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Geschlechterpolitik oder Genderpolitik ist die Gesamtheit der Strukturen Polity Prozesse Politics und Inhalte Policy zur Steuerung der Geschlechterordnung einer Gesellschaft oder Organisation Jede Gesellschaft und Organisation unterliegt einer direkten oder indirekten Form von Geschlechterpolitik die nach ubergeordneten gesellschaftlichen bzw politischen Zielen gestaltet und gesteuert wird Das macht die geschlechtliche Identifizierung und Zuordnung von Menschen zu einem wichtigen Kriterium der Machtverteilung innerhalb einer Gesellschaft Je vielschichtiger und differenzierter eine Gesellschaft ist desto vielschichtiger und differenzierter ist auch die zugehorige Geschlechterpolitik In modernen Gesellschaften reicht sie von supranationaler nationaler regionaler und lokaler bis hin zu privater Ebene und umfasst politische wirtschaftliche soziale kulturelle und religiose Funktionsbereiche Im Gegensatz zu anderen Politikfeldern ist Geschlechterpolitik in modernen Staatsgesellschaften suprastaatlichen und anderen Organisationen eine Querschnittspolitik die alle Politikfelder betrifft 1 2 3 Die nachfolgenden Abschnitte sind nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Aussagekraftige Quellen fehlen oder werden mit verandertem Inhalt zitiert siehe dazu die Diskussionsseite Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Entwicklung politisches Begriffskonzept 2 1 Implizite Geschlechterpolitik 2 2 Frauenpolitik als erste explizite Geschlechterpolitik 2 3 Explizite Geschlechterpolitik 2 3 1 Strategische Hauptansatze Geschlechterdemokratie und Gender Mainstreaming 2 3 2 Gegenstromung Anhaltende Ablehnung der Offenlegung von Geschlechterpolitik 3 Querschnittspolitik 4 Analytische Kategorie 5 Beispiele 5 1 Politik 5 2 Wirtschaft 5 3 Religion 6 Literatur 7 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenGeschlechterpolitik ist ein Kompositum aus Geschlecht und Politik Es wurde im Deutschen ab Ende des 19 Jahrhunderts nur gelegentlich gebraucht Dabei wurde es zunachst noch in zwei verschiedenen Bedeutungsmoglichkeiten von Geschlecht verwendet Politik in Bezug auf Geschlechter im Sinne von Familien oder Abstammungsgemeinschaften genealogische Bedeutung von Geschlecht Politik in Bezug auf die sexuelle Zuordnung als Mann oder Frau 4 Erst ab den 1980er Jahren setzte sich eine breitere Verwendung durch und zwar in der Bedeutung als gesellschaftspolitische Machtstrategie in Bezug auf die Geschlechterordnung von Mannern und Frauen 5 Entwicklung politisches Begriffskonzept BearbeitenIm politischen Bereich war die traditionelle Unsichtbarkeit von Geschlecht lange Zeit eine wirksame Strategie der Machtsicherung von Mannlichkeit Indem die Kategorie Geschlecht implizit oder explizit abgelehnt wurde konnte Geschlechterpolitik sowohl einem prufenden Blick als auch Kritik und Veranderung entgehen 6 Implizite Geschlechterpolitik Bearbeiten Die Zugehorigkeit zum mannlichen Geschlecht war historisch lange eine Voraussetzung um soziale Ordnungssysteme mitsteuern zu durfen Rechtlich verankert war dies durch Geschlechtsvormundschaft Geschlechterpolitik war historisch von einer klar polarisierten Hierarchie der Geschlechter mit ubergeordnetem mannlichem Habitus und untergeordnetem weiblichen Habitus gepragt Diese Geschlechterpolitiken wurden jedoch noch nicht explizit als solche bezeichnet sondern