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Der Sedimentationskoeffizient s displaystyle s ist der Quotient aus der maximalen Sedimentationsgeschwindigkeit eines Teilchens in einer Zentrifuge und der Starke des Zentrifugalfelds Die Grosse des Sedimentationskoeffizienten hangt ab von der Masse und Form des Teilchens sowie seiner Wechselwirkung mit dem Medium in dem das Teilchen sedimentiert Er kann deshalb bei Verwendung eines Mediums mit bekannten Eigenschaften zur Bestimmung der Beschaffenheit des Teilchens insbesondere seiner Masse verwendet werden Hauptsachlich werden so in der Biologie mittels der Analytischen Ultrazentrifugation die Massen sehr kleiner Teilchen bestimmt zum Beispiel von Ribosomen Virionen oder Proteinmolekulen Um bei derartig kleinen Teilchen ein ausreichendes Zentrifugalfeld zu erhalten werden in der Regel Ultrazentrifugen verwendet Die Dimension des Koeffizienten ist Zeit seine Masseinheit ist Svedberg abgekurzt S entsprechend 10 13 s Benannt ist die Masseinheit nach dem schwedischen Chemiker Theodor Svedberg Inhaltsverzeichnis 1 Herleitung 2 Bestimmung 3 Literatur 4 EinzelnachweiseHerleitung BearbeitenIm Rahmen eines Zentrifugationsexperiments mit Winkelgeschwindigkeit w wirken mehrere Krafte auf ein Partikel der Masse m displaystyle m nbsp und Dichte r p displaystyle rho p nbsp welches sich bei Radiusposition r displaystyle r nbsp bezuglich der Drehachse in einem Losemittel mit Dichte r s displaystyle rho s nbsp befindet Die Summe aller relevanten Krafte lasst sich mit Partikelbeschleunigung a displaystyle vec a nbsp aufstellen als S i F i m a F Z F A F R displaystyle Sigma i vec F i m vec a vec F Z vec F A vec F R nbsp Dabei kann die Zentrifugalkraft mit e r displaystyle vec e r nbsp dem radialen Basisvektor in Polarkoordinaten beschrieben werden als F Z m w 2 r e r displaystyle vec F Z m omega 2 r cdot vec e r nbsp Der Zentrifugalkraft entgegen wirkt die statische Auftriebskraft F A m w 2 r r s r p e r displaystyle vec F A m omega 2 r cdot frac rho s rho p cdot vec e r nbsp sowie die Reibungskraft nach dem Gesetz von Stokes mit Partikelgeschwindigkeit u displaystyle u nbsp und dem Reibungskoeffizienten f displaystyle f nbsp der von der Form der Grosse und der Hydratation des Teilchens sowie der Viskositat des Mediums abhangt F R f u e r displaystyle vec F R fu cdot vec e r nbsp Da alle betrachteten Krafte nur in radialer Richtung wirken kann im Folgenden auf die Betrachtung des Basisvektors e r displaystyle vec e r nbsp verzichtet werden Unter der Annahme dass die beteiligten Krafte sofort im Gleichgewicht zueinander stehen S i F i 0 displaystyle Sigma i vec F i vec 0 nbsp ergibt sich m w 2 r 1 r s r p f u displaystyle m omega 2 r 1 frac rho s rho p f cdot u nbsp Dividiert man die Sedimentationsgeschwindigkeit durch die Starke w 2 r displaystyle omega 2 r nbsp des Zentrifugalfelds so erhalt man den Sedimentationskoeffizienten s displaystyle s nbsp der nur noch von der Beschaffenheit des Teilchens und des Losemittels abhangt s u w 2 r m 1 r s r p f displaystyle s frac u omega 2 r frac m 1 frac rho s rho p f nbsp Das Vorzeichen von s displaystyle s nbsp und damit auch von u displaystyle u nbsp wird durch die Summe aus Zentrifugalkraft und entgegenwirkender Auftriebskraft bestimmt und fuhrt dementsprechend zu Flotation oder Sedimentation des Teilchens Die Beschreibung der Sedimentationseigenschaften eines Teilchens durch den Sedimentationskoeffizienten bietet hierbei den Vorteil einer radius und drehzahlunabhangigen Betrachtung Direkt an der Definition des Sedimentationskoeffizienten ist daruber hinaus zu erkennen dass die Sedimentationsgeschwindigkeit im Rahmen eines Experiments fur sedimentierende Teilchen zunimmt Dies ist dadurch begrundet dass die Summe aus Zentrifugalkraft und entgegenwirkender Auftriebskraft mit hoheren Radiuspositionen grosser wird Bei sich instantan einstellendem Kraftegleichgewicht an jeder Radiusposition stellt dies jedoch keinen Widerspruch zur Annahme S i F i 0 displaystyle Sigma i vec F i vec 0 nbsp dar 1 Die Dimension von s displaystyle s nbsp ergibt sich aus dim s L a n g e Z e i t 1 Z e i t 2 L a n g e L a n g e Z e i t 2 Z e i t L a n g e Z e i t displaystyle dim s frac frac mathrm L ddot a nge mathrm Zeit frac 1 mathrm Zeit 2 cdot mathrm L ddot a nge frac mathrm L ddot a nge cdot mathrm Zeit 2 mathrm Zeit cdot mathrm L ddot a nge mathrm Zeit nbsp Im Allgemeinen hangt der Sedimentationskoeffizient von Grosse Form und Dichte der untersuchten Partikel ab Fur den Spezialfall spharischer Teilchen kann unter Voraussetzung bekannter Partikeldichte r p displaystyle rho p nbsp Losemitteldichte r s displaystyle rho s nbsp und Viskositat h displaystyle eta