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Horst Wagner 17 Mai 1906 in Posen 13 Marz 1977 in Hamburg war ein deutscher Diplomat im Dritten Reich Er wurde vor allem bekannt als Leiter der fur Judenangelegenheiten zustandigen Referatsgruppe Inland II im Auswartigen Amt sowie als Verbindungsmann zwischen dem nationalsozialistischen Reichsaussenminister Joachim von Ribbentrop und dem Reichsfuhrer SS Heinrich Himmler In diesen Funktionen war Wagner fur Judendeportationen und Kriegsverbrechen mitverantwortlich Er war Mitorganisator der propagandistischen Zuruckweisung einer als Feldscher Aktion bezeichneten Initiative vom Mai 1943 zur Rettung Tausender judischer Kinder und gilt als Initiator der Tagung der Judenreferenten in Krummhubel im April 1944 Der strafrechtlichen Verfolgung entzog er sich zunachst durch Flucht nach Sudamerika und spater durch systematische Verschleppung der gegen ihn anhangigen Strafverfahren Horst Wagner als Zeuge bei den Nurnberger Prozessen Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Jugend Ausbildung und fruhe Jahre 1 2 Laufbahn im Diplomatischen Dienst des NS Staates 1 2 1 Verbindungsfuhrer zwischen Ribbentrop und Himmler 1 2 2 Feldscher Aktion 1943 und Tagung der Judenreferenten in Krummhubel 1944 1 2 3 Verbrechen gegen amerikanische Kriegsgefangene und den franzosischen General Mesny 1 3 Nachkriegszeit 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenJugend Ausbildung und fruhe Jahre Bearbeiten Wagners Vater Johannes stammte aus einer Offiziersfamilie und war zum Zeitpunkt der Geburt seines Sohnes Horst Militarbeamter in Posen 1 Nach dem Besuch eines Realgymnasiums in Berlin Steglitz das er 1923 ohne Abitur verliess 2 begann er ein Volontariat bei der Berliner Exportfirma Neuhof und Jonas das er bereits nach sechs Monaten beendete Nachdem ihm von einer Prufungskommission des Reichserziehungsministeriums nachtraglich die Hochschulreife zuerkannt worden war 3 studierte Wagner Geschichte und Volkerrecht an der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin Ausserdem belegte er einige Kurse an der Deutschen Hochschule fur Politik Eigenen Angaben zufolge studierte Wagner seit 1925 mit Unterbrechungen an der Deutschen Hochschule fur Leibesubungen und erwarb dort 1929 ein Diplom was sein Biograf Sebastian Weitkamp als Falschung entlarvte 4 Weiter gab er nach 1945 in einer Vernehmung an dass er 1936 1937 versucht habe bei einem Professor Dofi wahrscheinlich Emil Dovifat seinen Doktor zu machen was ihm zeitlich jedoch nicht moglich gewesen sei In den Jahren 1930 bis 1936 zeichnete Wagner mit dem Namen Horst M Wagner als Sportjournalist und freier Mitarbeiter fur verschiedene Verlage und Zeitungen unter anderem fur Ullstein das Berliner Tageblatt und Wolffs Telegraphenburo In dieser Funktion unternahm er zahlreiche Auslandsreisen um von sportlichen Wettkampfen und uber die internationalen Sportbeziehungen zu berichten In einer Vernehmung von 1947 gab er an damals wohl mit einer der bekanntesten Namen der Sportpresse gewesen zu sein was von anderen Journalisten in Abrede gestellt wurde 5 Zudem stellte sich Wagner obwohl er nur ein drittklassiger Tennisspieler war gegen Entgelt als Tennispartner zur Verfugung 5 Er lernte beim Tennisclub Rot Weiss Berlin seine spatere Frau Irmgard kennen sie heirateten 1935 in Cottbus 6 1931 war Wagner zusatzlich fur ein Dreivierteljahr beim Reichsausschuss fur Leibesubungen angestellt wo er mit der Bearbeitung von Jahrbuchern und Sportabzeichen befasst war Um 1935 war Wagner der Franzosisch Englisch und zumindest in Grundzugen Spanisch beherrschte ausserdem fur einige Monate in der Abteilung Ziviler Luftschutz des Reichsluftfahrtministeriums als Lektor und Dolmetscher fur auslandische Zeitungen tatig Laufbahn im Diplomatischen Dienst des NS Staates Bearbeiten Seit Anfang 1936 bemuhte sich Wagner um eine Anstellung im Auswartigen