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Als Linkes Rheinufer wird allgemein das orographisch links des Rheins angrenzende Gebiet bezeichnet Die linksrheinischen Departements 1812Frankreich in den Grenzen von 1812Im Besonderen wird diese Bezeichnung franzosisch Rive gauche du Rhin 1 fur jenes Gebiet im Westen Deutschlands verwendet das von Frankreich im Ersten Koalitionskrieg erobert und annektiert wurde Da der Versuch zur Schaffung einer Cisrhenanischen Republik scheiterte wurden die linksrheinischen Gebiete nach franzosischem Vorbild in Departements reorganisiert Nach dem Sieg der Alliierten uber Napoleon 1814 wurden diese Gebiete vom Zentralverwaltungsdepartement provisorisch verwaltet Aus einem Teil des Territoriums wurden 1816 der bayerische Rheinkreis Rheinpfalz und die hessische Provinz Rheinhessen gebildet die nordlich davon liegenden Gebiete kamen zu Preussen und gehorten zunachst den beiden Provinzen Julich Kleve Berg und Grossherzogtum Niederrhein an aus denen 1822 die Rheinprovinz entstand Die sudlich gelegenen linksrheinischen Gebiete die bereits im 17 und 18 Jahrhundert an Frankreich gefallen waren kamen hingegen erst 1871 als Reichsland Elsass Lothringen wieder unter deutsche Verwaltung und bleiben dies bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Inhaltsverzeichnis 1 Verwaltungsstruktur 2 Politische Veranderungen 3 Recht 4 Juden in den franzosischen Departements 5 Sprachliche Relikte der Franzosenzeit 6 Siehe auch 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVerwaltungsstruktur BearbeitenIm Spatherbst 1794 hatten franzosische Revolutionstruppen das linke Rheinufer besetzt Im Mai 1796 wurde das Gebiet in zwei Generaldirektionen eingeteilt Die Generaldirektion zu Koblenz wurde zustandig fur die Lander zwischen Maas und Mosel einschliesslich des Kurfurstentums Trier auf beiden Ufern der Mosel die zu Aachen fur die Lander zwischen Rhein und Maas 2 Die Annexion wurde im Frieden von Campo Formio 1797 vorbereitet und im Frieden von Luneville 1801 volkerrechtlich anerkannt Am 4 November 1797 wurde die Verwaltung des Gebiets nach franzosischem Vorbild reorganisiert es wurden vier Departements gebildet Das Direktorium beauftragte den Elsasser Franz Josef Francois Joseph Rudler mit dieser Aufgabe und ernannte ihn zum Generalregierungskommissar aller eroberten Lander zwischen Maas und Rhein und Rhein und Mosel Rudler war zuvor Richter am Kassationshof in Paris gewesen Die Einteilung in vier Departements hatte bis zum Ende der Franzosenzeit und teilweise daruber hinaus Bestand Departement de la Roer Rur Departement mit Hauptort chef lieu Aachen Departement de la Sarre Saardepartement mit Hauptort Trier Departement de Rhin et Moselle Departement Rhein Mosel mit Hauptort Koblenz Departement du Mont Tonnerre Departement Donnersberg mit Hauptort Mainz Ein Gebiet in der Sudpfalz wurde dem Departement Bas Rhin mit Hauptort Strassburg zugeschlagen Die Gerichtsorganisation wurde den Verwaltungsstrukturen angepasst Siehe Gerichtsorganisation des Linken Rheinufers Politische Veranderungen BearbeitenNeben der Zentralisierung der Verwaltung nach franzosischem Vorbild wurden auch die ubrigen in Frankreich geltenden Gesetze eingefuhrt Dazu gehorte die Aufhebung aller standischen Privilegien die Herstellung der burgerlichen Gleichheit die Etablierung einer neuen Gerichtsordnung und die Einfuhrung des Code civil Der geistliche Besitz wurde sakularisiert Damit verbunden war eine fundamentale Umschichtung der gesamten Besitz und Vermogensverhaltnisse Rechtliche Grundlage dieser Enteignung war eine franzosische Verordnung der