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Unter der Bezeichnung judische Jugendbewegung werden verschiedene judische Jugendverbande des Deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republik zusammengefasst die in ihren Inhalten und Formen von der deutschen Jugendbewegung beeinflusst wurden und sich gleichzeitig auf speziell judische Elemente beriefen Die Bunde der judischen Jugendbewegung machten in nur geringem zeitlichen Abstand die Entwicklungen der deutschen Jugendbewegung mit zunachst wurden Formen des Wandervogels spater der Bundischen Jugend und der Jungenschaft ubernommen Mit der zunehmenden Judenverfolgung im Deutschen Reich zwischen 1933 und 1939 wurden die Moglichkeiten der judischen Jugendbunde immer starker eingeschrankt bis sie 1939 verboten wurden Zahlreiche Mitglieder der Bunde wurden in den Vernichtungslagern ermordet Eine doppelte Ausnahme stellt der Hashomer Hatzair dar der als einziger nennenswerter Bund der judischen Jugendbewegung ausserhalb des Deutschen Reiches entstanden ist und wegen seiner internationalen Ausrichtung bis heute existiert Die politische Ausrichtung der judischen Bunde war uneinheitlich und wandelte sich mit der Zeit Zu Beginn herrschte die Pragung durch das assimilierte Judentum vor wahrend spater vor allem zionistische und sozialistische Ideen die Bunde pragten Daneben gab es aber auch immer Gruppen des religiosen Judentums Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Bunde der judischen Jugendbewegung 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIn ihrer Anfangsphase nahm die Wandervogelbewegung Jungen ungeachtet ihrer Religion auf Ab 1904 spaltete sich die Bewegung in unterschiedliche Bunde von denen einige wie der Wandervogel Deutscher Bund schon in ihrem Namen den Bezug auf das Deutschtum herstellten Gleichzeitig gewannen Vorstellungen des Durerbundes und des Alldeutschen Verbands Anhanger in der Wandervogelbewegung 1 In den folgenden Jahren orientierte sich die Wandervogelbewegung in weiten Teilen immer starker an der volkischen Bewegung Der Osterreichische Wandervogel erklarte 1913 Darum haben wir kundgetan dass wir weder Slaven noch Walsche noch Juden in unseren Reihen sehen wollen weil wir umbrandet von Fremden und durchsetzt von Mischlingen unsere rassische Reinheit bewahren mussen 2 Der erste judische Jugendverein dem bald Grundungen in Hamburg Frankfurt am Main Lorrach und Bremen folgten wurde 1892 in Stuttgart gegrundet 3 Vor dem Hintergrund der Erfahrung des Unerwunschtseins in der Wandervogelbewegung entstanden im ersten Jahrzehnt des 20 Jahrhunderts weitere lokale judische Wandergruppen wie beispielsweise der Breslauer Wanderverein 1907 1912 regte dessen Grunder Joseph Marcus auf dem Delegiertentag der Zionistischen Vereinigung fur Deutschland die Grundung von wandervogelahnlichen Jugendgruppen an Im gleichen Jahr entstanden an mehreren Orten Blau Weiss Bunde die sich 1913 mit dem Wanderverein 1907 zu Blau Weiss Bund fur Judisches Jugendwandern in Deutschland zusammengeschlossen Durch einen antisemitischen Vorfall in einer Zittauer Wandervogelgruppe der von den Medien im Deutschen Reich aufgegriffen wurde hatte Blau Weiss schon im Grundungsjahr starken Zulauf 4 Bei Kriegsausbruch 1914 hatte Blau Weiss etwa 900 Mitglieder bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wuchs die Mitgliederzahl auf circa 3000 5 Angeregt von dieser erfolgreichen Grundung im Deutschen Reich entstand ein gleichnamiger Wanderbund in Osterreich Obwohl Blau Weiss schon 1925 26 nach einem gescheiterten Siedlungsprojekt in Palastina aufgelost wurde zeichnete seine Entwicklung die der meisten anderen judischen Jugendbunde vor Die Entstehung als Reaktion auf aussere Einflusse die Entwicklung eines eigenen jugendbewegten Stils und die Hinwendung nach Palastina und zur Alija sind typisch fur die judische Jugendbewegung 6 Aus den Restgruppen von Blau Weiss entstanden mehrere andere judische Jugendbunde die ahnliche Entwicklungsschritte durchmachten Anders als die nichtjudischen Jugendbunde wurden die judischen Bunde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nicht aufgelost sie mussten sich aber dem Reichsausschuss der judischen Jugendverbande anschliessen In den Mittelpunkt der Arbeit ruckten jetzt immer mehr der Hechaluz und die Auswanderung nach Palastina fur die von den Bunden mehrere Hachscharah Lager eingerichtet wurden die auch zur Schulung gegen die nationalsozialistische Ideologie genutzt wurden In diesen Formen konnten die Bunde der judischen Jugendbewegung bis 1938 weiterarbeiten als sie durch die verstarkte Verfolgung nach den Novemberpogromen 1938 ihre Arbeit komplett auf die Auswanderung umstellen mussten Anfang 1939 wurden die judischen Jugendbunde verboten Einzelne Gruppen setzte im Rahmen der Hachscharah Lager ihre Arbeit bis 1943 fort obwohl bereits 1941 die Auswanderung von Juden aus dem Deutschen Reich verboten worden war und die Lager in Zwangsarbeiterlager umgewandelt worden waren Das Hachscharah Gut Landwerk Neuendorf in Neuendorf im Sande in der heute amtsfreien Gemeinde Steinhofel wurde als letztes der Lager am 8 April 1943 aufgelost die 160 Menschen wurden in das KZ Auschwitz Birkenau deportiert 7 8 Eine nach der Fabrikaktion am 27 Februar 1943 im Untergrund in Berlin weiter existierende Gruppe aus diesem Bereich war der Chug Chaluzi um Jizchak Schwersenz 9 Uber die Jugendalijah und die Hachscharah konnten mehrere tausend jugendliche Juden nach Palastina auswandern 10 Durch sie wurden Formen der Jugendbewegung in die israelischen Jugendverbande wie zum Beispiel die Pfadfinder eingefuhrt die damit die judische Jugendbewegung fortfuhren Daneben gab es in den 1930er Jahren haufig Uberschneidungen zwischen aus der Arbeiterbewegung stammenden Widerstandsgruppen beispielsweise der KPD der KPO der IKD und des ISK einerseits und judischen Jugendverbanden wie dem Deutsch judischen Wanderbund Kameraden den Werkleuten oder dem Hashomer Hatzair andererseits 11 Die bekannteste dieser Widerstandsgruppen ist die Herbert Baum Gruppe die sich um 1933 bildete und nach dem Brandanschlag auf die NS Propaganda Ausstellung Das Sowjetparadies am 18 Mai 1942 zerschlagen wurde 12 Bunde der judischen Jugendbewegung BearbeitenAhnlich wie die nichtjudische Jugendbewegung wurde die judische Jugendbewegung von einer Vielzahl unterschiedlichster Bunde gepragt die zum Teil nur kurz bestanden miteinander fusionierten oder sich von anderen Bunden abspalteten Als Dachorganisationen der unterschiedlichen Verbande fungierten der Verband judischer Jugendvereine Deutschlands VJJD gegrundet 1909 