Amt wo er auf die Anwarterliste gesetzt wurde Ersatzweise bewarb er sich bei der Dienststelle Ribbentrop dem Auswartigen Buro der NSDAP wo er zunachst abgelehnt worden sein will angeblich weil er weder der Partei noch einer Parteiorganisation angehorte und weil sein Vater Vorstand einer Berliner Freimaurerloge gewesen war Im Vorfeld der Olympischen Spiele von 1936 wurde Wagner dann vom Leiter des England Referats in der Dienststelle Ribbentrop Karlfried Graf Durckheim angeboten wahrend der Spiele die Betreuung prominenter englischer Gaste zu ubernehmen Nachdem er dieses Angebot angenommen hatte trat er zum 1 Mai 1936 als Internationaler Sportattache in das Ribbentrop Buro ein 7 Da er wahrend der Olympischen Spiele erfolgreich bekannte englische Personlichkeiten wie Lord Beaverbrook betreut hatte blieb Wagner auch anschliessend als Begleiter fur englische Gaste im Buro tatig Spater wurde er im Referat England und im fur Presse und Archivarbeiten zustandigen Hauptreferat VI beschaftigt 8 In seiner Nurnberger Vernehmung vom 19 Juni 1947 gab Wagner hierzu an er sei 1937 beauftragt worden die deutsch englischen Hefte zu grunden und als Hauptschriftleiter zu leiten eine zweisprachige Zeitschrift der Dienststelle Ribbentrop in Zusammenarbeit mit der Britischen Botschaft in Berlin die so Wagner von mir herausgegeben im deutschen Verlag fur Deutschland bestimmt gewesen sei Sechs Ausgaben dieser Zeitschrift seien erschienen 9 Sein Biograph Sebastian Weitkamp erwahnt in diesem Zusammenhang nur Wagner habe Mitte 1937 versucht die Leitung der Deutsch Englischen Gesellschaft zu ubernehmen Dieser Versuch sei aber gescheitert 8 Nach der Ernennung Ribbentrops zum Reichsaussenminister am 4 Februar 1938 folgte Wagner diesem im Februar 1938 ins Auswartige Amt wo er zunachst als Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in der Protokollabteilung unter Alexander von Dornberg tatig war Seine Aufgaben dort umfassten unter anderem die Vorbereitung von Staatsempfangen Danksagungen Einladungen Geschenk Angelegenheiten Gluckwunschtelegramme 1939 wurde Wagner dem Personlichen Stab des Reichsaussenministers zugeteilt In dieser Position wurde er 1940 zum Legationsrat 1943 zum Vortragenden Legationsrat ernannt 10 Von 1940 bis 1945 war Wagner zudem mit der Leitung des zum Auswartigen Amt gehorenden Gestuts Wiesenhof beauftragt Im Rahmen dieser Tatigkeit gehorte es zu seinen Aufgaben im besetzten Teil Frankreichs Reitpferde fur den Reichsaussenminister zu beschaffen und dem Gestut zuzufuhren 11 Verbindungsfuhrer zwischen Ribbentrop und Himmler Bearbeiten Wagner trat 1937 in die NSDAP Mitgliedsnummer 5 387 042 ein nachdem er im Jahr zuvor in die SS aufgenommen worden war wo er am 1 Januar 1944 bis zum SS Standartenfuhrer aufstieg 12 Wahrend Wagner gegenuber seinem Trauzeugen und seiner Frau als Motivation fur seinen Dienst im Auswartigen Amt angab es sei schon immer sein Ideal gewesen Diplomat zu werden sieht sein Biograph Weitkamp ihn eher als Opportunisten der mit seinem Anschluss an Ribbentrop unter allen Umstanden und mit grosstem Anpassungsverhalten seine letzte berufliche Chance ergreifen wollte Seine mangelnden beruflichen Qualifikationen habe er durch zuverlassige Gefolgschaft zur NS Ideologie auszugleichen versucht und sich durch seine Zugehorigkeit zu einer NS Organisation insbesondere zur aufstrebenden SS einen bedeutsamen Karriereschub versprochen 13 Wagner fungierte bis Kriegsende als Leiter der Gruppe Inland II des Auswartigen Amtes in der vier ab Spatsommer 1944 funf Referate zusammengefasst wurden Die Aufgaben dieser Referate reichten von der Rekrutierung volksdeutscher Freiwilliger fur die Waffen SS in Sudosteuropa die Steuerung der Institution von Polizeitattaches an den Gesandtschaften uber den Einbau ausgewahlter SD Agenten und Judenreferenten in diplomatische Missionen bis zur diplomatischen Absicherung