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Lady und Schneider ist eine Posse in zwei Acten von Johann Nestroy Die Erstauffuhrung fand am 6 Februar 1849 im Wiener Carltheater als Benefizvorstellung fur den Dichter statt DatenTitel Lady und SchneiderGattung Posse mit Gesang in zwei ActenOriginalsprache DeutschAutor Johann NestroyLiterarische Vorlage Les Mysteres de Paris von Eugene SueMusik Michael HebenstreitErscheinungsjahr 1849Urauffuhrung 6 Februar 1849Ort der Urauffuhrung CarltheaterOrt und Zeit der Handlung Die Handlung spielt theils in einer Provinzstadt und in dem Schlosse der LadyPersonenGraf von Hohenstein Friedrich Paul seine Sohne Lady Bridewell Wittwe Lord Atworth ihr Oheim Baronin von Kargenhausen Adele ihre Tochter Fuchs Secretair der Baronin Miss Kemble Kammerfrau der Lady Jean Bedienter des Grafen Paul Georg Bedienter im graflichen Schlosse Restl ein alter Schneider Linerl seine Tochter Hyginus Heugeign 1 Schneider Linerls Brautigam Fingerhut Biegelscheer Schneidergesellen Ballgaste Lakais Musiker Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Werksgeschichte 3 Zeitgenossische Rezeption 4 Spatere Interpretationen 5 Text 6 Literatur 7 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDem amateurhaft politisierenden und durchaus opportunistischen Schneider Hyginus Heugeign ist die Politik wichtiger als seine Profession und seine Braut Linerl Politik is auch das Hochste Als er durch Zufall den Auftrag erhalt ein Ballkostum fur Lady Bridewell zu schneidern spinnt er sich daraus angebliche politische Hintergrunde zusammen Es ist ja zu klar man is auf mich aufmerksam geworden Die Aristokratie drangt sich in angstlicher Ungewissheit an mich von meinen Reden in Bierhaus is ihnen kein Wort entgangen bey Hof England hat offenbar die Hand im Spiel das allein is schon Beweis dass was herausschaut Zweiter Act 26 ste Scene 2 Der wahre Grund ist eine Intrige des Grafen Paul gegen seinen alteren Bruder Friedrich Heugeign missversteht alles und halt sich fur den Mittelpunkt politischer Ranke Linerl wird von Paul und Fuchs als Mittel zum Zweck missbraucht indem sie ihr einreden durch eine Verkleidung als Lady Bridewell konne sie ihren Brautigam vor dem Verderben retten Lord Atworth der alles durchschaut nutzt die Gelegenheit eines Zusammentreffens aller Beteiligten im Schlosse der Lady Bridewell seiner Nichte zu helfen und die Intriganten blosszustellen Nur Heugeign glaubt bis zum Schluss an seine politische Aufgabe Heugeign Jetzt muss ich in allem Ernst bitten dass Sie sich erklaren was mit die gewissen hoheren Zwecke is zu die Sie mich verwenden wollen Atworth Ich verstehe Sie nicht Heugeign Mit die Staatsumsturz und Terrorismusentwicklungen Atworth Mein erster Ausspruch bestatigt sich der Mensch ist ein Narr Restl Schwiegersohn der spricht es aus denkt hab ich mir s schon lang im stillen Erster Act 29 steund 30 ste Scene 3 Erst dadurch kommt Heugeign zur Besinnung und kehrt reumutig zu Linerl und seiner Schneider Werkstatt zuruck Werksgeschichte BearbeitenDie Vorlage fur Nestroys Stuck war eine Bearbeitung von Eugene Sues Fortsetzungsroman Les Mysteres de Paris Die Geheimnisse von Paris der von 1842 bis 1843 in der Pariser Tageszeitung Le Journal des debats erschien Nestroy hatte schon fruher Sue als Quelle benutzt namlich 1846 fur Zwey ewige Juden und Keiner das Buhnenstuck Le Juif errant Der wandernde Jude und spater 1852 fur Kampl das Kapitel L Orgueil Der Stolz des Romans Les Sept Peches Die sieben Todsunden Auf dem Theaterzettel stand allerdings