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Die Selenographie oder Selenografie von altgriechisch Selhnh Selene und graphie anfanglich ubersetzt auch Mondkartierung und spater Mondkunde genannt ist das zum Mond gehorige Analogon zur Geographie Selenographie als traditionsreiche Wissenschaft Beispiele aus Johann Hieronymus Schroeters Selenotopographische Fragmente 1791 Hingegen wird die Vermessung des Mondes und seines Schwerefeldes analog zur Geodasie als Selenodasie bezeichnet Zudem wurden die ersten Wissenschaftler welche sich mit der Erkundung und Erforschung des Mondes beschaftigten auch als Selenograph en und spater in der Gegenwartssprache als Mondforscher bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Breiten und Langengrade 2 Hohenangaben 3 Mondkarten und atlanten 4 Geschichte 4 1 Fotografische Kartierung 4 2 Systematische Selenographie 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBreiten und Langengrade BearbeitenDie Kartierung von Mondstrukturen erfolgt zumeist im Koordinatensystem selenographischer Breiten und Langen die analog zur geografischen Breite und Lange auf der Erde definiert sind Die Koordinatenachse verlauft durch die beiden Rotationspole des Mondes um die sich der Erdtrabant in 27 3 Tagen dreht und dabei der Erde immer dieselbe Seite zuwendet Senkrecht zur Drehachse verlauft durch das Mondzentrum die Aquatorebene und parallel zum Mondaquator die selenographischen Breitengrade Sie sind Kreise die zu den Polen hin immer kleiner werden Durch beide Pole verlaufen senkrecht zum Aquator die Meridiane Grosskreise von gleicher selenographischer Lange Der Nullmeridian orientiert sich dabei an der mittleren Richtung zur Erde Wir sehen also den Schnittpunkt von Mondaquator und Nullmeridian ungefahr in der Mitte des Mondes im Sinus Medii bis auf einige Grad Abweichung die sogenannte Libration Nach der astronautischen Orientierung ist auf dem Mond Osten die Richtung in der fur einen Beobachter auf dem Mond Astronaut die Sonne aufgeht Mit zunehmendem Mond wandert die beleuchtete Seite allmahlich von rechts Osten nach links Westen uber die Mondscheibe Hinweis Auf alten Karten sind Ost und Westorientierung gegenuber heutigen Karten vertauscht da der Mond fruher mit umkehrenden Teleskopen beobachtet wurde und man ihn nach der astronomischen Orientierung West und Ostrichtung am Himmel kartierte Zum Beispiel liegt der 93 km grosse Krater Copernicus bei 9 42 nordlicher Breite und 20 06 westlicher Lange Fur einen Betrachter auf der Nordhalbkugel der Erde befindet er sich also links oberhalb der Mondmitte Den Langengrad an der Tag Nacht Grenze Terminator an der auf dem Mond gerade die Sonne aufgeht wird selenographische Colongitude genannt Man zahlt sie als Winkelabstand vom Nullmeridian des Mondes in westlicher Richtung bis 360 Grad im Unterschied zur sonst ublichen Langenangabe die vom Nullmeridian je 180 Grad nach Osten und Westen zahlt Die Colongitude ist also Null bzw 360 bei zunehmendem Halbmond 90 bei Vollmond Sonnenaufgang am westlichen Mondrand Dem abnehmenden Halbmond entspricht die Colongitude von 180 dem Neumond 270 Eine damit verwandte Zahlung ist das Mondalter die seit Neumond vergangene Zeit in Tagen Hohenangaben BearbeitenAngaben der absoluten Hohe von Mondbergen sind willkurlich da ein naturlicher Nullpunkt entsprechend dem Meeresspiegel auf der Erde im Fall des Monds nicht existiert Hohenangaben sind daher abgeleitet von einem ebenfalls willkurlich festgesetzten Mondradius Nach unterschiedlichen Festsetzungen in fruheren Jahren wird heute das Hohennormal der Clementine Mission von 1 737 4 km benutzt Dieses Hohennormal liegt auch den vom Lunar Orbiter Laser Altimeter LOLA dem Hohenmessinstrument an Bord des Lunar Reconnaissance Orbiter gelieferten Daten zugrunde 1 Mondkarten und atlanten Bearbeiten