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Das Etschmiadsin Evangeliar ist ein 989 im Kloster Bgheno Norawank angefertigtes Evangeliar in Form eines armenischen illuminierten Buches das in der Sammlung des Matenadaran in Jerewan unter der Nummer MS 2374 vormals 229 aufbewahrt wird Die Ruine des Klosters liegt in der heutigen sudarmenischen Provinz Sjunik Das Etschmiadsin Evangeliar gilt als die bedeutendste armenische Handschrift Es enthalt neben dem aus 224 Blattern bestehenden Textteil drei stilistisch unterschiedliche Gruppen von Miniaturmalereien die zeitgleich mit dem Text entstandenen Kanontafeln vor dem Anfang des Kodex im Text verstreute Randzeichnungen aus dem 11 12 Jahrhundert und von besonderer kunsthistorischer Bedeutung vier ganzseitige Miniaturen am Schluss die Ende des 6 oder Anfang des 7 Jahrhunderts datiert werden Sie sind die altesten erhaltenen armenischen Buchmalereien Der Einband aus reliefiertem Elfenbein ist eine byzantinische Arbeit aus dem 6 Jahrhundert Christus auf dem Thron Miniatur von 989 fol 6Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Forschungsgeschichte 3 Entstehung und Struktur 4 Einleitender Teil 5 Vier abschliessende Miniaturen 5 1 Verkundigung an Zacharias 5 2 Maria Verkundigung 5 3 Anbetung der drei Konige 5 4 Taufe Jesu 6 Buchdeckel 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGrundlagen BearbeitenDie Armenische Apostolische Kirche fuhrt ihre Tradition auf zwei Apostel zuruck die im 1 Jahrhundert das Christentum nach Armenien gebracht haben sollen Drei Ereignisse in der fruhchristlichen Zeit sind fur die armenische Nation wesentlich 314 erklarte Konig Trdat III das Christentum zur Staatsreligion im Jahr 405 fuhrte Mesrop Maschtoz die armenische Schrift ein was als religioses Wunder aufgefasst wurde und im 5 Jahrhundert verfasste Moses von Choren Movses Chorenatsi die erste Chronik Armeniens In der fruhchristlichen Zeit wurden die Bibel liturgische Anweisungen und Texte der fruhen Kirchenvater in altarmenischer Schrift aufgezeichnet Monche kopierten moglichst genau die Handschriften und statteten sie mit kostbaren Einbanden aus Der Schrift selbst wurde nach alter vorchristlicher Tradition eine magische Bedeutung zuerkannt Wer eine Handschrift kopierte erwarb sich religiose Verdienste Es war fur einen Konig Fursten oder einen hohen Geistlichen ebenso verdienstvoll eine Handschrift wie eine Kirche zu stiften Handschriften wurden neben Kirchen und Chatschkaren zu einem der Symbole armenischer Identitat und geniessen eine entsprechende Wertschatzung 1 Sie galten wie die Ikonen der Orthodoxen Kirchen als heilig und mussten in den Klostern stehend aufbewahrt werden um sie von weltlichen Gegenstanden zu unterscheiden Aus dem Mittelalter sind rund 30 000 Handschriften bekannt die neben religiosen Themen alle damaligen Wissenschaften beinhalten 2 Es gab wenn auch gegenuber der byzantinischen Kunst in bescheidenerem Umfang grossflachige armenische Wandmalereien in fruhchristlicher Zeit die armenische Bildkunst entwickelte sich jedoch vor allem im Format der Handschriften Ein neben den Miniaturen weiterer wesentlicher Bestandteil der Handschriften ist das am Ende angefugte Kolophon armenisch hischatakaran Gedachtnis Darin berichtet der Schreiber detailliert uber seine Lebensumstande Arbeitsweise Auftraggeber und die mit ihm an der Herstellung des Buches beteiligten Personen Ein Kolophon ist in den meisten armenischen Handschriften vorhanden An das Hauptkolophon des Schreibers schliessen sich haufig weitere Zusatze aus spaterer Zeit an aus denen sich die Veranderungen am Buch und dessen wechselnde Besitzer und Aufbewahrungsorte erkennen lassen 3 Die aus dem 9 und 10 Jahrhundert uberlieferten armenischen Handschriften sind fast alle Evangeliare Das undatierte und unvollstandig erhaltene Evangeliar der Konigin Mlke Venedig MS 1144 86 dessen Herstellungsort unbekannt ist ist das alteste bekannte armenische Evangeliar es wurde 851 abgeschrieben und 862 eingebunden Das alteste datierte Manuskript ist das Lazarian Lazarev Evangeliar von 877 Mat MS 6200 Funf weitere Handschriften aus dem 10 Jahrhundert sind bis zum Etschmiadsin Evangeliar von 989 bekannt 4 Die Malereien zeigen im 9 Jahrhundert einen ausgereiften Stil weshalb es in den Jahrhunderten zuvor bereits eine reiche Tradition von Buchillustrationen gegeben haben muss Den wertvollsten Hinweis darauf geben die zwei dem Etschmiadsin Evangeliar am Ende angefugten Blatter ansonsten sind nur Ruckschlusse aus den Kommentaren einiger Geschichtsschreiber moglich Am Anfang der Evangeliare finden sich Kanontafeln die von Schmuckarkaden umrahmt dem Leser einen Uberblick uber den biblischen Inhalt geben sollten Die Indexierung folgt einem System das Eusebius von Caesarea in Palaestina Anfang des 4 Jahrhunderts einfuhrte Damit konnten die in den vier Evangelien unterschiedlich dargestellten Episoden aus dem Leben Jesu einander zugeordnet werden Eusebius erfand eine durchnummerierte Gliederung in mehrere hundert Abschnitte fur alle Evangelien die dadurch harmonisiert wurden ohne den Inhalt