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Der Judische Frauenbund JFB wurde 1904 von Bertha Pappenheim und Sidonie Werner gegrundet Der JFB den Pappenheim die ersten zwanzig Jahre leitete war quasi das Lebenswerk Bertha Pappenheims 1 Inhaltsverzeichnis 1 Grundung im Zeitgeist der Frauenbewegungen 2 Aufgaben und Ziele 3 Emanzipation vs Tradition 4 Selbstverstandnis der Bewegung 5 Zusammensetzung des JFBs 6 Bekampfung des Madchenhandels 6 1 Erkennen der Problematik 6 2 Der JFB nimmt sich der Sache an 6 3 Programme gegen die Not 7 Weitere Aktivitaten 8 Zeit des Nationalsozialismus 9 Literatur 10 Weblinks 11 QuellenGrundung im Zeitgeist der Frauenbewegungen BearbeitenAb 1899 existierte bereits der Deutsch Evangelische Frauenbund und ab 1903 der Katholische Frauenbund 2 Es war die Zeit der ersten Welle der Frauenbewegung in der Frauen fur mehr Rechte kampften In diesen Jahren kam es zu einem Grundungsboom von Frauenvereinen Mit der Grundung des JFBs bildete sich eine eigenstandige Bewegung zwischen deutschem Burgertum und judischer Tradition die sich neben und manchmal schon lange vor den christlichen Frauenbunden als Teil der burgerlichen Frauenbewegung verstand 3 Der JFB war ab 1907 Mitglied im Bund Deutscher Frauenvereine BDF der die Dachorganisation der burgerlichen Frauenbunde bildete 4 Aufgaben und Ziele BearbeitenDer Judische Frauenbund verstand sich anders als die Mannervereine nicht als eine Abwehrorganisation gegen antisemitische Agitationen oder die emanzipatorische Assimilation sondern als Interessengemeinschaft fur judische Kultur Er bekannte sich klar zur judischen Tradition und wollte die Frauen im Rahmen dieser Tradition wirken lassen Einige weibliche Mitglieder des Bundes kamen aus Familien die sich schon so weit von der judischen Tradition entfernt hatten dass die Manner ihre judische Identitat zu verheimlichen versuchten 5 Dem wollten die Frauen entgegenwirken und entwickelten ein feminines Bewusstsein der religiosen Wohltatigkeit Zedaka 6 Hervorgegangen aus der Wohltatigkeitsarbeit einzelner lokaler Frauengruppen entstand bald eine professionelle Sozialarbeit in der weltweite Beziehungen gepflegt wurden Im Zuge dieser Sozialarbeit wurde 1917 die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland ZWSt gegrundet Emanzipation vs Tradition BearbeitenErst mit der Grundung des JFB kamen zogerlich politische Forderungen bezuglich des Wahlrechts in der religiosen Gemeinde und mehr Mitspracherecht der Frauen hinzu 7 Diese Forderungen waren gemessen an den anderen konfessionellen Frauenverbanden nicht radikal aber in der Glaubensgemeinschaft weitreichend denn der Ausschluss judischer Frauen aus den gottesdienstlichen Handlungen war tief in der Tradition verwurzelt 8 Der JFB wollte das Judentum in dieser Hinsicht von der Strenge seines Formalismus befreien und ging damit auf Distanz zu den orthodox orientierten B nai B rith Schwesternverbanden Zu diesem Zweck nahm der JFB Kontakt zu Rabbinern auf und erkundigte sich nach Moglichkeiten die das judische Gesetz Frauen gewahrte Die Bewegung stellte somit die Vorherrschaft des Mannes in Frage und befand sich auf einem schmalen Grat denn die Manner akzeptierten die Tatigkeit der Frauen nur wenn sie in ihrer Rolle fungierten und diese unsichtbare Grenze nicht uberschritten 9 Der JFB wich mit diesen Bestrebungen zwar nicht vom Zeitgeist ab setzte seine Forderungen jedoch entschiedener durch als die vergleichbaren christlichen Frauenverbande Dadurch entstanden nicht selten Schwierigkeiten mit den orthodoxen Judinnen die die Manner nicht vor den Kopf stossen wollten Selbstverstandnis der Bewegung BearbeitenDer JFB verstand sich in erster Linie als ein soziales Bundnis und nicht als ein politisches Es lag dem JFB auch fern die Gesellschaft zu revolutionieren wie es die Sozialisten forderten sein Ziel war es die Gesellschaft nur in bestimmten Punkten behutsam zu verandern Er strebte einen Mittelweg zwischen traditionellen Frauenwohltatigkeitsverbanden und militanten feministischen Organisationen an Die Mitglieder des Bundes akzeptierten zwar ihre Rolle der burgerlichen Ehefrau suchten aber zugleich neue Herausforderungen 10 Der JFB wollte die Hausarbeit der Frau aufwerten und