nbsp Mondkarte aus der Selenographia sive Lunae Descriptio von Johannes Hevelius nbsp Gezeichnete Mondkarte von 1881 Andrees Handatlas Klassische Mondkarten sind nur bedingt mit Landkarten der Erde zu vergleichen Sie zeigen den Erdtrabanten aus grosser Entfernung in jener Perspektive wie man ihn von der Erde aus im Fernrohr sieht als grau gelb hervortretende Kugel mit dunklen Meeren und hellen Kraterflachen Die Gebiete am Mondrand erscheinen dabei wegen der streifenden Sichtlinie in radialer Richtung stark verkurzt Diese Projektion wird auch orthografische Azimutalprojektion genannt Aufgrund der starken Verzerrungen am Rand sind Landkarten der Erde mit dieser Eigenschaft selten doch bei Mond und Planetenkarten wunscht der Betrachter meist einen ahnlichen Eindruck wie am Fernrohr Ein Mondatlas ist einem Atlas fur die Erde vergleichbar eine systematisch angelegte kartografische Dokumentation der Oberflache des Mondes in Buchform Die Zeichnungen oder Fotos sind meist zu Mondphasen erstellt zu denen der Terminator in der Nahe ist Dann heben lange Schatten die Topographie hervor Neuere fotografische Mondkarten sind meist aus mehreren Fotos zusammengefugte Fotomosaike Beleuchtungseffekte werden mit Bildverarbeitung gemildert und es wird darauf geachtet dass die Richtung des Schattenwurfes bei allen Reliefstrukturen gleich ist Durch den Einsatz von Raumsonden ist auch die Kartierung der erdabgewandten Seite des Mondes moglich Geschichte BearbeitenDie erste Mondskizze die auf der Benutzung eines Teleskops beruht stammt von Galilei 1610 Relativ genaue Mondkarten zeichneten dann Francesco Maria Grimaldi und Giovanni Riccioli 1651 Sie enthielten zahlreiche Bezeichnungen von Kratern und anderen Formationen die von spateren Selenographen grossteils ubernommen wurden Geminiano Montanari benutzte 1662 erstmals ein Mikrometer zur feinen Einmessung von Mondkratern Eine recht genaue Mondkarte gab 1680 auch der altere Giovanni Domenico Cassini heraus Eine weitere Mondkarte fertigte der italienische Optiker Eustachio Divini 1610 1685 2 im Rom an Detailreiche Karten stammen vor allem von Johannes Hevelius und von Tobias Mayer 1723 1762 Die Karte des Letzteren erschien 1775 mit 20 3 cm Durchmesser und enthielt 24 exakt vermessene und 63 kartometrische Punkte Spater wurde eine aus Mayers detaillierten Zeichnungen verfertigte 35 cm grosse Gesamtkarte publiziert 1784 begann Hieronymus Schroeter den Mond fur seine Selenotopografische n Fragmente zu kartieren die 1791 und 1802 in Bremen bzw Gottingen erschienen Die ersten gezeichneten Mondatlanten stammen aus dem 18 Jahrhundert Wilhelm Beer und Johann Heinrich Madler gaben 1837 den ersten Mondatlas heraus der die gesamte sichtbare Mondhalfte umfasste Mappa Selenographica 1876 veroffentlichte Edmund Neville Nevill einen Atlas The Moon and the Condition and Configurations of Its Surface 1878 veroffentlichte Johann Friedrich Julius Schmidt die genaueste Mondkarte des 19 Jahrhunderts auf Basis der Arbeiten des Geodaten Wilhelm Lohrmann sie hatte 1 95 m Durchmesser und zeigte 33 000 Krater Charte der Gebirge des Mondes 3 An einem 3 5 m grossen Kartenbild im Massstab 1 1 Million arbeitete Philipp Fauth von 1884 bis 1940 und publizierte 1936 Teile davon Fotografische Kartierung Bearbeiten Bereits um 1880 begann sich die fotografische Kartierung durchzusetzen und erreichte 1894 ihren ersten Hohepunkt im Werk von Loewy amp Puiseux Pariser Mondatlas Er umfasste 24 Paare grossformatige Aufnahmen jeweils im Abend und Morgenlicht um den Schattenwurf der Krater in beide Richtungen darzustellen Spater publizierte das Mount Wilson Observatorium einen noch genaueren Atlas Schon fur Zwecke der Raumfahrt publizierte 1960 Gerard Kuiper in den USA einen fotografischen Mondatlas der aus 280 Aufnahmen der Lick McDonald und Yerkes Sternwarte