13 Der oben bereits erwahnte Reichsausschuss der judischen Jugendverbande hatte bereits vor 1933 als Dachverband existiert nach Adler Rudel als Initiative aus den Kreisen der judischen Jugend Die zahlreichen Jugend Organisationen die zumeist in der Periode der Weimarer Republik entstanden waren hatten sich 1924 zu einer Dachorganisation zusammengeschlossen dem Reichsausschuss der judischen Jugendverbande Dieser Dachverband dem 1933 15 Jugendverbande mit ca 600 Ortsgruppen und etwa 40 000 Mitgliedern angeschlossen waren bewahrte sich in seiner Wirksamkeit als Jugendbeirat der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden Die Geschaftsfuhrung lag in den Handen von Dr Ludwig Tietz und Dr Georg Lubinski 14 Die wichtigsten Bunde waren Blau Weiss und seine Nachfolgeverbande Blau Weiss Bund fur Judisches Jugendwandern in Deutschland Dieser Verband entstand 1913 aus dem Zusammenschluss mehrerer lokaler Bunde Kadima Jugendverband ging 1926 aus Blau Weiss hervor und schloss sich 1933 mit dem Jung Judischer Wanderbund ab 1929 Brith Haolim Bund der Aufsteigenden zum Verband der Habonim Noar Chaluzi Bauleute zusammen 15 Betar steht als Abkurzung fur Brit HaNoar HaIvri al shem Joseph Trumpeldor deutsch Hebraischer Jugendbund Joseph Trumpeldor Der Verband ist auch bekannt als Brit h Trumpeldor Nach anderen Quellen steht Betar allerdings fur den Namen der Festung von der aus Bar Kochba 135 n Chr den Aufstand gegen die romischen Legionen in Palastina leitete 16 Judischer Pfadfinderbund Deutschland J P D gegrundet 1928 als Bund judischer Pfadfinder BJP Der J P D schloss sich 1934 mit dem Makkabi Hazair Junge Makkabaer zum J P D Makkabi Hazair zusammen 17 Hashomer Hatzair Junge Wachter Kameraden deutsch judischer Wanderbund aus ihm sind mehrere Abspaltungen hervorgegangen Schwarzer Haufen um Hans Litten und Max Furst Schriftsteller Werkleute Bund judische Jugend Schwarzes Fahnlein von diesem wiederum spalte sich 1934 unter der Fuhrung von Paul Yogi Mayer 18 die Gruppe Blaue Schar ab Freie deutsch judische Jugend Bund deutsch judischer Jugend BDJJ Zu ihm hatten sich im Dezember 1933 die folgenden nicht zionistischen Verbande zusammengeschlossen 19 Deutsch Judische Jugendgemeinschaft DJJG Hamburger Deutsch Judischen Jugend Judische Jugend und Kinderscharen Berlin Judisch liberaler Jugendverein CV Jugendgruppen Als orthodox judische Jugendbunde gelten Brith Hanoar schel ziere Misrachi Bund der Misrachi Jugend Esra Pirche Agudath Jisroel Esra Bund der thoratreuen Juden 20 Siehe auch BearbeitenHans Litten Hechaluz Kinder und Jugend AlijahLiteratur BearbeitenLothar Bembenek Werner T Angress Paul Yogi Mayer und Guy Stern In Barbara Stambolis Hrsg Jugendbewegt gepragt V amp R UniPress Gottingen 2013 ISBN 978 3 8471 0004 1 S 69 88 Suska Dopp Judische Jugendbewegung in Koln 1906 1938 LIT Munster 1997 ISBN 978 3 8258 3210 0 Jutta Hetkamp Die judische Jugendbewegung in Deutschland von 1913 1933 LIT Munster 1994 ISBN 3 89473 797 2 Werner Kindt Hrsg Dokumentation der Jugendbewegung Bd 2 Die Wandervogelzeit Quellenschriften zur deutschen Jugendbewegung 1896 1919 Diedrichs Dusseldorf 1968 Bd 3 Die deutsche Jugendbewegung 1920 bis 1933 Die Bundische Zeit Diedrichs Dusseldorf 1974 ISBN 3 424 00527 4 Irmgard Klonne Deutsch Judisch Bundisch Erinnerung an die