das Selbstwertgefuhl und Selbstvertrauen der Frauen starken 11 In dieser Hinsicht ging es dem JFB einerseits darum junge Madchen mit der Hausarbeit vertraut zu machen und ihnen Perspektiven fur ihre spatere Rolle als Hausfrau und Mutter zu geben Anderseits setzte er sich fur eine Berufsausbildung judischer Madchen ein damit sie notfalls fur ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen konnten Zudem konnte der JFB den Madchen die Inhalte der Hausarbeit relativ leicht und ohne grosse Kosten vermitteln Dafur wurden spezielle Kurse angeboten die Erfahrungswerte der Hausarbeit vermittelten Nebenbei gab die Wohltatigkeitsarbeit den Frauen die im JFB waren die Moglichkeit ihren burgerlichen Status zu zeigen 12 Zusammensetzung des JFBs BearbeitenDer JFB war ein Zusammenschluss judisch burgerlicher Frauen die aus ihrer gesellschaftlichen Stellung heraus leicht Zeit fur die Organisation aufbringen konnten Dieser Frauenbund verstand sich als Interessenvertretung aller judischen Frauen in Deutschland beschaftigte sich jedoch mehrheitlich mit den Problemen burgerlicher Hausfrauen Zwar bemuhte sich der JFB Mitglieder aus der Arbeiterklasse hinzuzugewinnen konnte aber sich nicht mit deren spezifischen Interessen und Problemen befassen Der JFB arbeitete fur die Armen und nicht mit ihnen Deutlich wurde das auch in Artikeln von Blattern des JFB in denen Leserinnen und Autorinnen nur sehr sparliche Kenntnisse uber die tatsachlichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken und uber das Leben der Arbeiterinnen zeigten Hinzu kam die Schwierigkeit dass in der Arbeiterklasse kurz vor der Jahrhundertwende viele ostjudische Immigranten dazugekommen waren die haufig eine traditionellere Auffassung ihrer Religion vertraten als die aufgeklarten liberalen burgerlichen Judinnen Die zudem sozialistischen Arbeiterbewegungen der ehemals traditionellen Juden konnten sich nicht in den Zielen und Idealen des JFB wiederfinden 13 Bekampfung des Madchenhandels BearbeitenErkennen der Problematik Bearbeiten Der JFB sah ferner eine seiner wichtigsten Aufgaben in der Bekampfung des Madchenhandels 14 denn haufig wurden judische Madchen in den Westen verkauft Schon zur Zeit der Grundung des JFB gab es ein weit verbreitetes Netz von Madchenhandlern die von Osteuropa bis Nord und Sudamerika agierten 15 Den osteuropaischen Madchen wurden haufig falsche Versprechungen gemacht wonach sie an Bordelle westlicher Grossstadte verkauft wurden Es ist fraglich inwiefern die burgerlich judischen Frauen von dem Handel vor der Jahrhundertwende wussten da Bertha Pappenheim selbst 1902 erstmals an einer Konferenz zur Frage des Madchenhandels teilnahm 16 Der JFB nimmt sich der Sache an Bearbeiten Da der JFB sich um das Los osteuropaischer Juden kummerte wurde dieser Bund viel starker mit dem Problem konfrontiert als christlich deutsche Frauenverbande die das Problem zwar zur Kenntnis nahmen sich aber mehr um nationale Frauenprobleme kummerten Die Madchen die im Osten verkauft wurden waren oft der sozialen Verelendung ausgesetzt Das ging sogar so weit dass die europaischen Regierungen mit Hilfe der Polizei Reglementierungs Massnahmen schufen um u a Geschlechtskrankheiten vorzubeugen Es war dem JFB besonders wichtig diesen Handel zu bekampfen da judische Manner aus Furcht vor antisemitischen Hetzkampagnen schwiegen die unter Umstanden aus der hohen Beteiligung von Juden am Madchenhandel erwachsen konnten 17 Der JFB betrieb in den Jahrzehnten nach seiner Grundung im Jahre 1904 viele Aktionen und Einrichtungen die Schutz und Hilfe fur osteuropaische Madchen bieten sollten Zu den ersten Massnahmen gehorten Ubergangsheime fur Madchen die Schutz brauchten und die Vermittlung von Arbeitsmoglichkeiten Den wirksamsten Schutz fur diese Madchen sah der Frauenbund Bertha Pappenheims in einer Berufsausbildung womit sie ihren Lebensunterhalt sichern konnten Parallel dazu befurwortete der JFB immer eine fruhe Heirat und die Grundung einer Familie Programme gegen die Not Bearbeiten Die osteuropaischen Madchen waren nicht die einzigen die sich in einer misslichen Lage befanden Auch in Deutschland spitzte sich die Lage der judischen Madchen aus den unteren Schichten zu denn es gab am Ende des 