lediglich der Hinweis Die Handlung ist theilweise dem Franzosischen entnommen 4 In der Tradition des Alt Wiener Volkstheaters waren die von Nestroy verwendeten Elemente der Kostumballe mit Verkleidungen Entfuhrungen Gaunern mit Dolchen und Losungsworten sowie die Rolle des Schneiders stets vorhanden so dass Ferdinand Raimund in Die unheilbringende Krone den Dorfschneider Simplizius Zitternadel sagen lasst jetzt konnen s gar kein Stuck mehr auffuhren wo s nicht was von ein Schneider drin haben Erster Aufzug neunte Szene 5 Wie auch Judith und Holofernes schrieb Nestroy dieses Stuck in den ersten Monaten nach der misslungenen Revolution in Wien Nestroys Lady und Schneider kann gewissermassen als Gegenstuck aus der Reaktionsara zum revolutionszeitlichen Stuck Freiheit in Krahwinkel gesehen werden die Hauptfigur Hyginus Heugeign ist die Spiegelung von Eberhard Ultra Lady Bridewell diejenige der Frau von Frankenfrey Wahrend Ultra noch als naiver Enthusiast gezeichnet wurde ist Heugeign ein sich selbst uberschatzender Opportunist dessen gesamtes amateur politisches Verstandnis in seinem Ehrgeiz nach Ruhm gipfelt Sie mussen mich noch wo an die Spitze stellen sey s Bewegung oder Clubb liberal legitim conservativ radical oligarchisch oder gar kanarchisch 6 das is mir alle eins nur Spitze Erster Act 10te Scene 7 Die Urauffuhrung war ursprunglich fur den 1 Februar geplant gewesen musste wegen einer Unpasslichkeit von Wenzel Scholz allerdings um einige Tage verschoben werden Johann Nestroy spielte den Hyginus Heugeign Wenzel Scholz den Schneider Restl Alois Grois den Sekretar Fuchs 4 Das Stuck erlebte lediglich sechs Auffuhrungen 6 bis 11 Februar bis es fur mehr als 100 Jahre von den Buhnen verschwand und erst 1954 wieder gespielt wurde im Kleinen Theater im Konzerthaus in Wien Eine neuere Auffuhrung fand 2011 bei den Nestroy Spielen Schwechat statt 8 Eine vollstandige Handschrift Nestroys ist nicht mehr vorhanden lediglich einige Blatter mit Vorarbeiten fur Couplets Szenarien Titelblatter mit Personenverzeichnissen und Dialogskizzen Auf einem dieser Blatter wird der ursprungliche Titel mit Der Mann an der Spitze angefuhrt 9 Die Original Partitur von Michael Hebenstreit ist verschollen Zeitgenossische Rezeption BearbeitenDieses Stuck provozierte wenig schmeichelhafte Rezensionen in der Presse denn Nestroy wurde offenbar ubel genommen dass er die eben erst vergangenen Revolutionsgeschehnisse satirisch behandelt habe 10 Wenn auch die Schwachen des Stoffes eingeraumt wurden so war die Kritik vom 8 Februar 1849 Nr 33 S 131 im Osterreichischen Courier wie Adolf Bauerles Wiener Theaterzeitung fur einige Zeit hiess als einzige positiv im Lob fur die witzigen Dialoge und die politischen Anspielungen Was in diesem Stucke n i c h t von Nestroy ist erkennt man sogleich und wir bedauern dass er sein ausgezeichnetes Talent an einen so matten Stoff gewendet es fallt jedoch die Unzulanglichkeit des Sujets nicht allzu sehr ins Gewicht vergisst doch uber den Dialog beinahe auf den Faden des Stuckes und hat nur den ausserordentlichen Witz des Verfassers im Auge mit welchem er wieder sein neuestes Elaborat uberreich auszustatten wusste Im Unterschied zum Osterreichischen Courier der von lebhaften Beifallsbezeigungen schrieb stellte Das freie Osterreich ebenfalls vom 8 Februar Nr 37 S 132 den Unwillen des Publikums wegen einiger politischer Anspielungen fest Auch wurde das Fehlen witziger Dialoge bemangelt Leider bemerken wir heute im abbesprochenen Stucke wenig gelungene Witze denen meist die Politik zu Grunde