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Fechtart Fechtweise ist die einem Heer einer Truppengattung oder einem Volk eigentumliche Art zu kampfen sowohl in Bezug auf die Gliederung des Heeres an sich als auch auf die Zusammenordnung der einzelnen Kampfer zueinander wie letztlich im Gebrauch der Waffe selbst Die Fechtart bestimmt die militarischen Operationen und wird als Teil der Taktik angesehen Die Fechtart entwickelte sich als die Gefechte nicht mehr aus lose zusammenhangenden Einzelkampfen bestanden Spater wurde sie mehr und mehr Bestandteil der militarwissenschaftlichen Auseinandersetzung und des Studiums Die Fechtart findet ihren Ausdruck zunachst in den Exerzierreglements und dann gegebenenfalls im Gefecht Allgemein BearbeitenDie modernen Fechtarten sind gekennzeichnet durch die meist grosse Distanz zwischen der Waffe und dem Ziel auf das sie wirkt Jede Waffe hat ihre eigene Fechtart welche sich mit der Vervollkommnung der Waffe andert und uberdies ist auch der Kulturzustand wie der Charakter eines Volkes bestimmend fur seine Fechtart Die Fechtart bildet einen wesentlichen Teil der Taktik in welche auch die Bewegung der Truppen auf dem Gefechtsfeld inbegriffen ist Die Begriffe Fechtart und Taktik decken sich also umso mehr je mehr die Gefechtsbewegungen zurucktreten Die Truppenbewegungen auf dem Gefechtsfeld sind aber zunachst bedingt durch die Wirkung der Fernwaffen je weiter sie reichen umso fruher beginnt der eigentliche Kampf als Feuergefecht und desto weitere Wege sind zuruckzulegen um mit dem Bajonett an den Feind zu kommen Je grosser die Treffsicherheit und Schussweite der Feuerwaffen sind umso mehr wird man sich gegen ihre Wirkung zu schutzen suchen sowohl durch Benutzen von Deckungen als durch Auflockern der Kampferlinien und Aufstellen derselben in mehr oder weniger weiten Abstanden hintereinander in zerstreuter Fechtart Nichts ist gefahrlicher als in geschlossener Ordnung in den Schussbereich der Artillerie zu kommen Je tiefer die Glieder hintereinander und je naher die Rotten nebeneinander stehen umso verheerender wird die Wirkung einschlagender Granaten sein Die zerstreute Fechtart zwingt wiederum die Artillerie zu ausgedehnterer Anwendung des Schrapnells Geschichte BearbeitenWenn auch die Volker des Altertums mit Fernwaffen Bogen Schleuder Wurfspiess kampften konnte deren Wirkungsweise bei dem gebrauchlichen Schuss der Streiter durch Schild und Harnisch doch nicht eine zerstreute Fechtart im modernen Sinn hervorrufen obgleich die Schlacht durch zerstreute Fechter eroffnet wurde Der eigentliche Kampf der Waffen war ein Nahkampf mit Spiess und Schwert in geschlossener Ordnung Die Grundform der griechischen Schlachtordnung war die Phalanx die einzelnen Heerhaufen standen in einer Linie nebeneinander die Reiter und die Leichtbewaffneten Bogen Wurfspiess Schleuder fuhrend auf den Flugeln letztere eroffneten zerstreut unseren Schutzenlinien vergleichbar das Gefecht ihnen folgte die schwer bewaffnete Hoplitenphalanx deren Stosskraft bei der Geschlossenheit der grossen Waffen eine gewaltige war Die Reiterei im griechischen Gebirgsland schwer verwendbar blieb fur den Kampf von untergeordneter Bedeutung bis sie Alexander der Grosse zu glanzender Entwicklung fuhrte Obgleich die griechischen Heere in ihrer wohlgeordneten Gliederung den unbeholfenen persischen Heerhaufen taktisch uberlegen waren fehlte ihnen doch fur ein besseres Ausnutzen gunstiger Gefechtsmomente die notige Beweglichkeit in welcher Richtung Epameinondas in der Schlacht bei Leuktra 371 v Chr mit