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Die Kelchwurmer auch Kelchtiere Entoprocta Gr mit innerem After auch Kamptozoa genannt sind ein Tierstamm mit etwa 250 Arten Sie leben im Wasser als sessile Filtrierer und werden 0 5 bis 5 Millimeter lang Ihren wissenschaftlichen Namen Entoprocta griechisch entos Innere proktos Anus haben sie weil bei ihnen im Gegensatz zu den ausserlich ahnlichen Moostierchen Bryozoa oder Ectoprocta der Anus innerhalb des Tentakelkranzes liegt Sie leben kommensal auf Schwammen und anderen Lebewesen Dabei schaden sie ihren Wirten nicht KelchwurmerBarentsa discretaSystematikohne Rang Vielzellige Tiere Metazoa ohne Rang Bilateriaohne Rang Urmunder Protostomia Stamm KelchwurmerWissenschaftlicher NameEntoproctaNitsche 1869 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Anatomie der Adulten 1 2 Anatomie der Larven 2 Lebensweise 3 Fortpflanzung und Entwicklung 3 1 Asexuelle Fortpflanzung 3 2 Sexuelle Fortpflanzung 4 Verbreitung und Lebensraum 5 Stammesgeschichte 6 Systematik 7 Literatur 8 Weblinks 9 QuellenMerkmale BearbeitenAnatomie der Adulten Bearbeiten Der Aufbau aller Kelchwurmer ist sehr einheitlich Sie bestehen aus einem muskulosen Stiel an dessen unterem Ende ein Fuss mit einer Klebedruse ausgebildet ist sowie einem Kelch der den eigentlichen Korper darstellt und eine Tentakelkrone tragt Die Grosse der Einzeltiere Zooid betragt im Normalfall etwa einen Millimeter die kleinste bekannte Art ist Loxomespilon perezi mit etwa 0 1 Millimeter und die grosste Barentsia robusta mit etwa sieben Millimetern Korpergrosse Die Einzeltiere sind bilateralsymmetrisch aufgebaut und ahneln bei oberflachlicher Betrachtung den Polypen der Hydrozoa die zu den Nesseltieren gehoren Anders als bei diesen sind bei den Kelchwurmern allerdings die Tentakel nicht einziehbar sondern konnen nur eingerollt werden Die Aussenschicht der Tiere wird durch eine einschichtige Epidermis gebildet die nach aussen durch eine Gallertschicht begrenzt wird Darunter liegt einlagig die Muskulatur die im Kelchbereich aus schraggestellten Fasern besteht und im Stiel in eine Langsmuskulatur ubergeht Als Leibeshohle besitzen die Tiere ein flussigkeitsgefulltes Pseudocoel mit vereinzelten Ansammlungen von Mesenchymzellen bei dem keine epitheliale Auskleidung des freien Raumes vorhanden ist Dieses durchzieht den Korper vom Stiel uber den Kelch bis hin zu den einzelnen Tentakeln ein zusatzliches Gefasssystem existiert nicht Im Kelch befinden sich die Organe der Tiere wobei der U formige Darmkanal den Grossteil des Raumes einnimmt Der Darm besitzt keine eigene Muskulatur und ist im Innenraum von Cilien bestanden die die Nahrung zum zentralen Abschnitt dem Magen transportieren Hier erfolgt die Verdauung und auch die Aufnahme der Nahrstoffe ausserdem ist das Magendach ahnlich der Leber der Wirbeltiere das Hauptspeicher und stoffwechselorgan und dient zusatzlich der Exkretion indem Stoffwechselendprodukte aus der Leibeshohle in den Darmkanal abgegeben werden Die Mundoffnung und der After munden beide nach oben gerichtet in den Bereich des tentakelumstandenen Raums Atrium ebenso die der Exkretion und Osmoregulation dienenden paarigen Protonephridien sowie die Ausfuhrgange der sackartigen Gonaden Das Nervensystem ist einfach gebaut und besitzt ein einfaches hantelformiges Ganglion in der Schleife des Darms Von diesem ziehen Nervenstrange zur Kelch zur Tentakel und zur Stielmuskulatur Auf der Kelchoberflache befinden sich Mechanorezeptoren und an den Tentakelinnenseiten zusatzlich Sinnescilien Lichtsinnesorgane besitzen die Tiere nicht Anatomie der Larven Bearbeiten Die Larve der Kelchwurmer hat einen Durchmesser von durchschnittlich nur 50 bis 100 Mikrometern und zeigt eine Reihe von Ahnlichkeiten zum weit verbreiteten