Jena 1938 S 1 320 Notodromas monacha 4 Cypridopsis vidua 5 Cypris pubera 6 Fabaeformiscandona harmsworthi 7 J W Neale The freshwater Ostracod Candona harmsworthi Scott from Franz Josef Land and Novaya Zemlya In J W Neale Hrsg The taxonomy morphology and ecology of Recent Ostracoda Edinburgh 1969 S 222 246 Ilyocypris getica 8 C Meisch R Fuhrmann K Wouters Ilyocypris getica Masi 1906 Crustacea Ostracoda Taxonomy Ecology Life History Distribution Fossil Occurence and First Record for Germany In Travaux scientifiques du Musee national d histoire naturelle de Luxembourg Band 23 Luxembourg 1996 S 3 28 9 Darwinula stevensoni 10 P Frenzel R Matzke Karasz F A Viehberg Muschelkrebse als Zeugen der Vergangenheit In Biologie in unserer Zeit 36 2 2006 S 102 108 ISSN 0045 205X R Fuhrmann Die Ostrakoden und Molluskenfauna des Auelehmprofils Zeitz Landkreis Burgenland und ihre Aussage zum Klima sowie zur Landnutzung im jungeren Holozan Mitteldeutschlands In Mauritiana Altenburg 2008 Band 20 2 S 253 281 PDF R Fuhrmann Die Ostrakodenfauna der Interglazialbecken von Neumark Nord Geiseltal Sachsen Anhalt und ihre Aussage zur stratigraphischen Stellung In Mauritiana Altenburg 2017 Band 32 S 40 105 PDF R Fuhrmann Die Ostrakodenfauna der weichselkaltzeitlichen Schichtenfolge des Braunkohlentagebaues Schadeleben Randfeld des Tagebaues Nachterstedt im ehemaligen Ascherslebener See Sachsen Anhalt In Mauritiana Altenburg 2012 Band 24 S 29 50 PDF R Fuhrmann Die Ostrakodenfauna des weichselpleniglazialen Losses in West und Mittelsachsen 11 Normdaten Sachbegriff GND 4170777 1 lobid OGND AKS LCCN sh85096003 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ostrakoden amp oldid 231852581