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Die ribosomale Ribonukleinsaure rRNA ist die Ribonukleinsaure aus der zusammen mit Proteinen die Ribosomen aufgebaut sind Sekundarstruktur der 5 Domane einer rRNA mit charakteristischen Schleifen loops 1 Ein Vergleich der rRNA Strukturen grosser links und kleiner Untereinheiten der Ribosomen von drei Spezies zeigt auffallige AhnlichkeitenInhaltsverzeichnis 1 Eigenschaften 1 1 Prokaryotische rRNA 1 2 Eukaryotische rRNA 2 Anwendungen 2 1 Phylogenetik 2 2 Erkenntnisse 3 Weblinks 4 Anmerkungen 5 EinzelnachweiseEigenschaften Bearbeiten nbsp Ein Ribosom setzt sich aus kleiner Untereinheit SSU blau und grosser Untereinheit LSU rot zusammen jeweils ribosomale Proteine heller als ribosomale RNA dargestellt nbsp Beispiel fur eine voll standig zu sam men ge setzte SSU in Pro karyonten hier Thermus thermo philus Die 16S rRNA ist orange dar ge stellt die ribosomalen Pro teine blau Ribosomale RNA wird im Nucleolus durch Transkription anhand einer DNA Vorlage erzeugt der rDNA Hierbei bewirkt zunachst eine RNA Polymerase den Aufbau zahlreicher RNA Strange gleicher Zusammensetzung 2 Im Nucleolus wird deren Nukleotidsequenz verandert wobei manche Teile ITS Sequenzen entfernt uber 200 Nukleinbasen enzymatisch modifiziert werden 3 Die rRNA bindet anschliessend an ribosomale Proteine ca 50 Proteine bei Prokaryoten ca 80 bei Eukaryoten wodurch Ribosomen entstehen Als RNA bindende Proteine gehoren diese Proteinkomplexe zu den Ribonukleoproteinen Das Ribosom ist der Ort der Proteinbiosynthese Drei oder vier verschiedene rRNA Molekule sind am Aufbau eines Ribosoms beteiligt Die ribosomale Ribonukleinsaure hat in diesem Verbund neben einer enzymatischen Funktion als Ribozym auch strukturelle und Erkennungsfunktionen So wird z B die Peptidbindung aufeinanderfolgender Aminosauren von der rRNA katalysiert wahrend enzymatische Aktivitat in Lebewesen sonst meist von Proteinen ausgeubt wird Um den hohen Bedarf der Zelle an rRNA decken zu konnen die rRNA kann bis zu 90 der Gesamt RNA einer Zelle ausmachen findet sich die rDNA Vorlage mehrfach bis vielfach auf den Chromosomen Ribosomen von Prokaryoten enthalten drei unterschiedlich grosse rRNA Molekule 4 5 die der Eukaryoten vier 6 Anm 1 Dabei organisiert sich die rRNA bei allen zellularen Organismen grundsatzlich in zwei ribosomalen Untereinheiten eine grosse englisch large subunit LSU mit zwei rRNAs bei Prokaryoten und drei rRNAs bei Eukaryoten eine kleine en small subunit SSU mit immer nur einer einzigen rRNA Die Grosse der rRNAs wird herkommlich nach ihrem Sedimentationsverhalten in Svedberg S angegeben Diese variiert mit der Anzahl der Nukleinbasen bzw Nukleotiden der betreffenden rRNA Molekule je nach Spezies Die Angaben der Tabelle sind insofern Beispiele Prokaryoten Bakterien und Archaeen Ribosom Untereinheit rRNA Nukleotide70S LSU 50S 23S 2900 nt5S 120 ntSSU 30S 16S 1500 ntEukaryoten Pflanzen Tiere Pilze Protozoen Ribosom Untereinheit rRNA Nukleotide80S LSU 60S 28S 4718 nt5 8S 160 nt5S 120 ntSSU 40S 18S 1874 ntDie eukaryotische 5 8S und 28S rRNA entsprechen zusammen in Grosse und Funktion in etwa der prokaryotischen 23S rRNA zuzuglich so genannter Expansionssegmente en expansion segment ES genauer ES39 die an der Oberflache des Ribosoms lokalisiert sind und von denen ursprunglich annahm dass sie nur in Eukaryoten vorkommen Inzwischen hat man jedoch bei den Lokiarchaeota und Heimdallarchaeota aus der Gruppe der Asgard Archaeen die als die nachsten archaealen Verwandten von Eukaryoten angesehen werden siehe Eozyten Hypothese zwei grosse supersized ESs in ihren 23S rRNAs gefunden 7 8 Beim halophilen Archaeon Halococcus morrhuae en Haloarchaeen Euryarchaeota enthalt die 5S rRNA ebenfalls eine 108 Nukleotid Insertion 9 10 Die