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Johannes Ferdinand von Guenther 14 Marzjul 26 Marz 1886greg 1 in Mitau Kurland Russisches Kaiserreich 28 Mai 1973 in Kochel auch Johannes von Gunther Hans von Gunther oder Johannes Gunther war ein deutscher Ubersetzer Verleger und Schriftsteller Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Bedeutung als Ubersetzer russischer Literatur 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJohannes von Guenther wurde in Mitau als Sohn des ortlichen Gefangnisdirektors geboren Von 1888 bis 1893 lebte die Familie in Windau wo der Vater als kaiserlich russischer Polizeichef amtierte und kehrte anschliessend nach Mitau zuruck Schon als Schuler verfasste Johannes kleine Dramen und Gedichte die er in lokalen Zeitungen abdrucken liess Als Deutschbalte mehrsprachig aufgewachsen beschaftigte er sich seit seiner Jugend mit moderner Dichtung vor allem aber nicht ausschliesslich des Symbolismus Er verkehrte brieflich mit bekannten deutschen und russischen Lyrikern seiner Zeit von denen er einige spater personlich kennen lernte darunter Alexander Blok mit dem er befreundet gewesen sein soll Seit der Kindheit befreundet war er mit dem ebenfalls aus Kurland stammenden Maler und Schriftsteller Herbert von Hoerner der mit ihm das russische Gymnasium in Mitau besuchte Nach seinem Abitur bereiste Guenther Deutschland verbrachte die Jahre 1904 und 1905 in Dresden und Munchen wo sein zwei Jahre alterer Schulfreund an der Kunstakademie studierte und bewegte sich in Kreisen der Munchener Boheme Aufgrund der politischen Ereignisse kehrte Guenther wahrend der Revolution von 1905 ins Baltikum zuruck In Mitau erschien 1906 sein entstandenes Versbandchen Schatten und Helle das mit Illustrationen von Hoerners versehen war 1906 unternahm er seine erste Reise nach Sankt Petersburg wo er nach eigener Einschatzung erst wirklich Russisch lernte Dort war Guenther von 1909 bis 1913 deutscher Redakteur der Zeitschrift Apollon und fur die Berichterstattung uber die deutsche Gegenwartsliteratur zustandig 1910 veroffentlichte er ein Buch in russischer Sprache uber Stefan George dem er zu dieser Zeit verfallen war Er reiste unter anderem nach Moskau und nach London konvertierte 1913 in Riga zum katholischen Glauben und heiratete im Juni 1914 in Graz die Englanderin Elsie Wood Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs hielt er sich in Deutschland auf und konnte als Angehoriger der deutschsprachigen Minderheit nicht nach Russland zuruckkehren Er lebte in Munchen Leipzig und Berlin wo er als Ubersetzer Dramatiker Lyriker und Erzahler tatig war Seinen Einstieg in die deutsche Verlags und Autorenlandschaft verdankte er wie er in seinen Erinnerungen ausfuhrt Karl Gustav Vollmoeller Vollmoeller der eine elegante Wohnung am Pariser Platz hatte war damals Anfang dreissig ein Europaer ein reicher Mann der sich alles leisten konnte Fur mich hatte er etwas Faszinierendes Er verstand viel von Dichtung war von einer immensen Bildung und mir in jeder Hinsicht uberlegen Vollmoeller war namlich nicht nur Dichter vor allem aber gehorte er zu dem engsten Kreis um Max Reinhardt Er imponierte mir masslos Vollmoeller hatte einen Kreis sehr interessanter Menschen um sich Dazu gehorte vor allem Rudolf G Binding Fritz von Unruh Johannes von Guenther Ein Leben im Ostwind Biederstein Munchen 1969 S 341 345Vollmoeller brachte von Guenther mit den Verlegern Alfred Walter Heymel Anton Kippenberg Georg Muller sowie mit Max Reinhardt Richard Dehmel Stefan George Ernst Hardt Hugo von Hofmannsthal Melchior Lechter Rainer Maria Rilke Arthur Schnitzler sowie