waren implizit namlich als Bestandteil anderer gesellschaftspolitischer Ordnungen ob wirtschaftlich sozial kulturell religios oder anderweitig Mit der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung entstanden in westlichen Gesellschaften im 18 und 19 Jahrhundert Frauenbewegungen die mannliche Privilegien sowie deren Verschleierung zunehmend in Frage stellten und die Emanzipation von Frauen beforderten Zugleich wirkten die extrem unterschiedlichen Lebenserfahrungen und politischen Grundauffassungen zwischen den Frauen bremsend da sie zu Trennunglinien und scharf divergierende Interessen zwischen den Frauen unterschiedlicher sozialer Klassen und Milieus fuhrten 7 Im Laufe des 20 Jahrhunderts wurden in vielen Gesellschaften schliesslich das Frauenwahlrecht und gleiche staatsburgerliche Rechte fur Frauen und Manner eingefuhrt Frauenpolitik als erste explizite Geschlechterpolitik Bearbeiten Ab Mitte des 20 Jahrhunderts wurde die Politik von und fur Frauen allmahlich zu einem eigenen Politikfeld ausgebaut das als Frauenpolitik bezeichnet wurde Dieser Politikbereich war jedoch lange Zeit fragmentiert und nur schwach institutionalisiert Durch die Frauenforschung begann jedoch systematisches Wissen uber Geschlecht als gesellschaftliche Ordnungskategorie zu entstehen Dabei ging es darum ein Schweigen zu brechen Schweigen uber eine Geschlechterpolitik die auf den gleichberechtigten Beitrag von Frauen verzichten zu konnen meinte Schweigen uber ein strukturelles Unrecht das in die Institutionen eingeschrieben und den Personen einverleibt war Schweigen uber eine Platzzuweisung die Frauen zugleich ausschloss und einschloss und von ihnen eine Loyalitat verlangte die die Sozialcharaktere zutiefst gepragt hat Schweigen uber eine in den Geschlechterverhaltnissen begrundete Systematik die so lange hatte beschwiegen werden konnen weil sie als scheinbar naturgegebene Norm daherkam 8 Mit der aufkommenden Mannerforschung und der Erforschung non binarer Formen von Geschlecht erweiterte sich der Fokus auf Geschlechterforschung Dies schlug sich auch in der politikwissenschaftlichen Frauenforschung nieder Im politischen Bereich erwies sich die Beschrankung auf Frauen ebenfalls zunehmend als Sackgasse Denn solange ausschliesslich Frauen politisch als Geschlechtswesen markiert und sichtbar werden erscheinen allgemeine Politik und Manner als politische Subjekte weiterhin als geschlechtslos Zudem war Frauenpolitik immer entweder beschreibend oder normativ um Frauen als Geschlechtswesen angelegt was die Gleichstellungsziele oftmals nicht forderte sondern untergrub Manner erschienen dadurch weiterhin als geschlechtslos und damit als autonome handlungsfahige und rationale politische Subjekte im Gegensatz zu den geschlechterpolitisch sichtbar markierten Frauen Explizite Geschlechterpolitik Bearbeiten Seit den 1990er Jahren erweiterte sich das Geschlechterwissen in Frauenforschung und Mannerforschung und es entwickelte sich eine gemeinsame Geschlechterforschung bzw Gender Studies Dieser Wandel vollzog sich auch im politischen Bereich Der zuvor auf Frauen begrenzte Gegenstandsbereich wurde um den mannlichen Gegenpol sowie um non binare Formen von Geschlecht erweitert explizit gemacht und als Geschlechterpolitik oder Genderpolitik bezeichnet Heute sehen wir Weiblichkeit und Mannlichkeit nicht mehr als Schicksal an sondern als Ergebnis einer normierenden Geschlechterpolitik