liegt und dass Herr Nestroy bald durch ein kerniges Meisterstuck das geflickte Gesellenwerk vergessen lasst Der Humorist von Moritz Gottlieb Saphir Nestroys standigem Kontrahenten beklagte neben einer equivoquen 11 lasciven Szene Heugeign nimmt bei Linerl Mass 2 Akt 13 Szene besonders die satirischen Kommentare in den beiden Couplets auch abgesehen hievon waren diese Lieder an sich sehr matt und gehaltlos das erstere uber den Umschwung der Zeit und das Umsatteln abstrahirte der Verfasser meist wohl von sich 12 und das andere enthielt gar nichts Komisches denn dass bei der Ueberschwemmung der Leopoldstadt die Tr e ppen erst nachher kommen 13 ist falls es noch wahr ist wirklich nichts Possenhaftes Diese im gesamten Rezeptionstext durchgehend bosartige Kritik forderte Nestroy zu einem geharnischten Antwortbrief heraus der am 18 Februar 1849 im Osterreichischen Courier Nr 168 veroffentlicht wurde Die satirische Antwort auf Saphirs Anwurfe brachte ebenfalls Das freie Osterreich am 22 Februar mit einem zwolfteiligen zustimmenden Kommentar 12 Wer kann wohl noch so albern fragen Ueber den Werth und die Wichtigkeit der Saphir schen Kritiken sind ja langst schonm die Akten geschlossen Im Wanderer vom 8 Februar wurde ausser einiger Kritik am Stuck auch behauptet die Quelle sei ein franzosisches Vaudeville mit dem Titel Friseur und Minister dessen Originalautoren uns bekannt sind Allerdings gab der Rezensent den Namen der Autoren nicht bekannt und ein Vaudeville dieses Titels konnte bislang Stand 2000 noch nicht gefunden werden Negative Rezensionen waren ebenfalls in der Wiener Zeitschrift 8 Februar Nr 27 S 107 im Patrioten 9 Februar Nr 34 S 270 272 in der Allgemeinen Osterreichischen Zeitung 10 Februar Nr 40 S 276 sie verglich das Stuck mit Reaktionsknodeln mit radicalem Sauerkraut Zitat und einigen anderen Blattern zu lesen Spatere Interpretationen BearbeitenOtto Rommel vermutet der Erfolg des Stuckes beim Publikum sei weniger auf die matte und unzulangliche Handlung Zitat sondern eher auf die politischen Anspielungen im Text des Hyginus Heugegn Nestroys Rolle zuruckzufuhren fur die das Publikum 1849 ein offenes Ohr gehabt hatte 14 Von Helmut Ahrens wird relativierend festgestellt das Possenspiel zeige beredt dass Nestroy zwar einerseits unglucklich uber den Verlust der erst vor kurzem gewonnenen Freiheiten gewesen sei die Zensur wurde vom jungen Kaiser Franz Joseph ganz nach dem Muster vor 1848 wieder eingefuhrt sich jedoch andrerseits seine Ablehnung einer politischen Festlegung wieder einmal erkennen lasse Deutlich sei allerdings zu erkennen dass der Dichter das Fehlen einer neuen Ordnung einer neuen Freiheit und wahrer Gleichheit als Folge der Revolution vermisse was bei ihm zu depressiver Grundstimmung in den Couplets seines Hyginus Heugeign fuhrte 15 Bei Peter von Matt wird Nestroys schwankender Heroismus nach der Niederschlagung der Revolution provozierend angesprochen Nach Matts Argumentation habe der Verfasser von Freiheit im Krahwinkel 1849 keine Neigung zum politischen Martyrertum Es liegt ihm sehr am personlichen Wohlergehen mehr noch an der ungebrochenen Entwicklung seines Finanzhaushalts Nach dem blutigen Oktober 1848 ist Nestroy offensichtlich darauf bedacht sich mit einigen pointiert reaktionaren Ausserungen in Lady und Schneider offentlich abzusichern Zitat Dennoch waren nach Matt viele von Heugeigns Sentenzen bewusst doppeldeutig da er zu Recht annehmen konnte die Zensoren wurden komplexe Zusammenhange nicht erkennen 16 Text BearbeitenKompletter Text auf www nestroy