www.wikidata.de-de.nina.az
Die Reichsvertretung der Deutschen Juden hebraisch נ צ יגו ת ה י ה דו ת ב ג ר מ נ י ה Ntsiguth haJahaduth beGermanjah Vertretung der Judenheit in Deutschland 1 mit Sitz in Berlin wurde am 17 September 1933 gegrundet Sie sollte die Interessenvertretung der Juden in Deutschland darstellen was immer schwieriger wurde Ab 1939 war sie als Reichsvereinigung der Juden in Deutschland dem Reichssicherheitshauptamt RSHA unterstellt 1943 wurde sie schliesslich ganzlich aufgelost ihre letzten Funktionare wurden ebenfalls deportiert Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Die Verstaatlichung der vormaligen Reichsvereinigung 3 Nachfolgeorganisationen nach 1945 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Grundung der Reichsvertretung der Deutschen Juden war eine Reaktion auf die gesellschaftliche und gesetzliche Ausgrenzung und Verfolgung der judischen Bevolkerung durch Antisemiten Nationalsozialisten bzw die Reichsregierung und ein Akt der judischen Selbsthilfe Dazu vereinigten sich eine Vielzahl von judischen Organisationen Verbanden und Ausschussen zu Dachverbanden die anfangs noch nebeneinander bestanden Eine erste Dachorganisation war der am 13 April 1933 gegrundete Zentralausschuss fur Hilfe und Aufbau 2 geleitet von Generalsekretar Ludwig Tietz 3 Ihm gehorten unter dem Vorsitz von Leo Baeck an Centralverein deutscher Staatsburger judischen Glaubens Zionistische Vereinigung fur Deutschland Hilfsverein der deutschen Juden Judischer Frauenbund Preussischer Landesverband Judischer Gemeinden 4 Judische Gemeinde zu Berlin Agudath IsraelDer Zentralausschuss blieb bis 1935 formal unabhangig von der Reichsvertretung Seine wichtigsten Arbeitsfelder waren die Wohlfahrtspflege die Wirtschaftshilfe die Umschichtung das Schulwesen und die Vorbereitung und Organisierung der Emigration Zudem koordinierte der Ausschuss die Hilfszahlungen judischer Organisationen aus dem Ausland wie des American Joint Distribution Committee oder des Central British Fund 1935 wurde der Zentralausschuss in die Reichsvertretung der deutschen Juden eingegliedert 5 Hinter der am 17 September 1933 gegrundeten Reichsvertretung standen weitgehend dieselben Organisationen wie hinter dem Zentralausschuss Die Agudath Israel und einige weitere Gruppen von orthodoxen Juden die Mitglieder des Verbandes nationaldeutscher Juden sowie eine Splittergruppe zionistischer Revisionisten schlossen sich dem Verband nicht an dafur aber der Reichsbund judischer Frontsoldaten Zum Prasidenten der Reichsvertretung wurde ebenfalls Leo Baeck gewahlt ihr leitender Vorsitzender wurde Otto Hirsch Einen prinzipiellen Unterschied zu den Arbeitsfeldern des Zentralausschusses gab es bis zum Zusammenschluss der beiden Organisationen nicht Es bestanden drei Arbeitsschwerpunkte 6 Erziehung und Bildung Schulwerk Lehrerausbildung Rabbinerausbildung Erwachsenenbildung Kulturbunde Berufsumschichtung und Ausbildung seit 1933 unter der Leitung von Martin Gerson Berufsumschichtung Erstausbildung Wanderung Palastinawanderung Auswanderung nach anderen Landern RuckauswanderungDaruber hinaus betonte die Reichsvertretung ihre Aufgabe als Gesamtvertretung des deutschen Judentums gegenuber der NS Regierung in politischen Fragen Gerade dieser Vertretungsanspruch brachte der Reichsvertretung Kritik und Widerstand einzelner judischer Gruppen ein Der Verband deutsch nationaler Juden lehnte die Reichsvertretung ab da an ihr Zionisten beteiligt waren die Berliner Gemeinde wollte als