www.wikidata.de-de.nina.az
Fritz Sternberg 11 Juni 1895 in Breslau 18 Oktober 1963 in Munchen war ein deutscher marxistischer Theoretiker Okonom Soziologe und sozialistischer Politiker Das Grab rechts im Bild von Fritz Sternberg und seiner Ehefrau Lucinde geborene Worringer auf dem Nordfriedhof Munchen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Jugend und Studium 1 2 Weimarer Republik 1 3 Exil und Nachkriegszeit 1 4 Gedenken 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJugend und Studium Bearbeiten Fritz Sternberg wurde am 11 Juni 1895 als funftes Kind einer judischen bildungsburgerlichen Familie in Breslau geboren Als dreizehnjahriger Gymnasiast kam er erstmals mit sozialistischen Ideen in Beruhrung ab 1910 schrieb er gelegentlich Artikel fur die ortliche sozialdemokratische Tageszeitung Die Volkswacht Gleichzeitig schloss er sich der judischen Jugendbewegung an und kam hierbei unter anderem auch in Kontakt mit Martin Buber Nach dem Abitur nahm Sternberg 1913 zunachst in Breslau dann in Berlin ein Studium der Nationalokonomie auf in dieser Zeit arbeitete er in verschiedenen sozialistisch zionistischen Organisationen mit Der Beginn des Ersten Weltkrieges welchen Sternberg als imperialistischen Krieg einschatzte und die Bewilligung der Kriegskredite durch die sozialdemokratische Reichstagsfraktion fuhrten zu einer Entfremdung von der SPD Im Mai 1916 wurde Sternberg zum Militar einberufen im besetzten Polen kam es zu Kontakten mit dem Bund im August 1917 gelang es ihm eine Beurlaubung zur Promotion Die Juden als Trager einer neuen Wirtschaft in Palastina zu erreichen die er im selben Jahr vollendete In den folgenden Jahren bis ca 1922 zahlte sich Sternberg zur zionistisch sozialistischen Poale Zion Die Novemberrevolution erlebte er in seiner Heimatstadt und war Mitglied des dortigen Soldatenrates Weimarer Republik Bearbeiten Nach einem langeren Aufenthalt in Wien im Sommer 1919 bei dem er sich unter anderem auch mit der Psychoanalyse beschaftigte trat er im Wintersemester 1919 20 an der Universitat Frankfurt eine Stelle am Seminar von Franz Oppenheimer an wo er bis 1923 sowohl forschte u a zum Genossenschaftswesen und zur Grenznutzen Theorie wie auch unterrichtete Ein gescheiterter Habilitationsversuch und Auseinandersetzungen mit Oppenheimer bewogen Sternberg seine Universitatslaufbahn aufzugeben und sich ab 1923 Studien zur Analyse des Imperialismus zu widmen zeitgleich entfernte er sich nachdem er noch 1921 am Zionistischen Kongress in Karlsbad teilgenommen hatte vom Zionismus Sternberg zog nun auch aus finanziellen Grunden wieder nach Breslau zuruck wo er einen marxistischen Diskussionskreis die Keimzelle der spateren SAPD Ortsgruppe aufbaute und an seinem Ende 1926 erschienenen Buch Der Imperialismus arbeitete In dieser Zeit intensivierten sich Sternbergs Kontakte sowohl zu bekannten Kunstlern wie Bertolt Brecht Lion Feuchtwanger oder George Grosz wie auch zu verschiedenen marxistischen Zirkeln und Personlichkeiten Nach Karl Korsch durfte Sternberg diejenige Person gewesen sein welche die Marxismusrezeption Brechts entscheidend pragte Die Diskussionen um den Imperialismus eroffnete fur Sternberg die Moglichkeit regelmassig fur verschiedene Publikationen der Arbeiterbewegung Artikel zu verfassen und Seminare und Kurse u a fur Gewerkschaftsmitglieder und funktionare abzuhalten 1927 nahm Sternberg am Anti Imperialistischen Kongress in Brussel teil 1929 und 1930 war er zweimal in der Sowjetunion wo er u a mit Eugen Varga Karl Radek und Nikolai Bucharin diskutierte seine dortigen Eindrucke verstarkten seine Kritik am Stalinismus Von 1930 bis zu deren Verbot im Marz 1933 verfasste Sternberg regelmassig Artikel fur Die Weltbuhne zumeist unter den Pseudonymen Thomas Tarn und K L Gerstorff In dieser Zeit verband ihn eine Zusammenarbeit mit Hans Mayer und Richard Lowenthal Am 7 November 1931 trat Sternberg der