nbsp direkt aus s displaystyle s nbsp der Durchmesser d displaystyle d nbsp bestimmt werden d 18 h s r p r s displaystyle d sqrt frac 18 eta s rho p rho s nbsp Liegen nicht spharische Teilchen vor kann ein entsprechender Aquivalentdurchmesser berechnet werden Bei der Bestimmung der Masse von Teilchen aus ihrem Sedimentationskoeffizienten ist zu berucksichtigen dass zwei Teilchen gleicher Masse unterschiedliche Sedimentationskoeffizienten haben konnen wenn sie unterschiedliche Dichten Einfluss auf den Auftrieb und damit auf die effektive Masse oder Formen Einfluss auf den Reibungskoeffizienten haben Zudem konnen bei Zusammenlagerung zweier Teilchen deren Sedimentationskoeffizienten nicht einfach addiert werden weil erstens die Kontaktflachen nicht zur Reibung beitragen und zweitens die Reibung langsamer zunimmt als die Oberflache siehe Gesetz von Stokes Zum Beispiel hat ein komplexes Ribosom von Bakterien aus zwei ribosomalen Untereinheiten von 30 S und 50 S einen Sedimentationskoeffizienten von nur 70 S Bestimmung BearbeitenAus der Definition des Sedimentationskoeffizienten s u w 2 r displaystyle s frac u omega 2 r nbsp lasst sich durch Integration die Partikelbahn r t r 0 exp s w 2 t displaystyle r t r 0 cdot exp s omega 2 t nbsp mit der Radiusposition des Teilchens zur Zeit t displaystyle t nbsp r t displaystyle r t nbsp und zum Zeitpunkt 0 displaystyle 0 nbsp r 0 displaystyle r 0 nbsp berechnen Dies bedeutet dass durch Beobachtung der Bewegung der Sedimentationsbande Ruckschluss auf den Sedimentationskoeffizienten gezogen werden kann Dieser Technik wird sich zum Beispiel bei der Partikelgrossenbestimmung mittels Photosedimentation im Erdschwerefeld oder mittels der Scheibenzentrifuge zu Nutze gemacht Je nach untersuchtem Materialsystem konnen Sedimentationskoeffizienten und Partikelgrossenverteilungen durch Nutzung ortlich fest installierter Detektoren bestimmt werden 1 Andere Verfahren zur Bestimmung des Sedimentationskoeffizienten basieren auf der raumlichen und zeitlichen Erfassung des gesamten Sedimentationsvorgangs mittels Analytischer Ultrazentrifugation Wahrend zu Beginn der Entwicklung der Technik ortliche 2 3 und zeitliche 4 Ableitungen der Sedimentationsbanden genutzt wurden konnten spater numerischen Losungen 5 der Lamm Gleichung zur Datenauswertung herangezogen werden 6 7 Durch Modellierung aller wahrend des Sedimentationsvorgangs zur Verfugungen stehender Daten konnen damit sogar fur kleine Teilchen um die Diffusionsverbreiterung bereinigte Sedimentationskoeffizientenverteilungen bestimmt werden Daruber hinaus konnen die Diffusionsinformationen zum Sedimentationskoeffizienten komplementare Informationen beinhalten welche zum Beispiel die Bestimmung der molaren Masse von Proteinen mittels der Svedberg Gleichung ermoglicht Literatur BearbeitenAlfred Pingoud Claus Urbanke Arbeitsmethoden der Biochemie De Gruyter Berlin 1997 ISBN 3 11 016513 9 als Google Book Einzelnachweise Bearbeiten a b Analytical Ultracentrifugation of Polymers and Nanoparticles Springer Laboratory Springer Verlag New York 2006 ISBN 978 3 540 23432 6 doi 10 1007 b137083 springer com abgerufen am 29 Marz 2020 The Svedberg J Burton Nichols DETERMINATION OF SIZE AND DISTRIBUTION OF SIZE OF PARTICLE BY CENTRIFUGAL METHODS In Journal of the American Chemical Society Band 45 Nr 12 Dezember 1923 ISSN 0002 7863 S 2910 2917 doi 10 1021 ja01665a016 Wilbur B Bridgman Some Physical Chemical Characteristics of Glycogen In Journal of the American Chemical Society Band 64 Nr 10 Oktober 1942 ISSN 0002 7863 S 2349 2356 doi 10 1021 ja01262a037 Walter F Stafford Boundary analysis in sedimentation transport experiments A procedure for obtaining sedimentation coefficient distributions using the time derivative of the concentration profile In Analytical Biochemistry Band 203 Nr 2 Juni 1992 S 295 301 doi 10 1016 0003 2697 92 90316 Y Jean Michel Claverie Henri Dreux Rene Cohen Sedimentation of generalized systems of interacting particles I Solution of systems of complete Lamm equations In Biopolymers Band 14 Nr 8 August 1975 ISSN 0006 3525 S 1685 1700 doi 10 1002 bip 1975 360140811 Borries Demeler Hashim Saber Determination of Molecular Parameters by Fitting Sedimentation Data to Finite Element Solutions of the Lamm Equation In Biophysical Journal Band 74 Nr 1 Januar 1998 S 444 454 doi 10 1016 S0006 3495 98 77802 6 PMID 9449345 PMC 1299397 freier Volltext Schuck Peter Sedimentation velocity analytical ultracentrifugation discrete species and size distributions of macromolecules and particles CRC Press Boca Raton FL ISBN 978 1 4987 6895 5 1 abgerufen am 13 April 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sedimentationskoeffizient amp oldid 222081319