Karl Wolfskehl zusammen In Munchen leitete Gunther seit 1916 den Verlag des 1917 gefallenen Verlagsgrunders Georg Muller den spateren Langen Muller Verlag und grundete 1919 seinen eigenen Musarion Verlag 1919 ubertrug Vollmoeller seine Autorenrechte vom Insel und S Fischer Verlag auf den von Guenther geleiteten Georg Muller Verlag 2 Von 1922 bis 1924 war von Guenther zusammen mit Alexander Eliasberg Herausgeber des Drei Masken Verlages von 1923 bis 1927 lebte er in Bichl bei Bad Tolz und war von 1927 bis 1929 Verlagsdirektor bei Grethlein amp Co in Leipzig Ab 1930 arbeitete er als Verleger in Berlin und blieb dort ab 1934 als freier Schriftsteller tatig Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten unterschrieb Guenther im Oktober 1933 zusammen mit weiteren 87 Schriftstellern das Gelobnis treuester Gefolgschaft fur Adolf Hitler 3 Seine Hauptaufgabe sah Guenther darin der deutschen Leserschaft moglichst alle Sparten der russischen Literatur des 19 Jahrhunderts zuganglich zu machen Er ubersetzte die Werke von Dostojewski Gogol Lermontow Lesskow Puschkin Tolstoi Turgenew und Tschechow die Dramen Ostrowskis und mehr als 3000 russische Gedichte mit rund 60 000 Versen wobei besonders seine Gedichtubertragungen gelobt wurden Das ubersetzerische Lebenswerk regte ihn auch zu eigenen literarischen Produktionen an 1939 erschien der historisch biografische Roman Rasputin 4 Guenthers erfolgreichstes eigenes Werk in dem er Die zwei Gesichter Russlands 5 anhand der Gestalt des Grigori Jefimowitsch Rasputin darzustellen versucht der ebenso wie die Mitglieder der Zarenfamilie positiv charakterisiert wird 6 wahrend die russischen Revolutionare als wenig ernstzunehmende Hitzkopfe und Unzufriedene erscheinen Eine Horfassung des Buches mit Guido Wieland als Sprecher wurde 1960 beim Schweizer Walter Verlag in Olten produziert 7 Guenther setzte sein Schaffen nach 1945 im kommunistisch beherrschten Ostteil Deutschlands ungebrochen fort und blieb in beiden Teilen des Landes anerkannt Sein Drama Der Kreidekreis wurde im Januar 1943 am Staatstheater Berlin und im April 1956 am Staatstheater Braunschweig inszeniert Von 1940 bis 1953 lebte er in Kochel in Oberbayern dann in Seeshaupt am Starnberger See Seine Ubersetzungen aus dem Russischen publizierte er von 1948 bis 1956 beim Berliner Aufbau Verlag 1969 veroffentlichte er seine Erinnerungen unter dem Titel Ein Leben im Ostwind Zwischen Petersburg und Munchen Seine Privatbibliothek befindet sich im Bestand der Universitatsbibliothek Tubingen Bedeutung als Ubersetzer russischer Literatur BearbeitenRolf Dieter Kluge zufolge war von Guenther der wohl produktivste russisch deutsche Literaturubersetzer des 20 Jahrhunderts 8 Zahlreiche seiner Ubersetzungen erschienen im Reclam Verlag und im Diogenes Verlag und fanden weite Verbreitung Allerdings war sein fur ein breites Lesepublikum bestimmtes und ausdrucklich nicht wissenschaftlich reflektiertes Ubersetzungswerk nicht unumstritten So hielt Roman Braun der langjahrige Literaturkritiker der ZEIT fur russische Literatur die Tschechow Werkausgabe von Guenthers nicht nur wegen des kommentarlos weggefallenen Fruhwerks und der stattdessen hinzugefugten enthusiastischen aber wenig aussagekraftigen und teils schwulstigen und klischeebehafteten Einfuhrungstexte aus Guenthers eigener Feder fur unbefriedigend Neben dem ganzlichen Fehlen von Basisinformationen zum Leben und Werk des Autors kritisierte er die sperrige mitunter holzern und gestelzt wirkende und dem Sprachfluss des russischen Original oftmals nicht gerecht werdende Sprache Guenthers die insbesondere die Sprechtextpassagen