seiner schiefen Schlachtordnung den ersten entscheidenden Schritt tat Er teilte sein Heer in einen Offensiv und einen Defensivflugel bildete den ersteren aus den besten Truppen in tiefer Phalanx den letzteren aber aus kleinen flachen Kolonnen die er gleichsam als Reserve als ein zweites Treffen zuruckbehielt wahrend jene zum Angriff vorgingen Die Stosstaktik die so zu hoher Entwicklung gelangte erreichte unter Alexander der eine zahlreiche Reiterei in ausgezeichneter Weise verwendete die hochste Blute kam aber unter seinen Nachfolgern in Verfall Die Griechen unterlagen den Romern die Phalanx der Legion Die Legionarstellung die Grundlage der romischen Schlachtordnung des 2 und 1 Jahrhunderts v Chr war eine Treffenstellung nbsp LegionarstellungVor der Front kampften die Veliten mit Bogen oder Wurfspiess bewaffnetes leichtes Fussvolk in zerstreuter Fechtart Hinter ihnen standen in drei Treffen schachbrettformig mit 30 50 Schritt Abstand zunachst die Hastaten mit zwei Wurfspiessen Schwert und Dolch bewaffnet und leicht geharnischt hinter ihnen die Principes mit dem Pilum Wurfspiess und im dritten Treffen die Triarier die Veteranen mit der 4 m langen Pike Hasta ausgerustet beide schwer geharnischt Die Hastati und Principes waren unsern Kompanien vergleichbar in Manipeln zu 100 die Triarier zu 60 Mann geteilt 3 Manipeln bildeten eine Kohorte 10 Kohorten eine Legion Die Veliten wurden der eigentlichen Starke der Legion nicht zugerechnet sie zogen sich nach Eroffnung des Kampfes auf die Flugel der Stellung die Hastaten ruckten vor warfen aus naher Entfernung ihr Pilum und griffen zum Schwerte dann folgten ihnen die Principes Die Triarier welche wahrend des Kampfes ruhten griffen nur im Notfall ein um die Entscheidung herbeizufuhren Die Reiterei in 10 Turmen zu je 30 Mann geteilt stand auf den Flugeln der Legion und wurde erst spater von den Romern mehr geschatzt und in grosseren Massen verwendet als die Hilfsvolker sie stellten Mit dem Verfall des romischen Reichs verfiel auch seine Kriegskunst die Aufstellung naherte sich mehr und mehr den tiefen Haufen der Phalanx ging dann zu einer solchen in zwei flachen Treffen uber welche aber auch von den zahlreichen Katapulten und Ballisten unserer heutigen Feldartillerie vergleichbar den erhofften Zuwachs an Kampfstarke nicht gewann um den Heeren der Germanen Widerstand leisten zu konnen Die Germanen kampften in tiefen nach Stammesgenossenschaften geordneten Heerhaufen Spater entwickelte sich aus dem Lehnswesen das Rittertum allezeit kampfbereit dessen gepanzerte Reiter mit Lanze Schwert und Streitkolben in tiefen Geschwadern kampften Ihrem Anlauf mit der Lanze folgte der Einzelkampf Dem bis zum 13 Jahrhundert auch in den Kreuzheeren auftretenden Fussvolk aus den Horigen der Ritter oder Soldnern bestehend mangelte eine geregelte Fechtart Unter dem Zwang der technisch vervollkommneten Fernwaffen Bogen und Armbrust wie der blanken Waffen wurde der Panzer immer starker der Reiter immer schwerfalliger und unbeholfener fur den Kampf Die aufbluhenden Stadte des Hansabundes vor allem aber die Schweizerische Eidgenossenschaft schufen im 14 und 15 Jahrhundert aus dem Burgertum heraus ein neues Fussvolk welches mit Hellebarde und Pike den Ritter vom Pferd zwang und nachdem die Handfeuerwaffen und Geschutze in immer grosserer Zahl auf den Schlachtfeldern erschienen auch den Panzer beseitigte Die grossen 3 4000 Mann starken Gevierthaufen der Schweizer wurden kleiner bis zu 1000 Mann bei den Landsknechten Vor ihnen eroffneten die verlorenen Knechte mit Arkebuse und