anzutasten Letzteres war erforderlich damit die Texte als authentische Zeugnisse erhalten blieben Im Jahr 331 bestellte Konstantin der Grosse bei Eusebius fur die Liturgie in den Kirchen Konstantinopels mehrere Evangeliare und andere Schriften Eusebius gestaltete sie den Vorgaben entsprechend aufwendig indem er die aus der romischen Sakralarchitektur gelaufigen Arkaden als Schmuckmotive ubernahm Nur in den armenischen Handschriften wurde das ursprungliche Format des Eusebius von zehn Kanontafeln unverandert uberliefert Das Etschmiadsin Evangeliar hat von allen Handschriften des 1 Jahrtausends die Urform der von Konstantin bestellten Tetraevangeliare am getreuesten bewahrt erst spater erhielten die dargestellten spatromischen Architekturformen durch eine charakteristische ornamentale Gestaltung eine armenische Pragung 5 Wahrend ublicherweise die Evangelien in der Reihenfolge Matthaus Markus Lukas und Johannes sortiert werden folgt das Etschmiadsin Evangeliar dem alten eusebianischen Ordnungsprinzip und stellt den dritten Apostel Lukas vor den zweiten Apostel Markus 6 Die Arkaden auf den Kanontafeln bilden mit einer halbkreisformigen Lunette daruber ein gemaltes Portal das fur den Leser den Zugang zum Text versinnbildlicht Dieser fuhlt sich in der Rolle des Glaubigen der durch ein Portal ein Heiligtum betritt Die Kanontafeln sind des Weiteren mit geometrischen Formen und Blumen verziert die abgebildeten Vogel lassen sich als Pfauen Reiher Hahne Rebhuhner und Tauben identifizieren oder stellen Phantasievogel dar Die symbolische Bedeutung der in vielen Variationen auftauchenden Vogel ist nur teilweise bekannt Im Etschmiadsin Evangeliar kommt ein Vogel in einem Kafig vor der seit der Antike die in ihrem Korper gefangene Seele symbolisiert Was das in armenischen Manuskripten einzigartige Motiv an dieser Stelle bedeutet ist jedoch unklar 7 Forschungsgeschichte BearbeitenDie ersten Erwahnungen des Etschmiadsin Evangeliars stammen aus den Jahren 1840 und 1851 von Marie Felicite Brosset Es folgten genauere Beschreibungen von Graf A S Uwarow 1862 8 Wladimir Stassow 1886 Josef Strzygowski 1891 Frederic Macler 1920 Kurt Weitzmann 1933 Sirarpie Der Nersessian 1933 und 1964 Thomas F Mathews 1980 und Matevosyan Artashes 1990 Die umfangreiche kunsthistorische Forschung zum Etschmiadsin Evangeliar konzentrierte sich auf die beiden angefugten Blatter mit den vier fruhchristlichen Miniaturen Strzygowski bezeichnete in seiner detaillierten Beschreibung mit der er das Evangeliar erstmals unter Kunsthistorikern bekannt machte die erste Gruppe von 15 Abbildungen falschlich als syrische Malereien aus dem 5 Jahrhundert und die vier abschliessenden Miniaturen ebenfalls als syrisch aus dem 6 Jahrhundert Die im Text am Rand verstreuten groben Zeichnungen hielt er fur das Werk des Schreibers Hovhannes die deshalb relativ plump ausgefallen seien weil der Kalligraph offensichtlich kein gelernter Illustrator war 9 1911 revidierte Strzygowski seine Auffassung 10 zum Teil und hielt nun die Miniaturen am Anfang fur im 10 Jahrhundert angefertigte Kopien der Originale des 6 Jahrhunderts Fur das 10 Jahrhundert pladierte auch Frederic Macler in seinem Vorwort zur Faksimile Edition 11 von 1920 12 Die Forschungen von Sirarpie Der Nersessian schafften letztlich Klarheit uber die Entstehungsgeschichte Demnach entstanden die Miniaturen am Anfang zeitgleich mit dem Text im Jahr 989 wahrend die Randzeichnungen im 11 oder 12 Jahrhundert hinzukamen als das Evangeliar in einzelne Perikope aufgeteilt wurde Nach Der Nersessian sind die vier abschliessenden Miniaturen in vorarabischer Zeit also vor der ersten arabischen Eroberung der Hauptstadt Dvin 640 entstandene armenische Schopfungen 13 Die Elfenbeindeckel stammen nach einhelliger Ansicht aus dem 6 Jahrhundert und nach heutiger Erkenntnis aus einem Teil des Byzantinischen Reiches Die in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts angestellten Mutmassungen uber die Herkunft aufgrund der ikonografischen Analysen reichten von Ravenna Strzygowski 1891 Syrien Strzygowski 1902 Oskar Wulff 1912 und aus dem ostlichen Byzanz Wolfgang Fritz Volbach 1952 Ferner wurden Agypten und Kleinasien genannt 14 Entstehung und Struktur Bearbeiten nbsp Tempietto fol 5vLaut dem ersten Kolophon fertigte der Schreiber Hovhannes Johannes im Kloster Norawank im Auftrag des Priesters Ter Stepanos im Jahr 989 eine Abschrift von einer alten und originalen Vorlage an 15 Aus dem Kolophon geht nicht hervor welches von den vier Norawank neues Kloster benannten Orten gemeint war Am bekanntesten ist heute das Norawank in der Provinz Wajoz Dsor Josef Strzygowski ging 1891 noch von diesem Norawank als dem Herstellungsort aus 16 Bis 1933 war der Nachweis erbracht dass es sich um das kleinere Norawank im Distrikt Bgheno in der Nahe von Goris handelt 17 Das dortige Kloster wurde 935 936 von einem Priester Ter Stepanos gegrundet Wie es in einem zweiten Kolophon von 1213 heisst brachte Gurzhin der Sohn von Vahram das Evangeliar zur Kirche des heiligen Stephanus des ersten christlichen Martyrers in das Magharda Kloster