eukaryotische SSU enthalt in ihrer 18S rRNA ebenfalls ESs SSU ESs sind aber im Allgemeinen kleiner als LSU ESs 11 Prokaryotische rRNA Bearbeiten Die 16S rRNA macht zusammen mit verschiedenen Proteinen ca 2 3 der Masse der kleineren 30S Untereinheit der prokaryotischen Ribosomen aus und hat eine wichtige Funktion in der Initiationsphase der Translation Durch Basenpaarung bindet das 3 Ende der 16S rRNA an die Shine Dalgarno Sequenz der mRNA Dadurch wird das Startcodon der mRNA in die richtige Position im Ribosom gebracht Diese Position heisst P Stelle Das bakterielle Gen fur 16S rRNA enthalt neun hypervariable Regionen V1 V9 mit einer Lange von etwa 30 bis 100 Basenpaaren die an der Sekundarstruktur dieser SSU beteiligt sind 12 In einer Studie von Chakravorty et al aus dem Jahr 2007 charakterisierten die Autoren die Regionen V1 V8 einer Reihe von Krankheitserregern um festzustellen welche hypervariablen Regionen fur krankheitsspezifische und breit angelegte Tests am nutzlichsten sind Unter anderem stellten sie fest dass die V3 Region bei allen getesteten Erregern am besten zur Identifizierung der Gattung geeignet war und dass die V6 Region am genauesten zur Unterscheidung der Spezies aller getesteten und vom CDC uberwachten Erreger darunter Bacillus anthracis geeignet ist 13 Eukaryotische rRNA Bearbeiten Die Regionen der Chromosomen die die rDNA beherbergen lagern sich im Zellkern wahrend der Interphase des Zellzyklus zu einem oder mehreren Nucleoli auch Kernkorperchen genannt zusammen Die rRNA wird dort von der RNA Polymerase I synthetisiert wahrend pra mRNA von RNA Polymerase II synthetisiert wird Dabei wird zunachst eine 45S Pra rRNA erzeugt deren Prozessierung die 18S 5 8S und 28S rRNAs in gleicher Anzahl liefert Lediglich die 5S rRNA wird davon unabhangig an anderer Stelle und zwar durch die RNA Polymerase III transkribiert Diese und die ribosomalen Proteine die im Cytosol synthetisiert wurden werden zum Kernkorperchen gebracht wo sich daraus die grosse und die kleine Untereinheit des Ribosoms bilden um anschliessend aus dem Kern ausgeschleust zu werden Nackte d h nicht von Proteinen bedeckte RNA wurde zu schnell beschadigt werden Ein spezieller Regulationsmechanismus sorgt dafur dass die 5S rRNA in der passenden Menge gebildet wird Anwendungen BearbeitenDie Sequenz der rRNA wird im Zuge phylogenomischer Untersuchungen zur Bestimmung von Verwandtschaftsgraden bestimmt rRNA und ITS 14 15 16 Dadurch kann ein phylogenetischer Baum erstellt werden Andere Marker sind der Elongationsfaktor Tu EfTu das Gen der Untereinheit I der Cytochrom c Oxidase das Gen des Cytochrom b der Cytochrom c Reduktase die Gene fur die ATP Synthetase und die Gene von Hitzeschockproteinen Die Antibiotika Klassen der Tetracycline und der Aminoglycoside binden an rRNA 17 18 Phylogenetik Bearbeiten Ribosomale RNA erlangte in den letzten Jahrzehnten enorme Bedeutung als Werkzeug zur Aufklarung der Stammesgeschichte Evolution des Lebens und der Erforschung verwandtschaftlicher Beziehungen unter den Organismen Die Analyse der rRNA ist heute eine anerkannte Methode zur Einordnung einer Art in den universellen Stammbaum des Lebens und zur Ermittlung der nachstverwandten Arten So ist die erwahnte Ahnlichkeit der RNA aus Mitochondrien und Plastiden eine starke Stutze der Endosymbiontenhypothese fur diese Organellen Ribosomale RNA war wahrscheinlich bereits Bestandteil der ersten lebenden Einheiten auf der Erde und damit der Vorfahren aller heute lebenden Organismen Endosymbiontentheorie Sie gehort zur Grundausstattung jeder heute lebenden Zelle Gleichzeitig hat sie in allen Organismen die gleiche Funktion und die Gene der rRNA unterliegen wahrscheinlich nur selten einem horizontalen Gentransfer Man geht deshalb davon aus dass die rRNA