der Vorbereitung und Durchfuhrung antijudischer Massnahmen in Sudosteuropa ab 1944 vor allem in Ungarn 14 Zudem wurde er im April Mai 1943 zunachst von Ribbentrop zum Verbindungsfuhrer des Auswartigen Amtes zur SS berufen und dann im Gegenzug von Himmler zu seinem alleinigen Verbindungsfuhrer zum Auswartigen Amt bestimmt Wagners auf dieser doppelten Beauftragung basierende Verbindungstatigkeit bestand vor allem in der wechselseitigen Ubermittlung und Koordination der Wunsche und Anregungen Himmlers bzw Ribbentrops sowie in der Durchsetzung der zwischen beiden Ressortchefs abgestimmten aussenpolitischen und judenfeindlichen Massnahmen 15 Feldscher Aktion 1943 und Tagung der Judenreferenten in Krummhubel 1944 Bearbeiten Als der Schweizer Gesandte Peter Anton Feldscher am 12 Mai 1943 im Auftrag der britischen Regierung beim Auswartigen Amt anfragte ob Bereitschaft bestunde 5000 judische Kinder aus dem deutschen Herrschaftsbereich nach Palastina ausreisen zu lassen liess Wagner von dem ihm unterstellten Judenreferenten des Auswartigen Amtes Eberhard von Thadden fur die Gruppe Inland II eine von ihm selbst unterstutzte und von verschiedenen Abteilungsleitern des Auswartigen Amtes gebilligte propagandistische Zuruckweisung dieses Rettungsversuches ausarbeiten der im Amtsjargon als Feldscher Aktion bezeichnet wurde 16 Laut Urteilstext des Wilhelmstrassen Prozesses vom 11 April 1949 unterschrieb Wagner eine auf den 25 Juni 1943 datierte und von Thadden verfasste Denkschrift die als Grundlage fur die spatere propagandistische Zuruckweisung diente Danach sollte sich England bereit erklaren die Juden nach England anstatt nach Palastina einreisen zu lassen und solle diese Bereitschaft durch einen entsprechenden Beschluss des Unterhauses beweisen es sei zu erwarten dass die Englander diese Forderungen nicht erfullen wurden und dann wurde die Verantwortung auf ihnen lasten sollte aber England unerwarteterweise zustimmen dann werde sich dieser Vorgang propagandistisch auswerten lassen und Deutschland Gelegenheit geben den Austausch von Juden gegen internierte Deutsche vorzuschlagen 17 Ende 1943 beauftragte Ribbentrop Wagner mit dem Aufbau einer zentralen antijudischen Propagandastelle im Auswartigen Amt die zunachst als Informationsstelle X gegrundet schliesslich als Informationsstelle XIV Antijudische Auslandsaktion fungierte In ihr arbeiteten als Vertreter des Reichssicherheitshauptamtes SS Hauptsturmfuhrer Heinz Ballensiefen und SS Untersturmfuhrer Georg Heuchert mit Wagner bestimmte Rudolf Schleier der vorher an der deutschen Botschaft Paris tatig gewesen war zu seinem Vertreter fur die Leitung dieser Informationsstelle welche die antijudische Propaganda im Ausland zentral leiten sollte unter anderem mittels zentraler Sammlung und Verteilung antijudischer Texte dem Aufbau eines Judischen und Antijudischen Archivs des Auswartigen Amtes sowie der Planung entsprechender Tagungen 18 Im Januar 1944 schlug Wagner vor eine Arbeitstagung einzuberufen an der die Judenreferenten der Auslandsmissionen des Auswartigen Amtes und die Arisierungsberater der SS teilnehmen sollten um ihre Kooperation zu verbessern denn es stelle sich so Wagner die Notwendigkeit einer verstarkten Arbeit insbesondere auf dem Gebiet der Auslandsinformation hinsichtlich der Judenfrage 19 Er erbat die Zustimmung Ribbentrops zu seinem Vorschlag die dieser erteilte so dass Wagner damit als Initiator der Tagung gelten kann die die Ziele verfolgte die Arbeit der Arisierungsberater mit den Propagandaaktionen zu koordinieren und zu optimieren sowie die neue Einheit als Hilfsinstrument zwischen SS und AA zu etablieren 20 Die Tagung fand am 3 und 4 April in dem niederschlesischen Ort Krummhubel als Auftakt fur eine Antijudische Aktionsstelle oder Antijudische Auslandsaktion statt Franz Alfred Six forderte hier die physische Beseitigung der Ostjuden wie