heute in der iranischen Provinz West Aserbaidschan Von dort nahm es Makar Petrosian zu der Zeit Wardapet von 1885 bis 1891 Katholikos 1847 nach Etschmiadsin wo sich der Sitz der Armenisch Apostolischen Kirche befindet Im Hauptteil besteht das Buch aus 224 Blattern die in 28 Gruppen nach dem armenischen Alphabet bezeichnet zu je acht Blattern geordnet sind Hinzu kommen acht Blatter am Anfang die mit den beiden hinteren Blattern die Gesamtzahl von 234 Blattern aus Pergament in den Abmessungen von 35 Zentimetern Hohe und 28 Zentimetern Breite ergeben Die Textseiten sind wie bei den meisten armenischen Manuskripten zweispaltig mit neun Zentimetern Breite die Schrift ist eine sorgfaltig ausgefuhrte Unziale armenisch erkathagir Bei der Aufteilung im 11 12 Jahrhundert wurden die Verse mit kleineren Unzialen nummeriert Ausbesserungen fehlender Worter und Korrekturen erfolgten ebenfalls mit einer kleineren Schrift und wie die Textzeichnungen von anderer Hand Die hinzugefugten Illustrationen des Textes sind von deutlich einfacherer Qualitat als die ganzseitigen Miniaturen Die Figuren von Maria oder anderen Heiligen uberlappen sich zum Teil und sind auf dem beengten Raum haufig nur unvollstandig ausgefuhrt 18 Das Evangeliar beinhaltet auf den ersten beiden Seiten fol 1 1v der Brief des Eusebius an Carpianus worin er die Einteilung der Evangelien in einzelne Abschnitte erklart gefolgt von zehn Kanontafeln fol 2 5 und der Abbildung eines Miniaturtempels Tempietto fol 5v Die nachsten Seiten zeigen das Jesuskind mit den Aposteln Paulus und Petrus Portrats der vier Evangelisten ein Marienbildnis und das Opfer Abrahams Die Textseiten der vier Evangelien schliessen mit dem Johannesevangelium ab Zwischen diesem und den Kolophonen sind zwei beidseitig bemalte Blatter eingefugt Sie stellen auf Blatt 228 die Verkundigung an Zacharias Ankundigung der Geburt des Johannes durch den Engel Gabriel an Zacharias auf Blatt 228v Maria Verkundigung auf Blatt 229 die Anbetung der Konige und auf Blatt 229v die Taufe Jesu dar 19 Einleitender Teil BearbeitenDer Text des auf den Seiten 1 und 1v ausgebreiteten Eusebius Briefes wird seitlich von Saulen und einem Bogenfeld daruber umrahmt das auf der ersten Seite von einer von Blattern umgebenen Knospe bekront wird zu der zwei riesige Pfaue blicken Uber dem zweiten Teil des Textes ist stattdessen in der Mitte eine Fruchtschale mit kleineren Tauben zu beiden Seiten zu sehen Ahnlich von Bogen eingerahmt und dekoriert sind die Textspalten der Kanontafeln Blatt 5 weicht mit einem Tempietto von diesem Muster ab Vier Saulen mit marmorierten Schaften die offensichtlich den Kreis einer Rotunde bilden stehen auf von Wulsten gebildeten runden Basen Die korinthischen Kapitelle tragen einen perspektivisch gekrummten Architrav der aus mehreren Streifen gebildet wird und im breiten mittleren Feld eine Reihe vereinfachter Palmetten enthalt Auf dem Dach spriessen Blumen deren Bluten aus einem symmetrischen Blattpaar aufsteigen Zwei zur Mitte blickende Enten auf jeder Seite fullen den Raum zwischen den Bluten je eine Ente auf der Traufe scheint seitwarts wegfliegen zu wollen Die Dachspitze bildet eine Kugel mit einem Kreuz 20 Die mit einem Knoten gerafften Vorhange zwischen den Saulen geben einen realistischen Buhnenhintergrund scenae frons des romischen Theaters wieder Durch das Kreuz an der Spitze ist das Gebaude als christlich gekennzeichnet durch die in der Mitte herabhangende kleine Leuchte wird es moglicherweise zum Altarraum einer Kirche nbsp Opferung Isaaks durch Abraham Miniatur von 989 fol 8Die folgenden drei Seiten ubernehmen wieder das anfangliche Bildprogramm der Kanontafeln des von einem Halbkreis uberhohten Saulenportals Auf Blatt 6 sitzt Christus auf einem Thron umgeben von zwei stehenden Heiligen Die Lunette ist mit Blumen und Enten in leuchtendroten Farben vor einem blauen Hintergrund bemalt Die Mitte in der Lunette bildet eine Muschel mit strahlenformigen Zacken Zu beiden Seiten der Fruchtschale an der Spitze des Bogens sind Papageien und Granatapfelzweige zu sehen Der jugendliche Christus mit kurzem Haar und ohne Bart hebt segnend die angewinkelte rechte Hand In der linken Hand die unter dem langen dunkelroten Mantel verborgen ist halt er ein Kreuz Neben ihm stehen zwei alte Manner die in einen Chiton und einen weiteren Umhang daruber gekleidet sind Ihre Rechte ist wie bei Christus zum Segen erhoben auf der linken Seite tragen sie eine Schriftrolle Die Blatter 6v und 7 zeigen jeweils zwei stehende Evangelisten die nicht identifizierbar sind Wie vorher bei den Heiligen ist auf die linke Seite ihres Mantels der Buchstabe H gezeichnet der sich an den Gewandern aller mannlichen Figuren findet und laut Strzygowski eine Modeerscheinung darstellt die bereits in der romischen Zeit weit verbreitet war 21 Links tragen sie eine Schriftrolle und ihr Haupt ist von einem Nimbus umgeben Die Motive auf den Blattern 7v und 8 sind anstelle der Saulen am Blattrand von einem roten Rahmen umgeben Eine Muttergottes vom Zeichen sitzt auf einem Thron seitlich begrenzt von Vorhangen deren Knoten