als Lernprozess der zwar i a dem Gesetzestext der Zweigeschlechtlichkeit folgt aber weder naturlich noch zwangslaufig ist 8 Strategische Hauptansatze Geschlechterdemokratie und Gender Mainstreaming Bearbeiten Um Geschlechterpolitik explizit zu machen und zu gestalten wurden bislang vor allem zwei strategische Ansatze entwickelt und umgesetzt Geschlechterdemokratie hat das Ziel alle Geschlechter an Strukturen Entscheidungsprozessen und inhaltlicher Gestaltung von Geschlechterpolitik zu beteiligen Es geht also darum demokratische Verhaltnisse zwischen den Geschlechtern in einer Gesellschaft einer Organisation oder einem Unternehmen herzustellen Gender Mainstreaming hat das Ziel die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Menschen aller Geschlechter bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen offenzulegen und zu berucksichtigen um so die Gleichstellung der Geschlechter zu bewirken Gegenstromung Anhaltende Ablehnung der Offenlegung von Geschlechterpolitik Bearbeiten Von einigen gesellschaftlichen Interessengruppen wird die Offenlegung von Geschlechterpolitik weiterhin abgelehnt Dazu zahlen beispielsweise Anspruchsgruppen aus Antifeminismus Maskulinismus und Konservatismus bzw Neokonservatismus 9 Querschnittspolitik BearbeitenGeschlechterpolitik ist eine Querschnittspolitik die alle Politikfelder betrifft ob Wirtschaftspolitik Gesundheitspolitik Verkehrspolitik Aussenpolitik oder Familienpolitik Insofern tragen alle anderen Politikfelder implizit oder explizit zur Geschlechterpolitik bei und formen diese mit ihrem politischen Einwirken auf gesellschaftliche Strukturen Polity Prozessen Politics und Inhalten Policy 2 Analytische Kategorie BearbeitenJenseits der Bedeutung als Querschnittspolitik wird Geschlechterpolitik als analytisches Instrument genutzt Soziale Ordnungen lassen sich anhand von vier Aspekten auf geschlechterpolitische Steuerungswirkung untersuchen Gibt es symbolische Ordnungen und strategisch einsetzbare kulturell verfugbare symbolische Reprasentationen und Mystifikationen von Geschlecht Gibt es in religiosen wissenschaftlichen rechtlichen und politischen Doktrinen festgeschriebene Normen welche die Bedeutungen von Geschlecht kodifizieren Gibt es Institutionalisierungen und Organisationsstrukturen von Geschlechterbeziehungen im Bereich von Verwandtschaft und Familie im Arbeits und Berufsleben Erziehungswesen und politischen System Gibt es die Identitatspolitiken in den Prozessen der Konstruktion geschlechtlich konnotierter individueller und kollektiver Identitaten 1 Beispiele BearbeitenPolitik Bearbeiten Nach dem Ende des Ersten und Zweiten Weltkriegs wurden berufstatige Frauen mithilfe von Geschlechterpolitik aus dem Beruf zuruckgedrangt um fur die Arbeitsplatze fur die aus dem Krieg heimkehrenden Manner freizumachen 10 Nationalsozialistische Geschlechterpolitik war Bestandteil seiner umfassenderen Rassenpolitik Rassismus als Politik der Ausmerzung von ethnisch und eugenisch Minderwertigen zum Zweck der Aufartung Sie war auch Bestandteil seiner umfassenderen Frauenpolitik von Geburtenforderung und Mutterkult unter dem Primat des Staates auf dem Gebiet des Lebens Es kam zu einer systematischen Verschrankung der nationalsozialistischen Geschlechter und Rassenpolitik Wirtschaft Bearbeiten Unternehmen fallt es vielfach schwer die geschlechterpolitische Ausrichtung mannlicher Fuhrungsstrukturen zu