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Hans Dietrich Sander 17 Juni 1928 in Grittel Mecklenburg 25 Januar 2017 in Furstenwalde Spree war ein deutscher Journalist sowie rechtsextremer Publizist und Herausgeber Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Politische Positionen 3 Auszeichnungen 4 Bibliografie Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 FussnotenLeben und Werk BearbeitenSander studierte 1948 49 Evangelische Theologie an der Kirchlichen Hochschule Berlin Zehlendorf und von 1949 bis 1952 Theaterwissenschaften Germanistik und Philosophie an der Freien Universitat in West Berlin Der Theaterkritiker Herbert Ihering vermittelte ihm 1950 51 eine zweijahrige Hospitanz beim Berliner Ensemble von Bertolt Brecht Unter dem Einfluss Brechts engagierte sich Sander offen fur den Kommunismus was zum Entzug seines Stipendiums an der Freien Universitat Berlin FU Berlin fuhrte 1952 ubersiedelte Sander nach Ost Berlin Dort war er bis 1956 als Dramaturg im Henschelverlag und als Theaterkritiker fur die Zeitschrift Theater der Zeit tatig 1 Desillusioniert von der DDR und vom Kommunismus zog Sander 1957 zuruck in den Westen ohne seinen Bruch mit dem westdeutschen politischen System zu revidieren Von 1958 bis 1962 und von 1965 bis 1967 war er unter der Schirmherrschaft Hans Zehrers als Journalist und Literaturkritiker bei der Tageszeitung Die Welt tatig In den Jahren dazwischen lag eine zweijahrige Forschungstatigkeit uber revolutionstheoretische Schriften in Zurich und Berlin In dieser Zeit nahm er Kontakt auf zu Boris Souvarine Giangiacomo Feltrinelli und Oskar Lange Letzterem widmete er 1970 die Veroffentlichung seiner Dissertation 1969 wurde Sander bei dem Ordinarius fur Geistesgeschichte Hans Joachim Schoeps in Erlangen mit der Dissertation Marxistische Ideologie und allgemeine Kunsttheorie worin erstmals ein Brief von Walter Benjamin an Carl Schmitt publiziert wurde zum Dr phil promoviert 2 Sander stand mit Schmitt in intensivem schriftlichen und personlichen Kontakt 3 Er vermittelte auch den direkten Kontakt zwischen dem Religionsphilosophen Jacob Taubes damals Kollege an der FU Berlin und Carl Schmitt eine Begegnung die sich in Taubes Buch Ad Carl Schmitt Gegenstrebige Fugung niederschlug das 1987 posthum veroffentlicht wurde Seine Erfahrung in beiden deutschen Staaten nutzte Sander in seiner Arbeit fur das Periodikum Deutschland Archiv von 1964 bis 1974 Zu dieser Zeit gestaltete er auch gelegentlich Rundfunkfeuilletons fur den Deutschlandfunk den Sender Freies Berlin sowie den Hessischen Rundfunk 1972 erschien Sanders Buch Geschichte der Schonen Literatur in der DDR Seine Darstellung der kunstlerischen und politischen Repression von Schriftstellern in der DDR wurde von Alfred Kantorowicz im Deutschland Archiv bestatigt 4 1975 76 war Sander Lehrbeauftragter an der TU Hannover und im Wintersemester 1978 79 Gastdozent fur zwei Lehrveranstaltungen an der FU Berlin In diese Zeit fallt auch seine Mitarbeit an der Zeitbuhne unter der Herausgeberschaft von William S Schlamm 1980 erschien sein Buch Der nationale Imperativ Ideengange und Werkstucke zur Wiederherstellung Deutschlands eine Sammlung politischer Essays die zum Teil vorher in der rechtskonservativen Zeitschrift Criticon und in der Welt erschienen waren Das Buch gilt als eine der wichtigen Kampfschriften eines neuen Nationalbewusstseins 5 Ziel seiner Ideengange zur Wiederherstellung Deutschlands sei die Weckung des entschlummerten Furor teutonicus um den Deutschen ihren bewahrten Kampfgeist und ihren berechtigten Stolz zuruckzugeben die sie beim Bau eines neuen Reiches brauchen 6 Von 1983 bis 1986 war Sander Chefredakteur der