Thadden protokollierte 21 Weitere bekannte Teilnehmer der Aktion waren Harald Leithe Jasper Adolf Mahr Gustav Richter Heinz Ballensiefen Hans Otto Meissner als Konsul in Italien Peter Klassen Paris und Hans Hagemeyer 22 Verbrechen gegen amerikanische Kriegsgefangene und den franzosischen General Mesny Bearbeiten Nach einem Bericht der Berliner Zeitung wurden im Jahr 2010 Stasi Unterlagen aus den 1970er Jahren gefunden die Wagner erheblich belasten Demnach hatte er an Kriegsverbrechen gegen amerikanische Kriegsgefangene mitgewirkt indem er auf Wunsch Ribbentrops deren volkerrechtswidrige Verurteilung zum Tode in die Wege leitete 23 Wagner vermerkte fur Ribbentrop am 31 Dezember 1944 Im Zusammenhang mit der Verurteilung von 15 deutschen Kriegsgefangenen durch amerikanische Kriegsgerichte wegen ihres Vorgehens gegen Mitgefangene hat der Fuhrer den Vorschlag des Herrn RAM Reichsaussenminister Joachim von Ribbentrop genehmigt sofort die Verurteilung einer entsprechenden Anzahl amerikanischer Kriegsgefangener zur Todesstrafe herbeizufuhren 23 Wagners Bericht zufolge seien vom 28 bis zum 30 Dezember 1944 bereits zehn US Soldaten zum Tode verurteilt worden ein weiteres Todesurteil liege vor Drei Tage spater war Ribbentrops Wunsch vollstandig erfullt dank des Einsatzes der verantwortlichen Beamten die fur das Kriegsverbrechen sogar ihren Weihnachtsurlaub unterbrochen hatten Wagner bat Ribbentrop am 3 Januar 1945 zufrieden um eine Belobigung Bei der auf Anweisung des Herrn RAM herbeigefuhrten Verurteilung von amerikanischen Kriegsgefangenen haben sich verschiedene Herren unter Zuruckstellung von ursprunglichen juristischen Bedenken besondere Verdienste erworben 23 Ribbentrop schlug vor den Verantwortlichen sollten gelegentlich einige anerkennende Worte im Namen des Herrn RAM mundlich in geeignet erscheinender Weise ausgesprochen werden 23 Als personlicher Verbindungsmann Himmlers und Ribbentrops war Wagner an den Planungen zur Ermordung des franzosischen Generals Gustave Mesny beteiligt der sich in deutscher Kriegsgefangenschaft befand Die Ermordung eines franzosischen Generals wurde von Adolf Hitler gefordert nachdem im Oktober 1944 der deutsche General Fritz von Brodowski einer der Verantwortlichen fur das Massaker von Oradour 24 unter ungeklarten Umstanden in franzosischer Kriegsgefangenschaft von der FFI bei einem Fluchtversuch erschossen worden war 25 In Kooperation zwischen Reichssicherheitshauptamt dem Chef des Kriegsgefangenenwesens und dem Auswartigen Amt wurde Mesny als Opfer ausgewahlt und wahrend eines Transports bei einer fingierten Autopanne von SS Leuten erschossen Wagner sorgte im Auftrag Ribbentrops zusammen mit der Rechtsabteilung des Auswartigen Amtes dafur dass das Verbrechen so geplant wurde dass es notfalls volkerrechtlich kaschiert werden konnte 26 Nachkriegszeit Bearbeiten Zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Wagner zusammen mit einigen anderen Diplomaten im osterreichischen Bad Gastein von amerikanischen Truppen festgesetzt und mittels Sammeltransport in ein Gefangnis nach Salzburg gebracht 27 Aufgrund des Systems des Automatischen Arrests fur Funktionstrager aus Partei und Staat wurde er in die amerikanische Besatzungszone verlegt und schliesslich nach einer Odyssee durch alliierte Lager am 28 August 1946 nach Nurnberg gebracht 28 In der Nurnberger Haft lernte Wagner 1947 so der Historiker Ernst Piper die als wichtige Zeugin im Prozess gegen das SS Rasse und Siedlungshauptamt festgehaltene Emilie Edelmann kennen 29 mit der er bis 1954 eine Liebesbeziehung pflegte Deren Tochter die Schriftstellerin Gisela Heidenreich hat in einer Mischung von realer Spurensuche und literarischer Darstellung die Geschichte Wagners als NS Tater und Geliebter ihrer Mutter dargestellt 30 Da Aktenfunde nach dem Krieg den Anteil der leitenden Beamten des Auswartigen Amtes und insbesondere von