Konsularbeschluss vom 9 Juni 1802 Arrete des Consuls 3 Davon profitierte in erster Linie das Burgertum Weniger erfolgreich war der Bereich der Bildungspolitik Anstatt einer Reform der Universitaten setzte die franzosische Verwaltung auf die Etablierung von spezialisierten Fachschulen Kritik kam von kirchlich beeinflussten Kreisen aber zur Zeit Napoleons auch von ehemaligen deutschen Jakobinern Wahrend die einen die Verweltlichung beklagten kritisierten die anderen die Unterdruckung der Freiheit Ein Beispiel fur einen dieser Kritiker ist der ehemalige Monch Franz Theodor Biergans Er agierte nach seiner Abkehr vom klosterlichen Leben im Kloster Schwarzenbroich bei Duren als Jakobiner in Koln wo er als Anhanger der franzosischen Revolutionsideale Kirche und Feudalherren deutlich kritisierte 4 In der gesamten Bevolkerung war der Unmut uber die Militardienstpflicht weit verbreitet 5 Recht BearbeitenDer Code civil galt am linken Rheinufer lange nach den Befreiungskriegen bis zum Inkrafttreten des Burgerlichen Gesetzbuches BGB am 1 Januar 1900 fort Aus Grunden der Abgrenzung von Frankreich wurde er jedoch als Rheinisches Recht bezeichnet 6 7 Juden in den franzosischen Departements BearbeitenDieser Abschnitt folgt der Dissertation von Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch Zur Sozialgeschichte einer Minderheit im Saar Mosel Raum um 1800 8 online verfugbar bei der Universitatsbibliothek Trier 9 Die Lage der Juden in den linksrheinischen Provinzen des Alten Reichs Heiliges Romisches Reich Deutscher Nationen entsprach derjenigen in ganz Deutschland Die Juden lebten in einer prekaren Existenz geduldet aber nicht akzeptiert Sie wohnten meistens auf dem Land und nicht in der Stadt sie waren kleine Handler oft Viehhandler Hausierer oder Geldverleiher Sie mussten spezielle Steuern bezahlen und wenn ihr Landesherr in finanziellen Schwierigkeiten war belegte er sie mit Sonderabgaben Sie konnten ihre Religion ausuben aber nur sehr diskret In der Bevolkerung gab es immer noch eine massive Judenfeindschaft Am Ende des 18 Jahrhunderts gab es auch im Reich Bestrebungen der Emanzipation der Juden wegen der zersplitterten Herrschaften sehr unterschiedlich das hier relevante Gebiet gehorte nicht zu den fortschrittlichen Furstentumern Fur keine andere Bevolkerungsgruppe des Saar Mosel Raumes war die franzosische Zeit so folgenreich wie fur die Juden Zwar erhielten sie die verfassungsrechtliche Gleichstellung nicht sofort nach 1794 sondern endgultig erst nach 1801 Die verfassungsrechtliche Gleichstellung die die franzosischen Juden im Jahre 1791 erhielten erstreckte sich zunachst nicht auf die besetzten linksrheinischen Gebiete Gleichwohl sorgte General Lazare Hoche als oberster Befehlshaber im Rheinland 1797 dafur dass allen Religionsgruppen die ungehinderte Religionsausubung garantiert und der Leibzoll aufgehoben wurde 10 Neben allen Vorteilen gab es auch Probleme fur die Juden Es war nicht klar wie sie ihre Rabbiner bestimmen konnten fur die fruher ein Einverstandnis des Landesherrn notwendig war Nach dem Tod von Marx Levy 1804 dem Rabbiner des vormaligen Obererzstifts Trier blieb das Trierer Rabbinat fur einige Jahre vakant weil die Judenschaft nicht wusste auf welche Weise unter den neuen politischen Verhaltnissen ein Rabbiner bestimmt und eingesetzt werden durfte 11 Ein Streitpunkt im neuen Regime war die sogenannte Schuldenregulierung Es ging dabei um Schulden der Juden und judischen Gemeinden vor der franzosischen Annexion Die Glaubiger bestanden auf der Bezahlung der Schulden die Juden argumentierten dass diese Schulden nur dadurch zustande