verandern 11 Religion Bearbeiten Von 1996 bis 2001 sowie erneut seit 2021 werden Frauenrechte unter den Taliban im Islamischen Emirat Afghanistan uber geschlechterpolitische Regelungen massiv beschnitten Ziel war es Frauen auf Glaubensvorstellungen der Zuruckgezogenheit Parda zu verpflichten und so fur sie ein sicheres Umfeld zu schaffen in der ihre Keuschheit und Wurde wieder unantastbar ist In der Folge wurden Frauen unter anderem gezwungen in der Offentlichkeit die Burka zu tragen Literatur BearbeitenGabriele Abels Geschlechterpolitik In Dieter Nohlen Florian Grotz Hrsg Kleines Lexikon der Politik 6 uberarbeitete und erweiterte Auflage Beck Munchen 2015 ISBN 978 3 406 68106 6 S 219 224 Ulrike Liebert Frauenpolitik Geschlechterpolitik In Everhard Holtmann Hrsg Politik Lexikon 3 vollig uberarbeitete und erweiterte Auflage Oldenbourg Munchen Wien 2000 ISBN 978 3 486 24906 4 S 192 195 Manfred G Schmidt Hrsg Worterbuch zur Politik 3 Auflage Stuttgart 2010 S 300 Gisela Bock Rassenpolitik und Geschlechterpolitik im Nationalsozialismus Gottingen 1993 Gertraud Diendorfer Simon Usaty Hrsg Geschlechtergeschichte und Geschlechterpolitik alte und neue Herausforderungen Wien 2018 Karin Bollert Sozialpolitik als Geschlechterpolitik Wiesbaden 2011 Birgit Pfau Effinger Wandel der Geschlechterkultur und Geschlechterpolitiken in konservativen Wohlfahrtsstaaten In gender politik online September 2005 zu Deutschland Osterreich und Schweiz PDF 211 kB 10 Seiten auf fu berlin de Ilse Lenz Frauen und Politik von der Frauenpolitik zur Geschlechterpolitik In Handworterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland Bundeszentrale fur Politische Bildung Einzelnachweise Bearbeiten a b Ulrike Liebert Frauenpolitik Geschlechterpolitik In Everhard Holtmann Hrsg Politik Lexikon 3 Auflage Munchen 2000 S 192 195 a b Gabriele Abels Geschlechterpolitik In Dieter Nohlen Florian Grotz Hrsg Kleines Lexikon der Politik 6 Auflage Bonn 2015 S 219 224 Manfred G Schmidt Worterbuch zur Politik 3 Auflage Stuttgart 2010 S 300 Geschlechterpolitik in Buchern bei Google Books 1800 1950 In Google Books Abgerufen am 4 Januar 2020 Geschlechterpolitik In Digitales Worterbuch der deutschen Sprache Abgerufen am 4 Januar 2020 Todd W Reeser Englischsprachige Mannlichkeitsforschung In Stefan Horlacher Bettina Jansen Wieland Schwanebeck Hrsg Mannlichkeit Ein interdisziplinares Handbuch Stuttgart 2016 S 28 Hans Ulrich Wehler Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1849 1914 Band 3 Munchen 1995 S 1094 a b Christina Thurmer Rohr Ende des Kassandra Syndroms Die Tragodie des Schweigens und die Ruckeroberung der Sprache In Jacob Guggenheimer Hrsg When we were gender Geschlechter erinnern und vergessen Analysen von Geschlecht und Gedachtnis in den Gender Studies Queer Theorien und feministischen Politiken Bielefeld 2013 S 171 189 Markus Theunert Mannerpolitik en ein Rahmenkonzept In Markus Theunert Hrsg Mannerpolitik Was Jungen Vater und Manner stark macht Wiesbaden 2012 S 15 Susanne Rouette Sozialpolitik als Geschlechterpolitik die Regulierung der Frauenarbeit nach dem Ersten Weltkrieg Frankfurt 1993 Edelgard Kutzner Die Un Ordnung der Geschlechter Industrielle Produktion Gruppenarbeit und Geschlechterpolitik in partizipativen Arbeitsformen Munchen 2003 Normdaten Sachbegriff GND 4556952 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geschlechterpolitik amp oldid 236799614