Trochophora Larventyp Unterschiede bestehen unter anderem in der kuppelformigen Ausbildung der oberen Halfte Episphare mit einer Scheitelplatte am oberen apikalen Ende Aufgrund dieser Kuppelform wurde der Name Tholophora Larve von gr tholos Kuppeldach Gewolbe vorgeschlagen Salvini Plawen 1980 Am unteren Rand der Episphare zieht ein Wimpernkranz entlang der wahrend der anfanglichen schwimmenden pelagischen Lebensweise der Larve als Motor der Fortbewegung dient Auf der Episphare ist bei den meisten Arten ein Sinnesorgan ausgebildet welches aus einem Wimpernbuschel und bei spater einzellebenden Tieren einem Paar Lichtsinnesorgane Ocellen besteht Praeoralorgan Bei den spater solitaren Formen ist das Praeoralorgan paarig bei koloniebildenden Formen unpaar Die untere Halfte der Larve die Hyposphare ist wahrend der Schwimmphase vollstandig in die Episphare eingestulpt und somit von aussen kaum sichtbar Dies war der Hauptgrund fur die anfangliche Gleichsetzung mit dem Trochophora Larventyp Erst als klar wurde dass in einer zweiten bodenlebenden benthischen Phase die ausgestulpte Hyposphare als Kriechsohle eingesetzt wird wurde die Gleichsetzung mit der Trochophora relativiert bei einigen Kamptozoen Arten fehlt allerdings diese zweite bodenlebende Phase Die Mundoffnung liegt am Rand der Hyposphare unterhalb des Wimperkranzes und fuhrt uber einen U formigen Darmkanal zum ebenfalls an der Hyposphare liegenden Anus Ausserdem besitzt die Tholophora Protonephridien die der Exkretion dienen Lebensweise BearbeitenKelchwurmer leben als Filtrierer wobei sie mit Hilfe ihrer Tentakel Schwebstoffe aus dem Wasser filtern Diese sondern einen klebrigen Schleim ab an dem die Partikel kleben bleiben uber die Cilien der Tentakel werden diese der Mundoffnung zugefuhrt Durch Kontraktion der Langsmuskulaturstrange fuhren die Einzeltiere Pendelbewegungen ihres Stieles sowie charakteristische Nickbewegungen des Kelches durch um die Filtrationsleistung zu steigern Die meisten Arten leben solitar und sind mit ihrem Fuss am Boden befestigt etwa ein Drittel der Arten bilden jedoch auch Kolonien mit mehreren Individuen die uber Aste aus ihren Stielen miteinander verbunden sind Fortpflanzung und Entwicklung BearbeitenKelchwurmer konnen sich sowohl sexuell als auch asexuell fortpflanzen Wahrend die Pedicellinidae grundsatzlich simultan zwittrig sind sie besitzen also dauerhaft sowohl mannliche als auch weibliche Geschlechtsorgane stellen die Loxosomatidae protandrische Zwitter dar bei ihnen entwickeln sich also zuerst mannliche und anschliessend weibliche Geschlechtsorgane Die Barentsidae sind getrenntgeschlechtlich innerhalb einer Kolonie kommen dabei beide Geschlechter vor Dabei bilden sich grundsatzlich immer zuerst Mannchen mit Hoden aus die Entwicklung weiblicher Zooide ist abhangig von der Prasenz bereits vollentwickelter Mannchen in der Kolonie Die Lebenszeit der Einzeltiere betragt etwa sechs Wochen Asexuelle Fortpflanzung Bearbeiten Die asexuelle Vermehrung erfolgt dabei durch Knospung der ektodermalen Kelchwand bei der aus einem Einzeltier mehrere genetisch mit diesem identische Nachkommen resultieren Die Knospen entstehen in der Kelchwand im Bereich des Mundes oder bei koloniebildenden Formen am Stiel Erst nach der abgeschlossenen Knospung wandern mutterliche Mesenchymzellen in das neu entstandene Tier und bilden die Muskulatur sowie die Bindegewebe Bei den koloniebildenden Arten bleiben die Jungtiere uber den Stiel mit dem Muttertier verbunden und bilden einen verbindenden Stolo durch Langenwachstum an der Verbindungsstelle Als Ergebnis bilden sich mattenformige oder stark verzweigte baumchenformige Kolonien die bei einigen Arten wie etwa Pedicellinopsis fructiosa Hohen von bis zu 2 5 Zentimeter mit Tausenden einzelnen Zooiden