aus Deutschland vertriebene judische Jugendbewegung Puls 21 Verlag der Jugendbewegung Witzenhausen 1993 ISSN 0342 3328 Bodo Mrozek Kurzportrats judischer Jugendbunde In Wilfried Lohken Werner Vathke Juden im Widerstand Drei Gruppen zwischen Uberlebenskampf und politischer Aktion Berlin 1939 1945 Berlin 1993 ISBN 3 89468 068 7 Ulrike Pilarczyk Gemeinschaft in Bildern Judische Jugendbewegung und zionistische Erziehungspraxis in Deutschland und Palastina Israel Wallstein Verlag Gottingen 2009 ISBN 978 3 8353 0439 0 Hamburger Beitrage zur Geschichte der deutschen Juden Bd 35 Volltext Eliyahu Kutti Salinger Nachstes Jahr im Kibbuz Die judisch chaluzische Jugendbewegung in Deutschland zwischen 1933 und 1943 KoWAG Paderborn 1998 ISBN 3 933577 01 2 Barbara Stambolis Judische Jugendbewegungen In Michael Klocker Udo Tworuschka Handbuch der Religionen 67 EL Westarp Science Fachverlage Hohenwarsleben 2021 ISBN 978 3 86617 501 3 Andreas Winnecken Ein Fall von Antisemitismus Zur Geschichte und Pathogenese der deutschen Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg Wissenschaft und Politik Koln 1991 ISBN 3 8046 8770 9 Weblinks BearbeitenHaus der Wannsee Konferenz Der schwarze Haufen Memento vom 3 Mai 2006 im Internet Archive Darstellung einer aus den Kameraden hervorgegangenen Gruppe Hachschara Statte Ahrensdorf geleitet von Makkabi Hazair Blau Weiss Blatter Monatsschrift fur judisches Jugendwandern beim Digitalisierungsprojekt Compact Memory an der Universitatsbibliothek Frankfurt am Main Jugend in Deutschland 1918 bis 1945 Judische Jugend NS Dokumentationszentrum der Stadt Koln Einzelnachweise Bearbeiten Winnecken S 34 zitiert nach Winnecken S 39 f Suska Dopp Judische Jugendbewegung in Koln 1906 1938 S 63 Winnecken S 101 ff Kindt Bd 2 S 728 ff Salinger S 13 ff Salinger S 157 Rosa Luxemburg Stiftung Eine Furstenwalder Geschichte PDF 38 kB Wolfgang Benz Walter H Pehle Hrsg Lexikon des deutschen Widerstandes 2 durchges Auflage Fischer Frankfurt am Main 1994 S 189 190 Salinger S 222 Arnold Pauker Deutsche Juden im Widerstand 1933 1945 Tatsachen und Probleme 2 Auflage Gedenkstatte Deutscher Widerstand Berlin 2003 S 17 18 21 27 31 34 PDF Wolfgang Benz Walter H Pehle Hrsg Lexikon des deutschen Widerstandes 2 durchges Auflage Fischer Frankfurt am Main 1994 S 225 227 Carolin Huber Judische Kindheit und Jugend im nationalsozialistischen Deutschland S 62 Salomon Adler Rudel Judische Selbsthilfe unter dem Naziregime 1933 1939 Im Spiegel der Berichte der Reichsvertretung der Juden in Deutschland J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1974 ISBN 3 16 835232 2 S 9 10 Suska Dopp Judische Jugendbewegung in Koln 1906 1938 S 104 zitiert nach Google Books Encyclopedia com Betar B rith Trumpeldor Carolin Huber Judische Kindheit und Jugend im nationalsozialistischen Deutschland S 62 Zu Schwarzes Fahnlein und Blaue Schar siehe Lothar Bembenek Werner T Angress Paul Yogi Mayer und Guy Stern Bund deutsch judischer Jugend BDJJ Manfred Voigts Esra Ein orthodoxer judischer Jugendbund 1919 bis 1933 Ausfuhrlicher Benjamin Benno Adler Esra Die Geschichte eines orthodox judischen Jugendbundes zur Zeit der Weimarer Republik Harrassowitz Wiesbaden 2001 ISBN 978 3 447 04433 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Jugendbewegung amp oldid 233785805