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Johann Heinrich Madler seit 1865 von Madler 29 Mai 1794 in Berlin 14 Marz 1874 bei Hannover war ein deutscher Astronom Johann Heinrich von Madler Lithographie von Rudolf Hoffmann 1856Von Madler fertigte unter anderem detaillierte Karten des Mondes an die jahrzehntelang das Standardwerk der Mondforschung waren berechnete prazise das tropische Jahr schlug 1864 eine neue Schaltregel fur den Kalender vor und hatte bereits im Jahr 1839 den Begriff Photographie gepragt Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Ehrungen 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Werk BearbeitenMadler kam als Erstgeborener des Berliner Schneidermeisters Johann Heinrich Madler und seiner Ehefrau Christiane Caroline geborene Strobach zur Welt Bei seiner Geburt war er allerdings derart schwachlich dass befurchtet wurde er konne nur wenige Stunden uberleben Im Laufe der Jahre verbesserte sich seine Konstitution Schon fruh fielen seine geistigen Begabungen auf Von 1806 an besuchte er das Berliner Friedrichwerdersche Gymnasium Seine Eltern bekamen nach seiner Geburt noch vier Tochter Christiana Carolina 1798 Auguste Emilie 1803 1804 Johanna Wilhelmine 1805 und Auguste Dorothee 1808 1866 1813 starben beide Eltern innerhalb von sechs Wochen an Typhus und der 19 jahrige Johann Madler musste von nun an die Erziehung seiner drei jungeren Schwestern ubernehmen die 14 11 und 5 Jahre alt waren Er hatte immer den Wunsch gehegt Mathematik und Astronomie zu studieren Durch den Verlust seiner Eltern war dies vorerst nicht moglich Die nachsten funf Jahre brachte Madler sich und seine Schwestern durch indem er Nachhilfestunden gab Er liess sich bis 1817 an einem Lehrerseminar als Volksschullehrer ausbilden Danach erteilte er Privatunterricht und gab Vorlesungen am Lehrerseminar Nebenher studierte er ab 1818 an der neu errichteten Universitat Berlin Mathematik unter Martin Ohm sowie Astronomie unter Johann Elert Bode und Johann Franz Encke 1831 nahm Madler eine Lehrtatigkeit am koniglichen Lehrerseminar in Berlin unter Adolph Diesterweg auf Er befasste sich vor allem mit Mathematik Naturwissenschaften und Schonschreibkunde Zur Schonschreibkunde veroffentlichte er ein Lehrbuch und didaktische Hilfsmittel Ab 1822 begann er mit meteorologischen Beobachtungen die er auch veroffentlichte 1833 fuhrte er am Kap Arkona dem nordlichsten Punkt der Insel Rugen im Auftrag der preussischen Regierung exakte Zeitbestimmungen durch Diese wurden fur eine russische chronometrische Expedition benotigt 1824 hatte er die Bekanntschaft von Wilhelm Beer gemacht einem an der Astronomie interessierten wohlhabenden Berliner Bankier und Bruder des Komponisten Giacomo Meyerbeer Beer liess sich von Madler in Astronomie und hoherer Mathematik unterweisen 1829 liess er eine private Sternwarte in der Nahe seiner Villa errichten die mit einem sehr guten Achromat mit 9 5 cm Offnung und 1 5 m Brennweite von Joseph von Fraunhofer ausgestattet wurde Hier fuhrten Madler und Beer in den nachsten Jahren insbesondere Beobachtungen des Mondes und der Planeten durch 1830 beobachteten beide den Mars fertigten erste genaue Karten des Planeten an und bestimmten dessen Rotationsperiode Der ermittelte Wert weicht nur 13 Sekunden von dem mit heutigen Mitteln bestimmten Wert ab Madler und Beer legten ausserdem den Nullmeridian des Mars fest Zwischen 1830 und 1836 fertigte Madler wahrend 600 Nachten Zeichnungen der Mondoberflache an Es entstand eine grosse Mondkarte mit vier Blattern Das erste Blatt erschien 1834 die Lithografien hatte sein Cousin Leutnant Vogel erstellt Zusammen mit einem Textwerk Allgemeine Selenographie wurden die Karten 1837 in zwei Banden veroffentlicht 1 Die Kosten hierfur trug Beer 1838 erschien eine kleinere Mondkarte mit 33 cm Durchmesser Die Karten wurden in der Folgezeit zum Standardwerk Madler wurde weltberuhmt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen Er erhielt einen Doktorgrad und wurde von Friedrich Wilhelm III im Dezember 1837 zum Professor fur Astronomie ernannt nbsp Madler mit dem Mondglobus seiner Schwiegermutter Wilhelmine Witte Olgemalde um 1840 Durch seine Arbeiten uber den Erdmond lernte Madler auch seine spatere Ehefrau kennen Seine Schwiegermutter die Hofratin Christiane Sophie Wilhelmine Witte geborene Bottcher 17 November 1777 bis 17 