Deutschen Monatshefte seit 1990 mit Nation und Europa fusioniert die vom Verfassungsschutz als Strategieorgan des deutschen Rechtsextremismus bezeichnet wurde 7 Dieses Engagement fuhrte in den 1980er Jahren zu ersten Erwahnungen Sanders in Verfassungsschutzberichten Danach folgte noch bis 1988 eine standige Mitarbeit bei Nation und Europa Er war Referent bei zahlreichen rechtsextremen Organisationen wie der Gesellschaft fur freie Publizistik 1985 dem Deutschen Seminar der Deutschen Liga fur Volk und Heimat und der Berliner Kulturgemeinschaft Preussen 1988 erschien Sanders Buch Die Auflosung aller Dinge Zur geschichtlichen Lage des Judentums in den Metamorphosen der Moderne Zwei Jahre spater grundete Sander die Zeitschrift Staatsbriefe deren Titel sich auf die Erlasse des Stauferkaisers Friedrich II bezieht Die bis ins Jahr 2001 erschienene Publikation wurde vom Verfassungsschutz dem intellektuell ausgerichteten Rechtsextremismus zugeordnet 8 Leitgedanke war die Belebung der ghibellinischen Reichsidee die Publikation blieb jedoch ohne breitere Wirkung Die Auflage belief sich im Jahre 2000 auf lediglich 1000 Exemplare 9 Die Staatsbriefe verbanden radikale politische Polemik Kritik und Analyse mit dem Versuch an geistige Traditionen des Preussentums des Reichsgedankens und der sogenannten Konservativen Revolution anzuknupfen Die Zeitschrift trug nach Einschatzung einer SPD Publikation offen antiamerikanische und antisemitische Zuge 10 Anfang der 1990er Jahre war Sander auch Mitarbeiter der rechtsextremen Nachrichten des Studentenbundes Schlesien von Hans Michael Fiedler 11 Sander trat 1990 auch als Redner auf dem Wartburgfest der Deutschen Burschenschaft auf das in jenem Jahr unter Leitung der rechtsextremen Wiener Burschenschaft Olympia stand In seinem Vortrag propagierte er die Idee eines neuen Deutschen Reiches und verkundete seine Einschatzung zu den Feinden des Deutschen Reiches 12 13 Politische Positionen BearbeitenHans Dietrich Sander wurde vom Verfassungsschutz und von Extremismusexperten der Neuen Rechten bzw dem intellektuellen Rechtsextremismus zugeordnet 14 15 16 17 18 19 Sander selbst wies diese Definition zuruck die Reichsidee als ein umfassender Topos schliesse Extremistisches grundsatzlich aus 20 Ein zentraler Punkt in Sanders Theorie war die Uberwindung des latenten Burgerkriegs zwischen der Linken und der Rechten unter der Ganzheit des Nationalen und des Staatsgedankens Dieses Thema war unter dem Titel Der Kampf der Teile auch wiederholt Gegenstand in den Staatsbriefen z B 6 98 Auch innerhalb der Neuen Rechten selbst war Sander umstritten so veroffentlichte die Wochenzeitung Junge Freiheit Anfang der 1990er Jahre polemische Artikel und Leserbriefe gegen Sander und die Staatsbriefe 21 Sander ubte seinerseits herbe Kritik an den Rechtsparteien NPD Republikaner denen er Korruption Unfahigkeit Borniertheit und die Durchsetzung mit Informanten und Provokateuren vorwarf 22 Sander betrachtete das herrschende politische System als unreformierbar korrupt fremdbestimmt und unfahig sich den politischen Problemen zu stellen Analog zum Zusammenbruch der DDR werde auch die Bundesrepublik zwangslaufig an ihren eigenen Fehlern zugrunde gehen Voraussetzung dazu sei allerdings auch der Sturz des Hegemons der BRD der USA Der von Sander propagierte Reichsgedanke selbst sei dabei keine aktuelle politische Option da seine Verwirklichung das Werk von Generationen sein werde Wegen Veroffentlichung des Aufsatzes von Germar Rudolf Naht ein deutscher Burgerkrieg und eines Beitrags zum Thema Holocaust den die Verteidigung als Satire bezeichnet hatte 23 wurde Hans Dietrich Sander 1998 als verantwortlicher Herausgeber der