gekommen waren weil sie die Juden so viele Sonderbelastungen tragen mussten die sie nicht erfullen konnten Jakob Simon Oppenheimer vertrat die judischen Interessen Ab 1805 sollten die Juden die Schulden tilgen wegen volliger Mittellosigkeit konnten viele aber keine Zahlungen leisten Der Streit zog sich bis 1818 hin es kamen nur geringe Betrage zusammen Gerichtliche Streitigkeiten zogen sich bis 1836 hin als sie gerichtlich fur beendet erklart wurde 12 1806 erliess Napoleon die ersten Dekrete die die Juden betrafen Sie nahmen einen Teil der Gleichstellung wieder zuruck Einer der Vorwurfe an die Juden war der Wucher oft vollig unbegrundet es gab mindestens genauso viele christliche Wucherer 13 Langfristig bedeutender war die Neuorganisation der Juden sie sollten 100 Vertreter einer Versammlung Grand Sanhedrin bestimmen die daruber entscheiden sollten 14 Hier wurde die weitgehende Gleichstellung der Juden als Franzosen beschlossen Sowohl die Zusammensetzung der Versammlung als auch ihre Ergebnisse waren unter den Juden umstritten 15 1808 erliess Napoleon zwei weitere Dekrete darunter das Decret Infame beruchtigtes Dekret welches die Gleichstellung wieder in Frage stellte Dieses Dekret war als Sozialreform der Juden gedacht und zielte darauf ab Wucher Handel und Wehrpflicht von Juden zu regeln Es war auf 10 Jahre befristet Fur die Juden wurde ein Konsistorialsystem wie fur die christlichen Kirchen eingefuhrt Napoleon drangte die Juden sich selbst feste Glaubenssatze Dogmen zu geben 16 Am 9 Juli 1806 trafen die beiden judischen Delegierten des Saardepartements Mayer Nathan Bernkastel von Trier und Jeremie Hirsch von Saarbrucken in Paris zur ersten Versammlung ein 17 1808 wurden Zahlen zur judischen Bevolkerung der linksrheinischen Departments erfasst im Saardepartement ca 3000 im Departement Rhein Mosel ca 4000 allerdings sind diese Zahlen ungenau in verschiedenen Dokumenten findet man unterschiedliche Zahlen Diese Zahlen dienten dazu die Kosten fur die Versammlung in Paris auf die Bevolkerung umzulegen 18 Am 9 Januar 1809 wurde die Konsistorialversammlung eingesetzt im Marz fand die erste Sitzung statt es dauerte bis 1810 bis alle Gemeinden in der Versammlung vertreten waren 19 Zunachst wurden die Aufgaben festgelegt zusammen mit den Prafekten der Departements 20 Es gab Streit uber die Abgaben der Juden ausserdem waren die Daten uber die judischen Gemeinden und ihre Mitglieder luckenhaft Das Konsistorialdekret vom 17 Marz 1808 verpflichtete die Juden die Kultuskosten ausnahmslos aus ihren eigenen Mitteln zu bestreiten Dazu gehorten insbesondere die Gehalter der Rabbiner 21 Die Juden durften Grund erwerben dies gelang aber nur wenigen Einerseits waren die meisten zu arm andererseits gab es immer noch die Vorbehalte die Juden waren Betruger nur verzehrendes Mitglied des Staates 22 Ein Hauptziel des Konsistoriums war die Aufhebung des Decret Infame Ab 1810 gab es die Moglichkeit dass einzelne Juden oder Gemeinden davon ausgenommen wurden dies wurde nur selten bewilligt Ein Ziel des Decret Infame war die Juden von ihren angestammten Berufen wie Viehhandler oder Geldverleihe abzubringen und sie zu Handwerkern Angestellten franzosisch arts et metiers oder in akademischen Berufen auszubilden 23 Das Decret Infame lief 1818 aus da es nicht erneuert wurde Ob das Ziel des Dekrets erreicht wurde kann man aus den wenigen Daten die vorliegen nicht ableiten Zusammenfassend kann man sagen dass die relativ kurze Zeit in der die Juden unter franzosischer Herrschaft gelebt haben grossen Einfluss auf sie hatte Sie waren zum ersten Mal formal gleichberechtigt und