Wagners Referatsgruppe Inland II an den Verfolgungsmassnahmen gegen die europaischen Juden offenbarten sollte gegen ihn im Wilhelmstrassen Prozess Anklage erhoben werden Als die Liste der Angeklagten um Mitglieder anderer Dienststellen mit Sitz in der Wilhelmstrasse erweitert wurde strich man Wagners Namen 31 Stattdessen wurde er nun als Zeuge gefuhrt und von Robert Kempner vernommen In erster Linie wurde er zur Ermordung General Mesnys befragt und gab Himmler Hitler und Ribbentrop die Schuld 32 Zu seiner Rolle als Leiter der Gruppe Inland II bei den Judenverfolgungen verhort charakterisierte er sich selbst als Postboten der nur Mitteilungen uberbracht habe 33 In den Zeugenstand des Wilhelmstrassen Prozesses trat Wagner am 3 Marz 1948 Kempner erhoffte sich aufgrund dessen genauer Kenntnisse des Vorgangs eine belastbare Aussage Wagners gegen den Angeklagten Karl Ritter Botschafter zur besonderen Verwendung beim Auswartigen Amt Ritter wurde im Unterschied zu Wagner wegen seiner Beteiligung an den Planungen zur Ermordung Mesnys angeklagt da er fur die Uberwachung der Ausfuhrung des Mordauftrages verantwortlich war 34 Doch Wagner erwies sich als Zeuge der Anklage wertlos Hingegen gelang es Ritters Verteidiger Erich Schmidt Leichner in dieser Sache Wagner als den eigentlich Verantwortlichen darzustellen 34 Um Weihnachten 1947 wurde Wagner in das Internierungslager Nurnberg Langwasser verlegt in dem auch Personen festgehalten wurden die spater der deutschen Justiz uberstellt werden sollten Fur solche Falle von zu erwartenden Prozessen welche die Amerikaner nicht mehr unter eigener Regie durchfuhren wollten grundeten sie im Rahmen ihrer Ermittlungsbehorde Office of Chief of Counsel For War Crimes OCCWC eine Uberleitungsabteilung mit der Bezeichnung Special Projects Division mit der sie noch ausstehende Verfahren in deutsche Zustandigkeiten uberfuhren wollten Dabei wurde Wagner unter den voraussichtlich kunftig Anzuklagenden in der hochsten Gruppe A gefuhrt 35 Im Juli 1948 stellte ein Bericht der Special Projects Division fest dass sich Wagner und Thadden bei den Judendeportationen aus der Slowakei Kroatien Bulgarien Ungarn Rumanien und den Niederlanden strafbar gemacht hatten weil sie die SS Massnahmen vollauf gebilligt hatten Am 11 August 1948 ermachtigte das OMGUS die deutschen Gerichte in der Strafsache gegen Franz Rademacher Wagner von Thadden und Karl Klingenfuss die Gerichtsbarkeit auszuuben 36 Wagner floh am 25 August 1948 aus dem schwach bewachten Lager gelangte uber eine der Rattenlinien nach Italien und schliesslich nach Sudamerika 37 1952 kehrte Wagner unter falschem Namen als Korrespondent argentinischer Zeitungen nach Italien zuruck Nach seiner Enttarnung wurde ihm dort der Prozess gemacht 38 ein italienischer Appellationsgerichtshof entschied 1958 ihn nicht an Deutschland auszuliefern Ende 1958 kam er freiwillig in die Bundesrepublik Eine gerichtliche Voruntersuchung in Essen begann Wagner sass rund 15 Monate in Haft bis im Marz 1960 das Oberlandesgericht Hamm ihn gegen Kaution entliess Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Essen AZ 29 Ks 4 67 datiert 22 Februar 1967 Der erste Tag der Hauptverhandlung war fur den 20 Mai 1968 beim Landgericht Essen terminiert es wurde Anklage gegen ihn wegen Beihilfe zum Mord an 356 624 Juden erhoben 39 Ein Prozess gegen den anfanglich von Ernst Achenbach verteidigten Wagner kam nicht zustande Achenbach legte nachdem eine Verschiebung des Verfahrens nicht gelang als einkalkulierte Notbremse am 8 Mai 1968 das Mandat nieder und Wagners neue Rechtsvertreter Hans Laternser und Fritz Steinacker mussten sich in die Akten einarbeiten 40 Nach Laternsers plotzlichem Tod ubernahm Fritz Steinacker der noch in einem anderen NS Verfahren beschaftigt war 40 alleine die 20 Bande Akten und 20 000 Dokumente 39 Immer neue Krankmeldungen bestatigt unter anderem durch