Staatsbriefe wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Haftstrafe von acht Monaten ausgesetzt auf zwei Jahre Bewahrung sowie zu einer Geldstrafe in Hohe von 4000 DM verurteilt Antisemitismus und Verunglimpfung der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer politischen Reprasentanten waren auch die Vorwurfe die ab 1995 erneut zu verschiedenen Erwahnungen sowohl der Staatsbriefe als auch Sanders in den Verfassungsschutzberichten unter der Rubrik Rechtsextremismus fuhrten 24 Sander trat zudem jahrelang als Referent bei Veranstaltungen rechtsextremer und national konservativer Gruppierungen auf 25 Im Umfeld der NPD entwickelte sich in der zweiten Halfte der 1990er Jahre eine Diskussion um Grundlagen und Modelle eines zukunftigen Reiches fur die Sanders Thesen wichtiger Bezugspunkt waren 26 Im Laufe dieser Debatte beklagte Sander eine Abkehr grosser Teile der extremen Rechten von der Reichsidee zugunsten eines von der Blockkonfrontation ursachlich bestimmten Verfassungspatriotismus seit den 1950er Jahren 26 Laut Verfassungsschutz Niedersachsen war Sander im Jahr 2003 neben Holocaustleugnern wie Ernst Zundel Robert Faurisson Jurgen Graf Gerd Honsik Manfred Roeder Germar Rudolf Wilhelm Staglich und dem rechtsextremen Liedermacher Frank Rennicke Grundungsmitglied des Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten VRBHV dessen Vorsitzender der Rechtsextremist Bernhard Schaub war 27 Auszeichnungen Bearbeiten2015 Ulrich von Hutten Medaille der Gesellschaft fur freie PublizistikBibliografie Auswahl BearbeitenMarxistische Ideologie und allgemeine Kunsttheorie Kyklos Verlag Basel 1970 Geschichte der schonen Literatur in der DDR Ein Grundriss Rombach Freiburg 1972 Der nationale Imperativ Ideengange und Werkstucke zur Wiederherstellung Deutschlands Sinus Krefeld 1980 Preussen Die Polis der Neuzeit Eine staatsphilosophische These Gottingen 1986 Die Auflosung aller Dinge Zur geschichtlichen Lage des Judentums in den Metamorphosen der Moderne Castel del Monte Munchen 1988 Herbert Cysarz Bild und Begriff Germanistik im geisteswissenschaftlichen Feld Lindenblatt Media Verlag Kunzell 2006 Carl Schmitt Hans Dietrich Sander Werkstatt Discorsi Briefwechsel 1967 bis 1981 Edition Antaios Albersroda 2008 Heiko Luge Hrsg Grenzgange Liber amicorum fur den nationalen Dissidenten Hans Dietrich Sander zum 80 Geburtstag Ares Verlag Graz 2008 ISBN 978 3 902475 60 2 Literatur BearbeitenJens Mecklenburg Hrsg Handbuch deutscher Rechtsextremismus Antifa Edition Elefanten Press Berlin 1996 ISBN 3 88520 585 8 S 516 517 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Hans Dietrich Sander im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Eine Wiederherstellung Deutschlands ist erst moglich wenn der Hegemon der BRD wegbricht Memento vom 29 November 2007 imInternet Archive Interview mit Arne Schimmer in der NPD Zeitung Deutsche Stimme Juni 2007 Internet Archive Ein rechter Herausgeber und Journalist Dr Phil Hans Dietrich Sander und die Staatsbriefe in Klick nach rechts de 15 Januar 2001 Die Contrebande die mit mir reist Portrat von Thorsten Hinz in der Jungen Freiheit Nr 25 13 Juni 2008Fussnoten Bearbeiten Hans Dietrich Sander Grenzganger zwischen Ost und West In Die Welt 15 Marz 1958 Horst Bredekamp From Walter Benjamin to Carl Schmitt via Thomas Hobbes In Critical Inquiry Volume 25 Number 2 Winter 1999 chicago edu Memento vom 11 Juni 2010 im Internet Archive Wolfgang Schuller Ich warne Sie ernstlich In Frankfurter Allgemeine Zeitung 8 Juni 2009 Abgerufen am 26 Februar 2015 Alfred Kantorowicz H D Sanders Geschichte der DDR Literatur In Deutschland Archiv Heft 1 1974 S 75 Franz Gress Hans Gerd Jaschke Klaus