erreichen Die Regenerationsfahigkeit der Kamptozoen ist relativ beschrankt und betrifft nur die Neubildung verletzter Tentakel Bei den koloniebildenden Formen konnen die Kelche aus dem Blastoderm des Stieles regeneriert werden die Stiele konnen also als Uberdauerungsstadien dienen vor allem bei Barentsiidae Einige Kolonien bilden zudem stark retardierte Knospen aus die erst zu echten Zooiden werden wenn die restliche Kolonie abgestorben ist Sexuelle Fortpflanzung Bearbeiten Bei der sexuellen Fortpflanzung geben die mannlichen Tiere ihre Spermien in das freie Wasser ab von dort werden sie von den weiblichen Tieren eingestrudelt Die Befruchtung findet im Ovar der Weibchen statt von dort wandern die befruchteten Zygoten in das Atrium und lagern sich in spezielle paarige Bruttaschen ein die beidseitig des Enddarms liegen Die Embryonalentwicklung verlauft uber eine Spiralfurchung bei der sich Quartette von jeweils zwei kleineren Mikromere und zwei grosseren Zellen Makromere bilden und spiralig gegeneinander lagern Aus den 4d Zellen entwickeln sich Telomesoblasten die die Ursprungszellen des gesamten mesodermalen Gewebes sind Es handelt sich also um die fur die Spiralia typische Spiralquartett 4d Furchung Aufgrund dieses Merkmales muss eine nahere Verwandtschaft der Kelchwurmer mit anderen Spiraliern in Betracht gezogen werden diskutiert werden hier vor allem Ringelwurmer und Weichtiere siehe Abschnitt Systematik Verbreitung und Lebensraum BearbeitenKelchwurmer sind weltweit in den Gewassern der Kustengebiete zu finden Die meisten Arten sind marin die weitverbreitete Art Urnatella gracilis lebt als einzige Art im Susswasser sie kam ursprunglich wahrscheinlich nur in Nordamerika vor und wurde von dort nach Europa und Asien eingeschleppt Die Einzeltiere siedeln sehr haufig auf anderen wirbellosen Tieren wie Schwammen Ringelwurmern Stachelhautern und seltener auch auf Krebstieren wo sie von der Verwirbelung des Wassers durch die Bewegung und Nahrungsaufnahme der grosseren Tiere profitieren Kolonien leben auf allen Substraten die einer Stromung ausgesetzt sind dabei vor allem auf Hydroidstocken Muschelschalen und Gesteinsflachen Stammesgeschichte BearbeitenAufgrund ihrer Kleinheit sowie der fehlenden Hartsubstanzen ihres Korpers ist der stammesgeschichtliche Nachweis der Kelchwurmer nur sehr luckenhaft Die altesten bekannten Formen stammen aus dem spaten Jura und wurden in England gefunden Systematik BearbeitenDie externe Systematik der Kelchwurmer ist bislang nicht vollstandig geklart Ursprunglich wurden sie von Nitsche vollstandig den Moostierchen Bryozoa zugeordnet von den meisten Bearbeitern wurde diese Einordnung jedoch abgelehnt Auf der Basis von ontogenetischen Beobachtungen werden sie heute noch von einzelnen Autoren vor allem von Nielsen 1979 1 in die verwandtschaftliche Nahe der Bryozoa gestellt Ax 1999 2 schlagt dagegen als Alternative eine Einordnung in die Verwandtschaft der Weichtiere Mollusca vor und benennt das entstehende Taxon als Lacunifera wobei er den Feinaufbau der Cuticula den Aufbau der Leibeshohle als Lakunensystem sowie den Feinaufbau der Cilien als Argumente anfuhrt Ein weiterer Vorteil dieser Hypothese wird darin gesehen dass ein evolutionarer Zusammenhang zwischen den beschalten trochophoraartigen Larven mancher Weichtiere und den ahnlich erscheinenden Kriechlarven der Kelchwurmer hergestellt werden kann im Extremfall wird sogar der Kriechfuss der Weichtiere von der Kriechsohle der Kelchwurm Larve hergeleitet Molekularbiologisch konnte allerdings weder eine Nahe der Kelchwurmer zu den Moostierchen noch die Ax sche Lacunifera Hypothese bestatigt werden vgl auch weiter unten Wenn man die Kriechlarven der Kelchwurmer als modifizierte Trochophoralarven betrachtet sind bezuglich der Herkunft