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Nicht zu verwechseln mit dem Hyrkanischen WaldHerkynischer Wald lateinisch Hercynia silva griechisch orh Arkynia oder Orkynia ist die antike Sammelbezeichnung fur die nordlich der Donau und ostlich des Rheins gelegenen Mittelgebirge Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Lage 3 Geschichte 4 Fauna 5 Sonstiges 6 Literatur 7 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenDie Etymologie des Namens ist umstritten Einige glauben er leite sich vom keltischen Wortstamm erchynn hoch erhaben ab Der US amerikanische Althistoriker Walter Woodburn Hyde halt auch eine lautliche Verwandtschaft mit den Toponymen Harz und Erzingen fur moglich 1 Andere leiten ihn vom proto keltischen perkunia ab 2 von indogermanisch perkʷus Eiche 3 Diese Ableitung wird untermauert durch althochdeutsch firgunna fur den Herkynischen Wald das sich vom gleichen Wort ableitet wobei das indogermanische p in den keltischen Sprachen geschwunden ist wahrend es sich im Zuge der germanischen Lautverschiebung zu f verschoben hat Eine weitere germanische Bezeichnung die mutmasslich mit dem Herkynischen Walde zusammenhangt ist gotisch fairguni 4 In lateinischen Texten des Mittelalters und der Neuzeit wurde der Harz mitunter als silva hercyniae bezeichnet so unter anderem in der Abhandlung Hercynia Curiosa oder Curioser Harz Wald des Autors Georg Henning Behrens der Flora des Arztes Johann Thal sowie in der Inschrift Utilitati Hercyniae ubersetzt mit Zum Nutzen des Harzes in der Fassade des Harzkornmagazins in Osterode am Harz Lage BearbeitenAuch die genaue Ausdehnung des Herkynischen Waldes ist unklar Er wird zwar bereits in den Meteorologica des Aristoteles erwahnt eine genauere Beschreibung ist uns aber erst in Gaius Julius Caesars Schrift De Bello Gallico 5 uberliefert wo im Rahmen eines Exkurses uber die Lebensweise der Germanen auf ihn eingegangen wird Die Passage 25 28 ist wahrscheinlich pseudepigraphisch wurde aber wohl schon in antiker Zeit in den Text interpoliert 6 In der betreffenden Darstellung heisst es der Wald sei in Nord Sud Richtung etwa neun Tagesmarsche breit und erstrecke sich uber sechzig Tagesmarsche nach Osten vom Gebiet der Helvetier bis zu den im heutigen Rumanien siedelnden Dakern den Anarten die die Ufer der Theiss im heutigen Ungarn besiedelten und noch weit daruber hinaus Wenn man einen Tagesmarsch mit 25 Kilometern ansetzt ergibt das eine Gesamtflache fur den Herkynischen Wald von mehr als 337 500 Quadratkilometern Geschichte BearbeitenMit der zunehmenden Akkulturation dieses riesigen Gebietes fanden die Romer in den Jahrhunderten nach Christus zu einer weniger pauschalen geographischen Begrifflichkeit und unterschieden kunftig beispielsweise mons Taunus saltus Teutoburgiensis Silva Gabreta und Carpates montes Die Besiedlung und Rodung erfolgte durch die frankische Landnahme und die merowingischen und karolingischen Rodungswellen im 7 bis 10 Jahrhundert In einer weiteren Rodungswelle im 11 Jahrhundert sollten die Slawen durch frankische Siedler unterworfen werden Fauna BearbeitenIn Caesars De bello Gallico werden drei angeblich typische Tierarten des Hercynischen Waldes beschrieben Es sind dies eine Hirschart die durch ein einziges sehr langes und auffallend gerades Horn zwischen den Ohren gekennzeichnet sei das sich an der Spitze astahnlich verzweigen wurde Ob es sich dabei um ein Einhorn oder ein Rentier handelt ist bis heute in der Forschung umstritten 7 Elche die als ziegenartig beschrieben werden aber keine Kniegelenke hatten deswegen wurden sie sich zum Schlafen an Busche oder Baume lehnen die von den Germanen anhand der Fussspuren ermittelt und angesagt bzw unterwuhlt wurden komme dann der mude Elch zu seiner gewohnten Schlafstelle falle er um und konne mangels Kniegelenk nicht mehr aufstehen Zur Erklarung dieser zoologisch einigermassen abstrusen Angaben hat die Forschung lange angenommen der Verfasser der Passage gebe hier Jagerlatein wieder das ihm germanische Kundschafter bei seinen beiden Exkursionen uber den Rhein aufgeschwatzt haben konnten Der Altphilologe