der Dramen bestimmt Die meisten anderen Tschechow Ubersetzer handhaben das Deutsch gewandter als Johannes von Guenther 9 Auch die stilisierend emotionale Herangehensweise an die Texte die grundlegende fachwissenschaftliche Einsichten ignoriert hielt Braun fur bedenklich Auch Beata Hammerschmid und Martina Riemekasten bescheinigen von Guenther eine explizierende und nicht selten stark expandierende den Ausgangstext im Bemuhen um grammatische Vollstandigkeit und sprachliche Uberkorrektheit teils auf das Doppelte aufblahende Ubersetzungsweise 10 Beide Kritiken zeigen im Vergleich mit zeitgenossischen Ubertragungen anderer Ubersetzer wie Richard Hoffmann oder des Slawisten Wolfgang Kasack dass Johannes von Guenther in seinen Ubersetzungen eher als russischer denn als deutscher Muttersprachler erkennbar wird der die Feinheiten des russischen Ausgangstextes teils genauer erkennt als muttersprachliche deutsche Ubersetzer sie aber zielsprachlich nicht immer adaquat zu ubertragen vermag und sich daher bisweilen in erlauternden Zusatzen verliert Schriften Auswahl BearbeitenJohannes von Guenthers Werk umfasst neben seinen Klassikerubersetzungen 5 Lyrikbande 17 Dramen und Lustspiele und 3 Romane ferner populare Einfuhrungs und Sammelwerke sowie seine Lebenserinnerungen Eigene Werke Konig Midas 1895 Der Tannhauser ein Trauerspiel Selbstverlag Graz 1914 Martinian sucht den Teufel Munchen 1916 Fahrt nach Thule Munchen 1916 Rasputin Berlin 1939 Nachkriegsausgaben bei Keyser in Heidelberg 1948 Walter in Olten 1956 und Donauland in Wien um 1960 Der Kreidekreis Potsdam 1942 Nachkriegsausgaben in Reclams Universal Bibliothek 1953 und 1966 Alexander Block Der Versuch einer Darstellung Willi Weismann Verlag Munchen 1948 Die Literatur Russlands In Die Grossen der Kunst Literatur und Musik Russland Union Verlag Stuttgart 1964 Von Russland will ich erzahlen Der dramatische Lebenslauf der russischen Literatur Sudwest Verlag Munchen 1968 Ein Leben im Ostwind Zwischen Petersburg und Munchen Biederstein Verlag Munchen 1969Als Bearbeiter und Herausgeber Neuer russischer Parnass Eine lyrische Anthologie Ausgewahlt eingeleitet und ubertragen von Johannes von Guenther Titel zeichnete Emil Preetorius Oesterheld amp Co Berlin 1912 Neuausgabe in Guenthers eigenem Musarion Verlag Munchen 1921 als Hrsg und Ubers Russische Gespenstergeschichten Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1961 12 Auflage 1975 ISBN 3 436 00434 0 Don Gil von den grunen Hosen Freie Nachdichtung von Johannes von Guenther Munchen 1918 letzte Hand Potsdam 1943 Nachkriegsausgabe bei Reclam in Stuttgart 1966 Neue russische Lyrik Mit einer Einleitung von Juri Nikolajewitsch Semjonow S Fischer Verlag Frankfurt M 1960 Unsterbliches Saitenspiel Die schonsten Gedichte Ullstein Verlag Frankfurt M 1962 Das Decameron Nach der Ubertragung von August Gottlieb Meissner bearbeitet von Johannes von Guenther P P Kelen Verlagsgesellschaft Gutersloh 1966Literatur BearbeitenRolf Dieter Kluge Johannes von Guenther als Ubersetzer und Vermittler russischer Literatur In Die Welt der Slaven 12 1967 Heft 1 Wiesbaden 1967 S 77 96 Enthalt eine Bibliographie der Werke von Guenthers sowie eine Nacherzahlung seines Berichts uber die Bekanntschaft mit Alexander Blok vgl Avril Pyman in ders Hrsg Alexander Blok Selected Poems Introduced and edited by Avril Pyman Pergamon Oxford Russian Series Pergamon Press Oxford 1972 S 355 Fn 82 Heinz Setzer Hrsg Johannes von Guenther Ein Leben im Ostwind Eine Ausstellung aus dem Nachlass des Ubersetzers und Schriftstellers Johannes von Guenther 1886 1973 mit dem Katalog seiner russischen Bibliothek 