sowie Mount Wilson und Pic du Midi zusammengestellt war Wahrend der erste Atlas der Mondruckseite 1961 unter dem Titel Atlas of the other side of the moon erschien sollte Kuipers Werk zu einer Schichtenkarte im Massstab 1 1 Million entsprechend 3 5 m Durchmesser uberarbeitet werden das heisst mit der Auflosung einiger 100 Meter Bald darauf begann aber die Kartierung durch die funf Mondsonden der Serie Lunar Orbiter von 1966 bis 1968 die nun auch die Mondruckseite umfasste Weitere Mondorbiter der folgenden Jahrzehnte haben die Mondkartografie noch weiter verfeinert vor allem die Clementine und Lunar Prospector Missionen der 1990er Jahre Regional kennt man nun schon Einzelheiten der Mondstrukturen im Meterbereich Einige Beispiele neuerer Atlanten sind John E Westfall Atlas of the lunar terminator Cambridge Univ Press Cambridge 2001 ISBN 0 521 59002 7 Siew Meng Chong et al Photographic atlas of the moon Cambridge Univ Press Cambridge 2002 ISBN 0 521 81392 1 Ben Bussey Paul Spudis The Clementine atlas of the moon Cambridge Univ Press Cambridge 2003 ISBN 0 521 81528 2 Antonin Rukl Atlas of the moon Sky Publ Corp Cambridge 2007 ISBN 1 931559 07 4Systematische Selenographie Bearbeiten Das Vorliegen erster guter Grundlagen regte seit dem 19 Jahrhundert zahlreiche Astronomen an nach Veranderungen auf dem Mond zu forschen Bis in die 1960er Jahre war noch keineswegs klar ob auf dem Mond noch aktive Tektonik und Vulkanismus existiert Einzelne Forscher konnten am Fernrohr solche Veranderungen feststellen allerdings nur im kleinen Massstab Sie werden Lunar Transient Phenomena genannt Um 1959 wurde vom russischen Astronomen Nikolai Kosyrew uber Gaswolken im Krater Alphonsus berichtet den er nach fotografischen Mustern als mogliches vulkanisches Objekt eingestuft hatte Weitere lange Beobachtungsreihen erfolgten auch an anderen Mondkratern Fotografisch sind solche Analysen kaum erfolgreich weil die Erscheinungen an denen freilich manche Astronomen zweifeln nur kurzfristig zu beobachten sind Als Grundlage fur systematische Studien von Oberflachenstrukturen und ihren Entstehungen sind Atlanten wie jener der Lunar Orbiter allerdings unentbehrlich Siehe auch BearbeitenSelenographia sive Lunae Descriptio Josef Hopmann Mondgesicht MondglobusLiteratur BearbeitenEwen A Whitaker Mapping and naming the Moon a history of lunar cartography and nomenclature Cambridge Univ Press Cambridge 2000 ISBN 0 521 62248 4 Peter van der Krogt Das Plenilunium des Michael Florent van Langren Die erste Mondkarte mit Namenseintragen In Cartographica Helvetica Heft 11 1995 S 44 49 doi 10 5169 seals 7384 Klaus Bartels Vom Mondgesicht zur Mondkarte In Cartographica Helvetica Heft 5 1992 S 11 16 doi 10 5169 seals 899010 Josef Sadil Blickpunkt Mond Hauptkapitel Selenografie illustriert von Gerhard Pippig Urania Leipzig Jena Berlin 1962 Originaltitel Cil mesic ubersetzt von Max A Schonwalder DNB 454251394 OCLC 65043150 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Selenographie Quellen und Volltexte nbsp Wiktionary Selenografie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary Selenograph Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Mondkarten Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Lunar and Planetary Institute Manfred Holl Die Geschichte der MondkarteAtlanten Mondatlas de Digitaler Berliner Mondatlas Interaktive fotografische Mondkarte mit Daten und Texten zu uber 400 Gelandeformationen Mondkoordinaten Alle Mondformationen mit wissenswerten Details und den besten BeobachtungszeitenEinzelnachweise Bearbeiten LRO Frequently Asked Questions About LOLA Data Barbara I Tshisuaka Eustachio Divini In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 316 Die Geschichte der Mondkarte Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Selenographie amp oldid 236541109