grosste judische Gemeinde in Deutschland weder Arbeitsbereiche an die Reichsvertretung abgeben noch deren Fuhrungsanspruch akzeptieren orthodoxe Gruppen standen der Etablierung einer sakularen Behorde als oberste Fuhrung der deutschen Juden skeptisch gegenuber was noch durch die Tatsache verstarkt wurde dass mit Leo Baeck ein liberaler Rabbi an deren Spitze stand die Staatszionistische Organisation schliesslich lehnte das Konzept von Hilfe und Aufbau grundsatzlich ab und forderte stattdessen die Auflosung der judischen Gemeinschaft durch Emigration 7 Mit Erlass der Nurnberger Rassengesetze musste sich der Verband 1935 in Reichsvertretung der Juden in Deutschland umbenennen 1938 wurde aus der Reichsvertretung der Reichsverband der Juden in Deutschland in dem alle Mitglieder judischer Gemeinden im Altreich beitragspflichtig waren Der Reichsverband ubernahm eine Reihe von Verwaltungsaufgaben denn als Folge der massenhaften Auswanderung waren viele Gemeinden personell nicht mehr in der Lage verwaiste Immobilien zu pflegen und zu verwalten und ihre angestammten Aufgaben zu erfullen Durch die Verordnung des Reichsministers des Innern des Reichsarbeitsministers und des Reichsministers der Finanzen uber die offentliche Fursorge fur Juden vom 19 November 1938 wurde die judische Bevolkerung mit Wirkung zum 1 Januar 1939 aus der offentlichen Fursorge ausgeschlossen an die Stelle trat mit der Zehnten Verordnung vom 4 Juli 1939 zum Reichsburgergesetz die judische freie Wohlfahrtspflege die von der Reichsvertretung zu tragen war 8 Im Februar 1939 trat die Organisation unter dem Namen Reichsvereinigung der Juden in Deutschland ein kurzes Zwischenspiel als letzte selbstandige Interessenvertretung der Juden an Um die Unterstutzung der verarmten Mitglieder finanzieren zu konnen erhob sie von den Auswanderern eine abgestufte Vermogensabgabe von bis zu zehn Prozent Die Verstaatlichung der vormaligen Reichsvereinigung BearbeitenWenig spater im Juli 1939 wurde diese bislang selbstandige judische Interessenvertretung unter Beibehaltung der Bezeichnung Reichsvereinigung der Juden in Deutschland durch die NS Behorden in eine quasi staatliche Zwangs Verwaltung umgewandelt die mit der teilweisen Fortfuhrung der fruheren judischen Wohlfahrtspflege und der Organisation des judischen Schulwesens beauftragt wurde und bis zu ihrer schrittweisen Auflosung 1943 nur die Weisungen des NS Reichssicherheitshauptamtes RSHA auszufuhren hatte Am 16 Juni 1943 befahl das RSHA die Auflosung aller Geschaftsstellen und liess deren Leiter und fuhrenden Mitarbeiter festnehmen Diese wurden fast alle ins KZ Theresienstadt deportiert 9 Nachfolgeorganisationen nach 1945 BearbeitenHeute vertreten unter anderem der Zentralrat der Juden in Deutschland die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und die Union progressiver Juden in Deutschland die Belange der Juden in der Bundesrepublik Literatur Bearbeiten nbsp Salomon Adler Rudel 1974 Salomon Adler Rudel Judische Selbsthilfe unter dem Naziregime 1933 1939 Spiegel der Reichsvertretung der Juden in Deutschland Tubingen 1974 Raul Hilberg Die Vernichtung der europaischen Juden Band 1 Frankfurt 1990 ISBN 3 596 10611 7 S 190f Wolfgang Benz Hrsg Die Juden in Deutschland 1933 1945 Leben unter nationalsozialistischer Herrschaft Munchen 1988 ISBN 3 406 33324 9 S 49 74 Max Grunewald Der Anfang der Reichsvertretung in Robert Weltsch Hg Deutsches Judentum Aufstieg und Krise Gestalten Ideen Werke Vierzehn Monographien Veroffentlichung