formal dem um den Thron drapierten Stoff entsprechen Maria Panagia ist mit einem purpurfarbenen Chiton und einer Paenula daruber bekleidet Das Jesuskind in ihrem Schoss hat wie zuvor der thronende Christus die rechte Hand zum Segen erhoben und halt in der linken ein Kreuz Bei der Opferung Isaaks auf Blatt 8 liegt Isaak auf der rechten Seite des Bildes mit auf den Rucken gebundenen Handen in einem langen gelben Chiton auf einer Art Steintreppe Die Treppe fuhrt hinauf zu einem Altar aus dem Flammen schlagen Neben Isaak steht Abraham mit einem langen Schwert in der rechten Hand die linke Hand auf den Kopf seines Sohnes gelegt In der linken oberen Ecke taucht die Hand Gottes aus lodernden Flammen auf links unten ist ein Widder an eine Zypresse angebunden 22 Insgesamt verweisen die Miniaturen auf Vorbilder in der byzantinischen Kunst Gegenuber dem wenige Jahre vorher entstandenen Mlke Evangeliar sind die Tiere und Pflanzen weniger lebendig und stilisierter gemalt Besonders die Figuren der biblischen Szenen wirken vor den schematisch arrangierten antiken Architekturkulissen erstarrt Die Personen stehen oder sitzen dem Betrachter in steifer Korperhaltung frontal zugewandt Die Vorliebe fur strenge Muster anstelle plastischer Gestaltung kennzeichnet im Wesentlichen auch die armenische Steinbearbeitung Ein herausragendes Beispiel fur diesen armenischen Stil in der Wandmalerei und Bauplastik ist die Kirche von Akdamar 23 Vier abschliessende Miniaturen BearbeitenDie vier am Schluss angefugten Miniaturmalereien gehoren zum fruhchristlichen Themenkreis Sie sind auf die Vorder und Ruckseite von zwei Blattern gemalt und erinnern stilistisch an einige in Enkaustik Technik hergestellte byzantinische Ikonen des 5 und 6 Jahrhunderts 24 sowie an die Fresken in der Euphrasius Basilika 543 553 in der kroatischen Stadt Porec Wegen der sassanidischen Kleidung der drei Weisen wurde ausserdem angenommen dass die Vorlage fur die Miniaturen aus einer Zeit stammt als Armenien unter persischer Oberherrschaft stand Ein motivischer Ursprung liegt vermutlich in den Klostern Palastinas mit denen die Armenier in regem Kontakt standen Ferner wurden Vergleiche zu den Wandmalereien der im 7 Jahrhundert erbauten Kirche Lmbatavank in der Nahe der nordarmenischen Stadt Artik gezogen Die ovalen hellen Gesichter mit weit geoffneten Augen tauchen dort ahnlich an den Tetramorphen in der Apsiskalotte auf 25 Eine eigenstandige armenische Handschrift ist erst ab dem 11 Jahrhundert erkennbar etwa beim Mughni Evangeliar um 1060 das in einer statischeren kuhleren Form auf dieselben fruhen Vorbilder zuruckgreift Die beiden Blatter zeigen die fruhesten erhaltenen armenischen Miniaturen und stammen allein deshalb aus einer anderen Zeit als die ubrige Handschrift weil sie nachtraglich an die Falze ausgeschnittener Blatter genaht wurden Ihr umfassendes Thema ist die Erscheinung des Herrn Epiphanie die in den Ostkirchen am 6 Januar gefeiert wird um Jesu Geburt und Taufe zu ehren Mit diesem Tag beginnt das armenische Kirchenjahr 26 Verkundigung an Zacharias Bearbeiten In der Geschichte des Lukas Evangeliums fol 228 Lk 1 5 25 57 66 EU kundigt der Engel Gabriel Zacharias die Geburt seines Sohnes Johannes an ein in der fruhchristlichen Kunst sehr seltenes Thema Die beiden einzigen anderen Darstellungen aus dieser Zeit sind im Augustin Evangeliar aus dem 6 Jahrhundert dem altesten erhaltenen Evangeliar in lateinischer Sprache und im syrischen Rabbula Evangeliar von 586 enthalten In der Etschmiadsin Miniatur ist im Hintergrund ein Giebeldach zu sehen das von korinthischen Saulen getragen wird Zwischen den beiden mittleren Saulen des Giebels spannt sich ein mit Edelsteinen verzierter Rundbogen Ein zwischen die Saulen gespannter hellroter Vorhang verbirgt teilweise das Innere Vor dem Gebaude steht ein rechteckiger Altar der mit einer dunklen Decke uberzogen ist Auf der linken Seite des Bildes steht halb hinter dem Altar der Engel Gabriel Er ist in ein langes weisses Gewand gehullt und an einer Tanie in seinem Haar und an seinem Nimbus erkennbar In seiner linken Hand halt er einen langen goldenen Stab mit seiner erhobenen Rechten deutet er an dass er mit Zacharias spricht der auf der rechten Seite des Bildes steht Zacharias ist ein Greis mit Bart und langen weissen Haaren einem knochellangen Gewand mit einem am Hals geknopften Umhang daruber der mit einer Weihrauchtasche auf den Engel zugeht 27 Dieser Komposition entspricht weitgehend die Miniatur im Rabbula Evangeliar wobei dort der Architekturhintergrund weniger detailliert herausgearbeitet ist als im Etschmiadsin Evangeliar 28 Dagegen steht im Augustin Evangeliar Zacharias hinter einem zum Stehpult angewachsenen Altar und der geflugelte Engel erscheint im Profil von der linken Seite Die syrisch armenische Darstellung unterscheidet sich auch von spateren byzantinischen Versionen die stets Zacharias hinter dem Altar zeigen Sie ist damit naher am Text des Lukas Evangeliums Einzigartig auf der Miniatur von Etschmiadsin sind die lang herabhangenden Flugel des Engels aus Pfauenfedern Namenlose Engel