Gutachten des Hamburger Psychiaters Hans Burger Prinz verschleppten das Verfahren bis es 1974 wegen Verhandlungsunfahigkeit des Angeklagten vorlaufig eingestellt wurde 41 Ein Ende fand es mit Wagners Tod am 13 Marz 1977 Der Nurnberger Anklager Robert Kempner der an diesem Verfahren gegen Wagner als Nebenklager beteiligt war 40 schrieb im Ruckblick 1978 an den damaligen Bundesjustizminister Hans Jochen Vogel Diese Akte ist geradezu ein Lehrbuch dafur wie durch jahrelange Eingaben ein Verfahren hingehalten werden kann um dann mit einem Krankheitsattest zu enden 42 Literatur BearbeitenEckart Conze Norbert Frei Peter Hayes Moshe Zimmermann Das Amt und die Vergangenheit Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Karl Blessing Verlag Munchen 2010 ISBN 978 3 89667 430 2 auch Schriftenreihe Bd 1117 der Bundeszentrale fur politische Bildung Bonn 2011 Hans Jurgen Doscher Das Auswartige Amt im Dritten Reich Diplomatie im Schatten der Endlosung Siedler Berlin 1987 ISBN 3 88680 256 6 S 262 305 Taschenbuch Ausgabe SS und Auswartiges Amt im Dritten Reich Diplomatie im Schatten der Endlosung Ullstein 1991 ISBN 3 548 33149 1 Zugleich Hamburg Univ Diss 1985 Gisela Heidenreich Sieben Jahre Ewigkeit Eine deutsche Liebe Droemer Verlag Munchen 2007 ISBN 978 3 426 27381 4 Gisela Heidenreich Geliebter Tater Ein Diplomat im Dienst der Endlosung Droemer Verlag Munchen 2011 ISBN 978 3 426 27432 3 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 ISBN 978 3 8012 4178 0 Johannes Hurter Red Biographisches Handbuch des deutschen Auswartigen Dienstes 1871 1945 5 T Z Nachtrage Herausgegeben vom Auswartigen Amt Historischer Dienst Band 5 Bernd Isphording Gerhard Keiper Martin Kroger Schoningh Paderborn u a 2014 ISBN 978 3 506 71844 0 S 154 f Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Horst Wagner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Institut fur Zeitgeschichte Archiv Findmittel online Bestand Behm Hans Ulrich Signatur ED 411 Zum Bestand Akten zur Voruntersuchung gegen den ehemaligen Legationsrat im Aussenministerium des Referats Inland II Horst Wagner PDF 127 kB dazu Materialien und weiterfuhrende Unterlagen im Umfeld etwa zur Untersuchung im Fall Mesny der Ermordung des franzosischen Generals Gustave Marie Maurice Mesny im Januar 1945 Siehe auch IfZ Signatur Ge 01 07 und Ge 01 02 fur weitere Bestande zu Horst Wagner bzw Mesny Institut fur Zeitgeschichte Zeugenschrifttum online Wagner Horst ZS 1574 PDF 16 3 MB Protokolle einiger Vernehmung Wagners von 1946 1947 beim IFZ Kriegsverbrechen Schmerzen nicht messbar In Der Spiegel Nr 42 1972 S 55 57 online 9 Oktober 1972 Nachlass Bundesarchiv N 2320Einzelnachweise Bearbeiten Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 43 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 47 siehe auch schon Hans Jurgen Doscher Das Auswartige Amt im Dritten Reich Diplomatie im Schatten der Endlosung Siedler Verlag Berlin 1987 S 265 Fussnote 10 Hans Jurgen Doscher Das Auswartige Amt im Dritten Reich Diplomatie im Schatten der Endlosung Siedler Verlag Berlin 1987 S 265 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 46 f u S 445 a b Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 49 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 41 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 53 a b Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 54 Institut fur Zeitgeschichte Zeugenschrifttum online Wagner Horst ZS 1574 S 82 PDF 16 3 MB Hans Jurgen Doscher Das Auswartige Amt im Dritten Reich Diplomatie im Schatten der Endlosung S 264 276 insbesondere S 268 ff Faksimile des Personalbogen Wagners im Auswartigen Amt vom 19 Oktober 1944 Hans Jurgen Doscher Das Auswartige Amt im Dritten Reich Diplomatie im Schatten der Endlosung Siedler Verlag Berlin 1987 266 Hans Jurgen Doscher Das Auswartige Amt im Dritten Reich Diplomatie im Schatten der Endlosung