des Leo Baeck Instituts Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1963 S 315 325 zuerst in Englisch The Beginning of the Reichsvertretung Leo Baeck Institute Yearbook LBIY Jg 1 1956 No 1 S 57 67 Engl online kostenpflichtig lesbar Zugang uber das Institut Hans Gartner Probleme der judischen Schule wahrend der Hitlerjahre unter besonderer Berucksichtigung der Theodor Herzl Schule in Berlin ebd S 326 bis 352 Otto Dov Kulka Hg Dokumente zur Geschichte der Reichsvertretung der deutschen Juden 1933 1939 Deutsches Judentum unter dem Nationalsozialismus Band 1 Mohr Siebeck Tubingen 1997 ISBN 3 16 146413 3 Weblinks BearbeitenUlrike Schaper Die Reichsvertretung der Deutschen Juden auf LeMO Axel Meier Die Reichsvertretung der Juden in Deutschland auf shoa de Heike Drummer Jutta Zwilling Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland Die Reichsvertretung der Deutschen Juden Bundeszentrale fur politische BildungEinzelnachweise Bearbeiten So die hebraische Eigenbezeichnung der Reichsvertretung auf der Stiftungs Gedenktafel in der 1937 eroffneten Ludwig Tietz Lehrwerkstatte in Jagur Vgl Friedrich Brodnitz Kampf um die Jewish Agency in Zur Eroffnung der Ludwig Tietz Lehrwerkstatte in Jagur Reichsvertretung der Juden in Deutschland Hg Berlin Max Lichtwitz 1937 S 40 46 hier Photo zwischen S 40 und 41 abgerufen am 11 Februar 2019 Zur Unterscheidung des Zentralausschusses fur Hilfe und Aufbau und der Reichsvertretung der Deutschen Juden siehe Axel Meier Die Reichsvertretung der Juden in Deutschland und Ulrike Schaper Judische Selbsthilfe Als Bundesleiter der Deutsch Judischen Jugendgemeinschaft DJJG wurde Tietz 1927 zum Vorsitzenden des Reichsverbandes der judischen Jugendverbande gewahlt und blieb in diesem Amt bis zu seinem Tode Vgl Georg Lubinski Ein Leben fur die Jugend in Zur Eroffnung der Ludwig Tietz Lehrwerkstatte in Jagur Reichsvertretung der Juden in Deutschland Hg Berlin Max Lichtwitz 1937 S 37 40 hier S 37 1932 wahlte ihn der C V zum stellvertretenden Vorsitzenden Friedrich Brodnitz Kampf um die Jewish Agency in Zur Eroffnung der Ludwig Tietz Lehrwerkstatte in Jagur Reichsvertretung der Juden in Deutschland Hg Berlin Max Lichtwitz 1937 S 40 46 hier S 46 In Preussen hatten sich zwei Landesverbande gebildet der Preussische Landesverband judischer Gemeinden im Jahre 1922 der etwa 70 der in Preussen lebenden Juden umfasste und der orthodox ausgerichtete Preussische Landesverband gesetzestreuer Synagogengemeinden im selben Jahr Michael Demel Gebrochene Normalitat Die staatskirchenrechtliche Stellung der judischen Gemeinden in Deutschland Mohr Siebeck Tubingen 2011 ISBN 978 3 16 150885 1 S 129 Ulrike Schaper Judische Selbsthilfe Zum Central British Fund siehe British Fund for German Jewry Josef Olbrich Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland Leske Budrich Opladen 2001 ISBN 3 8100 3349 9 S 264 Axel Meier Die Reichsvertretung der Juden in Deutschland Georg Lilienthal Der NS Anstaltsmord an judischen Patientinnen und Patienten in Ingo Wille Transport in den Tod Von Hamburg Langenhorn in die Totungsanstalt Brandenburg Lebensbilder von 136 judischen Patientinnen und Patienten hrsg Landeszentrale fur politische Bildung Hamburg S 17 39 ISBN 978 3 946246 11 4 S 23 Andrea Low Doris L Bergen Anna Hajkova Alltag im Holocaust Judisches Leben im Grossdeutschen Reich 1941 1945 etc Oldenbourg Verlag 2013 S 27 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reichsvertretung der Deutschen Juden amp oldid 233749903