19 Jahrhunderts einen grossen Frauenuberschuss und immer mehr judische Manner wollten sich zuerst eine berufliche Existenz aufbauen bevor sie heirateten Fur viele Judinnen wurde es schwierig einen geeigneten Mann furs Leben zu finden Einige burgerliche Judinnen heirateten Manner aus der Arbeiterklasse also unterhalb ihres sozialen Standes um nicht allein zu stehen Auch fur diese Frauen richtete der JFB zahlreiche Institutionen wie z B Madchenklubs und Wohnheime eine Fruhehe Kasse und die Beth Jakob Schulen ein 18 Auf diese Zeit geht auch die Einrichtung des Madchenwohnheims Neu Isenburg zuruck das von Pappenheim gegrundet und bis zu ihrem Tod 1936 geleitet wurde 19 Weitere Aktivitaten BearbeitenDer Judische Frauenbund eroffnete 1927 in Wyk auf Fohr das Judische Kinderheim Fohr das vor allem als Erholungsheim fur judische Kinder aus Grossstadten diente Diese Institution bestand bis 1938 Zeit des Nationalsozialismus BearbeitenEnde der 1920er Jahre zog Pappenheim sich aus der aktiven Arbeit beim JFB zuruck Ihre Funktionen wurden teilweise von Hannah Karminski ubernommen Nach der Machtubergabe an die Nationalsozialisten 1933 und dem Erlass der Nurnberger Gesetze 1935 setzte sich der Bund aktiv fur die Auswanderung ein Auch Frieda H Sichel der man die Nachfolge Pappenheims angeboten hatte musste im Oktober 1935 emigrieren Im Zuge des Novemberpogroms wurde die Organisation 1938 verboten und die seit 1934 amtierende Vorsitzende Ottilie Schonewald mit der Liquidation beauftragt 1939 wurde der JFB in die Reichsvertretung der Deutschen Juden uberfuhrt Hannah Karminski und Cora Berliner die in der Reichsvertretung die Sozialarbeit fortzufuhren versuchten wurden Opfer des Holocaust 1953 wurde der Judische Frauenbund in Deutschland neugegrundet Literatur BearbeitenManfred Berger Es genugt nicht kein Unrecht zu tun man darf auch nirgends Unrecht dulden 100 Jahre Judischer Frauenbund JFB in Theorie und Praxis der Sozialpadagogik 2003 H 8 S 50 51 Marianne Brentzel Anna O Bertha Pappenheim Biographie Reclam Philipp Leipzig 2004 ISBN 978 3 3792 0094 3 Marion A Kaplan Judisches Burgertum Frau und Familie im Kaiserreich Hamburg 1997 ISBN 3 930802 08 2 Marion A Kaplan Die judische Frauenbewegung in Deutschland Organisation und Ziele des Judischen Frauenbundes 1904 1938 Hamburg 1981 ISBN 3 7672 0629 3 Britta Konz Bertha Pappenheim 1859 1936 Ein Leben fur judische Tradition und weibliche Emanzipation Geschichte und Geschlechter Campus Verlag Frankfurt 2005 ISBN 978 3 5933 7864 0 Jutta Dick und Marina Sassenberg Judische Frauen im 19 und 20 Jahrhundert Lexikon zu Leben und Werk Reinbek bei Hamburg 1993 ISBN 3 499 16344 6 Inge Stephan Hrsg Judische Kultur und Weiblichkeit in der Moderne Koln Weimar Wien 1994 ISBN 3 412 00492 8 Julius Carlebach Hrsg Zur Geschichte der judischen Frau in Deutschland Berlin 1993 ISBN 3 926893 50 8 Yvonne Weissberg Ein ethnisches Netzwerk Der Judische Frauenbund in Koln 1933 1939 In Ariadne Forum fur Frauen und Geschlechtergeschichte Heft 61 Mai 2012 S 40 47 Ariadne Forum fur Frauen und Geschlechtergeschichte Hrsg Judisch sein Frau sein Bund sein Der Judische Frauenbund 1904 2004 Heft 45 46 Juni 2004 Gudrun Maierhof Selbstbehauptung im Chaos Frauen in der judischen Selbsthilfe 1933 1943 Frankfurt a M 2002 Gudrun Maierhof Judischer Frauenbund In Dan Diner Hrsg Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur EJGK Band 3 He Lu Metzler Stuttgart Weimar 2012 ISBN 978 3 476 02503 6 S 255 259 Weblinks BearbeitenDer Judische Frauenbund in Berlin Sabine Toppe Judischer Frauenbund In Digitales Deutsches Frauenarchiv 2023 https www digitales deutsches frauenarchiv de akteurinnen juedischer frauenbundQuellen Bearbeiten Dick Sassenberg S 306 Kaplan 1997 S 26 Carlebach S 63 Kaplan 1997 S 73 Carlebach S 63 f Kaplan 1997 S 66 Kaplan 1997 S 121 f Herzig S 207 Stephan S 257 Kaplan 1997 S 126 Kaplan 1997 S 179 Kaplan 1997 S 274 ff Kaplan 1997 S 116 ff Kaplan 1981 S 118 ff Kaplan 1997 S 185 ff Kaplan 1997 S 100 Kaplan 1997 S 181 ff Kaplan 1997 S 160 ff Kaplan 1997 S 230 ff Normdaten Korperschaft GND 18791 4 lobid OGND AKS LCCN nr88004169 VIAF 156374636 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judischer Frauenbund amp oldid 233231864