Muskete das Gefecht und zogen sich vor dem Angriff der Reiter unter den Schutz der Spiesse des hellen Haufens zuruck Dieser machte gegen Kavallerie den Igel dem spateren Karree vergleichbar wobei die Spiesse schrag nach aussen gerichtet mit dem Schuh in die Erde gestemmt wurden Die zunehmende Wirkung der Feuerwaffen zwang zu flacherer Aufstellung und der Geist der Offensive zu beweglicherer Formation Moritz von Oranien gliederte sein Fussvolk in Bataillone zu 500 Mann Fig 2 Gustav Adolf ging noch weiter die Brigade aus 3 Bataillonen zu 4 Fahnlein bestehend wurde seine eigentliche Gefechtseinheit Sie stand in zwei Treffen und sechs Gliedern formiert Fig 3 die Reiterei in kleinen Geschwadern auf den Flugeln Die seit Mitte des 15 Jahrh in der Feldschlacht auftretende Artillerie war inzwischen manovrierfahiger geworden und von Gustav Adolf in kleinen Kalibern dem Fussvolk als Regimentsstucke zugeteilt Geschutze und Handfeuerwaffen wurden immer zahlreicher und Anfang des 18 Jahrh war die Pike aus den grosseren Heeren verdrangt Friedrich II stellte die Infanterie in drei Gliedern auf Wenn die Gegner in langen geraden Linien daher Lineartaktik Schulter an Schulter sich bis auf 200 Schritt genahert hatten uberschuttete man sich mit Salven die zug Peloton s d oder rottenweise Heckenfeuer abgegeben wurden Wer am schnellsten feuerte hatte die meiste Aussicht auf Erfolg Die preussische Infanterie erreichte funf Salven in der Minute In den Feuerpausen naherte man sich und suchte den Gegner durch Feuer zum Weichen zu zwingen gelang dies nicht so folgte der Bajonettangriff 300 Schritt hinter dem ersten stand das zweite Treffen in Linie Gegen Kavallerieangriffe wurde Karree formiert Die Reiterei erhielt durch Friedrich II einen heute kaum wieder erreichten Grad taktischer Ausbildung Mit Sabel Pistole und Karabiner bewaffnet sollte sie vorzugsweise durch die Kraft ihres Anlaufs und den Gebrauch ihrer blanken Waffe gegen Kavallerie wirken aber auch die Infanterie im Aufrollen feindlicher Linien unterstutzen auch im Fussgefecht war sie geubt Um mit ihr gemeinsam zu kampfen schuf Friedrich der Grosse 1759 die reitende Artillerie mit 6pfundigen Kanonen bewaffnet wahrend die Infanterie 3pfundige Bataillonsgeschutze fuhrte Die Fussartillerie welche 6 12 und 24 Pfunder fuhrte eroffnete in Batterien vereinigt das Gefecht Man bevorzugte ebenes Terrain weil es die Bewegung langer geschlossener Linien begunstigte Mit dem Ende des 18 Jahrhunderts beginnt die Epoche der zerstreuten Fechtart Sie kam aus Nordamerika wo bei Beginn des Befreiungskriegs die Landleute in naturwuchsiger Weise das Gefecht in dieser Form gegen die britischen Truppen begannen Dies Beispiel fand erfolgreiche Nachahmung bei den Franzosen in ihren Revolutionskriegen und zwang deren Gegner zu gleicher Fechtart Die mit gezogenen Gewehren Buchsen bewaffnete Infanterie eroffnete als Voltigeure das Gefecht in aufgeloster Linie unter Benutzung der Deckungen die das Terrain bot Hinter ihr standen als Ruckhalt die geschlossenen Abteilungen in Kolonnen Dem durchschnittenen Terrain ging man jetzt nicht mehr aus dem Weg sondern suchte es der Deckung wegen ebenso wie die Walder und Dorfer auf Hiermit trat die Bedeutung der Kavallerie fur den Kampf zwar zuruck aber es bahnte sich gleichzeitig ihre Verwendung fur den Aufklarungs und Sicherheitsdienst an die erst im Verlauf des Deutsch Franzosischen Kriegs 1870 71 zu voller Geltung gekommen ist Zu immer weiterer Durchfuhrung und Ausbildung kam die zerstreute Fechtart infolge Einfuhrung der Hinterladungsgewehre und