Siedler Verlag Berlin 1987 S 264 276 hier S 272 Faksimile des Personalbogen Wagners im Auswartigen Amt vom 19 Oktober 1944 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 53 u S 57 Zitat Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 106 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 120 133 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 209 230 Das Urteil im Wilhelmstrassen Prozess Der amtliche Wortlaut der Entscheidung im Fall Nr 11 des Nurnberger Militartribunals gegen von Weizsacker und andere mit abweichender Urteilsbegrundung Berichtigungsbeschlussen den grundlegenden Gesetzesbestimmungen einem Verzeichnis der Gerichtspersonen und Zeugen Einfuhrungen von Robert M W Kempner und Carl Haensel Alfons Burger Verlag Schwabisch Gmund 1950 S 103 vgl auch Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 218 Eckart Conze Norbert Frei Peter Hayes und Moshe Zimmermann Das Amt und die Vergangenheit Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Munchen 2010 S 195 ff Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 275 f Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 276 Eckart Conze Norbert Frei Peter Hayes und Moshe Zimmermann Das Amt und die Vergangenheit Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Munchen 2010 S 197 ff Laut Teilnehmerliste April 1944 SS AA Tagung a b c d Andreas Forster Unter Zuruckstellung von juristischen Bedenken Memento vom 2 November 2016 im Internet Archive In Berliner Zeitung 28 Oktober 2010 abgerufen am 28 Februar 2012 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 331 Volker Koop In Hitlers Hand Sonder und Ehrenhaftlinge der SS Bohlau Koln 2010 S 115 f Sebastian Weitkamp Mord mit reiner Weste Die Ermordung des Generals Maurice Mesny im Januar 1945 In Timm C Richter Hrsg Krieg und Verbrechen Martin Meidenbauer Verlag Munchen 2006 ISBN 3 89975 080 2 S 31 40 hier S 31 f umfassend Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 327 368 insbesondere S 358 f Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 371 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 371 u S 377 Ernst Piper Das Schweigen der Mutter Liebe zu einem Massenmorder Gisela Heidenreich erforscht ihre Lebensgeschichte In Der Tagesspiegel 22 Dezember 2011 Gisela Heidenreich Sieben Jahre Ewigkeit Eine deutsche Liebe Droemer Verlag Munchen 2007 Gisela Heidenreich Geliebter Tater Ein Diplomat im Dienst der Endlosung Droemer Verlag Munchen 2011 Dirk Poppmann Robert Kempner und Ernst von Weizsacker im Wilhelmstrassenprozess Zur Diskussion uber die Beteiligung der deutschen Funktionselite an den NS Verbrechen In Irmtrud Wojak Susanne Meinl Im Labyrinth der Schuld Frankfurt am Main 2003 ISBN 3 593 37373 4 S 173 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 379 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 380 a b Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 382 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 384 Edith Raim Justiz zwischen Diktatur und Demokratie Wiederaufbau und Ahndung von NS Verbrechen in Deutschland 1945 1949 Verlag Oldenbourg Munchen 2013 ISBN 978 3 486 70411 2 S 617 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 385 u S 387 f Biblioteca nazionale centrale Roma a b Kriegsverbrechen Schmerzen nicht messbar In Der Spiegel Nr 42 1972 S 55 57 online 9 Oktober 1972 a b c Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 433 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 438 Sebastian Weitkamp Braune Diplomaten Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionare der Endlosung J H W Dietz Bonn 2008 S 439 nbsp Dieser Artikel wurde am 25 Februar 2012 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Normdaten Person GND 128645989 lobid OGND AKS LCCN no2008156153 VIAF 37977087 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wagner 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