wenige Wochen vorher gegrundeten SAPD bei fur die er in den nachsten Jahren trotz ausbrechender Diabetes fast pausenlos aktiv war Sternberg trat als Redner auf Kundgebungen der SAPD auf organisierte interne Schulungen und Kurse schrieb Artikel fur die Parteipresse und kandidierte erfolglos bei den Preussischen Landtagswahlen 1932 auf dem ersten Listenplatz im Wahlkreis Berlin Zusammen mit Klaus Zweiling verfasste er fur den ersten Parteitag der SAPD einen Programm Entwurf dessen okonomische Analysen weitestgehend angenommen wurden Parteiintern gehorte er zusammen mit Zweiling den ehemaligen KPDO Mitgliedern um Paul Frolich und Jacob Walcher und der Fuhrung des SJVD zum linken Parteiflugel der die SAPD zu einer revolutionar marxistischen Partei weiterentwickeln wollte und sich Anfang 1933 gegen den Liquidationskurs der linkssozialdemokratisch pazifistischen Parteifuhrung um Max Seydewitz und Kurt Rosenfeld durchsetzen konnte Exil und Nachkriegszeit Bearbeiten Da Sternberg nach der Machtubertragung an die NSDAP als Jude und Marxist besonders gefahrdet war tauchte er nach dem Reichstagsbrand unter und fluchtete am 12 Marz 1933 als Wintersportler verkleidet aus Deutschland uber das Riesengebirge in die Tschechoslowakei von wo aus er nach Basel weiterreiste Dort verbrachte er unter okonomisch und aufenthaltsrechtlich prekaren Bedingungen die nachsten drei Jahre und organisierte von dort aus die Unterstutzung der illegalen Arbeit der SAPD im suddeutschen Raum Ende August Anfang September 1933 traf er in Royan Frankreich mit dem zeitweise dort exilierten Leo Trotzki zusammen Hauptdiskussionsthema war die Analyse des Imperialismus daneben aber auch der Aufbau einer revolutionaren Vierten Internationale In seinem 1934 geschriebenen Buch Der Faschismus an der Macht sagte er voraus dass die Welt vor einem neuen Weltkrieg steht fur den er 2 mogliche Konstellationen ausmachte Entweder einen imperialistischer Gesamtkrieg gegen Sowjetrussland oder Auf der einen Seite z B Japan Deutschland Italien und Trabanten auf der anderen Seite Frankreich die Vereinigten Staaten nebst Trabanten und Sowjetrussland 1 nbsp Stolperstein am Haus Zolastrasse 1a in Berlin MitteIm Fruhjahr 1936 wurde Sternberg aus der Schweiz ausgewiesen und siedelte nach Paris uber wo der Exilvorstand der SAPD ansassig war In dieser Zeit beteiligte sich Sternberg sporadisch am Komitee zur Vorbereitung der deutschen Volksfront bis die Verleumdung der SAPD durch die KPD als Gestapo Agentur eine Mitarbeit unmoglich machte In den Jahren bis 1939 war Sternberg ferner einer der Hauptautoren in den SAPD Zeitungen Die Marxistische Tribune und Die Neue Front Organ fur proletarisch revolutionare Sammlung regelmassige Beitrage erschienen daruber hinaus in der Neuen Weltbuhne und in burgerlichen Blattern wie dem St Galler Tagblatt und dem Economist Im Mai 1939 reiste Sternberg mit einem Touristenvisum in die USA ein nach Kriegsausbruch wurde seine Aufenthaltsgenehmigung jeweils um ein halbes Jahr verlangert bis er 1943 ein Einwanderungsvisum und 1948 die US Staatsburgerschaft erhielt In dieser Zeit arbeitete er zum einen als freier Journalist u a fur The Nation und The New Republic zum anderen forschte er von der Rockefeller Foundation und der Brookings Institution finanziell unterstutzt zur deutschen Kriegswirtschaft 1944 gehorte er zu den Mitunterzeichnern des Programms des von dem sozialistischen Theologen Paul Tillich initiierten Council for a Democratic Germany gleichzeitig unterhielt er enge Kontakte zu wichtigen linken amerikanischen Gewerkschaftsfuhrern wie Victor Reuther und David Dubinsky welche ihm die Abhaltung gewerkschaftlicher Schulungskurse ermoglichten Zum Lebensunterhalt trugen bis zum Ende der 1950er Jahre Vortrage und Seminare an verschiedenen Universitaten bei 1950 besuchte Sternberg erstmals seit 1939 wieder Europa wo er als Vertreter der amerikanischen