Otto Seel wies 1967 nach dass die Geschichte der gelenklosen Tiere in einer byzantinischen Erganzung zum Physiologus einem Handbuch der Tiersymbolik fast genauso berichtet wird aber nicht von Elchen sondern von Elefanten Hier erscheint der Bericht auch etwas weniger unsinnig denn deren Kniegelenke sind tatsachlich nicht gut zu erkennen Da sich die griechischen Worter elefas der Elefant und elafos der Hirsch nur durch zwei Vokale unterscheiden liegt die Vermutung nahe dass die absurde Geschichte von Elchen ohne Kniegelenke hier ihren Ursprung hat denn Pseudo Caesar gibt selbst an dass er sein Wissen uber den Herkynischen Wald nicht aus eigener Anschauung sondern aus heute verlorenen Schriften des Eratosthenes und anderer griechischer Ethnographen bezog Es handelt sich also nicht um Jagerlatein sondern um die Ausschmuckung eines griechischen ethnographischen Textes der nach einem Abschreibfehler unverstandlich geworden war 8 Auerochsen die etwas kleiner als Elefanten und so wild seien dass sie nicht gezahmt werden konnten die Germanen wurden sie mittels Fallgruben jagen und ihre Horner als Trinkgefasse verwenden Plinius der Altere 23 24 79 n Chr berichtet in seiner Naturalis Historia es gebe im Herkynischen Wald Vogel deren Gefieder nachts leuchte wie Feuer 9 Diese Wundergeschichte wurde unter anderem von Solinus 4 Jahrhundert und Isidor von Sevilla ca 560 636 weiterkolportiert und war im Mittelalter weit verbreitet vor allem in der Version von Honorius Augustodunensis ca 1080 ca 1151 der sie in seinem Schulbuch De imagine mundi allerdings in Hyrkanien verortet 10 Sonstiges BearbeitenDer Asteroid des ausseren Hauptgurtels 458 Hercynia ist nach dem Herkynischen Wald benannt 11 Literatur BearbeitenWalter Woodburn Hyde The Curious Animals of the Hercynian Forest In The Classical Journal 13 Heft 4 1918 S 231 245 Otto Seel Zum Germanenexkurs Die Elche in ders Caesar Studien Stuttgart 1967 S 37 43 Rainer Henke Jagerlatein in Caesars Bellum Gallicum 6 25 28 Original oder Falschung In Gymnasium 105 1998 S 117 142 Einzelnachweise Bearbeiten Walter Woodburn Hyde The Curious Animals of the Hercynian Forest In The Classical Journal Band 13 Heft 4 1918 S 232 Wolfgang Meid Indogermanisch und Keltisch In Innsbrucker Beitrage zur Sprachwissenschaft Sonderheft 25 Institut fur Vergleichende Sprachwissenschaft der Universitat Innsbruck Innsbruck 1968 Indogermanisches Worterbuch 4 Auflage Gesamtdatei HTML 1165 KiB auf www koeblergerhard de Piergiuseppe Scardigli Die Goten Sprache und Kultur Florenz 1964 ubersetzt von Benedikt Vollmann Munchen 1973 S 54 ff Buch 6 Kapitel 24 28 Rainer Henke Jagerlatein in Caesars Bellum Gallicum 6 25 28 Original oder Falschung In Gymnasium 105 1998 S 121ff Gerhard Dobesch Zum Exkurs uber den herzynischen Wald in Caesars Bellum Gallicum 1985 in ders Ausgewahlte Schriften Band 1 Koln u a Bohlau 2001 S 439 452 Walter Woodburn Hyde The Curious Animals of the Hercynian Forest In The Classical Journal 13 Heft 4 1918 S 234 239 Curt Woyte Anmerkungen In derselbe Hrsg Gaius Julius Casar Der gallische Krieg Reclam Stuttgart 1975 S 47 Heinrich und Margarethe Schmidt Die vergessene Bildersprache christlicher Kunst Ein Fuhrer zum Verstandnis der Tier Engel und Mariensymbolik Beck Munchen 1981 S 47 Rene Bloch Einhorn Der Neue Pauly Enzyklopadie der Antike Metzler Stuttgart 2010 Bd 3 Sp 916 Otto Seel Zum Germanenexkurs Die Elche in ders Caesar Studien Stuttgart 1967 S 37 43 Plinius der Altere Naturalis Historia 10 132 online auf Wikisource Zugriff am 13 Juli 2015 Christian Hunemorder Hercyniae aves In Rheinisches Museum fur Philologie 110 H 4 1967 S 371 384 Lutz D Schmadel Dictionary of Minor Planet Names Fifth Revised and Enlarged Edition Hrsg Lutz D Schmadel 5 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2003 ISBN 3 540 29925 4 S 186 doi 10 1007 978 3 540 29925 7 459 englisch 992 S Originaltitel Dictionary of Minor Planet Names Erstausgabe Springer Verlag Berlin Heidelberg 1992 1982 SA Discovered 1982 Sept 20 by E F Helin at Palomar Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Herkynischer Wald amp oldid 239086865