mindestens zwei Evolutionsmodelle zu formulieren in denen jeweils eine Abstammung von annelidenartigen Vorformen also Ringelwurmern im weitesten Sinne angenommen wird Aufgrund der Organisation der Kelchwurmer als coelomlose Tiere mit Spiralfurchung und keiner erkennbaren Gliederung wird manchmal vermutet dass die Kelchwurmer sich direkt auf Trochophorae zuruckfuhren lassen die im Jugendstadium bereits adult wurden progenetische Trochophorae Eine zweite Version sieht in den Kelchwurmern schrittweise verzwergte und umgewandelte Ringelwurmer die Veranderungen der Larvenform wurden nach diesem Modell parallel zur Umwandlung der Adultformen abgelaufen sein Eine gewisse Nahe zu den Ringelwurmern wurde durch erste molekulargenetische Untersuchungen der rRNA Mackay et al 1995 3 bestatigt allerdings zeigen auch viele andere Lophotrochozoa Linien molekulargenetische Ahnlichkeiten mit den Ringelwurmern darunter auch die Weichtiere Neueren genetischen Untersuchungen zufolge bilden Kelchwurmer die Schwestergruppe einer anderen sessilen Zwergform namlich der erst 1995 beschriebenen Cycliophora Halanych 2004 Damit ware also die Annahme eines Schwestergruppenverhaltnisses zu den Moostierchen oder Weichtieren zuruckgewiesen wahrend die Abstammung von ringelwurmartigen Vorformen in der Diskussion bleibt Es gibt etwa 150 Arten der Kelchwurmer die in vier Familien eingeordnet werden Die solitaren und als ursprunglich angesehenen Loxosomatidae enthalten dabei etwa zwei Drittel der bekannten Arten und werden den anderen Familien als basale Schwestergruppe Solitaria gegenubergestellt Die Vertreter der anderen Familien bilden Kolonien und werden als Coloniales zusammengefasst hier wiederum werden die Astolonata Loxokalypodidae den Stolonata gegenubergestellt Als phylogenetisches System resultiert daraus Kelchwurmer Coloniales Astolonata Loxokalypodidae Stolonata Barentsiidae Pedicellinidae Solitaria Loxosomatidae Die einzelnen Taxa enthalten folgende Gattungen Loxosomatidae Loxosoma Loxosomella Loxomitra Loxosomespilon Loxocore Loxokalypodidae Loxokalypus Barentsiidae Barentsia Urnatella Pedicellinopsis Pseudopedicellina Coriella Pedicellinidae Pedicellina Pedicellina Myosoma Chitaspis LoxosomatoidesLiteratur BearbeitenPeter Emschermann Kamptozoa Entoprocta Kelchwurmer In W Westheide R Rieger Hrsg Spezielle Zoologie Teil 1 Einzeller und Wirbellose Tiere 2 Auflage Gustav Fischer Verlag Stuttgart Jena 2004 ISBN 3 437 20515 3 Peter Ax Das System der Metazoa ein Lehrbuch der phylogenetischen Systematik Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1999 ISBN 3 437 35528 7 Luitfried Salvini Plawen Was ist eine Trochophora Eine Analyse der Larventypen mariner Protostomier In Zool Jb Anatomie 103 1980 S 389 423 Kenneth M Halanych The new view of animal phylogeny In Annu Rev Ecol Evol Syst 35 2004 S 229 256 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Entoprocta Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Animal Diversity Net mit Bildern Earthlife net Checklist of recent Entoprocta Memento vom 13 Juni 2010 im Webarchiv archive today engl Quellen Bearbeiten C Nielsen Larval ciliary bands and metazoan phylogeny In Fortschritte der Zoologischen Systematischen Evolutionsforschung 1 1979 P Ax Das System der Metazoa ein Lehrbuch der phylogenetischen Systematik G Fischer Verlag Stuttgart 1999 L Y Mackay B Winnepennickx R de Wachter T Backeljau P Emschermann J Garey 18S rRNA suggests that Entoprocta are protostomes unrelated to Ectoprocta In Journal of Molecular Evolution 41 1995 nbsp Dieser Artikel wurde am 25 April 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Normdaten Sachbegriff GND 4239486 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kelchwurmer 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