September 1854 aus Hannover die ebenfalls sehr an der Astronomie interessiert war fertigte einen Mondglobus nach eigenen Beobachtungen und Madlers Zeichnungen an Als sie erfuhr dass dieser sich im Herbst 1839 in Pyrmont aufhielt reiste sie in Begleitung ihrer altesten Tochter Christine Sophie Wilhelmine Minna Witte 1804 1891 dorthin um ihn nach seiner Meinung zu fragen Madler war nicht nur von dem Mondglobus angetan sondern auch von der Dichterin Minna die von ihrer Mutter in Astronomie unterrichtet worden war Die beiden heirateten am 4 Juni 1840 und lebten uber 35 Jahre zusammen Der Mondglobus wurde spater von Alexander von Humboldt und John Herschel gelobt Ab 1836 war Madler als Beobachter an der neu errichteten Berliner Sternwarte tatig deren Leiter sein vormaliger Professor Johann Franz Encke war Hier fuhrte er Beobachtungen mit dem Fernrohr mit 24 cm Offnungsweite durch 1840 ging er als Nachfolger von Friedrich Georg Wilhelm Struve der an das neue russische Zentralobservatorium Pulkova berufen worden war an die Sternwarte Dorpat heute Tartu in Estland 2 Hier befand sich der grosste von Fraunhofer gefertigte Refraktor Er hatte eigentlich vorgehabt eine noch grossere Mondkarte zu erstellen Dies scheiterte jedoch infolge der relativ geringen Anzahl an klaren Nachten und er beschrankte sich auf Detailzeichnungen Daneben fuhrte Madler Struves Beobachtungen von Doppelsternen fort und bestimmte die Eigenbewegungen von Fixsternen Aus seinen Beobachtungen leitete er das Vorhandensein eines massiven Himmelskorpers der sich in funf Milliarden Meilen Entfernung das ist der Bruchteil eines Lichtjahres in Richtung der Plejaden befinden musste Um dieses Gravitationszentrum wurden die Sterne kreisen unsere Sonne brauchte fur einen Umlauf 25 Millionen Jahre Heute wissen wir dass sich das Zentrum unserer Milchstrasse in Richtung des Schutzen befindet und etwa 28 000 Lichtjahre entfernt ist Unser Sonnensystem benotigt fur einen Umlauf etwa 250 Millionen Jahre Wahrend seiner Zeit in Dorpat unternahm Madler im Auftrag der russischen Regierung zweimal Expeditionen zur Beobachtung von totalen Sonnenfinsternissen Die erste 1860 in Brest Litowsk Polen konnte aufgrund schlechten Wetters nicht beobachtet werden Die zweite 1861 in Vitoria Spanien war erfolgreich Ausserdem berechnete Madler das tropische Jahr sehr prazise Ausgehend von seinen Ergebnissen schlug er dem Russischen Kaiserreich das immer noch den julianischen Kalender und damit das konventionelle tropische Jahr des Sosigenes aus Alexandria von genau 365 Tagen 6 Stunden verwendete vor im Jahr 1900 den Ruckstand von 12 Tagen gegenuber dem gregorianischen Kalender aufzuholen danach aber eine astronomisch korrekte 128 Jahre Regelung fur die ausnahmsweisen Gemeinjahre zu beachten siehe Madler Kalender Der Vorschlag wurde jedoch nicht aufgenommen und nach der bolschewistischen Revolution wurde stattdessen der gregorianische Kalender eingefuhrt dessen konventionelles tropischen Jahr von genau 365 2425 Tagen 365 Tage 5 Stunden 49 Minuten 12 Sekunden auf Christophorus Clavius zuruckgeht In der Astronomie wird heute meist das konventionelle tropische Jahr gemass Simon Newcomb zu 365 2422 Tagen 365T 5H 48Min 46 08s benutzt Das tatsachliche im Jahr 2000 0 gemessene tropische Jahr betrug 365 242190517 Tage also etwa 365T 5H 48Min 45 26s Dies kommt dem konventionellen tropischen Jahr gemass Madler 365 2421875 Tage genau 365T 5H 48Min 45s sehr nahe Da die Lange des tatsachlichen tropischen Jahres gegenwartig langsam abnimmt aktuell um etwa eine halbe Sekunde pro Jahrhundert werden Madlerisches und tatsachliches tropisches Jahr in einigen Jahrzehnten gleich lang sein wonach sich die Differenz wieder vergrossern wird Madler war wahrend seiner ganzen wissenschaftlichen Tatigkeit ein eifriger Publizist Er erorterte wissenschaftliche Tagesfragen in offentlichen Blattern und Zeitschriften in gemeinverstandlicher Weise In einem Bericht uber ein Referat des Fotopioniers William Henry Fox Talbot ging er weit uber die Talbotschen Mitteilungen hinaus und pragte als erster noch vor englischen oder franzosischen Veroffentlichungen in der Vossischen Zeitung vom 25 Februar 1839 den Begriff Photographie 3 Er war Mitglied der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Arzte 4 Seit 1845 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Im Jahr 1860 