Molekule in allen Organismen mit vergleichbarer Geschwindigkeit evolvieren und nicht nur die Entwicklungsgeschichte des jeweiligen rRNA Genes sondern die eines gesamten Organismus widerspiegeln Sie gelten als ideale molekulare Chronometer mit deren Hilfe sich verwandtschaftliche Beziehungen unter den Organismen rekonstruieren lassen RNA ist ein instabileres Molekul als DNA und ihre Analyse daher technisch aufwendiger Deshalb arbeitet man in der Praxis fast immer mit den Genen der rRNA also der rDNA und leitet hiervon die Sequenz der rRNA ab Erkenntnisse Bearbeiten nbsp Universeller Stammbaum des Lebens auf Basis der rRNA Sequenzen erstellt Die auf Basis der ribosomalen RNA entwickelten Stammbaume gelten inzwischen als zuverlassig und die meisten der hiermit errechneten Verwandtschaftsbeziehungen wurden auch mit anderen Methoden bestatigt Dennoch kann die Anwendung der rRNA Methode nicht allein fur die korrekte Einordnung eines Organismus herangezogen werden Die errechnete Position im Stammbaum muss stets mit anderen Methoden bestatigt werden Hierzu zahlen nach wie vor auch morphologische und physiologische Merkmale So ist es beispielsweise nicht moglich allein auf Basis einer rRNA Analyse eine neue Art zu definieren Grosse Bedeutung hat die rRNA basierte Phylogenetik bei Mikroorganismen denn Einzeller sind anhand morphologischer und physiologischer Merkmale allein schwer einzuordnen Hier bietet die Analyse der ribosomalen RNA eine schnelle und zuverlassige Erganzung Anhand empirischer Daten geht man heute davon aus dass Bakterien deren 16S rRNA Sequenzen zu 97 98 ubereinstimmen einer Art zugerechnet werden konnen Man hat aus verschiedenen Umweltproben zum Beispiel Wasser Boden oder Klarschlamm DNA isoliert und hieraus rRNA Sequenzen bestimmt In einem Gramm Waldboden fand man so zum Beispiel rRNA Gene von etwa 13 000 verschiedenen Arten Vergleicht man diese Sequenzen mit denen von kultivierbaren und daher bekannten Mikroorganismen kann man abschatzen dass wir heute nur 1 5 aller Mikroorganismen uberhaupt kennen Von der Existenz der ubergrossen Mehrheit aller Bakterien und Archaeen weiss man nur durch ihre rRNA Sequenzen ohne eine Vorstellung davon zu haben wovon sie leben und welche Rolle sie in der Natur spielen Alle bisher gultig beschriebenen das heisst kultivierbaren Bakterien werden je nach Autor derzeit in 26 Phyla oder Stamme eingeordnet Jedoch verteilt sich die ubergrosse Mehrheit aller Bakterien auf nur wenige Stamme zum Beispiel auf die Proteobacteria Firmicutes und Actinobacteria Die meisten Phyla werden hingegen nur durch einen oder wenige kultivierbare Vertreter reprasentiert zum Beispiel Acidobacteria obwohl man weiss dass diese Gruppen viel mehr Vertreter umfassen mussen 26 weitere Phyla werden nur mit Hilfe von aus Umweltproben isolierten rRNA Sequenzen postuliert ohne bisher einen Vertreter kultiviert und charakterisiert zu haben Die wichtigste Konsequenz aus der Anwendung der rRNA basierten Phylogenetik war bisher aber die Einteilung aller Organismen in die drei Domanen der Bakterien Archaeen und Eukaryoten Aber auch die derzeit aktuelle Einteilung der Urmunder Protostomia der artenreichsten Tiergruppe in Hautungstiere Ecdysozoa u a Insekten Fadenwurmer und Lophotrochozoen Lophotrochozoa u a Weichtiere Ringelwurmer ist vor allem anhand von Untersuchungen der 18 rRNA der Ribosomen entwickelt worden Weblinks BearbeitenSILVA rRNA DatenbankenAnmerkungen Bearbeiten Spricht man von eukaryotischer rRNA so ist stets die der Mitochondrien und Plastiden ausgenommen Diese besitzen namlich eigene Ribosomen wie die mitochondrialen Ribosomen die aber eher prokaryotischem Muster entsprechen Dabei gibt es allerdings vielerlei Variationen So enthalten z B die mitochondrialen Ribosomen vieler Spezies so