mit Pfauenflugeln sind aus dem Katharinenkloster auf dem Sinai 548 560 bekannt Inschriftlich als Engel Gabriel mit Pfauenflugeln ist allein ein Relief aus prokonnesischem Marmor gesichert das aus vorarabischer Zeit stammt und sich heute im archaologischen Museum von Antalya Antalya Muzesi befindet In spaterer Zeit scheint der Engel mit Pfauenflugeln nahezu ganzlich aus der christlichen Kunst verschwunden zu sein Offensichtlich sollte das auffallige Gefieder auf einen in der hochsten Rangstufe stehenden Erzengel verweisen Die Bildsprache weist ebenfalls Zacharias einen hohen Rang zu und macht ihn zum Hohepriester Sein Umhang ist am Kragen mit drei Reihen von kostbaren Steinen besetzt wie sie der alttestamentlichen Beschreibung der Priestergewander im 2 Buch Mose Ex 28 16 21 EU vorgegeben ist Dahinter steht eine Glaubensuberzeugung die nur in der syrischen und armenischen Kirche vorkommt nach welcher das Priestertum in eine Traditionslinie mit den Priestern des Alten Testaments gestellt wird also in eine kontinuierliche Linie die mit Aaron beginnt und zu Zacharias fuhrt welcher die Tradition an Johannes den Taufer weitergibt der schliesslich Jesus tauft Diese Bedeutung lasst die Armenier im Etschmiadsin Evangeliar Zacharias an die erste Stelle der Epiphanie Bebilderung setzen 29 Maria Verkundigung Bearbeiten Die Verkundigung an Maria fol 228v Lk 1 26 38 EU wird nur im Lukas Evangelium erzahlt und gehort in der fruhchristlichen Kunst zu den am haufigsten dargestellten Sujets Die Darstellung im Etschmiadsin Evangeliar ahnelt der vorangegangenen mit einigen wesentlichen Unterschieden Wahrend Zacharias sich von rechts dem Engel auf der linken Seite nahert tritt hier der wieder mit Pfauenflugeln ausgestattete Engel auf die still stehende Maria hinzu Um Maria als statisches Bildzentrum zu betonen ist das Giebelhaus im Hintergrund weiter nach rechts geruckt so dass der Rundbogen in der Giebelwand nun ihren Nimbus umgibt und sie von den Saulen ihres Hauses eingerahmt wird Maria tragt einen langen dunklen Chiton an dessen Gurtel ein weisses Tuch herabhangt und daruber eine lange Paenula die am Saum mit Fransen besetzt ist Die Bewegungsrichtung beider Figuren ist ebenso im Rabbula Evangelium dargestellt weil beide auf eine in syrischer Sprache verfasste Interpretation des Kirchenlehrers Ephram der Syrer um 306 373 zuruckgehen die im 5 Jahrhundert ins Armenische ubersetzt wurde In seinem Kommentar zum Diatesseron Evangelienharmonie erklart Ephram die Bedeutung der handelnden Personen und verweist auf das ubliche Gebot der Hoflichkeit wonach Rangniedrige auf Hoherstehende zugehen Folglich nahert sich Zacharias dem Engel um zu zeigen dass sein zukunftiger Sohn niedriger im Rang als der Engel sein wird aber indem sich der Engel Maria nahert bringt er zum Ausdruck dass Christus uber die Engel gebieten wird Vom unerwarteten Auftritt des fremden Boten uberrascht steht Maria auf und lasst ihr Spinngarn in den Korb vor ihren Fussen fallen mit der rechten Hand fasst sie sich an ihr Kinn und mit der linken ergreift sie den Saum ihres Mantels Eine Frau die sich vor allem bei Abwesenheit ihres Gatten tagsuber mit Spinnen beschaftigt bewies zu der Zeit ihre vornehme Stellung und das Bemuhen um einen ordentlichen Haushalt Diese Symbolik ist von antiken Erzahlungen und Reliefs auf Grabplatten bekannt Auf vielen Abbildungen hat Maria ihre Hande vor der Brust verschrankt halt Spindel und Garn oder streckt die Hande in einer Uberraschungsgeste aus nur selten fuhrt sie die Hand ans Kinn was in der antiken Kunst als Zeichen tiefer Verunsicherung gilt Maria fragt nach ob der Engel wirklich eine gottliche Botschaft bringt und sorgt sich um ihre Jungfraulichkeit Lk 1 34 38 EU 30 Anbetung der drei Konige Bearbeiten nbsp Anbetung der drei Konige fol 229Die Anbetung der Konige fol 229 Mt 2 1 12 EU fehlt im Rabbula Evangeliar Die Szene ist vor einem ganzlich anderen Architekturhintergrund dargestellt Das symmetrische Gebaude besitzt in der Mitte einen auf korinthischen Saulen ruhenden Rundbogen der von einer strahlenformigen blauen Muschelform ausgefullt wird Das sich uber den Rundbogen erstreckende Dach endet seitlich in perspektivisch verzeichneten Giebeln in denen sich wie Fenster aussehende Kreuze befinden Die Aussenecken des Gebaudes werden von Saulen getragen die zugleich die Figurengruppe einrahmen Die strenge Symmetrie erganzen rote Vorhange die zwischen den Saulen angebracht schrag nach innen hangen Nona Stepanjan sieht in der Architektur eine dreischiffige Basilika mit einer mittigen Rundapsis und fasst die Giebel als Seitenschiffe auf 31 In der Mitte unter dem Rundbogen sitzt Maria auf einem Thron mit einer hohen geschwungenen Lehne Ihr blaues Gewand bildet den Hintergrund fur das mit einem rotlichen Gewand und einem einfachen rotlichen Nimbus umgebene Christuskind das sich vor einer in einem etwas helleren Blau gehaltenen ovalen Flache deutlich abhebt die eine Art Mandorla bildet Rechts neben Maria steht ein Engel mit Tanie im Haar und einem Nimbus um den Kopf Die ubrigen drei Figuren eine rechts vom Engel und