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Eine Haftungsklausel auch Freizeichnungsklausel oder Haftungsausschluss ist eine vertragliche Haftungsbeschrankung also eine Klausel welche die Verantwortlichkeit fur Pflichtverletzungen etwa die Mangelhaftung begrenzt oder sogar ausschliesst Inhaltsverzeichnis 1 Gesetzlicher Grundsatz 2 Privatautonomer Spielraum und seine Grenzen 3 Inhaltliche Ausgestaltung 4 Allgemeine Geschaftsbedingungen 5 Geschichte 6 International 7 Siehe auch 8 EinzelnachweiseGesetzlicher Grundsatz BearbeitenJedes Schuldverhaltnis bringt fur die Parteien Haftungsrisiken mit sich Das Gesetz bestimmt grundsatzlich dass der jeweilige Schuldner einer Schuld eigenes Verschulden also Vorsatz und Fahrlassigkeit zu vertreten hat 276 Abs 1 BGB Vertretenmussen ist eine Voraussetzung verschiedener Haftungstatbestande insb von Anspruchen auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 280 ff BGB Privatautonomer Spielraum und seine Grenzen BearbeitenDie allgemeinen Regelungen des BGB 241 ff BGB gewahren den Parteien eines Schuldverhaltnisses erhebliche Spielraume Privatautonomie bei der vertraglichen Gestaltung der Haftung Gesetzlich zulassig ist die Begrenzung der Haftung auf Vorsatz 276 Abs 3 BGB Damit lasst das Gesetz in Individualvereinbarungen den Ausschluss aller Fahrlassigkeitsstufen zu also sogar der groben Fahrlassigkeit Im Nachhinein kann sogar die Haftung fur Vorsatz ausgeschlossen werden Umkehrschluss aus 276 Abs 3 BGB Bedient sich der Schuldner bei der Pflichterfullung Erfullungsgehilfen so hat der Vertragspartner nach 278 BGB deren Verschulden zu vertreten wie eigenes Verschulden Nach 278 Satz 2 BGB findet 276 Abs 3 BGB hier keine Anwendung es ist kann also sogar die Haftung fur Vorsatz des Erfullungsgehilfen im Vorhinein ausgeschlossen werden In gesetzlich besonders geregelten Fallen besteht sogar eine verschuldensunabhangige Haftung Vertrage zulasten Dritter sind grundsatzlich unzulassig Das AGB Recht setzt weitere Grenzen Individualvereinbarungen sind der AGB Kontrolle entzogen 305b BGB Inhaltliche Ausgestaltung BearbeitenEin Abweichen dieser gesetzlichen Haftungsverteilung erfordert in der Regel einen Vertrag 311 Abs 1 BGB Von einer Haftungsklausel spricht man dann wenn das Abweichen zugunsten des Schuldners geht Sie kann z B nach Verschuldensgraden unterscheiden oder betragliche Grenzen setzen 1 Allgemeine Geschaftsbedingungen Bearbeiten Hauptartikel Allgemeine Geschaftsbedingungen Werden Vertrage jedoch nicht individuell ausgehandelt sondern benutzt eine Vertragspartei Verwender fur eine Vielzahl von Vertragen vorformulierte Vertragsbedingungen die sie der anderen Vertragspartei bei Vertragsabschluss stellt so handelt es sich um Allgemeine Geschaftsbedingungen AGB 305 Abs 1 BGB Insbesondere standardisierte Vertrage und Vertragsformulare des alltaglichen Massengeschafts mit Verbrauchern und das so genannte Kleingedruckte sind typischerweise AGB Dem Gesetzgeber lag insbesondere wegen des Verbraucherschutzes daran den Verbraucher aber auch teilweise den kaufmannisch versierten Vertragspartner vor unangemessen benachteiligenden Haftungsklauseln zu schutzen Geschichte BearbeitenBereits das Reichsgericht RG hielt im Januar 1906 Haftungsbeschrankungen gemass 138 Abs 1 BGB fur sittenwidrig wenn sie auf einer marktbeherrschenden Stellung des Verwenders beruhten 2 Es bemangelte im Dezember 1933 dass ein Monopolist seine Stellung missbraucht um dem allgemeinen Verkehr unbillige und unverhaltnismassige Opfer aufzuerlegen bzw unbillige und unverhaltnismassige Bedingungen vorzuschreiben 3 Die Nachteile die ein Haftungsausschluss mit sich bringe sollten dabei durch anderweitige Vorteile des Kunden ausgeglichen werden konnen 4 Das RG ist in funf von zehn Fallen zu dem Ergebnis gekommen dass die umstrittenen Freizeichnungsklauseln unwirksam sind Ein Urteil des RG erklarte den Ausschluss fur eigenes Verschulden und das leitender Angestellter fur unwirksam 5 Ein weiteres betraf eine Klausel mit der die Haftung fur das Verschulden von Angestellten ausgeschlossen wurde 6 Die drei ubrigen Entscheidungen hatten jeweils summenmassige Haftungsbeschrankungen zum Gegenstand 7 Der Bundesgerichtshof BGH hat erstmals im Marz 1956 die vom Reichsgericht entwickelten Grundsatze zu Haftungsklauseln aufgegriffen und fortgefuhrt 8 Dabei ist er jedoch dazu ubergegangen die Inhaltskontrolle auf den Grundsatz von Treu und Glauben 242 BGB zu stutzen und gab den vom RG herangezogenen Aspekt der Sittenwidrigkeit auf 9 Der BGH hielt im Juli 1973 die Haftung fur Kardinalpflichten also Vertragsverpflichtungen deren Beachtung erst die Voraussetzung fur eine korrekte Vertragserfullung schaffen fur nicht beschrankbar 10 Das im April 1977 eingefuhrte AGB Gesetz beruhte in wesentlichen Teilen auf der BGH Rechtsprechung insbesondere der hieraus in der Schuldrechtsmodernisierung