Sozialisten auf der internationalen sozialistischen Kundgebung am 20 August in Frankfurt Main sprach 1951 unternahm er eine dreiwochige Reise nach Jugoslawien wo er u a mit Edvard Kardelj diskutierte Ab 1954 verlagerte sich der Lebensmittelpunkt Sternbergs bei Beibehaltung der amerikanischen Staatsangehorigkeit wieder nach Europa in den kommenden Jahren bis zu seinem Tod 1963 engagierte er sich als Referent vor allem in Gewerkschaften in Arbeitsgemeinschaften am linken SPD Flugel und bei der SPO Gedenken Bearbeiten Im Mai 2006 wurde vor seinem ehemaligen Wohnort Berlin Mitte Zolastrasse 1a ein Stolperstein verlegt Schriften BearbeitenDie Juden als Trager einer neuen Wirtschaft in Palastina Eine Studie Wien 1921 Der Imperialismus Berlin 1926 Der Imperialismus und seine Kritiker Berlin 1929 Eine Umwalzung der Wissenschaft Kritik des Buches von Henryk Grossmann Das Akkumulations und Zusammenbruchgesetz des kapitalistischen Systems Zugleich eine positive Analyse des Imperialismus Berlin 1930 Der Niedergang des deutschen Kapitalismus Berlin 1932 Der Faschismus an der Macht Amsterdam 1935 Germany and a Lightning War London 1938 From Nazi Sources Why Hitler can t win New York Toronto 1939 Die deutsche Kriegsstarke Wie lange kann Hitler Krieg fuhren Paris 1939 The coming Crisis New York Toronto 1947 How to stop the Russians without war New York Toronto 1948 Living with the Crisis The Battle against Depression and War New York 1949 Kapitalismus und Sozialismus vor dem Weltgericht Hamburg 1951 Capitalism an Socialism on Trial New York 1951 The End of a Revolution Soviet Russia From Revolution to Reaction New York 1953 Marx und die Gegenwart Entwicklungstendenzen in der zweiten Halfte des zwanzigsten Jahrhunderts Koln 1955 Die militarische und die industrielle Revolution Berlin Frankfurt am Main 1959 Wer beherrscht die zweite Halfte des 20 Jahrhunderts Koln Berlin 1961 Der Dichter und die Ratio Erinnerungen an Bertolt Brecht Gottingen 1963 kommentierte Neuauflage Frankfurt a M 2014 Anmerkungen zu Marx heute Frankfurt am Main 1965 Literatur BearbeitenHelga Grebing Hrsg Fritz Sternberg Fur die Zukunft des Sozialismus Schriftenreihe der Otto Brenner Stiftung Nr 23 Frankfurt am Main 1981 Helga Grebing Sternberg Fritz In Neue Deutsche Biographie NDB Band 25 Duncker amp Humblot Berlin 2013 ISBN 978 3 428 11206 7 S 292 Digitalisat Sven Papcke Deutsche Soziologie im Exil Gegenwartsdiagnose und Epochenkritik 1933 1945 Campus Frankfurt am Main 1993 ISBN 3 593 34862 4 darin Kapitel II Theorie der Krise oder Krise der Theorie Uberlegungen von Fritz Sternberg 1935 S 38 58 Helga Grebing und Klaus Jurgen Scherer Hrsg Streiten fur eine Welt jenseits des Kapitalismus Fritz Sternberg Wissenschaftler Vordenker Sozialist Paderborn 2017 ISBN 978 3 506 78511 4 Werner Roder Herbert A Strauss Hrsg Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 Band 1 Politik Wirtschaft Offentliches Leben Saur Munchen 1980 S 734Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Fritz Sternberg Sammlung von Bildern Literatur von und uber Fritz Sternberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Wachsen die Spannungen zwischen China und der Sowjetunion Artikel von Fritz Sternberg aus den Gewerkschaftlichen Monatsheften 3 1960 Christoph Junke Fritz Sternberg Politokonom und Linkssozialist veroffentlicht am 7 Januar 2022 auf jacobin de Einzelnachweise Bearbeiten Fritz Sternberg Der Faschismus an der Macht Hildesheim 1981 S 216 Reprint der Ausgabe Amsterdam 1935 Normdaten Person GND 118617923 lobid OGND AKS LCCN n85809537 NDL 00457661 VIAF 54390057 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sternberg FritzALTERNATIVNAMEN Sternberg FriedrichKURZBESCHREIBUNG deutscher marxistischer TheoretikerGEBURTSDATUM 11 Juni 1895GEBURTSORT BreslauSTERBEDATUM 18 Oktober 1963STERBEORT Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fritz Sternberg amp oldid 237655214