zwei auf der linken Seite des Bildes reprasentieren die heiligen drei Konige die an ihrer orientalischen Kleidung zu erkennen sind Sie tragen Pumphosen und kurze Rocke die mit kunstvoll gemusterten Borduren verziert sind Offensichtlich sind sie unterschiedlich alt denn der linke Weise tragt keinen der mittlere einen schwarzen und der rechte einen grauen Bart Alle drei halten einen Kranz waagrecht in den Handen den sie Christus entgegenstrecken 32 Ausser dem Matthausevangelium liegt der Darstellung das Armenische Kindheitsevangelium zugrunde eine apokryphe Kindheitsgeschichte die Ende des 6 Jahrhunderts ostsyrische Christen von Mesopotamien nach Armenien brachten 33 Im armenischen Kindheitsevangelium kundet der Engel Gabriel vom Kommen der drei Weisen wahrend ansonsten Sterne am Himmel deren Vorboten sind Gabriel informiert in der armenischen Erzahlung zunachst Maria und ladt sodann die drei Weisen ein damit sie dem Christuskind huldigen In der verbreitetsten Darstellung kommen die drei Weisen in einer Reihe daher und uberbringen ihre Geschenke Das Blatt im Etschmiadsin Evangeliar folgt dagegen einer Darstellung die im 6 Jahrhundert auf ampullae latein Sg ampulla rundbauchige Trinkflasche fur heiliges Wasser oder Ol mit zwei Henkeln in Palastina auftaucht Anstelle hoher Kronen tragen die Weisen flach um den Kopf gebundene Hauben die mit Perlen verziert sind und deren Schleifen lose auf die Schultern herabhangen Nach Thomas F Mathews verweist diese Kopfbedeckung zu den Magern den Priestern des zoroastrischen Kults wie sie auf sassanidischen Siegeln abgebildet sind Die wie Reithosen aussehenden eleganten Beinkleider wurden von sassanidischen Fursten getragen Bereits Strzygowski fiel auf dass die Weisen obwohl sie sich auf Maria zubewegen mit seltsam gespreizten O Beinen dastehen Moglicherweise steht dahinter der Gedanke an sassanidische Adlige die typischerweise im Sitzen mit gespreizten Knien und geschlossenen Fussen gezeigt werden Dementsprechend gelten die drei Besucher im armenischen Kindheitsevangelium als Konige Eine weitere apokryphe Schriftsammlung die vermutlich im 6 Jahrhundert aus Texten des 4 Jahrhunderts kompilierte Syrische Schatzhohle nennt die drei explizit sassanidische Konige Aus einem religionsgeschichtlichen Aspekt war es erforderlich die Besucher als Priester und Konige zugleich zu verstehen Ein so hoch geborenes Kind sollte von niemand geringerem als von Konigen den ersten Besuch erhalten Zugleich demonstriert der Besuch von zoroastrischen Priestern gegen deren Religion sich das fruhe Christentum in Armenien behaupten musste dass die Zoroastrier den neuen christlichen Herrn nunmehr als einen uber ihnen stehenden Priester anerkannt haben In fruhchristlicher Zeit war es noch ungewohnlich die drei Weisen als Jungling Erwachsener und Greis darzustellen Sie so unterschiedlich alt erscheinen zu lassen passt zur Erzahlung des armenischen Kindheitsevangeliums Darin berichten die Weisen sich gegenseitig ihre Eindrucke nach dem Besuch beim Christuskind Kaspar sah ein Kind den Sohn Gottes auf einem Thron sitzen Balthasar erkannte den Herrn uber die himmlischen Heerscharen von denen er auf seinem Thron sitzend angebetet wurde wohingegen Melchior den sterbenden und wiederauferstehenden Gott vorfand Die Lebensalter der Weisen stimmen mit ihren Visionen uberein Die Herkunft dieser Erzahlung wird in der zoroastrischen Vorstellung der ewigen Zeit zurvan vermutet die als personifizierter Gott im Armenien des 5 Jahrhunderts verehrt wurde Der uber allen Gottern stehende Zurvan erschien nicht aus einem Anfang denn er galt nicht nur als ewig sondern erschuf uberhaupt erst die Zeit weil er vor allem anderen da war Eine solcherart zeitlose nach altiranischer Anschauung drei kosmische Zeitalter reprasentierende Christusfigur sollte in der Miniatur dargestellt werden Die kosmisch zeitlose Bedeutung Christi dessen Gestalt im genauen Zentrum des Bildes die Weisen als Vision wahrnahmen wollte der Maler mit der Mandorla um das Christuskind zum Ausdruck bringen 34 Taufe Jesu Bearbeiten Die abschliessende Miniatur der Taufe Jesu fol 229v ist als einzige von einem Rahmen umgeben Der Rahmen enthalt in den vier Ecken Medaillons mit den Portrats der vier Evangelisten In den Rahmenfeldern dazwischen sind auf Kelchen und Schalen sitzende Vogel dargestellt die sich ihre Brustfedern rupfen Das mittlere Bild zeigt Johannes auf der linken Seite mit langen schwarzen Haaren schwarzem Bart und einem Nimbus bei der Taufe Die rechte Hand halt er auf den Kopf Christi mit der linken rafft er sein langes faltenreiches Gewand es ist ein schwerer Kamelhaarmantel am Gurtelbereich zusammen Christus steht mit nacktem Oberkorper im Wasser Uber ihm kommt eine Taube als der Heilige Geist im Sturzflug herab und daruber erscheint die rechte Hand Gottes mit einer Segensgeste aus den Wolken 35 Portrats der Evangelisten beschliessen typischerweise ein armenisches Evangeliar Ihr gleich altes Aussehen ist ein Beleg fur die fruhchristliche Datierung der Malerei denn spater werden Matthaus und Johannes zumeist als altere Manner