vom Januar 2002 hervorgegangene heutige 307 Abs 2 Nr 2 BGB Hiernach darf der Verwender wesentliche Rechte oder Pflichten die sich aus der Natur des Vertrags ergeben nicht derart einschranken dass die Erreichung des Vertragszwecks gefahrdet ist International BearbeitenIm internationalen Privatrecht werden Haftungsklauseln englisch liability clauses haufig verwendet So ist im internationalen Kreditverkehr in den Mustervertragen der Loan Market Association vorgesehen dass der Konsortialfuhrer keine Verantwortung fur die Angemessenheit englisch fairness Richtigkeit englisch accuracy und Vollstandigkeit englisch completeness getroffener Vereinbarungen ubernimmt Ziff 32 8a Mustervertrag Ein Haftungsausschluss ist zudem nach Ziff 32 8b Mustervertrag fur die Rechtmassigkeit englisch legality Gultigkeit englisch validity Wirksamkeit englisch effectiveness und Vollstreckbarkeit englisch enforceablilty von Finanzierungsdokumenten vorgesehen In Osterreich ist nach 879 Abs 3 ABGB eine in AGB enthaltene Vertragsbestimmung nichtig wenn sie unter Berucksichtigung aller Umstande des Falles einen Teil groblich benachteiligt Hierzu entschied der Oberste Gerichtshof OGH im November 2012 dass nicht verhandelte und aus der Sicht des Verwenders beizubehaltende Klauseln unter den Anwendungsbereich des 879 Abs 3 ABGB fallen auch wenn andere Vertragspunkte erortert und auf Wunsch des Vertragspartners abgeandert wurden 11 Das Schweizer Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG enthalt in Art 8 UWG eine Regelung zur Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschaftsbedingungen die seit Juli 2012 ausschliesslich fur Verbrauchervertrage gilt Danach sind einzelne Klauseln unwirksam wenn sie zum Nachteil einer Vertragspartei von der anwendbaren gesetzlichen Ordnung erheblich abweicht oder eine der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rechten und Pflichten vorsieht Gemass Art 100 Abs 1 OR kann die Haftung fur rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrlassigkeit nicht ausgeschlossen werden was nach Art 101 Abs 2 OR jedoch nicht fur Hilfspersonen gilt In Frankreich sind Freizeichnungsklauseln unwirksam wenn sie im Falle ihrer Anwendung dem Vertrag jede Substanz rauben und das Synallagma zwischen Leistung und Gegenleistung soweit beeintrachtigt dass der Sinn des Vertrags schlechterdings entfallt 12 Eine Freizeichnungsklausel ist nur in dem Ausnahmefall unwirksam dass sie den Schuldner nahezu von jeder Haftung entbindet Summenmassige Haftungsbeschrankungen die die Ersatzfahigkeit von Teilen des vertragstypischen Schadens ausschliessen sind hiermit vereinbar 13 Die Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln hangt im englischen Recht entscheidend davon ab ob sie dem test of reasonableness Angemessenheitsprufung des Unfair Contract Terms Act 1977 UCTA standhalten 14 Die US amerikanischen Gerichte haben aufgrund der Unconscionability Klausel Unangemessenheitsklausel des 2 302 Uniform Commercial Code UCC die Moglichkeit unangemessene Ergebnisse zu verhindern wenn sie eine Vertragsklausel fur unangemessen befinden Dazu konnen sie die Vollstreckung eines Vertrages verweigern oder die Vollstreckung der unangemessenen Klausel verweigern oder ihre Anwendung beschranken Eine Klausel ist unangemessen wenn sie eine Partei ubermassig benachteiligt oder wenn diese Partei keine Wahl hatte als den betreffenden Vertrag in dieser Form abzuschliessen 15 Der Anwendungsbereich der Regelung beschrankt sich dabei nicht auf besondere Klauseltypen sondern ermoglicht die Uberprufung des gesamten Vertragsinhalts jeder einzelnen Klausel Ein Haftungsausschluss fur mittelbare Schaden ist ublich und zulassig Siehe auch BearbeitenHaftungsbeschrankung HandelsklauselEinzelnachweise Bearbeiten Joachim Gernhuber Das Schuldverhaltnis Band 8 1989 S 543 RG Urteil vom 8 Januar 1906 Az I 320 05 RGZ 62 264 266 RG Urteil vom 15 Dezember 1933 Az VII 292 33 RGZ 143 24 28 RGZ 99 107 111 RGZ 102 396 RGZ 62 264 RGZ 103 82 106 386 115 218 BGH Urteil vom 6 Marz 1956 Az I ZR 154 54 BGH NJW 1956 1065 1066 BGH NJW 1973 2107 2108 OGH Urteil vom 28 November 2012 Az 7 Ob 93 12w S 22 f Cour de cassation Chambre Commerciale 30 Mai 2006 D Dalloz Actualite 2006 2288 Lars Leuschner AGB Recht fur Vertrage zwischen Unternehmen unter besonderer Berucksichtigung von Haftungsbeschrankungen Abschlussbericht vom 30 September 2014 S 99 Lars Leuschner AGB Recht fur Vertrage zwischen Unternehmen unter besonderer Berucksichtigung von Haftungsbeschrankungen Abschlussbericht vom 30 September 2014 S 108 Lars Leuschner AGB Recht fur Vertrage zwischen Unternehmen unter besonderer Berucksichtigung von Haftungsbeschrankungen Abschlussbericht vom 30 September 2014 S 110 Normdaten Sachbegriff GND 4022900 2 lobid OGND AKS Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Haftungsklausel amp oldid 235441142