Schonekas Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa Bundesrepublik Frankreich Grossbritannien Westdeutscher Verlag 1990 S 281 Armin Pfahl Traughber Konservative Revolution und Neue Rechte Rechtsextremistische Intellektuelle gegen den demokratischen Verfassungsstaat Leske und Budrich 1998 S 186 s etwa Theorie und Strategiebildung im deutschen Rechtsextremismus Memento vom 13 Januar 2006 im Internet Archive Landesamt fur Verfassungsschutz Baden Wurttemberg s etwa Verfassungsschutzbericht 2002 S 94 Uwe Backes Gestalt und Bedeutung des intellektuellen Rechtsextremismus in Deutschland In Aus Politik und Zeitgeschichte B 46 2001 bpb de so etwa die SPD Publikation Rechtsextremismus in Deutschland Memento vom 20 Oktober 2011 im Internet Archive PDF 485 kB S 63 so etwa im Impressum der Nachrichten des Studentenbundes Schlesien Nr 1 vom Marz 1990 S 2 Handbuch des osterreichischen Rechtsextremismus 2 Auflage Wien 1996 S 275 Fabian Virchow Gegen den Zivilismus Internationale Beziehungen und Militar in den politischen Konzeptionen der extremen Rechten VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2006 Seite 124 ISBN 978 3 531 15007 9 Uwe Backes Eckhard Jesse Kommentierte Bibliographie In Ders Hrsg Jahrbuch Extremismus amp Demokratie 6 Jahrgang 1994 Bouvier Bonn 1994 ISBN 3 416 02532 6 S 424 Alice Brauner Orthen Die neue Rechte in Deutschland Antidemokratische und rassistische Tendenzen Leske und Budrich Opladen 2001 ISBN 3 8100 3078 3 S 29 Steffen Kailitz Die politische Deutungskultur im Spiegel des Historikerstreits What s right What s left Westdeutscher Verlag Wiesbaden 2001 ISBN 3 531 13701 8 S 267 Johannes Jager Die rechtsextreme Versuchung Politikwissenschaft Bd 78 Lit Munster u a 2002 ISBN 3 8258 5722 0 S 62 Ines Aftenberger Die Neue Rechte und der Neorassismus Leykam Graz 2007 ISBN 978 3 7011 0088 0 S 43 Gudrun Hentges Staat und politische Bildung Von der Zentrale fur Heimatdienst zur Bundeszentrale fur politische Bildung Mit einem Vorwort von Christoph Butterwegge Springer VS Wiesbaden 2013 ISBN 978 3 531 18670 2 S 357 Staatsbriefe 5 95 S 41 Wer schutzt die Verfassung vor dem Verfassungsschutz z B Reich statt Republik In Junge Freiheit 4 1991 Staatsbriefe 5 6 96 S 2 Thesen zur Konterrevolution Vergleiche auch Staatsbriefe 5 2000 S 41 Auch die westdeutsche Rechte ist destruktiv Gunter Zehm Pankraz Sanders Staatsbriefe und die Provinzposse von Munchen In Junge Freiheit Nr 29 11 Juli 1997 so z B Verfassungsschutzbericht 2000 Mai 2001 S 101 Verfassungsschutzbericht 2001 August 2002 S 117 Verfassungsschutzbericht 2002 September 2003 S 94 oder Verfassungsschutzbericht 2003 Mai 2004 S 86 Nurnberger Nachrichten vom 28 August 2000 S 14 Artikel Nurnberg als Zentrum der Nadelstreifen Extremisten von Armin Jelenik Rund 100 Teilnehmer so berichtet es zumindest die Deutsche Stimme Monatsschrift der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands NPD horen sich an wie Horst Mahler Jurgen Schwab und Hans Dietrich Sander die Ruckkehr zum Fuhrerprinzip und die Abschaffung der Demokratie in Deutschland erreichen wollen a b Fabian Virchow Gegen den Zivilismus VS Verlag 2006 S 125 Verfassungsschutzbericht 2005 des Landes Niedersachsen erschienen 2006 S 21 PDF Version Memento vom 9 Mai 2009 im Internet Archive Normdaten Person GND 106790730 lobid OGND AKS LCCN n88076043 VIAF 76816712 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sander Hans DietrichKURZBESCHREIBUNG deutscher Publizist und Autor der Neuen RechtenGEBURTSDATUM 17 Juni 1928GEBURTSORT Grittel MecklenburgSTERBEDATUM 25 Januar 2017STERBEORT Furstenwalde Spree Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Dietrich Sander amp oldid 233373230