lernten ihre Rechte einzufordern und durchzusetzen Sprachliche Relikte der Franzosenzeit BearbeitenIn Franzosenzeit flossen viele franzosische Worter in die Umgangssprache ein wie Cousin und Cousine 24 Plumo Federbett Filou Monnie Geld Drottewaar Burgersteig oder auch malaad von franzosisch malade krank In Koblenz entstand der Begriff Schangel vom franzosischen Vornamen Jean so nannte man teils abfallig die von Franzosen abstammenden Kinder deutscher Mutter Besatzungskinder Auch Worter aus der Verwaltungssprache haben sich zumindest in einigen Teilen der Pfalz erhalten dazu zahlen Bolles Gefangnis von franzosisch police und Hissje oder Hussje fur Gerichtsvollzieher von huissier Gerichtsdiener Siehe auch BearbeitenLinksrheinisch Hanseatische Departements Franzosenzeit Koalitionskriege 1792 bis 1815 Weblinks BearbeitenElisabeth Fehrenbach Vom Ancien Regime zum Wiener Kongress S 48 ff uber die Annexion des Rheinlandes Landschaftsverband Rheinland Das Rheinland unter den Franzosen 1794 1815Einzelnachweise Bearbeiten Recueil des reglemens et arretes emanes du Commissaire du Gouvernement dans les Quatre Nouveaux Departemens de la Rive Gauche du Rhin Google Books Landschaftsverband Rheinland Portal Rheinische Geschichte 1794 bis 1815 Paul Fabianek Folgen der Sakularisierung fur die Kloster im Rheinland Am Beispiel der Kloster Schwarzenbroich und Kornelimunster Verlag BoD 2012 ISBN 978 3 8482 1795 3 S 12 und Anlage Verordnung Arrete portant suppression des ordres monastiques et congregations regulieres dans les departemens de la Sarre de la Roer de Rhin et Moselle et du Mont Tonnerre Paul Fabianek Folgen der Sakularisierung fur die Kloster im Rheinland Am Beispiel der Kloster Schwarzenbroich und Kornelimunster 2012 Verlag BoD ISBN 978 3 8482 1795 3 S 17 20 Max Braubach Von der franzosischen Revolution bis zum Wiener Kongress Munchen 1974 S 88 f Verena Peters Der germanische Code civil Zur Wahrnehmung des Code civil in den Diskussionen der deutschen Offentlichkeit Mohr Siebeck Tubingen 2018 S 60 69 Reiner Schulze Hrsg Rheinisches Recht und Europaische Rechtsgeschichte Duncker amp Humblot Berlin 1998 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch Zur Sozialgeschichte einer Minderheit im Saar Mosel Raum um 1800 In Helmut Castritius Alfred Haverkamp Pranz Irsigler Stefi Jersch Wenzel Hrsg FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DER JUDEN Schriftenreihe der Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte der Juden e V Hahnsehe Buchhandlung Hannover 1996 ISBN 3 7752 5612 1 OPUS In Universitatsbibliothek Trier 2023 abgerufen am 22 September 2023 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 192 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 196 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 236 ff Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 258 f Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 261 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 270 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 273 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 279 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 285 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 298 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 306 f Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 311 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 345 Cilli Kasper Holtkatte Juden im Aufbruch S 350 Das Rheinland unter den Franzosen 1794 1813 Webseite im Portal wir rheinlaender lvr de abgerufen am 1 Juli 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Linkes Rheinufer amp oldid 237743037