auch die des Menschen nur zwei rRNA Molekule Einzelnachweise Bearbeiten Eintrag RF00177 in der Rfam Datenbank abgerufen am 31 Mai 2017 S J Goodfellow J C Zomerdijk Basic mechanisms in RNA polymerase I transcription of the ribosomal RNA genes In Sub cellular biochemistry Band 61 2013 S 211 236 doi 10 1007 978 94 007 4525 4 10 PMID 23150253 PMC 3855190 freier Volltext M Penzo A Galbiati D Trere L Montanaro The importance of being slightly modified The role of rRNA editing on gene expression control and its connections with cancer In Biochimica et Biophysica Acta Band 1866 Nummer 2 Dezember 2016 S 330 338 doi 10 1016 j bbcan 2016 10 007 PMID 27815156 Mary Campbell Biochemistry Cengage Learning 2007 ISBN 978 0 495 39041 1 S 254 W S Yip N G Vincent S J Baserga Ribonucleoproteins in archaeal pre rRNA processing and modification In Archaea Band 2013 2013 S 614735 doi 10 1155 2013 614735 PMID 23554567 PMC 3608112 freier Volltext Klaus Urich Comparative Animal Biochemistry Springer Science amp Business Media 1994 ISBN 3 540 57420 4 S 45 46 P I Penev S Fakhretaha Aval V J Patel J J Cannone R R Gutell A S Petrov L D Williams J B Glass Supersized ribosomal RNA expansion segments in Asgard archaea In Genome Biology and Evolution 12 Jahrgang Nr 10 August 2020 S 1694 1710 doi 10 1093 gbe evaa170 PMID 32785681 PMC 7594248 freier Volltext Petar I Penev Sara Fakhretaha Aval Vaishnavi J Patel Jamie J Cannone Robin R Gutell Anton S Petrov Loren Dean Williams Jennifer B Glass Supersized Ribosomal RNA Expansion Segments in Asgard Archaea In Genome Biology and Evolution 12 Jahrgang Nr 10 1 Oktober 2020 S 1694 1710 doi 10 1093 gbe evaa170 K R Luehrsen D E Nicholson D C Eubanks G E Fox An archaebacterial 5S rRNA contains a long insertion sequence In Nature 293 Jahrgang Nr 5835 Mai 1981 S 755 756 doi 10 1038 293755a0 PMID 6169998 bibcode 1981Natur 293 755L M R Tirumalai J T Kaelber D R Park Q Tran G E Fox Cryo electron microscopy visualization of a large insertion in the 5S ribosomal RNA of the extremely halophilic archaeon Halococcus morrhuae In FEBS Open Bio 10 Jahrgang Nr 10 31 August 2020 S 1938 1946 doi 10 1002 2211 5463 12962 PMID 32865340 PMC 7530397 freier Volltext Victor G Stepanov George E Fox Expansion segments in bacterial and archaeal 5S ribosomal RNAs in RNA Band 27 Nr 2 Februar 2021 S 133 150 doi 10 1261 rna 077123 120 PMID 33184227 PMC 7812874 freier Volltext Michael W Gray David Sankoff Robert J Cedergren On the evolutionary descent of organisms and organelles a global phylogeny based on a highly conserved structural core in small subunit ribosomal RNA In Nucleic Acids Research 12 Jahrgang Nr 14 Juli 1984 S 5837 5852 doi 10 1093 nar 12 14 5837 PMID 6462918 PMC 320035 freier Volltext englisch Soumitesh Chakravorty Danica Helb Michele Burday Nancy Connell David Alland A detailed analysis of 16S ribosomal RNA gene segments for the diagnosis of pathogenic bacteria In Journal of Microbiological Methods 69 Jahrgang Nr 2 Mai 2007 S 330 339 doi 10 1016 j mimet 2007 02 005 PMID 17391789 PMC 2562909 freier Volltext englisch A W Coleman Nuclear rRNA transcript processing versus internal transcribed spacer secondary structure In Trends in genetics TIG Band 31 Nummer 3 Marz 2015 S 157 163 doi 10 1016 j tig 2015 01 002 PMID 25648500 K Fukuda M Ogawa H Taniguchi M Saito Molecular Approaches to Studying Microbial Communities Targeting the 16S Ribosomal RNA Gene In Journal of UOEH Band 38 Nummer 3 September 2016 S 223 232 doi 10 7888 juoeh 38 223 PMID 27627970 A L Torres Machorro R Hernandez A M Cevallos I Lopez Villasenor Ribosomal RNA genes in eukaryotic microorganisms witnesses of phylogeny In FEMS microbiology reviews Band 34 Nummer 1 Januar 2010 S 59 86 doi 10 1111 j 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