durch die in technischer Beziehung so ausserordentlich vervollkommnete Artillerie die an Schnelligkeit und Manovrierfahigkeit hinter der Kavallerie nicht zuruckblieb und im Verein mit ihrer in gleicher Weise verbesserten Munition gewann sie eine so gewaltige Wirkung und Gefechtsstarke dass sie seit 1870 als dritte Hauptwaffe ebenburtig neben die Infanterie und Kavallerie trat Sie eroffnet schon auf weiten Entfernungen das Gefecht gegen die feindliche Artillerie und die sich entwickelnde Infanterie Diese nimmt sobald sie in den feindlichen Feuerbereich kommt in der Ebene 600 700 m vom Feinde die zerstreute Ordnung an Der Schutzenlinie Fig 4 folgen auf etwa 150 Schritt kleine Unterstutzungstrupps 100 Schritt hinter diesen ein Vortreffen und etwa 150 Schritt dahinter das Haupttreffen erstes Treffen der Rest der Bataillone in Linie oder Doppelkolonne je 150 300 Schritt ruckwarts folgen ein zweites Treffen und die Reserve Diese Abstande werden sich je nach den Terrainverhaltnissen haufig vergrossern wenn die Rucksicht auf Deckung unter lebhaftem feindlichem Feuer dies erfordert Dagegen werden sie in Verteidigungsstellungen haufig sich vermindern Unter sprungweisem Vorgehen im Laufschritt Niederlegen und Feuern wird das Vortreffen in die Schutzenlinie gefuhrt sobald dieselbe auf etwa 200 300 Schritt an den Feind gekommen ist nach kurzem Schnellfeuer bricht es dann im Sturmschritt hervor gegen den Feind wartet dieser den Anprall ab so kommt es zum Handgemenge Der Sieger verfolgt den Weichenden durch Schutzenfeuer Bei der Verteidigung liegt die vordere Linie feuernd in Schutzengraben oder hinter naturlichen Deckungen Unterstutzungstrupps befinden sich nicht fern hinter ihnen die ruckwarts aufgestellten Kompanien treten erst gegen den letzten Anlauf des Feindes in Tatigkeit Die Kavallerie findet ihre Hauptaufgabe wie erwahnt im Aufklarungs und Sicherheitsdienst und ist durch ihre Bewaffnung mit dem Karabiner und Ubung im Fussgefecht befahigt worden sich selbst gegen feindliche Unternehmungen an Brucken Engwegen Waldern etc zu schutzen und Bahn zu brechen Die Gefechtsform der Kavallerie ist die Linie Die Kavalleriedivisionen bestehen in Deutschland und Frankreich aus 6 in Russland und Osterreich aus 4 Regimentern von denen je 2 eine Brigade bilden Jeder Division sind 3 reitende Batterien zugeteilt In der Schlacht ist die Angriffsform der Kavallerie die Attacke Die Feldartillerie tritt in grossen Massen Massentaktik auf beginnt ihr Feuer auf 2000 2500 m mit Granaten und geht staffelweise in eine zweite Stellung auf etwa 1200 m vor um den Feind zu erschuttern An der Verfolgung hat sie den grossen Anteil da sie ohne ihre Stellung zu wechseln dem weichenden Feind ihr Feuer auf 4000 5000 m nachschicken kann Literatur BearbeitenMax Jahns Geschichte des Kriegswesens von der Urzeit bis zur Renaissance Grunow Berlin 1880 DNB 580985253 Albert von Boguslawski Die Fechtweise aller Zeiten Luckhardt Berlin 1880 DNB 572461135 Jakob Meckel Allgemeine Lehre von der Truppenfuhrung im Kriege Mittler Berlin 1890 Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text aus Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage von 1888 bis 1890 Bitte entferne diesen Hinweis nur wenn du den Artikel so weit uberarbeitet hast dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt dies belegt ist und er den heutigen sprachlichen Anforderungen genugt Um danach auf den Meyers Artikel zu verweisen kannst du Meyers Online Band Seite benutzen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fechtart amp oldid 232427678