Markus und Lukas dagegen junger dargestellt Im Unterschied zum ansonsten ahnlichen Rabbula Evangeliar tragt Christus keinen Bart Dies folgt der armenischen Tradition nach der mit der Epiphanie zugleich die Geburt und Taufe Christi gefeiert wird der Taufling folglich als Kind erscheinen soll Die Vogel in der Umrahmung sind als rosafarbene Pelikane erkennbar Sie stehen auf Abendmahlskelchen und Hostienschalen die reich mit Edelsteinen verziert sind In der Ikonografie des europaisch christlichen Mittelalters erscheint der Pelikan als Symbol des Todes und der Auferstehung 36 in der byzantinischen Kunst kommt er als Sinnbild fur Einsamkeit vor in einem Abendmahlskelch sitzend ist er einzig aus dem Rabbula Evangelium und aus dieser Miniatur bekannt Die symbolische Bedeutung ist wohl dem Physiologus entnommen einer Naturlehre die bis zum 4 Jahrhundert auf Griechisch verfasst und anschliessend ins Armenische und in andere Sprachen ubersetzt wurde Der Pelikan erweckt sein Junges mit seinem eigenen Blut wieder zum Leben und verhalt sich so wie Christus der sich am Kreuz opfert Der Pelikan gibt sein Blut in den Kelch mit dem in der Eucharistie symbolisch die Kreuzigung vergegenwartigt wird 37 Buchdeckel Bearbeiten nbsp Vorderer Elfenbeindeckel 6 JahrhundertIn der Spatantike wurden byzantinische Handschriften von Konstantinopel nach Armenien gebracht damit sie dort aus dem Griechischen ubersetzt werden konnten In einer zwischen 604 und 607 verfassten Abhandlung uber die Ikonoklasten Yaghags Patkeramartits beschreibt der Katholikos Vrtanes Kertogh die kostbaren byzantinischen Evangeliare die es zu seiner Zeit in Armenien gab und preist deren aus Gold Silber und Elfenbein bestehende Einbande Die jeweils aus funf reliefierten Elfenbeintafeln zusammengesetzten Buchdeckel des Etschmiadsin Evangeliars messen jeweils 36 5 Zentimeter in der Hohe und 30 5 Zentimeter in der Breite Vermutlich 1173 wurde die Handschrift neu gebunden und erhielt ihre heutigen Elfenbeindeckel Die funf fur einen Deckel benotigten Teile wurden so angeordnet dass in der Mitte Christus oder Maria erscheint Die ausseren Paneele zeigen Szenen aus den Evangelien oder zu Gruppen angeordnete Engel und Apostel Oft wurden einzelne als Reliquien aufbewahrte Teile zusammengetragen und neu zu Buchdeckeln arrangiert Die Elfenbeindeckel des Etschmiadsin Evangeliars gehoren zu einer Reihe Diptychen wie dem Einband des Evangeliars aus Saint Lupicin 2 Halfte des 6 Jahrhunderts Paris Bibliotheque nationale de France Cod lat 9384 und dem sogenannten Murano Elfenbein 510 530 das im Museo Nazionale in Ravenna aufbewahrt wird Die dargestellten Szenen entsprechen in ihrem Zusammenhang den Konventionen der fruhchristlichen Ikonografie Der vordere Deckel enthalt im mittleren Feld eine Mariendarstellung vom Typus der Hodegetria flankiert von zwei Engeln Die seitlichen Tafeln sind zweigeteilt Links oben ist Maria Verkundigung zu sehen darunter die Keuschheitsprobe mit bitterem Wasser nach dem 4 Buch Mose 5 11 28 Rechts gegenuber sind Jesu Geburt und darunter die Flucht nach Agypten dargestellt Uber den drei mittleren Teilen im Hochformat befindet sich ein horizontales Relief mit zwei aufeinander zufliegenden Engeln die ein grosses Kreuz in der Mitte das von einem Lorbeerkranz corona triumphalis umrahmt wird mit den Armen umfassen Figuren in den oberen Ecken halten die Hande zum Gebet vorgestreckt Die lebhafte Szene unten quer enthalt die Anbetung der drei Konige Der hintere Deckel ist auf dieselbe Weise angeordnet Die obere Tafel ist identisch mit der Vorderseite wahrend die Figurengruppe unten den Einzug in Jerusalem darstellt mit dem auf einem Esel reitenden Jesus der ein Kreuz halt wahrend ihm sieben Anhanger begeistert mit Palmwedeln zuwinken Die Frau auf der rechten Seite mit einem Fullhorn in der Hand verkorpert die Stadt Jerusalem Das mittlere Feld gehort dem auf seinem Thron sitzenden jungen Christus der in der linken Hand eine grosse Schriftrolle halt seine rechte Hand ist zum Segen erhoben Um seinen Kopf fehlt der Nimbus Hinter ihm zu beiden Seiten stehen die Apostel Petrus und Paulus Seitlich sind vier Wunderheilungen dargestellt Die rechte Tafel enthalt im oberen Bereich die Heilung des Gelahmten zu dem Jesus sagt Steh auf nimm dein Bett und geh in dein Haus Mt 9 1 8 EU Darunter folgt die Heilung der zwei vom Teufel besessenen Gadarener Mt 8 28 34 EU Auf der linken Seite vollzieht Jesus oben die Heilung der Blutflussigen Mk 5 21 EU und darunter moglicherweise die Heilung am Teich Bethesda Joh 5 1 16 EU 38 Drei der dargestellten Heilungsszenen umrahmen ebenfalls auf den Diptychen in Paris und Ravenna die zentrale Christusfigur Die linke untere Szene der Ruckseite kann auch anders interpretiert werden weil sie einen nackten Mann zeigt was nach Pieter Singelenberg bedeutet dass hier eine Heilung unter Wasser stattfindet Demnach durfte die Heilung eines Blindgeborenen nach dem Johannesevangelium gemeint sein Joh 9 6 12 EU Jesus spuckt auf den Boden weicht mit seinem Speichel Lehm auf reibt diesen dem Mann auf die Augen und schickt ihn dann in den