9 Mai bis 14 Juni 1996 Universitatsbibliothek Tubingen Tubingen 1996 Ausstellungskatalog Guenther Johannes Ferdinand von Schriftsteller In Vera Derschum Ferdinand Leikam Mike W Malm Tanja Nause Sandra Schaeff Wiebke Niede Red Die deutschsprachige Presse Ein biographisch bibliographisches Handbuch K G Saur Verlag Munchen 2005 ISBN 3 598 11710 8 S 378 f eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Carmen Sippl Verlage und Ubersetzer als russisch deutsche Kulturvermittler in der Zwischenkriegszeit In Karl Eimermacher Astrid Volpert Hrsg Sturmische Aufbruche und enttauschte Hoffnungen Russen und Deutsche in der Zwischenkriegszeit West Ostliche Spiegelungen Neue Folge Band 2 Wilhelm Fink Verlag Munchen 2006 ISBN 3 7705 4091 3 S 783 804 zu v Guenthers Zwischenkriegsaktivitaten besonders S 795 798 u o Guenther Johannes Hans Ferdinand von In Carola L Gottzmann Petra Horner Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St Petersburgs Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Band 1 De Gruyter Berlin 2007 ISBN 978 3 11019338 1 S 507 513 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Enthalt neben dem einspaltigen Lebenslauf ein ausfuhrliches Verzeichnis samtlicher Ubersetzungen Herausgeberschaften eigener Werke Bearbeitungen und Auflagen Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Johannes von Guenther im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Johannes von Guenther in der Deutschen Digitalen Bibliothek Johannes von Guenther in der Internet Movie Database englisch Johannes von Guenther Internationales Biographisches Archiv 35 1973 vom 20 August 1973 im Munzinger Archiv abgerufen am 10 Oktober 2016 Artikelanfang frei abrufbar Guenther Johannes Ferdinand von Kurzbiografie auf dem Kulturportal West Ost der Arbeitsgemeinschaft Deutsches Kulturerbe des Ostens Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen abgerufen am 8 Oktober 2016 Baltische Historische Kommission Hrsg Eintrag zu Guenther Johannes v In BBLD Baltisches biografisches Lexikon digitalSiehe auch BearbeitenKleine russische BibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Eintrag im Taufregister der Stadtgemeinde St Trinitatis zu Mitau Memento des Originals vom 29 Oktober 2019 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darstellbar Deeplink aufgerufen am 7 Oktober 2016 Rolf Dieter Kluge Johannes von Guenther als Ubersetzer und Vermittler russischer Literatur Wiesbaden 1967 S 88 die Angabe ist referiert bei Beata Hammerschmid Martina Riemekasten Ubersetzungsprobleme mit Gott und Teufel Folklore und Metaphysik in den deutschen Ubersetzungen von N V Gogol s Revizor In Ulrike Jekutsch Fritz Paul Brigitte Schultze Horst Turk Hrsg Komodie und Tragodie ubersetzt und bearbeitet Gunter Narr Verlag Tubingen 1994 S 269 301 hier S 295 u Anm 74 Roman Braun Am Ende bleibt das Fragezeichen Noch immer fehlt die befriedigende Ausgabe der Werke Anton Tschechows In Die Zeit 10 1964 vom 6 Marz 1964 Feuilleton Beigabe Beata Hammerschmid Martina Riemekasten Die Oper hat es besser A N OstrovskijsGrozain deutschen Ubersetzungen In Ulrike Jekutsch Fritz Paul Brigitte Schultze Horst Turk Hrsg Komodie und Tragodie ubersetzt und bearbeitet Gunter Narr Verlag Tubingen 1994 S 405 430 hier S 418 Normdaten Person GND 11869894X lobid OGND AKS LCCN n87856816 VIAF 20474872 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Guenther Johannes vonKURZBESCHREIBUNG deutscher SchriftstellerGEBURTSDATUM 26 Marz 1886GEBURTSORT MitauSTERBEDATUM 28 Mai 1973STERBEORT Kochel am See Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johannes von Guenther amp oldid 228209592