at nestroy stuecke 63 ladyLiteratur BearbeitenHelmut Ahrens Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht Johann Nestroy sein Leben Societats Verlag Frankfurt am Main 1982 ISBN 3 7973 0389 0 John R P McKenzie Hrsg Johann Nestroy Stucke 26 II In Jurgen Hein Johann Huttner Walter Obermaier W Edgar Yates Johann Nestroy Samtliche Werke Historisch kritische Ausgabe Franz Deuticke Verlagsgesellschaft Wien 1998 ISBN 3 216 30314 4 S 1 80 153 292 Otto Rommel Nestroys Werke Auswahl in zwei Teilen Goldene Klassiker Bibliothek Deutsches Verlagshaus Bong amp Co Berlin Leipzig Wien Stuttgart 1908 Einzelnachweise Bearbeiten Heugeign wienerisch fur grosser hagerer Mensch eigentlich Pflock mit Aststummeln zum Heutrocknen siehe Heinze McKenzie Johann Nestroy Stucke 26 II S 37 38 McKenzie Johann Nestroy Stucke 26 II S 79 80 a b Faksimile des Theaterzettels in John R P McKenzie Johann Nestroy Stucke 26 II S 483 Rudolf Furst Raimunds Werke in drei Teilen Dritter Teil Goldene Klassiker Bibliothek Deutsches Verlagshaus Bong amp Co Berlin Leipzig Wien Stuttgart 1909 S 20 Wortspiel gar ka wienerisch fur gar kein nichts davon McKenzie Johann Nestroy Stucke 26 II S 23 23 Janner 2011 im Kultur Channel Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus Signaturen I N 33 381 33 382 33 383 33 384 33 385 33 386 33 387 33 388 33 389 35 051 94 356 94 374 94 375 94 387 Faksimiles von 33 386 94 374 und 94 375 in McKenzie Johann Nestroy Stucke 26 II S 484 486 McKenzie Johann Nestroy Stucke 26 II S 171 194 fur das gesamte Kapitel Zeitgenossische Rezeption equivoque franzosisch fur zweideutig anzuglich Couplet Heugeigns im 1 Akt 8 Szene Anspielung auf das politische Umsatteln vieler Zeitgenossen nach der Niederschlagung der Revolution Saphir wirft hier Nestroy vor von sich auf andere zu schliessen Couplet Heugeigns im 2 Akt 17 Szene Nach einem Eisstoss mit Uberschwemmung der Leopoldstadt im Janner 1849 soll der Aufbau von Treppen Bretterstegen fur die Bevolkerung erst nach acht Tage erfolgt sein Otto Rommel Nestroys Werke S LXXVIII LXXIX Helmut Ahrens Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht S 314 317 Peter von Matt Nestroys Panik In Das Schicksal der Phantasie Studien zur deutschen Literatur Hanser Munchen Wien 1994 S 142 Theaterstucke von Johann Nepomuk Nestroy Sieben Madchen in Uniform Bearbeitung Prinz Friedrich von Corsica Der Zetteltrager Papp Dreyssig Jahre aus dem Leben eines Lumpen Der Einsylbige Der Tod am Hochzeitstage Der unzusammenhangende Zusammenhang Magische Eilwagenreise durch die Comodienwelt Zwey Schussel voll Fasching Krapfen Der gefuhlvolle Kerckermeister Nagerl und Handschuh Humoristische Eilwagen Reise durch die Theaterwelt Zampa der Tagdieb Der konfuse Zauberer Die Zauberreise in die Ritterzeit Genius Schuster und Marqueur Der Zauberer Februar Der Feenball Der bose Geist Lumpacivagabundus Robert der Teuxel Der Tritschtratsch Der Zauberer Sulphurelectrimagneticophosphoratus Muller Kohlenbrenner und Sesseltrager Das Verlobungsfest im Feenreiche Die Gleichheit der Jahre Die Fahrt mit dem Dampfwagen Die Familien Zwirn Knieriem und Leim Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab Eulenspiegel Zu ebener Erde und erster Stock Die Ballnacht Der Treulose Die beiden Nachtwandler Der Affe und der Brautigam Eine Wohnung ist zu vermiethen in der Stadt Moppels Abentheuer Das Haus der Temperamente Gluck Missbrauch und Ruckkehr Der Kobold Gegen Torheit gibt es kein Mittel Die verhangnisvolle Faschingsnacht Der 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