Teich von Siloah damit er sich reinige 39 Literatur BearbeitenHeide und Helmut Buschhausen Das illuminierte Buch Armeniens In Armenien Wiederentdeckung einer alten Kulturlandschaft Ausstellungskatalog Museum Bochum 1995 S 191 213 Heide und Helmut Buschhausen Codex Etschmiadzin Kommentar zur Faksimile Ausgabe Codex 2374 des Matenadaran Mesrop Mastoc in Erevan Akademische Druck und Verlagsanstalt Graz 2001 ISBN 3 201 01739 6 Beda O Kunzle Das altarmenische Evangelium Band 1 Edition zweier altarmenischer Handschriften Edition nach dem Kodex Matenadaran 6200 fruher 1111 der Bibliothek des Instituts fur orientalische Sprachen Lazarev Moskau geschrieben im Jahre 887 und nach dem Kodex Matenadaran 2374 fruher Ejmiacin 229 geschrieben im Jahre 989 Teil 2 Lexikon vollstandiges Worterbuch mit grammatischer Analyse samtlicher Wortformen in beiden edierten Handschriften Peter Lang Bern Frankfurt 1984 Frederic Macler L Evangile armenien Edition phototypique du manuscrit No 229 de la bibliotheque d Etchmiadzin Librairie Paul Geuthner Paris 1920 Digitalisat Thomas F Mathews The early Armenian iconographic program of the Ejmiacin Gospel Erevan Matenadaran Ms 2374 olim 229 In Nina G Garsoian Thomas F Mathews Robert W Thomson Hrsg East of Byzantium Syria and Armenia in the Formative Period A Dumbarton Oaks Symposium Dumbarton Oaks Washington D C 1982 S 199 215 Sirarpie Der Nersessian The Date of the Initial Miniatures of the Etchmiadzin Gospel In The Art Bulletin 15 1933 S 327 360 Vrej Nersessian Treasures from the Ark 1700 Years of Armenian Christian Art The J Paul Getty Museum Los Angeles 2001 ISBN 978 0 89236 639 2 S 155 158 Pieter Singelenberg The Iconography of the Etschmiadzin Diptych and the Healing of the Blind Man at Siloe In The Art Bulletin 40 1958 S 105 112 Nona Stepanjan Wandmalerei Buchmalerei und angewandte Kunst In Burchard Brentjes Stepan Mnazakanjan Nona Stepanjan Kunst des Mittelalters in Armenien Union Verlag Berlin 1981 ISBN 978 3 7031 0548 7 S 234 316 Josef Strzygowski Das Etschmiadzin Evangeliar Beitrage zur Geschichte der armenischen ravennatischen und syro agyptischen Kunst Byzantinische Denkmaler Band 1 Wien 1891 Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Etschmiadsin Evangeliar Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Index of Armenian Art M2374G Armenian Studies Program Fresno CA Index of Armenian Art M2374GF Armenian Studies Program Fresno CA The Evolution of Armenian Gospel Illumination The Formative Period 9th 11th Centuries Armenian Studies Program Fresno CA Einzelnachweise Bearbeiten Burchard Brentjes Drei Jahrtausende Armenien Koehler amp Amelang Leipzig 1973 S 118 Hamlet Petrosyan Writing and the Book In Levon Abrahamian Nancy Sweezy Hrsg Armenian Folk Arts Culture and Identity Indiana University Press Bloomington 2001 S 52 57 Heide und Helmut Buschhausen S 192f 197 Vrej Nersessian S 157 181 Heide und Helmut Buschhausen S 208 Carl Nordenfalk Die spatantiken Kanontafeln Kunstgeschichtliche Studien uber die eusebianische Evangelien Konkordanz in den vier ersten Jahrhunderten ihrer Geschichte Oscar Isacsons Boktryckery Goteborg 1938 S 70f Thomas E Mathews Psychological dimensions in the art of Eastern Christendom In Osmund Overby Hrsg Art and Religion Faith Form and Reform 1984 Paine Lectures in Religion University of Missouri Columbia 1986 S 2 4 auf russisch franzosische Ubersetzung von J J Mourier La bibliotheque d Etchmiadzin et les manuscrits arminiens Tiflis 1885 Josef Strzygowski S 23 Josef Strzygowski Ein zweites Etschmiadzin Evangeliar in Huschardzan Festschrift aus Anlass des 100 jahrigen Bestandes der Mechitaristen Kongregation in Wien 1811 1911 und des 25 Jahrganges der philologischen Monatschrift Handes Amsorya 1887 1911 Wien 1911 S 344 352 Frederic Macler 1920 S 12 Sirarpie Der Nersessian 1933 S 328 Thomas F Mathews S 199 Pieter Singelenberg 1958 S 106 Text des Kolophons teilweise ubersetzt in Strzygowski S 18f Josef Strzygowski S 20 Sirarpie Der Nersessian 1933 S 327 Sirarpie Der Nersessian 1933 S 327 330 334 Vrej Nersessian S 157 Josef Strzygowski S 53f Josef Strzygowski S 63 Josef Strzygowski S 54 56 Sirarpie Der Nersessian Armenia and the Byzantine Empire A Brief Study of Armenian Art and Civilization Harvard University Press Cambridge 1947 S 115f Nona Stepanjan S 246 Thomas F Mathews S 199 Heide und Helmut Buschhausen S 208f Vrej Nersessian S 157 Josef Strzygowski S 68 Nona Stepanjan S 246 Thomas F Mattews S 201 203 213 Anm 18 Thomas F Mathews S 204f Nona Stepanjan S 246f Josef Strzygowski S 69 Igor Dorfmann Lazarev Ruckkehr zur Geburtsgrotte Eine Untersuchung des armenischen Berichts uber die Kindheit des Herrn In Theologie der Gegenwart 56 1 2013 S 30 43 hier S 33 Thomas F Mathews S 205 209 Josef Strzygowski S 69f Wilhelm Molsdorf Christliche Symbolik der mittelalterlichen Kunst Karl W Hiersemann Leipzig 1926 S 67 Thomas F Mathews S 209 211 Vrej Nersessian S 155f Pieter Singelenberg 1958 S 107 nbsp Dieser Artikel wurde am 1 August 2014 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Etschmiadsin Evangeliar amp oldid 236416050