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewahlt 5 1865 ging Madler in den Ruhestand wurde in den russischen Adelsstand erhoben und kehrte nach Deutschland zuruck Zunehmende Augenprobleme hatten eigene Beobachtungen unmoglich gemacht In Wiesbaden unterzog er sich einer erfolgreichen Augenoperation Er widmete sich fortan seinem Werk Geschichte der Himmelskunde das 1873 erschien Von Wiesbaden zog er nach Bonn wo er drei Jahre lebte In dieser Zeit reiste er nach England wo er unter anderem das Royal Greenwich Observatory besuchte Auf Wunsch der Familie seiner Frau zog das Ehepaar nach Hannover Hier starb Madler im Alter von 79 Jahren nach sechsmonatiger Krankheit Er wurde am 17 Marz 1874 in Hannover bestattet Ehrungen BearbeitenZu seinem Gedenken sind der Asteroid 65859 Madler sowie jeweils ein Krater auf dem Mond Mondkrater Madler und dem Mars nach ihm benannt worden Werke BearbeitenLehrbuch der Schonschreibekunst Berlin 1827 1840 Der Wunderbau des Weltalls oder Populare Astronomie Berlin 1841 8 Aufl 1865 heute immer noch fortgesetzt durch Littrow u a Populare Astronomie Berlin Carl Heymann 21846 41852 51861 Beobachtungen der Sternwarte zu Dorpat Bd 9 16 Dorpat 1842 1866 Die Centralsonne Dorpat 1846 Untersuchungen uber die Fixsternsysteme 2 Bde Mitau 1847 1848 Beitrage zur Fixsternkunde Haarlem 1855 Die Eigenbewegungen der Fixtsterne Dorpat 1856 Der Fixsternhimmel Leipzig 1858 Reden und Abhandlungen uber Gegenstande der Himmelskunde Berlin 1870 Geschichte der Himmelskunde 1 Bd Braunschweig 1872 1873 Geschichte der Himmelskunde 2 Bd Braunschweig 1872 1873Literatur BearbeitenHeino Eelsalu Dieter B Herrmann Johann Heinrich Madler 1794 1874 Eine dokumentarische Biographie Akademie Verlag Berlin 1985 ISSN 0138 4600 Heino Eelsalu Inge Kukk und Andreas Maurer Die Portrats des Dorpater Astronomen Johann Heinrich Madler In Jahrbuch der Akademischen Gesellschaft fur Deutschbaltische Kultur in Tartu Dorpat Band 1 Tartu 1996 ISBN 9985 60 221 8 Heino Eelsalu Erganzungen und Quellen zur Madler Forschung In Beitrage zur Astronomiegeschichte Band 1 Frankfurt am Main Thun 1998 Acta historica astronomiae Band 1 ISBN 3 8171 1568 7 S 115 124 Siegmund Gunther Madler Johann Heinrich In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 20 Duncker amp Humblot Leipzig 1884 S 37 39 Dieter B Herrmann Madler Johann Heinrich In Neue Deutsche Biographie NDB Band 15 Duncker amp Humblot Berlin 1987 ISBN 3 428 00196 6 S 634 Digitalisat Carola L Gottzmann Petra Horner Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St Petersburgs 3 Bande Verlag Walter de Gruyter Berlin 2007 ISBN 978 3 11 019338 1 Band 2 S 875 876 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Johann Heinrich von Madler Sammlung von Bildern nbsp Wikisource Johann Heinrich von Madler Quellen und Volltexte Literatur von und uber Johann Heinrich von Madler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Johann Heinrich von Madler in der Deutschen Digitalen Bibliothek Baltische Historische Kommission Hrsg Eintrag zu Johann Heinrich von Madler In BBLD Baltisches biografisches Lexikon digital Nachruf in den monatlichen Nachrichten der Royal Astronomical Society Seite uber die Marsbeobachtungen von Madler und Beer engl Veroffentlichungen von J H Madler im Astrophysics Data System Johann Heinrich von Madler im Internet ArchiveEinzelnachweise Bearbeiten Heinz Mielke Der Weg zum Mond Verlag Neues Leben Berlin 2 erweiterte Aufl 1971 S 94 Heinz Mielke Der Weg zum Mond Verlag Neues Leben Berlin 2 erweiterte Aufl 1971 S 95 Erich Stenger Der Ursprung des Wortes Photographie In der freie lichtbildner Offizielles Organ des Arbeiter Lichtbild Bundes Jg 2 Nr 2 15 Februar 1933 S 14f Mitglieder der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Arzte 1857 Mitgliedseintrag von Johann Heinrich von Madler bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina abgerufen am 2 September 2016 Normdaten Person GND 118761439 lobid OGND AKS LCCN n85287686 VIAF 15565319 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Madler Johann Heinrich vonALTERNATIVNAMEN Madler Johann Heinrich Geburtsname KURZBESCHREIBUNG deutscher AstronomGEBURTSDATUM 29 Mai 1794GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 14 Marz 1874STERBEORT bei Hannover Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johann Heinrich von Madler amp oldid 237620818